+ Vorstand komplett ausgetauscht + Harter Sanierungsplan mit deutlicher Kostensenkung + Turn-around für nächstes Jahr erwartet + Nach Sanierung 2007e: 0,33 Euro Gewinn/Aktie + Nach Sanierung: 6 Euro bis 10 Euro Wert/Aktie + HypoVereinsbank: Kaufen mit Kursziel 4 Euro + Unser Kursziel 4 Euro (aktuell 3,07 Euro)
Die FJH AG (WKN 513.010, Ticker FJH, ISIN DE0005130108) ist der im deutschsprachigen Raum führende Anbieter für Software für Versicherungen und befindet sich mitten in einer spannenden Turn-around-Phase. Die 1980 gegründete Gesellschaft beschäftigt derzeit rund 570 Mitarbeiter und hat Geschäftsstellen in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Slowenien und den USA. Rund 95 % des Umsatzes wird in den drei deutschsprachigen Ländern erwirtschaftet. Das ca. 70 % des gesamten Firmenumsatzes erzielende Hauptprodukt, 'FJA Life Factory', ist eine Software zur Verwaltung von Lebensversicherungsverträgen. Dieses Produkt hat sich bei den mittelgrossen, deutschen Versicherungen als Standard durchgesetzt. Die angeschlagene Firma konnte zuletzt zwar bestehende Kunden halten, aber keine nennenswerten Neukunden mehr dazugewinnen.
Am Ende der eingeleiteten Sanierung soll das Unternehmen zu seiner früheren Ertragsstärke zurückkehren. Hauptpunkt ist eine deutliche Verringerung der Personalkosten und Mietaufwendungen bei rückläufigem Umsatz 2005 und wieder leicht steigendem Umsatz im kommenden Geschäftsjahr 2006. So soll die Firma 2006 wieder Gewinne schreiben und ab 2007 wieder richtig verdienen. In einer aktuellen Szenario-Rechnung kalkulierte SES Research einen möglichen fairen Wert von 6 Euro nach geglückter Sanierung. Insofern bietet die schwankungsfreudige Aktie für risikobewusste Anleger ein schönes Potenzial.
Krisenjahr 2004: 123 Mio. Euro Verlust!
FJH wuchs bis 2002 sehr stark. Man baute sich eine grosse Kundenbasis auf und entwickelte sich zum führenden Standardsoftwareanbieter für Versicherungen. Im Jahr 2002 konnte bei einem Rekordumsatz von über 130 Mio. Euro eine EBIT-Marge von knapp 20 % realisiert werden. Trotz des schwachen IT-Marktes, der auch den Versicherungsmarkt betraf, wurde das Unternehmen jedoch auf Wachstumskurs gehalten. Der Expansionskurs hatte zur Folge, dass der Cash-flow bereits ab 2001 rückläufig war. In 2003 wurde die Heubeck-Gruppe akquiriert. Aus FJA wurde FJH. Zudem wurde bereits 2002 begonnen, nicht fakturierte Forderungen zu buchen. Im Jahr 2004 wurden diese Forderungen in Höhe von 56,3 Mio. Euro abgeschrieben. Das grösste Problem dieser Forderungen war jedoch die Tatsache, dass diese die Notwendigkeit der Restrukturierung verschleierten: Seit 2001/2002 sind keine notwendigen Kapazitätsanpassungen vorgenommen worden. Mittlerweile wurde die Heubeck-Gruppe veräussert. Dem (offenbar zu hohen) Kaufpreis von 22 Mio. Euro stand schlussendlich nur ein Verkaufserlös von gut 10 Mio. Euro gegenüber.
Insgesamt halbierte FJH im Geschäftsjahr 2004 den Umsatz von 120 Mio. Euro in 2003 auf 67,7 Mio. Euro (bzw. unter 60 Mio. Euro ohne Heubeck-Gruppe). Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) reduzierte sich von +6,4 Mio. Euro auf saftige 124 Mio. Euro. Auch bereinigt um Effekte wie Sonderaufwendungen für Personalmassnahmen, Abschreibungen im Zusammenhang mit dem Verkauf der Heubeck AG, Anwendung verschärfter Kriterien in der IFRS-Bilanzierung und Rückstellungen für Drohverluste hätte das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) 2004 noch bei -17,1 Mio. Euro gelegen. Dieser Verlust ist struktureller Natur und ergibt sich aus der verfehlten Expansionspolitik der letzten Jahre.
Im 1. Quartal 2005 konnte bei einem Umsatz von 13,5 Mio. Euro (Q1/2004: 17,1 Mio. Euro) ein Nettoergebnis von 3,5 Mio. Euro (Q1/2004: -3,2 Mio. Euro) erzielt werden. Der relativ hohe Umsatz ist vor dem Hintergrund der Situation bei FJH positiv zu werten, denn er zeigt, dass auf Jahresbasis 2005 ein Umsatz von über 50 Mio. Euro nicht unrealistisch ist. Das Ergebnis ist allerdings aufgrund diverser Sondereffekte nicht repräsentativ. Ohne die Sondereinflüsse wäre ein Verlust von etwa 4 Mio. Euro angefallen.
Die Sanierung
Gravierende Managementfehler haben FJH an den Rand des Ruins getrieben. Den Höhepunkt der Unternehmenskrise (bzw. den Tiefpunkt beim Aktienkurs) gab es im April. Das Unternehmen war offenbar nicht mehr fähig, eine Bilanz zu erstellen und musste die Bilanzvorlage verschieben. Als rettender 'Weisser Ritter' kam der Sanierer Karl-Friedrich Kalmund gerade noch rechtzeitig und stellte dem Unternehmen über eine Kapitalerhöhung und eine Wandelanleihe Geld für einen Turn-around des Unternehmens zur Verfügung.
Knallhart wurde der komplette Vorstand ausgetauscht. Der ehemalige Vorstandsvorsitzende und Firmengründer Prof. Dr. Manfred Feilmeier, der ca. 12 % der ausstehenden Aktien besitzt, musste sich in den Aufsichtsrat zurückziehen. Drei neue Vorstände wurden bestellt. Neuer Vorstandsvorsitzender wurde Ulrich Korff, der schon seit mehreren Monaten in den Restrukturierungsprozess der Gesellschaft einbezogen war. Er ist ein erfahrener Manager, der seit mehreren Jahren als Geschäftsführer und Vorstand in der Finanzdienstleistungsbranche tätig ist. Die Position des Finanzvorstandes wird von Sven-Roger von Schilling besetzt. Von Schilling hat als ehemaliger Finanzvorstand von Gauss Interprise und Syzygy umfangreiche Erfahrungen mit der Leitung von börsennotierten IT-Unternehmen. Seine erste Aufgabe bei FJH wird die Einführung einer scharfen Kostenrechnung und Kostenkontrolle sein. Ebenfalls neu im Vorstand ist Thomas Junold, der mit einer Unterbrechung seit 1993 für FJH tätig ist. Er kennt als Bereichsleiter des Schlüsselproduktes 'FJA Life Factory' die Firma und die Projekte seit Jahren sehr gut.
Das neue Führungsteam hat sich mittlerweile daran gemacht, weiter an den Personalkosten zu schrauben. Von 939 Mitarbeitern im Jahresschnitt 2004 und aktuell rund 570 Mitarbeitern werden am 1.1.2006 noch etwa 400 bis 450 für FJH tätig sein. Mit der geringeren Mitarbeiteranzahl sind die überdimensionierten Büros in München und Berlin nicht mehr notwendig, weshalb man in kleinere und kostengünstigere Räumlichkeiten übersiedeln wird. Auch die Mietsituation der Niederlassungen Hamburg und Köln soll angepasst werden. |