Armageddon`s Rache - Moon Vally

MS Drakonia, New York - La Rochelle

MS Drakonia, New York - La Rochelle

"Eine denkwürdige Reise?" Alessandra wusste nicht so ganz, was Sadesh vorhatte. "Ja, vielleicht, aber bedenke, dass sie nur eine Woche währt. Dann wartet La Rochelle auf uns." La Rochelle, die alte Weinstadt, war nach Alessandras Geschmack die schönste Hafenstadt in ganz Europa. Die Hugenotten brachten auf der Flucht vor Louis XIV Handwerk und Kultur mit an ihren Zufluchtsort, La Rochelle wurde das Marseille des Nordens.
Genug der alten Zeiten, Alessandra öffnete den Schrank. Lorington hatte ganze Arbeit geleistet, der Anwalt hatte beim Auswahl der Kleider Geschmack bewiesen, doch für diesen Abend wählte sie ein schlichtes dunkelrotes bodenlanges Satinkleid, immerhin wollten sie das Schiff erkunden und nicht entern.
Nachdem sie sich umgezogen hatte und anschließendem flüchtigen kontrollierenden Blick in den Spiegel verließen Sadesh und sie ihre Kabine. Schon die Gänge waren mit Seidentapeten ausgeschlagen, wieder Erinnerungen an die alten Paläste, durch die Sadesh und sie früher getanzt waren. Wieviel doch die Jahrhunderte überdauert hatte, Alessandra war beeindruckt. Sie war neugierig, wollte alles auf diesem Schiff in sich aufnehmen, und so kam es ihr vor, als würde sie alles doppelt so intensiv wahrnehmen.
Der Speisesaal erstreckte sich über zwei Decks und war bereits erfüllt vom Geklapper von Geschirr, Stimmengewirr und Geruch der Menschen. Als Alessandra mit Sadesh die Ballustrade betrat, von der Stufen nach unten auf das Parkett führten, bot sich ihnen der Anblick der feinen Gesellschaft, die vorgab sich in ihre Designerroben gekleidet während des Essens hervorragend mit ihrem Tischnachbarn zu amüsieren. Doch ein Vampir konnte der allgemein herrschenden Spannung nach leicht entnehmen, wieviel Langeweile und reine Pflicht zur Konversation in der Luft lag. Hier hörte man von der neuen Jacht, die in Jamaica vor Anker lag, dort von der neuen Villa, die man sich in Madeira zugelegt hatte, alles in allem eine Farce. Ein Wetteifern der reichen Gesellschaft, das Geltungsbestreben der Menschen war schon immer verblüffend gewesen. Alle in diesem Raum hatten Geld und dennoch versuchte man noch immer, es zur Schau zu tragen, sich gegenseitig an Luxusgütern, Häusern und Fahrzeugen zu übertrumpfen.
Das Silberbesteck funkelte im Licht der schweren Kristallleuchten, der Captain lachte gerade über ein erheiterndes Wort seiner Tischdame, aus der Küche drängten ständig neue Speisen, geschäftige Kellner liefen zwischen der Bar und den einzelnen Tischen aufgescheucht hin und her. Alessandra drehte den Kopf leicht zu Sadesh, behielt das Treiben unter ihnen aber stetig im Auge. "Und da sag mir noch einer, es gäbe keine Verschwendungssucht mehr." Alessandra lächelte. "Ich würde sagen, die Revolution ist gescheitert."

Re: MS Drakonia, New York - La Rochelle

Sadesh atmete tief ein. Die frische salzige Luft der See tat ihr gut. Der Blick auf den Ocean gab ihr das Gefühl der Freiheit und Unabhängigkeit und der Wind trieb ihr einige ihrer Locken ins Gesicht, was sie aber nicht weiter störte.
Sie war glücklich. Ganz einfach glücklich und zufrieden. Es war wie der Weg zurück in eine Zeit, die ihr wie die Beste in ihrem Vampyrleben vorkam, auch wenn die Existens als Vampyr ihr nicht all zu sehr behagte.

Sie hatte unendlich lange Zeit nach der Trennung von Alessandra benutzt um zu sich selbst zu finden. Die Tatsache der dunklen Welt anzugehören hatten sie erschreckt und den Tod ihrer Kinder mitansehen zu müssen hatten ihr den Rest gegeben. Sie hasste es, Menschen benutzen zu müssen, hasste diese Abhängigkeit nach Blut. Auch deshalb hielt sie ihren Blutverbrauch in Grenzen und war sparsam mit dem was sie benutzte. Menschen mussten nich sterben um ihret Willen, wenn es nicht sein musste.
Sie war auf dem Oberdeck und beobachtete das Treiben.
Plötzlich wurde ihr Blick starr und ihr Lächeln wurde zu einer steifen Maske. In ihrem Rücken bemerkte sie ein Augenpaar das sie mit Interesse beobachtete. Sie entschloss sich nicht umzudrehen, vielleicht würde sie sich verraten wenn dieser Jemand bemerkte dass sie die Empfindungen andere fühlen konnte.
Etwas steif ging sie in Richtung ihres Quartiers. Sie würde Alessandra zu Rate ziehen, vielleicht würde diese dasselbe bemerken wenn sie erst einmal die Energie gefunden wiedergefunden hatte die sie brauchte.

Sadesh hatte schon bei ihrem Wiedersehen bemerkt das Alessandra zwar eine Menge Luxus um sich gesammelt hatte, aber das es mit der Energie ihrer Freundin nicht zum Besten stand.
Leise betrat sie die Tür zu ihrem Quartier, legte sich ein wenig auf ihr Bett um eine Stunde später durch die Zwischentür bei Alessandra ungehört zu erscheinen. Alessandra lag noch immer in ihrem Bett und schlief. Kein Wunder das Alessandra sie nicht bemerkte. sie beiden waren sich zu nahe und zu vertraut um ihre Gegenwart als störend zu empfinden.

Sadesh beobachtet die entspannten Züge dieses wunderschönen weiblichen Vampyrs. Alessandra war immer schon schön gewesen. Eine Schönheit die schon viele andere Existenzen mit sich in die Dunkelheit gezogen hatte.
Sie lächelte. Früher hatte sie es Alessandra übel genommen, sie war verzweifelt und voller Hass Alessa gegenüber, denn Sadesh hatte niemals die Konsequenzen eines Vampirlebens ganz berechnet bevor sie Alessandras Frage Vampyr zu werden mit "ja" beantwortet hatte. Nun war es zu spät, sie war, was sie war, und Alessandra war was sie war.
Die Reise auf dem Schiff würde interessant werden. Sadesh setzte sich leise in den Sessel neben Alessandras Bett und wartete auf ihr Erwachen...

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"Gutes ohne Böses kann es geben; Böses ohne Gutes aber kann es nicht geben" (Thomas v. Aquin)

Re: MS Drakonia, New York - La Rochelle

Alessandra hatte lange nicht geträumt. Früher waren ihre Tage voll von Visionen und Vorahnungen gewesen, doch in den letzten Jahren waren sie nur der traurige Spiegel der Vergangenheit, die sie am liebsten für immer aus ihrem Leben ausgeblendet hätte. Auch heute sah sie Paris vor sich, es war nicht ihr Paris des neunzehnten Jahrhunderts, es war aber auch nicht der Moderne mit den hohen Glasbauten und dem neuen durchscheinenden Grande Arche. Es war ein Paris der Belle Epoque, die letzten Reste des Jugendstils flammten erneut auf, Künstler strömten nach Montmartre und beteten vor der gänzlich in Weiß erstrahlenden Kirche von Sacre Coeur, die mehr einem orientalischen Palast ähnelte als einem katholischen Gotteshaus. Im gleißenden Sonnenlicht musste die Kathedrale wie eine Vision vor einem auftauchen, der weiße Marmor funkeln wie hellster Kristall. Doch wie konnte ein Wesen, das nur in der Nacht lebte, das schon beurteilen?
Doch auch bei Nacht war dieses Paris voller Leben, besonders auf der Champs Elysees, wo die Geschäfte der Schneider und eben aufkommenden Designer bis abends geöffnet hatten und auch hier pulsierte vor allem Montmartre, das Viertel, das sich viele Künstler zu ihrer neuen Heimat erchoren hatten. Alessandra war zu dieser Zeit niemals in Paris gewesen, aber sie sah es dennoch bildlich vor sich, ihre Stadt, ihr Leben, ihr Garten.

Es dämmerte bereits, als Alessandra ihre Augen aufschlug. Das Schiff glitt noch immer mit derselben einfach scheinenden Präzision durch die Wellen, der Lärm der Maschinen drang kaum hörbar in ihre Kabine herauf, ein Geräusch, das sie nicht stören sollte. Ihr erster Blick fiel auf die blütenweiße Decke, die mit etwas Stuckatur eingefasst war, alles in allem aber schlicht gehalten. Oh, wie sehr freute sie sich auf die verspielte Grazie ihres Liberté éternelle.
Ihre zweiter Blick widmete sich der Gestalt neben ihr, Sadesh sah weniger erfrischt aus, als sie eigentlich nach einem Tag voller Schlaf sollte. Das war weiter nichts ungewöhnliches, denn wirklich glücklich hatte Alessandra ihre Freundin noch nie gesehn. Sie war stets in Sorge gewesen, als sie Mensch war, sorgte sie sich um Alessandra und ihre sterbliche Familie, als sie zum Vampir wurde, sorgte sie sich um ihre Opfer und trauerte ihrer Menschlichkeit nach. Ein nachvollziehbares Übel, doch Sadesh hatte sich, zu Alessandras teilweiser Enttäuschung, das musste sie zugeben, niemals dem Rausch des Blutes hingegeben, niemals den Reiz des Tötens empfunden, der das ganze Wesen des Vampirs erst vollendete. Dazu war sie einfach zu sehr Mensch. Alessandra wusste trotz sechs Jahrhunderten an Erfahrung nicht, was sie falsch gemacht hatte. Vielleicht war Sadesh zu alt gewesen, vielleicht zu sehr der Sterblichkeit verbunden, wahrscheinlich war aber einfach ihre Liebe zum Leben zu groß gewesen.

Alessandra nahm sich keine Zeit über die Vergangenheit nachzugrübeln oder gar sie zu betrauern, das hatte sie die letzten Jahrzehnte zur Genüge getan, sich von diesen dunklen Schatten verfolgen zu lassen. Sie glitt auf einem Monstrum vom Schiff ihrer Heimat Frankreich entgegen.....zugegeben, Norditalien war ihr eigentliches Vaterland, doch Frankreich immer die Drehscheibe ihres Lebens. Sie erfasste beinahe schon unbändige Vorfreude und die Drakonia war der Anfang, der sie zurück in ihr ganz persönliches Paradies bringen würde.
Alessandra sah Sadesh weiter an. "Pass auf, dass du nicht eines Tages in die selbe Melancholie verfällst wie ich." Sie hatte sogar miterlebt, dass viele Vampire, die ihr Schicksal nicht mehr ertrugen, sich in der Erde vergruben und auf eine Art Tod gehofft hatten. Um ehrlich zu sein hatte sie dasselbe von Sadesh erwartet, umso erstaunter war sie gewesen, als sie in ihrer Wohnung stand, um sie an der Hand zu nehmen und ins Leben zurückzuführen. Aber eine Kämpferin, das war sie schon immer gewesen.
Alessandra ließ Hunderte von Stimmen zu sich durchdringen, aufgeregt bewegten sie sich durch das ganze Schiff, einige routinierter, für andere war dies anscheinend die erste Überfahrt auf einem solchen Dampfer. "Hörst du, sie bewegen sich in die verschiedenen Säle, es wird zum Abendessen geläutet." Ein Lächeln legte sich auf Alessandras Lippen, betont durch Ironie, aber auch durch Vorfreude. Es gab verschiedene Speiseräume auf diesem Schiff, vor allem getrennt nach erster und zweiter Klasse, Passagiere der letzteren hatte nicht zu allen Bereichen Zugang. Eine Trennung, die selbst nach der glorreichen Revolution noch immer weiter bestand, nur wurde sie jetzt eben nicht mehr durch den Titel, sondern durch das Portemonnaie geprägt.
"Es ist angerichtet." Alessandra lächelte noch immer, schelmisch funkelten ihre Augen Sadesh an. "Was meinst du, geben wir uns zuerst sterblich oder willst du sofort unserer Natur entsprechend auftauchen? Ich würde ersteres bevorzugen, immerhin ist es wunderschön, dich unter ihnen zu bewegen, ehe du sie zur Strecke bringst." Früher hatte sie oft wochenlang einem Opfer nachgestellt, es beobachtet, sich sein Vertrauen erschlichen, ehe sie es tötete. Der schnelle, schmerzlose Mord war nur eine Variante unter vielen. Und wenn die andere auch zeitaufwändiger war, sie versprach auch wesentlich mehr Unterhaltung.

Jage nicht, was du nicht töten kannst

Re: MS Drakonia, New York - La Rochelle

"Gut, meine Liebe, gehen wir essen wie bei den Menschen. Dann können wir sie auch besser kennenlernen" meinte Sadesh.
Sie hatte schon lange auf so einen Vorschlag gewartet. Ein Essen bei den Menschen war immer so herrlich sozial und gesellschaftlich, die beste Möglichkeit herauszufinden wer für sie beide empfänglich war und wer nicht.
Alessandra hatte "einen anderen Geschmack" wie sie, Sadesh. Für sie musste der Mensch den sie benutzen würde und mit dem sie spielte etwas Besonderes sein. Nicht nur ein notwendiges schnelles Vergnügen, Sadesh bevorzugte es den Menschen dessen Blut sie trank viele Male zu besuchen. Es sollte ein beidseitiger Genuss werden, ein mehrtägiges betäubendes Fest für beide Seiten ohne das der Mensch merkte wie er langsam sein Leben verlohr. Allerdings bedeutete dies, dass sie für ihr Vorhaben viel Zeit brauchte. Den oder die Richtige zu finden war nicht einfach aber falls sie sie oder ihn fand würde es ein Genuss des Lebens sein auf beiden Seiten.
Ihr fiel wieder das Augenpaar ein, das sie beobachtet hatte. Sie fragte sich ob sie jemals herausfinden würde wer dies war. Vielleicht war es ja sogar ihr nächstes Opfer das sich durch seine Neugierde selbst hervorgetan hatte. Sie lächelt in sich hinein.

"Ich glaube, meine Schöne, diese Reise wird denkwürdig für beide von uns!" sagte sie mit Bestimmtheit und sah ihre Freundin vielbedeutend an.
"Lass und dinnieren und uns dabei köstlich amüsieren!"

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"Gutes ohne Böses kann es geben; Böses ohne Gutes aber kann es nicht geben" (Thomas v. Aquin)

Re: MS Drakonia, New York - La Rochelle

"Eine denkwürdige Reise?" Alessandra wusste nicht so ganz, was Sadesh vorhatte. "Ja, vielleicht, aber bedenke, dass sie nur eine Woche währt. Dann wartet La Rochelle auf uns." La Rochelle, die alte Weinstadt, war nach Alessandras Geschmack die schönste Hafenstadt in ganz Europa. Die Hugenotten brachten auf der Flucht vor Louis XIV Handwerk und Kultur mit an ihren Zufluchtsort, La Rochelle wurde das Marseille des Nordens.
Genug der alten Zeiten, Alessandra öffnete den Schrank. Lorington hatte ganze Arbeit geleistet, der Anwalt hatte beim Auswahl der Kleider Geschmack bewiesen, doch für diesen Abend wählte sie ein schlichtes dunkelrotes bodenlanges Satinkleid, immerhin wollten sie das Schiff erkunden und nicht entern.
Nachdem sie sich umgezogen hatte und anschließendem flüchtigen kontrollierenden Blick in den Spiegel verließen Sadesh und sie ihre Kabine. Schon die Gänge waren mit Seidentapeten ausgeschlagen, wieder Erinnerungen an die alten Paläste, durch die Sadesh und sie früher getanzt waren. Wieviel doch die Jahrhunderte überdauert hatte, Alessandra war beeindruckt. Sie war neugierig, wollte alles auf diesem Schiff in sich aufnehmen, und so kam es ihr vor, als würde sie alles doppelt so intensiv wahrnehmen.
Der Speisesaal erstreckte sich über zwei Decks und war bereits erfüllt vom Geklapper von Geschirr, Stimmengewirr und Geruch der Menschen. Als Alessandra mit Sadesh die Ballustrade betrat, von der Stufen nach unten auf das Parkett führten, bot sich ihnen der Anblick der feinen Gesellschaft, die vorgab sich in ihre Designerroben gekleidet während des Essens hervorragend mit ihrem Tischnachbarn zu amüsieren. Doch ein Vampir konnte der allgemein herrschenden Spannung nach leicht entnehmen, wieviel Langeweile und reine Pflicht zur Konversation in der Luft lag. Hier hörte man von der neuen Jacht, die in Jamaica vor Anker lag, dort von der neuen Villa, die man sich in Madeira zugelegt hatte, alles in allem eine Farce. Ein Wetteifern der reichen Gesellschaft, das Geltungsbestreben der Menschen war schon immer verblüffend gewesen. Alle in diesem Raum hatten Geld und dennoch versuchte man noch immer, es zur Schau zu tragen, sich gegenseitig an Luxusgütern, Häusern und Fahrzeugen zu übertrumpfen.
Das Silberbesteck funkelte im Licht der schweren Kristallleuchten, der Captain lachte gerade über ein erheiterndes Wort seiner Tischdame, aus der Küche drängten ständig neue Speisen, geschäftige Kellner liefen zwischen der Bar und den einzelnen Tischen aufgescheucht hin und her. Alessandra drehte den Kopf leicht zu Sadesh, behielt das Treiben unter ihnen aber stetig im Auge. "Und da sag mir noch einer, es gäbe keine Verschwendungssucht mehr." Alessandra lächelte. "Ich würde sagen, die Revolution ist gescheitert

Jage nicht, was du nicht töten kannst