Auswandern -   Heimatfrust...

Warum auswandern?

Re: Warum auswandern?

@ Gringo


Qualifizierte Leute werden in Spanien in vielen Bereichen gesucht trotz der spanischen Arbeitslosenrate, die bald 20 % betragen wird. Auf den Kanaren sind es schon 27%.

Die allgemeine Arbeitslosigkeit betrifft aber zu weit über 80% unqualifizierte Leute vom Bau/Immobilienbranche, aus dem Gütertranstranswesen und dem Automobilhandel.

Die Arbeitslosigkeit ist auch regional höchst unterschiedlich. Santander spürt nichts von der Krise, in Teilen der Extremadura ist es eine reine Katastrophe. Auf den Kanaren kannst Du Dich als Bauhelfer hinter hunderte andere in der Warteschlange stellen, als Buchhalter oder Mediziner wirst Du mit Kusshand überall genommen.

Hier gilt auch, regional und nach Branche sehr verschieden. REchts hast Du, bei "Jobbern". Ansonsten gibt es hier auch qualifizierte Berufe, die sogar deutlich besser verdienen als in DE, und das bei immer noch günstigeren Lebenshaltungskosten.

Das stimmt aber gar nicht. Also, wer nicht gerade kurz vor der Pleite steht (und das sind nicht viele), bekommt hier sowohl als Selbständiger als auch für Immobilienkäufe immer noch vergleichsweise sehr grosszügig und preiswert Kredite.

Die spanischen Banken haben ihre Kreditvergabepolitik innerhalb der letzten zwei Jahre überhaupt nicht geändert. Es gibt nur weniger Kunden, die Kredite beantragen.
  1. haben die spanischen Banken praktisch keine Probleme mit amerikanischen Schrottpapieren (die durften schon vorher damit nicht handeln) und
  2. es sind besonders für die kleinen und mittleständischen Unternehmen in Spanien öffentliche Bürgschafts- und Kreditprogramme aufgelegt worden.




Re: Warum auswandern?

Hallo Colon,

Das Thema kann man natürlich nicht in 5 Zeilen abhandeln.

Grundsätzlich kann ich auch nur von meinen persönlichen Erfahrungen vor Ort und in der spanischen Industrie reden:

Die restlichen 20% entsprechend etwa der Akademikerquote, und die sind momentan auch betroffen.

Das ist m.E. nur bedingt richtig. Besonders frische Uniabsolventen , selbst mit hervorragenden Noten und mehreren Sprachen, stehen auf der Straße. Auch Leute mit längerer Berufserfahrung werden derzeit nur höchst selten eingestellt, da die meisten Betriebe und Konzerne einen rigorosen Einstellungsstop verhängt haben.

I respectfully disagree. Dies betrifft eben nicht nur die Jobber. Nur zwei Beispiele: Das Einstiegsgehalt für Ingenieure beträgt in Spanien etwa nur 50-60% des vergleichbaren deutschen Gehaltes. Einen Anwalt stellt man für 30% bis 50% des vergleichbaren Gehaltes in Deutschland an. Etc. Die weiteren Gehaltsentwicklungen sind im Vergleich ebenfalls proportional niedriger. Diese Informationen sind aus erster Hand.
Mir ist derzeit kein qualifizierter Beruf bekannt, in dem man in Spanien (als Angestellter) deutlich mehr verdienen würde als in Deutschland.

Hier haben wir wieder das alte Dilemma: (Spanische) Akademiker und Hochqualifizierte, die eine Fremdsprache sprechen, suchen ihr Glück im Ausland.

Das kann ich zumindest hier von Nordspanien aus so nicht bestätigen, wenn ich meinen Augen und Ohren, meinem Banker, meinen Industriekontakten sowie der lokalen Presse vertrauen darf. Richtig, die spanischen Banken hat es nicht so schlimm erwischt – dagegen „die Spanier“ als solche um so mehr. Und wer seine Kredite nicht mehr abbezahlen kann oder keinen Job mehr hat, bekommt auch keine mehr. Privatinsolvenzen oder Firmenpleiten gibt es hier schon verdammt viele. Nicht wenige Unternehmen wurden insolvent, weil die (Firmen-)Kunden nicht mehr zahlungsfähig waren. Und die Venta-Schilder in den örtlichen Industriegebieten sprechen eine deutliche Sprache.

Wie gesagt, das ist nur das, was ich hier so mitbekomme.



Re: Warum auswandern?

Hola Gringo,

im Grossen und Ganzen sehen wir den spanischen Arbeitsmarkt, glaube ich, sehr ähnlich.

Aber was die Einkommen angeht, ist man netto in Spanien gerade bei mittleren Gehältern durchschnittlich besser gestellt, als in DE. U.a. auch deshalb, weil die SV Beiträge der Arbeitsnehmer niedrig und die Steuervorteile (z.B. Eigenheimförderung, Essensgeld, priv. Altersvorsogre) per Saldo für den Normalverdiener wahrscheinlich auch besser als in DE sind. Spanien hat ja auch in den letzten Jahren viel weniger Subventionen aus Brüssel bekommen, weil die Löhne so gestiegen sind.

Nimm mal eine 40 jährige Krankenschwester. Die geht hier locker mit 35.000 Euro n e t t o nach Hause, und hat einen Kalendermonat am Stück plus 9 Arbeitstage Urlaub. Das bei einer 38.5 Stundenwoche und faktischer Unkündbarkeit. Die deutsche Krankenschwester darf sich vergleichsweise über bestenfalls 26.000 Euro/Jahr nett freuen, bei vielleicht 24 Urlaubtagen/Jahr und mit oft geringer Arbeitsplatzsicherheit.

In der Industrie sind die Arbeitsbedingungen in Spanien durchschnittlich aber zweifellos härter, als in DE und auch die Löhne sind da schlechter. Aber in der Industrie (ohne Bau) arbeitet auch in Spanien mittlerweile nur noch eine Minderheit, wobei Spanien sowieso ziemlich unterindustrialisiert ist.

Mit Anfangsgehältern ist das nicht nur in Spanien so eine Sache. In Spanien hast Du die „mileuristas“ als Berufsanfänger, die bekommen einen Hungerlohn aber immerhin es gibt noch Geld. In DE hast Du da die „Praktikanten“ denen man a. gar nichts gibt und b. die in keiner Statistik auffallen, aber im Prinzip die gleiche Gruppe arbeitsloser Jungakakdemiker repräsentieren.

Was die Banken angeht, stehen viel ziemlich unqualifizierte Meldungen in der Presse. Das Problem ist einfach, dass die immobilienabhängigen Branchen insgesamt praktisch keine neuen Kredite mehr bekommen. Der Rückgang der Kreditsumme ist in den letzten 12 Monaten in ganz grossen Teilen auf den fast um 50 % gesunkenen Immobilienkauf und nicht mehr finanzierbare Baubetriebe zurückzuführen. Für den grossen Rest gilt "negocio como siempre".

Da die spanische Bauindustrie prozentual viel grösser ist, als in DE z.B. und viele einflussreiche Leute da betroffen sind, wird da natürlich kräftig öffentlich gejammert.

Viele Bauträger z.B. werden ihre hoffnungslos überteuerten Immobilien nicht mehr los. Nur mal so zum reinschmecken: der durchschnittliche spanische "Promotor" einer Neubauimmobilie erwartet einen 50%igen Gewinn! Bitte schön auf den Umsatz, nicht auf den Gewinn auf Eigenkapital. Diese Leute finden jetzt keine Käufer mehr, wollen aber natürlich am liebsten, dass die Banken denen jetzt die Verluste zwischenfinanzieren. Das kann und darf natürlich keine Bank der Welt (ausser einigen deutschen Landesbanken vielleicht ;-)) ). Santander hat z.B. ein spezielles Kreditprogramm, um etwas schwachen Privatkäufern den Kauf einer Immobilie zu ermöglichen, wenn der Bauträger die Immobilie für 20 % weniger abgibt. Finanzierung problemlos bis 100% bei z.Zt ca. 2,1% Hypothekenzinsen. Aber auch bei solchen Angeboten jammern die Bauträger weil sie "nur" noch 30% verdienen.

Die Konkursrate von deutschen Unternehmen ist übrigens auch jetzt immer noch um 20-50 mal höher, als die spanischer Unternehmen. Die Zahl notleidenden Kredite einschl. Hypothekenkredite liegt bei unter 4 % und ist im letzten Monat zum ersten mal schon wieder gesunken.

Bei uns auf den Kanaren haben die Zeitungen orakelt, dass der Tourismus auf den Kanaren um bis 50% einbrechen wird. Die Realität: Gran Canaria hat zwar etwa 6% weniger Touristen bekommen, die 94% die gekommen sind haben aber 6% mehr Geld auf GC ausgegeben. Per Saldo, ist also überhaupt keine Umsatzänderung eingetreten.

Saludos de las Islas Canarias



Re: Warum auswandern?

Konkretes Beispiel:
Uniabsolvent mit Ingenieurabschluß: Einstiegsgehalt in einem spanischen Großunternehmen: zwischen 22.000 bis 25.000 BRUTTO. Spanischer Ingenieur mit 12 Jahren Berufserfahrung: 48.000 Euro BRUTTO.

Ich denke, die kommen nicht an die kanarische Krankenschwester heran.



Re: Warum auswandern?

48.000 brutto ergibt verheiratet mit einem Kind und eigenem Häuschen etwa 40.000 netto. Das ist doch nicht schlecht, wenn er nicht gerade im teuren Madrid oder Barcelona leben muss.



Re: Warum auswandern?

In DE hätte er nur rund 32000 netto. 20% Unterschied merkt man in dieser Einkommensklasse ganz deutlich! Die Steuern allein können den Unterschied ja nicht ausmachen, ist die Sozialversicherung in ES so günstig?

Gruß
Siggi

Re: Warum auswandern?

Ja das würde mich auch interessieren, ist natürlich ein immenser Unterschied... :O