Politische Lage in Namibia
Es ist schon ein bißchen merkwürdig, was in Namibia zur Zeit hier abgeht. Die ganze Zeit, seit ich hier bin, war es nie so, aber nächstes Jahr stehen Wahlen an, und das wirft seine Schatten voraus.
Seit der Unabhängigkeit 1990 entwickelte sich das Land recht friedlich, allerdings stets unter der Regierung der SWAPO, der Befreiungsorganisation, die für die Unabhängigkeit gekämpft hat oder besser gesagt, die SWAPO ist ein Teil der Befreiungsorganisation, die damals für die Unabhängigkeit gekämpft hat, tut aber so, als hätte es niemals Freiheitskämpfer gegeben, die nicht in der SWAPO waren oder heute nicht mehr in der SWAPO sind. So bekommen beispielsweise Veteranen des Befreiungskampfes, die nicht in der SWAPO waren oder sind, keine Veteranenrente, so als ob sie nicht genauso wie die anderen für die Freiheit gekämpft hätten.
Die Regierung ist also sehr einseitig orientiert, sowohl was die Partei betrifft als auch, was die Stammeszugehörigkeit betrifft. Der Stamm der Ovambo, dem fast alle SWAPO-Leute angehören, wird vor allen anderen Stämmen hier im Land bevorzugt. Wenn man als nicht Ovambo und SWAPO ist, sieht es schlecht aus.
Man wird nicht direkt verfolgt, aber unterstützt auch nicht. Nun ja, so ist es eben, nicht nur in Afrika. Vetternwirtschaft gibt es überall, und man muß ehrlich sagen, daß man in Namibia trotz alldem gut leben kann. Ich kann mich jedenfalls nicht beklagen.
Aber nun gibt es Wahlveranstaltungen der Opposition, die bisher immer friedlich abliefen, auf denen plötzlich SWAPO-Mobs auftauchen und die Wahlveranstaltung sprengen, sich mit den Oppositionsanhängern und der Polizei prügeln und ständig behaupten, die SWAPO wäre die einzige Partei, die Namibia regieren kann und sollte.
Viele fahren neuerdings hier mit Aufklebern auf dem Auto herum: »SWAPO - the party we trust«.
Würde jemand einen solchen Aufkleber für eine Oppositionspartei auf sein Auto machen, würde sein Auto wahrscheinlich von SWAPO-Anhängern demoliert.
Ich glaube zwar nicht, daß es wirklich zu einem Bürgerkrieg kommt, wie die Opposition warnend behauptet hat, aber man fragt sich doch, wohin das führen wird. Die SWAPO hat wahrscheinlich schon die letzte Wahl verloren, jedenfalls ist das sehr wahrscheinlich, und regiert nur weiter, weil sie die Wahlergebnisse gefälscht hat. Sie wollen die Macht einfach nicht abgeben. Wie wird es nun sein, wenn dieses Mal vielleicht noch mehr Leute die Opposition wählen? Wird dann wie in Simbabwe Herr Mugabe hier der Präsident der SWAPO einfach weiterregieren und alle Demokratiebemühungen zunichte machen?
Man weiß es nicht. Es ist auch nicht so, daß die Opposition unbedingt besser zum Regieren geeignet wäre, aber die Probleme im Land nehmen zu, weil die Regierung eben nichts für Bildung, Schulen, Ausbildung des eigenen Volkes tut und dadurch natürlich kein Fortschritt erzielt werden kann. Jedes Jahr wundern sie sich, daß die Wirtschaft nicht so wächst, wie sie sich das erhofft haben, aber statt etwas dafür zu tun, scheinen sie zu meinen, das kommt von selbst.
Nur mal so eine Bestandsaufnahme. Ich glaube nicht, daß es in Namibia so wird wie in Simbabwe, aber es könnte härter werden hier.
Mal schauen, was nächstes Jahr bei der Wahl herauskommt. Wenn die SWAPO richtig ordentlich verliert ... dann werden wir wissen, wie demokratisch Namibia wirklich ist.
Liebe Grüße
Anna