Borat
Hallo Leute,
ich hab neulich den Film Borat gesehen. Sie kennen den Film bestimmt, überall läuft dessen Werbung.
Hier möchte ich meine Eindrücke vom Film schreiben und, falls jemand den Film auch angeschaut hat, Eindrücke anderer lesen.
Kurz vorweg:
- im Film werden echte Staatssymbole Kasachstans verwendet,
- die kleine Ortschaft, wo Borat wohnt (im Trailer zum Film gezeigt) existiert tatsächlich es ist ein Dorf in Rumänien,
- der zweite Hauptdarsteller ist ein Armenier,
- am Ende des Films wird Präsident Aserbaidschans Ilham Aliyev abgebildet.
Konkret: Borat ist ein guter Film. So witzig ist der Film nicht, das ist keine echte Komödie. Alles enthält eine fette Portion Sarkasmus und Ironie. Die Witze im Film sind sehr platt und schräg, wie alles, was Borat im Film macht (und zwar die ganze Zeit). Dabei waren viele Szenen gar nicht so lustig. Humor ist generell nur die Oberfläche des Films.
Im Prinzip erzählt der Film von kultureller Unterschieden in moderner westlicher Gesellschaft mit so gut wie allen deren Minderheiten. Borat, der durch die Vereinigten Staaten reist, trifft auf all diese Minderheiten bzw. soziale Gruppen: Feministinnen, Gay-Society, Burschenschaften, kirchliche Gemeinden, Konservativen usw. Grundsätzlich macht Borat dasselbe, was er früher als Ali G im MTV gemacht hat: er trifft sich mit Vertreter zahlreichen Interessengruppen und stellt ihnen Fragen, die komisch vorkommen. Komisch weil uns die Antwort so banal eindeutig (und umgekehrt: eindeutig banal) scheint, in sich aber einen anerkannten Konflikt enthält.
Im Borat wird gezeigt, wie eine Person aus einem anderen kulturellen Kreis kommt, der unserem diametral unterscheidet. In Borats Gesellschaft wird fast alles gemacht, was hier als negativ bewertet ist, für ihn aber eine Normalität ist und umgekehrt sieht er unsere Sitten komisch an. Z.B. nach Borat ist es in Ordnung, wenn Männer sich selbst auf der Strasse sexuell befriedigen; nach Borat dürfen Frauen männliches sexuelles Verlangen nicht abweisen; nach Borat müssen Juden gejagt werden; nach Borat darf man sich über behinderten Menschen lustig machen, nach Borat schützt man Tiere nicht usw. Dabei ist Borat kein schlechter Mensch: er prügelt sich mit niemandem, quält und disrespektiert Tiere nicht, er geht nicht fremd (obwohl er von Pamela Anderson träumt und versucht sie zu heiraten), raucht nicht, achtet auf Ehre und Ehrlichkeit. Er trifft auch während seiner Reise keine schlechten Menschen. Besser gesagt keine eigentlich schlechte Menschen. Denn in jeder Personengruppe, auf die er stößt, gibts auch komische Seiten (als Paralell zu Borats). So findet er Gays sehr nett und höfflich (besser als Normalmenschen), obwohl er deren sexuelle Orientierung gar nicht teilt. In einer von Borat besuchten Kirche, wo in der Messe nichts außer Jesus liebt euch gepredigt wird, tritt ein amerikanischer Bundesrichter auf und sagt Amerika ist ein christliches Land. Danach wird die Predigt so getrieben, dass Borat in Unmacht fällt: wie in als verächtlich gezeigten extremen islamischen Messen. Feministinnen wollen mit Borat überhaupt nicht reden, und zwar nur weil er einer anderen Ansicht ist. Leute aus Burschenschaft (die im Film saufen und von Weib reden) beklagen, Minderheiten seien besser behandelt als normale Menschen (stimmt zum Teil). Gezeigt werden dort auch wohlhabende und anständig aussehende Menschen, die ernsthaft meinen, dass Muslime Terroristen sind.
Insgesamt steckt der Film sehr viele Widersprüche, gedeckt mit platten und geschmacklosen Witze. Im Ergebnis sagt der Film nicht, dass etwas Fehlerhaftes in Wirklichkeit richtig ist, sondern dass auch bei uns vieles fehlerhaft ist, und zwar zum Teil sehr ähnlich wie bei anderen.
Es gab da eine Szene, die ich wirklich übertrieben fand: Borat kämpft dort gegen seinen mitreisenden Landsmann
und zwar nackt. Beide völlig nackt (und haarig), so dass teilweise Geschlechtsorgane zu sehen sind. Sehr abartige Ansichten; kaum jemand im Saal hat dabei gelacht. Generell habe ich gemerkt, dass bei sehr vielen Witzen nur Teile der Zuschauer lachten. Die meisten Besucher, wie ich merkte, waren Deutsche, dabei waren auch spürbar viele ältere Personen.
Der Borats mitreisende Landsmann ist ein Schauspieler armenischer Nationalität, was ich aber nur am Ende des Films in Titeln lesen konnte (vom Gesicht her jedoch auch zu vermuten). Ich kann den Film gut empfehlen, aber nur den Leute, die über sich selbst lachen können, denn sonst ist der Film etwas langweilig und flach (wie Jackass oder Scary Movie).
So, das wars, und ich warte auf euere Kritik (bin sicher, es kommt viel).
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