Re: 28.11. bis 09.12.2011: 17. Klimakonferenz in Durban
10.12.2011:
Wilstersche Zeitung:
Wenige Stunden vor Abschluss des Weltklimagipfels im südafrikanischen
Durban hat sich gestern Abend noch keine Einigung abgezeichnet. EU-Klimakommissarin
Connie Hedegaard warnte vor einem Scheitern. Wenn wir im Vergleich zum
Verhandlungsstand um vier Uhr heute Morgen keine weiteren Fortschritte
erreichen, dann wird es in Durban keine Einigung geben, sagte sie. Ein
Ergebnis sei zwar noch erreichbar. Uns bleiben aber nur noch wenige
Stunden Zeit.
Konferenzpräsidentin Maite Nkoana-Mashabane
gab sich bedeckt über den Fortgang der Verhandlungen: Wir arbeiten
hart, erklärte die südafrikanische Außenministerin am frühen
Nachmittag. Die Welt warte mit Ungeduld auf ein konstruktives Ergebnis
der Konferenz, fügte sie hinzu. An der UN-Klimakonferenz nehmen 194 Staaten teil.
Hedegaard bekräftigte das europäische Ziel, neben einer Verlängerung des Kyoto-Protokolls
einen Fahrplan zu einem neuen Klimaabkommen zu verabschieden. Es soll
Pflichten für alle Nationen außerhalb der EU enthalten, die große Mengen
Treibhausgas ausstoßen. Nach den Worten Hedegaards signalisierten zwar
Brasilien und Südafrika die Bereitschaft dazu, China und Indien aber
noch nicht. Erst wenn sich alle vier großen Schwellenländer bewegen,
wird auch ein Zugeständnis der USA denkbar, die bei den
Klimaverhandlungen als die größten Bremser gelten.
Entweder es gibt das Bekenntnis von allen Staaten zu einem
Weltklimavertrag oder gar nichts: Gestern Abend setzte die EU plötzlich
auf Alles oder Nichts. Das Ziel ist, große Blockierer wie die USA so an
den Pranger zu stellen, dass eine ganz neue Handlungsdynamik erzeugt
wird. So könnte Durban auch in einigen Monaten mit einer Sonderkonferenz
etwa in Bonn fortgesetzt werden, heißt es aus Delegationskreisen. Zu
der neuen Allianz gehörten neben der EU auch die 50 am wenigsten
entwickelten Staaten (LDC) und die kleinen Inselstaaten (Aosis). Und wie
reagieren die Basic-Staaten, also China,
Indien, Brasilien und Südafrika darauf? Brasilien und Südafrika wollen
nun auch Verpflichtungen mittragen. China wackelt. Die USA sind nun
nervös, meint Martin Kaiser, Leiter Internationale Klimapolitik bei
Greenpeace. Mit dem großen Block von rund 120 der 193 teilnehmenden
Staaten, die gemeinsam gegen Blockierer wie die USA, Russland, Indien
oder China stehen, hätten sie nicht gerechnet. Es ist sehr viel
möglich, aber es können am Ende auch nur einige Mogelpackungen
herauskommen.
Standpunkt:
Ist er gescheitert, oder doch nur weniger erfolgreich als erhofft?
Das lässt sich bei Klimagipfeln nie so genau sagen und am Ende wird
vieles schöngeredet. Verhandelt wird jedenfalls auch in Durban bis zur
letzten Minute. Aber herauskommen wird dabei höchstens Stückwerk mit
wenig Substanz: Ein eigentlich sinnvoller Klimafonds, aus dem die
Entwicklungsländer ab 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar zur Anpassung
an den Klimawandel erhalten sollen aber wird wirklich je genug
eingezahlt? Eine Verabredung, das Kyoto-Protokoll auch nach 2012 weiterzuführen aber die Länder, die sich darin verpflichten, sind nur für 15 Prozent der CO2-
Emissionen verantwortlich. Eine Zusage Chinas, sich ab 2020 irgendwie
an einem (für andere) verbindlichen Klimavertrag zu beteiligen? Keine
dieser Verabredungen sieht wirkungsvolle Sanktionen gegen Länder vor,
die ihre Emissions-Versprechen brechen.
Während ein richtiger Klimavertrag ausbleibt, verkommt auch dieser
Gipfel wieder zum Austragungsort von Animositäten zwischen
Industriestaaten und Entwicklungsländern. Macht EU-Klima-kommissarin
Connie Hedegaard in einer flammenden Rede deutlich, dass der Beschluss
eines Klimavertrags nicht jedesmal bis zur nächsten Konferenz
aufgeschoben werden kann, dann wird ihr von afrikanischen Deligierten
eine aggressive Körpersprache vorgeworfen. Wird in dieser angespannten
Lage tatsächlich noch ein Fahrplan zu einem neuen Klimaabkommen
verabschiedet, muss man wohl von einem Erfolg sprechen auch wenn der
Plan ebenso wenig durchsetzbar sein wird, wie alle Klimavereinbarungen
vor und nach ihm.
Spiegel-Online:
Gipfel-Marathon in Durban