Koalition ebnet Weg für Stromautobahn. WZ vom 03.07.2015
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CSU-Chef Horst Seehofer hat seinen Widerstand gegen den Bau der Südlink-Stromleitung von Schleswig-Holstein
nach Bayern aufgegeben. Zuvor war Bundeswirtschaftsminister Sigmar
Gabriel dem bayrischen Ministerpräsidenten bei einem Treffen der
Koalitionsspitzen in Berlin mit mehreren Zugeständnissen entgegen
gekommen. So sollen beim Bau der Trasse nun Erdkabel Vorrang vor
Freileitungen erhalten.
Zudem kippten Union und SPD bei ihren Beratungen in der Nacht zu gestern die Pläne für eine Klima-Abgabe
für alte Kohlemeiler. Statt dessen sollen nun ältere Kraftwerksblöcke
vom Netz gehen und nur noch als Notfallreserve dienen. Die Betreiber
erhalten dafür einen finanziellen Ausgleich, den die Stromkunden zahlen.
Schleswig-Holsteins grüner Energieminister
Robert Habeck zeigte gestern gemischte Reaktionen auf die Beschlüsse.
Während er sich zufrieden über das grüne Licht für die Südlink-Trasse
äußerte, kritisierte er den Verzicht auf die Kohle-Abgabe als fatal für den Klimaschutz.
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Der Weg für die Stromautobahn Südlink von Schleswig-Holstein nach Bayern ist frei. CSU-Chef
Horst Seehofer hat seinen Widerstand gegen den Bau der Leitung bei
einem Treffen von Spitzenpolitikern der Großen Koalition in der Nacht zu
gestern aufgegeben. Auch mit einer weiteren Gleichstromleitung von
Sachsen-Anhalt nach Bayern ist Seehofer jetzt
einverstanden. Vorausgegangen waren allerdings bei den Gesprächen in
Berlin mehrere Zugeständnisse an Bayerns Ministerpräsidenten, die den
Netzausbau kostspieliger machen und die Strompreise erhöhen. Die
Monstertrassen sind vom Tisch, freute sich Seehofer.
Laut den Koalitionsbeschlüssen sollen teure Erdkabel bei beiden Nord-Süd-Trassen
Vorrang vor Freileitungen erhalten. Die Mehrkosten sind
gerechtfertigt, da die Maßnahme zu mehr Akzeptanz und schnellerem Ausbau
führt, heißt es im Koalitionspapier. Zudem sollen Erdkabel auch bei
Wechselstromleitungen in zusätzlichen Pilotprojekten genutzt werden,
obwohl das noch teuer ist. Schließlich soll die Bundesnetzagentur
prüfen, ob einer der beiden Stränge der Südlink-Leitung
um Bayern herumführen kann der von Brunsbüttel ins schwäbische
Großgartach. Der andere Strang wird auf bisher größtenteils gleicher
Trasse von Wilster ins bayrische Grafenrheinfeld führen, wo gerade der
Atommeiler stillgelegt wurde. Südlink soll nun Windstrom von der Küste
dort hinleiten.
Schleswig-Holsteins Energieminister Robert
Habeck zeigte sich mit den Beschlüssen zu den Stromtrassen zufrieden.
Wir brauchen Südlink für die Energiewende, sonst fehlt Bayern Strom
das hat Seehofer anscheinend kapiert, sagte der Grünen-Politiker.
Es sei zudem richtig, mehr Erdkabel zu ermöglichen. Man muss aber auch
wissen, dass es teurer wird für die Stromkunden, warnte Habeck. Für
die geplante Leitung an der schleswig-holsteinischen
Ostküste forderte er ebenfalls eine Erdverkabelung: Die
Ostküstenleitung bietet sich dafür ideal an. Die CDU müsse im Bundestag
endlich ihren Widerstand gegen ein Pilotprojekt dort aufgeben.
Kritik übte Habeck dagegen an den Beschlüssen der Koalition zu den
Kohlekraftwerken. Das Einknicken bei der Kohleabgabe ist fatal für den
Klimaschutz, schimpfte er. Die Spitzen von Union und SPD hatten nach
Protesten von Energieversorgern und Gewerkschaften beschlossen, keine
Abgabe für ältere Braunkohle-Meiler zu erheben,
sondern statt dessen alte Kraftwerksblöcke vom Netz zu nehmen und nur
noch als Kapazitätsreserve vorzuhalten. Dafür bekommen die Betreiber
einen Ausgleich, den die Stromkunden bezahlen. Habeck kritisierte das
Einlenken gegenüber der Branche: Merkel, Seehofer und Gabriel müssen
sich auch mal trauen, Farbe zur Energiewende zu bekennen und sich nicht
in die Furche zu ducken.
Dagegen verteidigte der CDU-Landeschef und
Energiepolitiker Ingbert Liebing alle Beschlüsse der Koalition. Sie
seien ein Durchbruch mit guten Ergebnissen für Schleswig-Holstein,
sagte er. Es sei richtig und zielführend, die Stilllegung von
Kohlemeilern finanziell abzufedern. Die von Wirtschaftsminister Sigmar
Gabriel geplante Klimaschutzabgabe wäre hingegen ein für den
Industriestandort Deutschland gefährliches Instrument gewesen.