E-Autos werden im Preis fallen. WZ vom 25.08.2015
Auch in den Auto-Werkstätten gewinnt der Bereich E-Mobilität immer größere Bedeutung. Der Verband des Kfz-Gewerbes Schleswig-Holstein
hat landesweit Hunderte von Mitarbeitern für den Umgang mit der
Hochspannung geschult, mittlerweile gehört die Einweisung für die
Behandlung von Elektro-Autos zum Pflichtprogramm angehender Mechatroniker, wie Jan-Niklas
Sontag erklärt. Dem Geschäftsführer des Verbandes mit seinen 1100
Mitgliedsbetrieben und 250 Tankstellen ist es wichtig zu betonen: Wir
unterstützen die E-Mobilität.
Das Ziel, einst von der Bundesregierung vorgegeben, lautete: eine Million Elektro-Fahrzeuge bis zum Jahr 2020. Zurzeit sind es beispielsweise in Schleswig-Holstein
jedoch nur 500 bis 600, weshalb nicht nur Sontag die Berliner Vorgabe
unerreichbar erscheint. Unstrittig aber ist, dass die E-Mobilität auf dem Vormarsch ist. Gespannt verfolgt der Kfz-Verband
Nachrichten von Forschern etwa aus der Technischen Hochschule in
Aachen, die Batterien mit einer Reichweite von 300 bis 500 Kilometern
entwickelt haben wollen. Auch wenn diese Super-Akkus
noch nicht marktgängig seien da ist noch viel drin, betont Sontag,
der mit seinem Verband gerüstet sein will für die Zukunft.
Der Experte ist sogar überzeugt, dass der Preis für E-Autos
fallen wird. Wann, weiß ich nicht, räumt Sontag allerdings ein.
Gegenwärtig seien die Stückzahlen einfach noch zu gering. Vorreiter bei
der Entwicklung der E-Technik in Fahrzeugen
waren etwa die französischen und die japanischen Hersteller. Die waren
flotter als die deutschen, sagt Sontag. Mittlerweile hätten aber auch
die hiesigen Fabrikanten nachgezogen, überhaupt gebe es bei sämtlichen
Herstellern eine breite E-Mobil-Palette.
Mit öffentlicher finanzieller Unterstützung und besseren
Abschreibemöglichkeiten lasse sich beim Absatz eine Menge bewirken. Nach
Einschätzung des Verbandssprechers ist der E-Motor
durchaus eine gute Ergänzung zu herkömmlichen Antriebstechniken, als
Option sollte er auf jeden Fall eingeplant werden. Sontag verweist in
diesem Zusammenhang auf die erfolgreiche Genossenschaft eE4mobile in
Nordfriesland. Dort gibt es preiswerten Strom aus Windenergie in großen
Mengen und außerdem Dutzende von Ladestationen über den gesamten Kreis
verteilt.
Der Preis und der Aktionsradius das sind auch weiterhin die entscheidenden Kriterien bei der E-Mobilität.
Eine Schnellladung an der Landstraße oder an der Autobahn, die dem Akku
binnen 30 Minuten 80 Prozent Leistung gibt, ist nach Einschätzung von
Sontag wohl vertretbar. Dauert es länger, wird es kritisch. Da reicht
dann die Kaffeepause nicht mehr, da muss es dann schon ein Mittagessen
sein, erklärt Sontag.
Er beobachtet, dass die jahrelange Skepsis und Zurückhaltung in
seiner Branche allmählich schwindet. Die Stimmung ändere sich, und davon
zeuge auch der Erfolg der vom Verband ausgerichteten Schulungen am E-Motor. Die ideologische Frage pro oder kontra Elektro-Mobilität
sei längst dem pragmatischen Ansatz gewichen, der Aspekt der
Wirtschaftlichkeit stehe ganz klar im Vordergrund. Auch hier hat der
Verband Modellrechnungen aufgestellt. Das E-Auto mit einer Jahresleistung von 20 000 Kilometern kann durchaus wirtschaftlich sein, betont der Geschäftsführer.
Sontag sieht sein Gewerbe auch unter ganz anderen Gesichtspunkten in
Veränderung. Das Auto als Statussymbol steht für den Käufer häufig nicht
mehr obenan, und in Großstädten wie Hamburg oder Berlin mit ihrem
dichten ÖPNV-Netz verzichten viele Menschen ganz
bewusst auf einen eigenen fahrbaren Untersatz. Das sind viel
dramatischere Entwicklungen, erklärt Sontag.
Udo Carstens