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Gegner der Kohlekraftwerke feiern. WZ vom 20.03.2013

Gegner der Kohlekraftwerke feiern. WZ vom 20.03.2013

„Ziel erreicht“: Gegner der Kohlekraftwerke feiern

Brunsbüttel/sh:z

Fünf Jahre lang hatte die Bürgerinitiative Gesundheit und Klimaschutz Unterelbe-Brunsbüttel
gegen Kohlekraftwerke in Büttel und der Schleusenstadt gekämpft. Mit
dem Rückzug der Südweststrom im Sommer 2012 hieß es für die Initiative:
„Ziel erreicht“. Das soll heute gefeiert werden. Zugleich, so der
Brunsbütteler Martin Storm, werde es im Hamburger Hof darum gehen, ein
neues Ziel zu bestimmen: das Engagement gegen Fracking und CCS und für
den Trinkwasserschutz der Bevölkerung. Storm: „Die BI hält die
derzeitige Positionierung der politischen Parteien gegen Fracking für
hilfreich, aber für möglicherweise nicht wirklich ausreichend.“


Seit der Gründung im Dezember 2007 ist es heute das 100. Treffen
engagierter Bürger, die sich den Schutz von Gesundheit und Klima auf die
Fahnen geschrieben haben. Daher gibt es nach einer kurzen Sitzung mit
wenigen Tagesordnungspunkten Getränke und Essen als Dankeschön für das
Engagement von Mitstreitern und Unterstützern. Beginn ist um 19.30 Uhr.
Danach wird Martin Storm Lieder anstimmen, die in diesen Jahren zum
Thema entstanden sind. Es gibt Fotos, einen Rückblick auf Aktionen,
einen Comedy-Sketch sowie eine Rede von Stephan Klose.


Die Bilanz könne sich auf jeden Fall sehen lassen, meint Storm.
Teilweise hatte die BI weit über 100 Mitglieder und Unterstützer aus dem
ganzen südlichen Schleswig-Holstein, viele
andere Bürgerinitiativen und Umweltverbände waren Partner. Auch eine
ganze Reihe von Firmen aus Industrie und Wirtschaft unterstützte die
Bürgerinitiative tatkräftig. Über 50 Aktionen wurden durchgeführt. Die
Initiative beteiligte sich am Protest gegen Kohlekraft sogar in der
Schweiz. „Überall wurde das Gespräch gesucht und kompetentes Wissen über
Gefährdungen der Bevölkerung durch Gefahren für Luft und Wasser durch
vier geplante Kohlekraftwerksblöcke sowie ein Industrieheizkraftwerk
vorgetragen“, fasst Storm zusammen. Zum Bedauern der Bürgerinitiative
sei es aber schwierig gewesen, „mit den politischen Parteien vor Ort in
eine Diskussion einzusteigen“.




Re: Gegner der Kohlekraftwerke feiern. WZ vom 20.03.2013

WZ vom 22.03.2013:



Kohlekraft-Besieger vor neuen Zielen

Nach fünf Jahren Engagement lieferte die 100. Sitzung den Rahmen für eine Rückschau – und den Ausblick auf weitere Aufgaben

Brunsbüttel/Wilstermarsch

Es war ein runder Geburtstag: die im Dezember 2007 gegründete
Bürgerinitiative (BI) Gesundheit und Klimaschutz Unterelbe nutzte ihr
100. Treffen im Hamburger Hof in Brunsbüttel zu einem Rückblick auf die
erfolgreiche Arbeit, einen Ausblick auf anstehende Aktionen und
insbesondere zu Geselligkeit, Spaß und fröhlichem Feiern.


Stephan Klose aus Wewelsfleth, einer der führenden Köpfe in der BI,
zog eine positive Bilanz und erinnerte an seine Prognose beim Beginn des
Widerstands gegen die vier in Brunsbüttel geplanten Kohlekraftwerke und
ein Industrie-Heizkraftwerk. Er habe seinem
Mitstreiter Karsten Hinrichsen aus Brokdorf seine Zuversicht erklärt,
„dass keines dieser Projekte kommen wird“. Das habe sich bewahrheitet.
Die Kohlekraft-Projekte in Brunsbüttel seien
gestorben. Damit konnte der Ausstoß von schwer belasteter Luft und 18
Millionen Tonnen CO2 verhindert werden.


„Unsere Arbeit konnte nur gelingen, weil wir eine gute
Bürgerinitiative waren mit sehr vielen Spezialisten. Damit waren wir gut
aufgestellt“, begründete Klose unter dem Beifall der Mitglieder die
Erfolge. „Wir bleiben bestehen!“ kündigte Klose an und bezeichnete den
aktuellen Stand als „Initiative on Demand“, was so viel heißt wie
„Initiative bei Bedarf“. Denn: „Wenn das Thema Fracking oder CCS
aufkommt, sind wir wieder da“, versprach Klose.


Pastor em. Martin Storm aus Brunsbüttel rief schon jetzt zum
Weitermachen auf. Frackinganträge könnten das Explorationsgebiet bis hin
nach Meldorf und Burg ausdehnen, warnte er vor einer Gefährdung des
Grundwassers durch das Verfahren, Gas mithilfe von Chemikalien aus
Gesteinsschichten im Boden zu lösen. Mit dem damit verbundenen
CO2-Ausstoß habe man ein brisantes Thema „direkt vor unserer Nase“.
Seine Feststellung bei der 100. Sitzung: „Die BI hat ihr Ziel erreicht.
Sie ist im Finale angekommen.“


Natürlich, räumte er ein, wäre es vermessen, wenn sich die Initiative
zuschriebe, sie hätte die Kohlekraftwerke allein verhindert. „Wir haben
auf Zeit gespielt.“ Immerhin attestierte sogar Südweststrom-Chefin
Bettina Mohrlok in einer Mail an Klose, die BI habe sich immer als
fairer Gegner gezeigt. Für „die offene Diskussion“ bedankte sie sich.


Einen „Erfolg“ auf ganz anderer Ebene konnten die Kohlekraftgegner
verbuchen: Sie haben Eingang in ein Schulbuch für Wirtschaft und
Politik in der Sekundarstufe I gefunden, als Beispiel für ein
Erörterungsverfahren – mit Foto. Christian Barz aus Brunsbüttel zog
einen Schlussstrich unter das Kohlekraft-Projekt
der Südweststrom. „Die Betreiber haben auf die wasserrechtliche
Genehmigung verzichtet“, was so viel wie eine Abkehr von diesem Vorhaben
bedeute. Auch der Grundstücks-Optionsvertrag
sei nicht verlängert worden. „Die Stadt Brunsbüttel bereitet inzwischen
einen Auflösungsvertrag vor, um den Bebauungsplan aufheben zu können.“
Stephan Klose machte darüber hinaus deutlich, dass auch kein anderer
Betreiber in das Projekt einsteigen könne. „Er müsste wieder ganz von
vorn anfangen – und dann sind wir wieder da.“


Einleitend hatte Claudia Kuhlgatz aus St. Margarethen als nächste
Großveranstaltung eine Protest- und Kulturmeile am Kernkraftwerk
Brokdorf für den 21. April angekündigt. Zum Tschernobyl-Gedenktag
soll ab „fünf vor zwölf“ die Forderung „AKW Brokdorf abschalten –
jetzt!“ propagiert werden. Mit Unterhaltung und Straßenkünstlern soll es
eine konfliktfreie Veranstaltung werden, versicherte Karsten
Hinrichsen. Bereits am 9. April soll es in Brunsbüttel eine
Veranstaltung zum Rückbau des Kernkraftwerks Brunsbüttel geben.


Der gesellige Teil des Abends wurde mit einem Imbiss eröffnet. Gisela
Wieneke vom BUND in Itzehoe gab einen Rückblick auf mehr als 50
Aktionen der Vergangenheit. Dazu gehörten auch Protestfahrten nach Kiel,
Berlin und in die Schweiz. Jutta Storm wusste mit einem Comedy-Sketch
zu unterhalten, während Martin Storm viel Beifall fand für seine
Lieder, die er mit Gitarre und zum Teil auch mit Mundharmonika-Klängen zu Gehör brachte.


Dankbar zeigte sich die Bürgerinitiative mit weit über hundert
Mitgliedern und Unterstützern für die Hilfe von befreundeten Initiativen
und Umweltverbänden. Nicht zuletzt sorgten Demonstrationen,
Gottesdienste, Diskussionsforen und Theatervorstellungen für
Aufmerksamkeit.
Jochen Schwarck