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Klimaschützer von Koalition begeistert. WZ vom 15.06.2012

Klimaschützer von Koalition begeistert. WZ vom 15.06.2012



Klimaschützer von Koalition begeistert

Bürgerinitiative freut sich auf neuen Energiewendeminister – und warnt vor Kohlendioxid-Plänen von EU-Kommissar Oettinger

Brokdorf/Brunsbüttel

Den Regierungswechsel in Kiel hat die Spitze der Bürgerinitiative
Gesundheit und Klimaschutz Unterelbe begrüßt. „Den Koalitionsvertrag mit
der Aussage zur künftigen Energieversorgung könnten wir in vollem
Umfang unterschreiben“, äußerten sich die BI-Sprecher
Stephan Klose, Gisela Wieneke und Dr. Karsten Hinrichsen in einem
Gespräch mit unserer Zeitung überaus zufrieden. Sie erhoffen sich eine
gute Zusammenarbeit mit dem neuen Energiewendeminister Robert Habeck.


Eine weitere Hoffnung für die Klimaschützer in der Wilstermarsch
richtet sich gegen den Bau eines Kohlekraftwerks in Brunsbüttel. „Wir
sind in einer Art Schwebezustand“, sagte Stephan Klose angesichts
anhängiger Klagen. Der Wewelsflether bedauert, dass es immer noch keine
eindeutige Entscheidung der Südweststrom darüber gäbe, ob es nach dem
Ausscheiden der Schweizer Repower mit dem Projekt an der Unterelbe
weitergehen solle oder nicht. Klose: „Wir sind sehr gespannt und schauen
auf die nächste Gesellschafterversammlung von Südweststrom.“


Viel Zeit bleibt dem Unternehmen allerdings nicht. Ende dieses Jahres
läuft der Optionsvertrag für den endgültigen Kauf des Baugeländes auf
der Brunsbütteler Südseite aus. Er sieht vor, dass zwei Monate vor dem
Vertragsende – also schon bis Ende Oktober – entschieden sein muss, ob
gekauft wird oder nicht. „Ansonsten ist die Südweststrom raus“, sehen
die BI-Aktivisten ihre Chancen. Mit der neuen rot-grün-blauen
Landesregierung sei der Verkauf des Geländes dann nicht mehr zu
bewerkstelligen, interpretieren die Klimaschützer den Koalitionsvertrag.
„Wir bleiben wach!“ betonte Stephan Klose. Man schaue auf die neue
Landesregierung, die sich deutlich und klar gegen Kohlekraftwerke
ausgesprochen habe. „Die Energiewende kann und muss auch gelingen.“
Gisela Wieneke würde es begrüßen, wenn auf dem noch von Südweststrom
gehaltenen Gelände in Brunsbüttel ein Gas-Windkraftwerk gebaut werden könnte.


Dennoch zeigte sich Klose bedrückt über die Politik und fragte: „Wer
denkt eigentlich an die zweite oder dritte Generation nach uns?“ EU-Energiekommissar Oettinger habe Pläne für ein 32 000 Kilometer langes Pipeline-Netz
im Auge, in das eine Billion Euro investiert werden müsse. Es soll CO2
europaweit transportieren, um es für CCS unter die Erde zu verpressen.
Und niemand wisse, ob das CO2 nicht doch irgendwann wieder an der
Oberfläche trete. „Vor diesem Hintergrund sind Kohlekraftwerke nicht nur
unnütz, sondern geradezu gefährlich.“ Mit dem eingepressten Gas würden
riesige Flächen belastet und das Grundwasser verseucht, argwöhnt auch
Dr. Karsten Hinrichsen. Es handele sich bei den Oettinger-Plänen nur um kurzfristige Lösungen, bei denen die Zukunft außer Acht gelassen werde.


Eine Lösung in der Diskussion über die künftige Energieversorgung sehen
Hinrichsen, Klose und Wieneke in deren Rekommunalisierung. „Wenn wir das
schaffen, würden sich riesige Stromautobahnen erübrigen.“ Nach
Auffassung von Dr. Hinrichsen müsse ein Zeitraum von etwa 20 Jahren
überbrückt werden, bis die erneuerbaren Energien den Bedarf voll
abdecken könnten. Für diese Übergangszeit sprach sich der Brokdorfer für
den Weiterbetrieb bestehender Kohlekraftwerke sowie für den Bau von
Gaskraftwerke aus. Klose pflichtete bei: „Die sind gar nicht so schlecht
und arbeiten fast alle mit Kraftwärmekopplung“. Einen auch nur
befristeten Ausstieg aus dem Ausstieg aus der Kernenergie lehnt
Hinrichsen allerdings strikt ab.
Jochen Schwarck