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Kosten für geplanten Vielzweckhafen steigen weiter. WZ vom 12.05.2014

Kosten für geplanten Vielzweckhafen steigen weiter. WZ vom 12.05.2014



Riesiger Schluck aus der Pulle

Kosten für geplanten Vielzweckhafen, an dem
die Kreise Steinburg und Dithmarschen sowie die Stadt Brunsbüttel
beteiligt sind, steigen weiter

Brunsbüttel/Itzehoe/Heide

Hiobsbotschaft für die Westküste: Eine schlimme Nachricht gab es am
späten Freitagnachmittag für die Mitglieder der Hauptausschüsse der
Kreise Steinburg und Dithmarschen sowie der Stadt Brunsbüttel. Der
geplante Vielzweckhafen in der Elbe, die Multi-Purpose-Pier, wird nach ersten Vorplanungen deutlich teurer. Die beauftragte Ingenieurgemeinschaft Böger und Jäckle aus Henstedt-Ulzburg
und Merkel Ingenieur Consult aus Kiel errechnete Kosten von mindestens
70 Millionen Euro. Die ersten Schätzungen waren von rund 30 Millionen
Euro ausgegangen. Und bereits bei der Vorplanung hatten sich die Kosten
pro Projektpartner um 48 000 Euro erhöht, stellte Carsten Sals aus der
Brunsbütteler Bauverwaltung klar. „321 000 Euro fallen für jeden ohnehin
an, egal ob wir weitermachen oder aufhören.“


Dementsprechend gedrückt, aber auch gereizt war die Stimmung im
Steinburger Kreistagssitzungssaal in Itzehoe. Daran konnte auch
Staatssekretär Dr. Frank Nägele nichts ändern, der extra in die
Kreisstadt gekommen war, um für eine Fortführung des Projekts zu werben.
Zwar könne die abschließende Zusage, mit welcher Summe sich das Land an
den Kosten beteilige, erst nach dem Planfeststellungsverfahren gemacht
werden. „Aber Sie können aber sicher sein, dass wir alle Mittel geben,
die bau- und förderrechtlich möglich sind.“ Und das sind bis zu 90
Prozent.


Die drei Projektpartner waren ursprünglich von jeweils rund einer
Million Euro ausgegangen, die nach Abschluss des Projekts auf sie
entfallen würden. Sollten die Variante III b, die von der
Ingenieurgemeinschaft bevorzugt wird, verwirklicht werden, würden bei
voller Förderübernahme durch das Land rund 2,34 Millionen Euro pro
Projektpartner übrig bleiben. Eine große Summe, die sich laut Frank
Nägele aber auf jeden Fall lohne. Dieser Hafen sei auch die Möglichkeit,
das Hinterland anzubinden und das vorhandene Industriegebiet endlich zu
entwickeln.


„Wir erleben hier gelebte Geschichte öffentlichen Bauens“, sagte
Nägele und da sei es nun einmal so, dass die Zahlen, die man im Kopf
habe, wenig Bestand hätten, „wenn ein Ingenieur draufguckt“. Dennoch sei
er überzeugt, dass man bei einem solchem Projekt nicht die Erfahrungen
mache, wie beim Flughafen in Berlin. „Häfen werden alle Tage gebaut, das
ist kein Unikat und das wird keine zweite Elbphilharmonie.“
Schwankungen von rund 30 Prozent seien jedoch immer zu berücksichtigen.


Veronika Kolb, FDP Dithmarschen, reichte das nicht. „Wir sind hierher
gekommen, um konkrete Zahlen zu hören.“ Aber die erhielt sie auch auf
Nachfrage nicht. Nägele: „Sie werden von mir keine Kostenversprechungen
hören, so lange kein Baurecht vorliegt.“ Der Staatssekretär im
Wirtschaftsministerium machte aber auch klar: „Das ist für alle ein
riesiger Schluck aus der Pulle, aber Sie haben von unserer Seite auch in
Abstimmung mit dem Ministerpräsidenten volle Rückendeckung und wir
möchten Sie ermutigen, dieses Projekt weiterzuführen.“ Und noch etwas
sagte Dr. Frank Nägele ganz deutlich: „Auch, wenn es zu einem Ausstieg
kommen sollte, werden wir die Region nicht allein lassen.“


Stefan Mohrdieck, bei dem als Brunsbütteler Bürgermeister die Fäden
zusammenlaufen, erklärte, dass die Planungen fortgesetzt werden sollen.
„Das Ziel ist das Baurecht, um den Förderantrag zu stellen.“ Parallel
würden Gespräche mit möglichen Betreibern geführt, um den tatsächlichen
Bedarf zu ermitteln. Selbstverständlich bestehe nach den neuesten
Informationen nun erst einmal Beratungsbedarf. „Wir brauchen dann aber
eine Entscheidung, um weitermachen zu können.“


Einen Dämpfer gab es von Rainer Naudiet. Der Sozialdemokrat sah das
Engagement seines Kreises Steinburg „an keiner Stelle gewürdigt“. Es
werde als selbstverständlich angesehen, dass der Kreis Steinburg auf
fremden Gebiet in Vorleistung gehe. „So ist eine Lösung mit Steinburger
Geld nicht in Sicht.“


Dithmarschen Landrat Dr. Jörn Klimant warb abschießend dafür, an dem
ehrgeizigen Projekt festzuhalten, von dem die gesamte Region profitieren
soll. „Es ist wichtig, dass wir die Klammer über allem nicht verlieren.
Und die muss jetzt in den Beratungen der einzelnen Gremien gefunden
werden. Fest steht: Entweder bekommen wir das gemeinsam hin oder gar
nicht.“
Sönke Rother





Standpunkt:
Lohnende Investition

Immer wieder
beklagen Wirtschaft und Politik wie stiefmütterlich die Westküste
behandelt wird. Immer wieder wird bemängelt, dass der Blick aus Kiel nur
auf A7, A20, die Ostküste und die großen Städte des Landes falle.
B5-Ausbau: vernachlässigt, Schleusenbau: nur mit Zähneknirschen,
Wirtschaftsförderung: selten.


Jetzt sind die Politiker gefragt. Sie müssen zeigen, dass sie für die
Region Geld in die Hand nehmen. Viel Geld, zugegeben. Aber Geld, dessen
Investition sich vielfach auszahlen kann.


Die Politiker in Steinburg, Dithmarschen und Brunsbüttel müssen
zeigen, dass sie eine Chance für die Zukunft nutzen wollen und alles
daran setzen, die Wirtschaft an Elbe und Westküste voranzubringen. Dass
unterm Strich für alle etwas vom Kuchen abfällt, wagen vermutlich nur
die schlimmsten Pessimisten zu bezweifeln.


Wie ernst es Kiel meint, zeigt nicht nur die Versicherung von
Staatssekretär Dr. Frank Nägele, dass auch Ministerpräsident Torsten
Albig seine volle Rückendeckung zugesagt hat. Hinter den Kulissen wird
bereits fleißig geworben. Gespräche mit mindestens drei großen deutschen
Unternehmen wurden geführt. Jetzt ist die Region am Zug.




Re: Kosten für geplanten Vielzweckhafen steigen weiter. WZ vom 12.05.2014

WZ vom 13.05.2014:



Vielzweckhafen in Modulbauweise

420 statt 600 Meter Anleger für See- und 250
Meter für Binnenschiffe vorgeschlagen / Staatssekretär unterstreicht
Bedeutung der Schiene

Brunsbüttel

Die Kosten haben sich mehr als verdoppelt. Statt der anfangs
geschätzten 30 Millionen Euro sollen in der mittleren Variante III b nun
rund 70 Millionen Euro für den so genannten Multi-Purpose-Pier
im Wirtschaftsraum Brunsbüttel fällig werden. Das haben beauftragte
Ingenieursgemeinschaft und Carsten Salz aus der Baubehörde der
Schleusenstadt Freitagnachmittag mitgeteilt (wir berichteten). Aber was
ist ein Vielzweckhafen eigentlich? Was soll dort in unmittelbarer Nähe
zum Elbehafen der Schramm Group entstehen? Und was könnte der Hafen für
die Region bedeuten?


Ein paar dieser Fragen konnten während der Sitzung der
Hauptausschüsse der Kreise Steinburg und Dithmarschen sowie der Stadt
Brunsbüttel geklärt werden. Harald Peter Hartmann (Büro Böger &
Jäckle) und Boris Lass (Merkel Ingenieur Consult) erläuterten das
Projekt, die Änderungen und das weitere Vorgehen. „Die Vorplanung ist
fertig und umfasst mehrere Aktenordner“, so Boris Lass.


Ursprünglich war eine 600 Meter lange Kaimauer geplant. „Aber das
funktioniert nicht“, sagt Hartmann. Inzwischen wurde das Bauwerk auf dem
Papier vom Ufer weg in den Elbstrom verlegt. Elbseitig könnte dann ein
420 Meter langer Anleger für Seeschiffe wie Stückgutfrachter und
Offshore-Errichter für die Windanlagen auf See
entstehen. Zur Uferseite könnten Binnen- und Flussschiffe auf 250 Metern
festmachen. Angebunden wird die Pier, die nicht eingespundet, sondern
auf Pfählen errichtet würde, mit einer schwerlastfähigen Brücke. Im
Modulsystem wäre ein Grundausbau möglich, der später erweitert werden
könnte. So sei man flexibel und könne auch nachträglich noch auf
besondere Anforderungen reagieren.


Fest steht für die Ingenieurgemeinschaft, dass genaue Planungen erst
vorgenommen werden können, wenn fest steht, was wirklich gewünscht wird.
Und das könne nur der mögliche Betreiber abschließend entscheiden. „Wir
machen keine fertigen Entwürfe, wenn wir nicht wissen, was der
Betreiber will“, stellte Hartmann klar. Aus diesem Grund würden bereits
neben der weiteren Planung Gespräche mit Interessenten geführt.


Sollten die drei Gebietskörperschaften, Steinburg, Dithmarschen und
Brunsbüttel, das Projekt weiter tragen, könnten im Oktober die
Planungsunterlagen vorliegen. 2016 wäre das Planfeststellungsverfahren
beendet und der Bau könnte beginnen. Die Fertigstellung wäre bei dem
vorgestellten Zeitplan 2018. Parallel könnten sich im dortigen
Industriegebiet bereits Unternehmen ansiedeln, die den neuen Hafen
direkt nutzen könnten. Ein Ausbau der Bundesstraße 5 habe dabei für die
Wirtschaft nur eine „untergeordnete Rolle“, berichtete Staatssekretär
Dr. Frank Nägele, der bei den Politikern eindringlich für die
Fortsetzung des Projekts warb. „Zwingend ist eine gute Schienenanbindung
und die Elektrifizierung.“ Dabei werde er auch Frank Schnabel
unterstützt. Der Chef von Brunsbüttel Ports kämpfe bereits lange für die
Ertüchtigung der Schiene. Auch ein LNG-Anschluss (Flüssiggas) sei unabdingbar für die Attraktivität eines möglichen Elbehafens, erklärte der Staatssekretär.
Sönke Rother