Netzausbau: Jetzt verdienen die Bürger. 31.01.2013
Rendite-Versprechen gegen Bürgerproteste: Mit einer Beteiligung von mindestens 1000 Euro sollen sich Schleswig-Holsteiner künftig an der Finanzierung von Stromtrassen beteiligen können. Entsprechende Pläne haben Schleswig-Holsteins
Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) und der Netzbetreiber Tennet
gestern angekündigt. Dabei geht es um bis zu 40 Millionen Euro privates
Kapital, das Tennet für den Bau einer 380-Kilovolt-Leitung entlang der Westküste vor allem von betroffenen Anwohnern einwerben möchte.
Dem Netzbetreiber geht es dabei nur nachrangig um das Geld. Vor allem
erhoffen sich Tennet und die Landesregierung so mehr Akzeptanz für den
umstrittenen Netzausbau. Der Netzausbau gelingt nur, wenn wir die
Menschen in der Region dabei mitnehmen, sagte Ministerpräsident Albig
gestern.
Wir wollen den Menschen an der Westküste die Möglichkeit bieten,
sich an ihrer Leitung auch finanziell zu beteiligen, erklärte Tennet-Geschäftsführer Lex Hartmann.
Konkret beabsichtigt Tennet einer Sprecherin zufolge eine
langfristige Anleihe mit unbefristeter Laufzeit über die örtlichen
Geldinstitute auszugeben. Anwohner, die unmittelbar vom Bau der
Hochspannungsleitung betroffen sind, und Kleinanleger sollen bevorzugt
werden. In Zukunft könnte sich der Sprecherin zufolge ein eigener Markt
für diese Anleihen entwickeln, deren Zinssatz zunächst 4,5 bis 5 Prozent
betragen soll. Tennets eigene Investitionen in das Stromnetz werden dem
Betreiber dabei durch die Netzentgelte der Verbraucher mit neun Prozent
verzinst. Der Anteil der privaten Beteiligung an den
Gesamtinvestitionen wurde mit maximal 15 Prozent beziffert.
Die Landesregierung lobte die geplante Beteiligung für die Trasse
zwischen Brunsbüttel und Niebüll als weiteren Meilenstein, um die
Energiewende im Land zügig umzusetzen. Bis 2020 sollen bis zu zehn
Prozent des deutschen Strombedarfs aus Schleswig-Holstein gedeckt werden.
Bei der Opposition trafen die Pläne überwiegend auf Zuspruch. Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Jens-Christian
Magnussen, betonte: Bürgernetze sind Bürgerbeteiligung im besten
Sinne. Auf Bundesebene hatte Umweltminister (CDU) Peter Altmaier
zuletzt für eine Bürgerdividende beim Ausbau des Netzes geworben.
Kritik kam hingegen von der Piratenpartei. Wer sich finanziell
beteiligt, sollte auch ein Mitspracherecht an Leitungsbau und -betrieb
haben, forderte Fraktionschef Patrick Breyer. Die geringe Verzinsung
und die Beschränkung der privaten Einlagen zeigten ihm, dass keine Netze
in Bürgerhand entstünden.