Atom-Deal: Schutzklauseln für die Konzerne. WZ vom 10.09.2010
Atom-Deal: Schutzklauseln für die Konzerne
Die Atomkonzerne haben sich in dem Vertrag mit der Bundesregierung
weitreichende Schutzklauseln zusichern lassen. Nach Informationen
unserer Zeitung sind die Kosten für die mögliche Nachrüstung auf 500
Millionen Euro je Kernkraftwerk begrenzt. Kosten die Nachrüstungen mehr,
erhält der Bund entsprechend weniger Geld für seinen geplanten Öko-Energiefonds. Das gleiche passiert, wenn die von Schwarz-Gelb bis 2016 befristete Atomsteuer erhöht oder verlängert wird.
Damit haben die Koalition und die Atombetreiber E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall faktisch eine Sperre eingebaut, um Rot-Grün bei einem möglichen Wahlsieg Änderungen am Paket für längere Laufzeiten zu erschweren.
In dem unserer Zeitung vorliegenden Vertrag heißt es, dass die für die nächsten Jahre zugesagten Öko-Förderbeiträge
sich verringern, wenn eine Kernbrennstoffsteuer (...) für eine längere
Dauer als in den Jahren 2011 bis 2016 erhoben oder wenn eine
anderweitige Steuer, Abgabe oder sonstige Belastung eingeführt,
begründet oder erhöht wird. Im Jahr 2019 wollen beide Seiten das System
der Gewinnabschöpfung überprüfen.
SPD-Chef Sigmar Gabriel nannte die
Zusicherungen einen einmaligen Vorgang. Nie zuvor in der Geschichte der
Bundesrepublik hat eine Regierung die Sicherheit der Bevölkerung so
dreist verkauft, sagte er. Auch die Grünen übten scharfe Kritik. Die
Bundesregierung hat sich die Sicherheit der AKW für Geld abkaufen
lassen sagte Fraktionsvize Bärbel Höhn. Umweltminister Röttgen wollte
pro Meiler Nachrüstkosten von 1,2 Milliarden Euro durchsetzen. Jetzt
wurden die Sicherheitsanforderungen offenbar mehr als halbiert, sagte
Höhn. Das sieht nach einem verdammt schmutzigen Deal aus.
Die Bundesregierung steht zu dem Vertrag. Man habe gut verhandelt und
werde über die gesamte Zeitschiene der längeren Laufzeiten etwa 58
Prozent der Zusatzgewinne der Konzerne abschöpfen, hieß es in
Regierungskreisen. Der Bund habe bei den Klauseln zur
Kernbrennstoffsteuer und zur Nachrüstung der Meiler keine Rechte
abgetreten. Das behindert die Atomaufsicht in keiner Weise, hieß es.
Es sei aber logisch gewesen, dass die Konzerne aus wirtschaftlichen
Gründen auf Anpassungsklauseln gepocht hätten, um bei ihren Fonds-Zuschüssen
auf sinkende Strompreise oder höhere Steuerbelastungen reagieren zu
können. Die Regierung hat die umstrittene Vereinbarung gestern Abend im
Internet veröffentlichen.