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Hoffnung auf Erdkabel statt neuer Masten. WZ vom 11.07.2012

Hoffnung auf Erdkabel statt neuer Masten. WZ vom 11.07.2012



Habeck und das Netz der Kritiker

Wie der Energiewendeminister versucht, für den Bau von neuen Stromleitungen zu werben / Hoffnung auf Erdkabel statt neuer Masten

Fedderingen

Das Land ist weit, der Blick kurz. Der neue grüne Energiewendeminister Robert Habeck sitzt in einem VW-Transporter
und schaut durch die beschlagenen Scheibe auf die Ebene des nördlichen
Dithmarschen. „Ah, da ist die Leitung wieder“, sagt Habeck als der Bus
zum gefühlt 14. Mal an diesem späten Montagabend vor einem einsamen Haus
hält. Habeck könnte jetzt sitzenbleiben, weil er längst weiß, dass die
Menschen lieber ein Erdkabel wollen statt die kostengünstigere
Freileitung, die Netzbetreiber Tennet hier für den Abtransport des
Windstromes errichten will. Denn schließlich hat Habeck den Menschen aus
Fedderingen und Umgebung schon zugesagt, dass er mit
Bundesumweltminister Peter Altmeier (CDU) über ein mögliches neues
Testgebiet für Erdkabel in Dithmarschen „schnacken“ will. Doch Habeck
steht auf und geht wieder hinaus in den Nieselregen – zu den Mitgliedern
der Bürgerinitiative Westküste trassenfrei. Eines von ihnen ist David
Westphal. Der Landwirt hat die Arme verschränkt, er spricht sehr laut.
„Die Trasse könnte genau über mein Haus führen“, sagt der 53-Jährige.
Seit Jahrzehnten ist er Bio-Landwirt. Er ist für
die Energiewende, aber gegen die Höchstspannungsleitung vor seiner
Nase. „Mir geht es nicht darum, dass ich Entschädigungszahlungen
herausschlage, ich habe Angst – um meine Gesundheit und um meinen Hof“ ,
sagt er – und es wirkt authentisch. Westphal will das Erdkabel – um
jeden Preis. „Wenn meine Bedenken nicht berücksichtigt werden, setze ich
alle Mittel ein.“


Habeck weiß, dass die Energiewende ins Stocken gerät, wenn sich
Widerstände wie die von Westphal aus dem vergleichsweise eher dünn
besiedelten Dithmarschen mehren. Noch sei nach dem Ausstieg aus der
Kernenergie die Akzeptanz für den Ausbau der Stromnetze bei der
Bevölkerung hoch. „Diesen Schwung will ich nutzen“, sagt Habeck. Für das
Gelingen der Energiewende halte schließlich auch er am Ende den Kopf
hin. Deshalb will der Minister „nahbar“ sein für die Menschen, will
zwischen ihnen und dem Netzbetreiber vermitteln.


Klaus Deitermeier von Tennet ist auch nach Dithmarschen gekommen.
Geduldig erzählt er, dass die Trassenführung noch nicht feststehe, man
über alles reden könne. Letztlich steht jeder Maststandort zur
Disposition. „Wenn am Ende die Trasse im Zickzack läuft, dafür die
Menschen aber zufriedener sind, dann ist das eben so“, sagt Habeck.
Deitermeier ist das egal. Tennet baut was gewünscht wird, will das Geld
später über die Bundesnetzagentur und die Stromkonzene von den
Endverbrauchern zurück bekommen. Dabei könnten auch die Dithmarscher mit
der Leitung Geld verdienen. Tennet braucht Kapital, um den Netzausbau
zu stemmen. Bürgergesellschaften als Beteiligte am Netz seien deshalb
vorstellbar, so Deitermeier. Neun Prozent garantierte Rendite verspricht
die Bundesnetzagentur den Netzbetreibern. Doch von Chancen der neuen
Stromtrasse will an diesem Abend kaum einer etwas wissen. Es geht nur
darum, wie man die Leitungen von den Häusern fern halten kann. Und um
Robert Habeck. Der Minister verspricht wieder zu kommen, wenn die
Trassenplanung konkreter ist. Er wird nicht allen Bürgerinitiativen ein
Erdkabel in Aussicht stellen können, aber er will mit allen reden. Das
ist vielleicht kurz gedacht, es kostet Zeit, Kraft und Ressourcen. „Dann
ist das eben so“, sagt Habeck und zuckt die Schultern. „Ich bin ja auch
erst drei Wochen im Amt.“


Kay Müller

 www.netzausbau.de






Stromnetzausbau in Schleswig-Holstein

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