Netzausbau macht Strom noch teurer . WZ vom 24.09. 2014
Der geplante Ausbau der regionalen Leitungsnetze droht den Strompreis in Schleswig-Holstein
und den benachbarten Bundesländern weiter in die Höhe zu treiben. Das
geht aus einer neuen Studie für Bundesenergieminister Sigmar Gabriel
(SPD) hervor. Demnach verteuert sich das vom Verbraucher mit der
Stromrechnung zu zahlende Netzentgelt demnächst deutlich und zwar vor
allem in den Regionen Nord- und Ostdeutschland, steht in der Studie.
Auf 17 oder sogar 30 Prozent beziffern Gabriels Experten den Anstieg des
Netzentgelts im Norden in den nächsten acht Jahren je nachdem, ob die
erneuerbaren Energien im Tempo der Bundesregierung ausgebaut werden
oder im schnelleren Tempo, das die einzelnen Bundesländer planen. Der
Strompreis würde sich dann für die Konsumenten um gut vier oder fast
acht Prozent verteuern, da das Netzentgelt ein Viertel davon ausmacht.
Verursacht werden die hohen Kosten durch Investitionen in die
regionalen Verteilernetze, die in den nächsten Jahren nötig werden. So
müssen in deren Ausbau laut Studie bis zum Jahr 2032 je nach Szenario 23
Milliarden oder sogar 49 Milliarden Euro gesteckt werden. Dabei gehen
die Experten davon aus, dass neue Leitungen im Hochspannungsnetz als
Erdkabel verlegt werden.
Allerdings schlagen Gabriels Gutachter auch einen Weg vor, wie die
Zusatzkosten verringert werden können. Sie empfehlen, dass die
Netzbetreiber künftig öfter als bisher Windkraft- oder Solaranlagen vom
Netz trennen dürfen. Obwohl Windmüller für nicht abgenommenen Strom eine
Entschädigung erhalten, könne die Berücksichtigung einer gezielten
Reduktion der Einspeisung von Anlagen zu deutlichen Einsparungen beim
Netzausbau führen und die Kosten um mindestens 15 Prozent senken,
schreiben die Experten. Bis zu drei Prozent der erzeugten Jahresenergie
sollten daher abgeregelt werden dürfen. Dadurch würden vor allem die
zusätzlichen Netzausbaukosten im Norden und Osten reduziert.
In Schleswig-Holstein gingen zuletzt dank des
fortschreitenden Netzausbaus nur noch zwei Prozent der Windkraft
verloren. Eine stärkere Abregelung würde auch nicht zu sinkenden Kosten
führen, widerspricht Matthias Boxberger, Chef der Schleswig-Holstein
Netz AG, den Gutachtern von Gabriel. Denn hierzulande müsse vor allem
ins Höchstspannungsnetz investiert werden. Und da sehe er keine
Möglichkeit für Abstriche beim bislang beschlossenen Ausbau.
Landesenergieminister Robert Habeck sagte, er müsse Gabriels Studie noch
prüfen. Grundsätzlich halten wir es aber für sinnvoll, wenn die Netze
nicht darauf ausgelegt sein müssen, auch die letzte Kilowattstunde Strom
zu transportieren, sagte der Grünen-Politiker. Allerdings dürfe man dabei nicht übers Ziel hinausschießen.