Schleswig-Holstein stellt Bedingungen für Atommüll-Lagerung. WZ vom 11.04.2013
Keiner will ihn, aber irgendwo muss er hin: der nukleare Müll aus
deutschen Atomkraftwerken, der 2015 aus den Wiederaufbereitungsanlagen
in Sellafield (Großbritannien) und Le Hague (Frankreich) nach
Deutschland gebracht werden soll. Bundesumweltminister Peter Altmaier
(CDU) hat nun in einem Brief an seinen schleswig-holsteinischen
Amtskollegen Robert Habeck (Grüne) angeregt, diesen komplett im
Zwischenlager in Brunsbüttel zu deponieren. Das habe den Vorzug
verdient, weil der Transport aus Großbritannien auf kürzestem Weg über
See und nur zwei Kilometer über Land erfolgen könne, der Hafen dafür
geeignet und genug Platz im Zwischenlager vorhanden sei.
Habeck ist sauer darüber. Das ist neu und nicht akzeptabel, sagte
er gestern am Rande der Sitzung des Umweltausschusses des Landtages in
Kiel. Habeck hatte selbst angeboten, einen Teil der Castoren in
Brunsbüttel zwischenzulagern, die ursprünglich in das Zwischenlager nach
Gorleben in Niedersachsen gebracht werden sollten. Es ist aber klar,
dass wir nicht alle Castoren aus Sellafield aufnehmen, so Habeck.
In einer gemeinsamen Sitzung mit Altmaier und anderen Vertretern der Länder am Montag war außer Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein kein Land bereit, Castoren zwischenzulagern. Auch schwarz-gelb regierte Länder müssen Verantwortung übernehmen. Es kann nicht sein, dass nur rot-grüne Länder die Kartoffeln aus dem Feuer holen, sagte Habeck.
Die FDP im Kieler Landtag hat sich gestern bereits positioniert und
beantragt, keinerlei Atommüll aus Sellafield in Brunsbüttel
zwischenzulagern. Für mich als Brunsbütteler kam die Nachricht
überraschend, sagte der FDP-Abgeordnete Oliver
Kumbartzky, der sich wie andere Ausschussmitglieder darüber beklagte,
aus den Medien von Habecks Plänen erfahren zu haben.
Ob der Atommüll allerdings wirklich in Brunsbüttel zwischengelagert
werden kann, ist unklar. Der Energiekonzern Vattenfall, der das
Kernkraftwerk Brunsbüttel betreibt, hat beim Bundesamt für
Strahlenschutz einen Umbauantrag für das Zwischenlager gestellt. Es soll
wie andere auch verstärkt werden, um sicherer gegen Terroranschläge zu
sein. Dadurch wird es eng, das Lager wird nicht für alle Castoren aus
dem Ausland reichen, wie Altmaier meint. Dazu müsste Vattenfall der
Lagerung zustimmen, wozu der Konzern bislang keinen Anlass hat. Denn in
Gorleben ist nach Vattenfall-Ansicht ein akzeptables Zwischenlager vorhanden.
Der Druck lastet auf der rot-grünen Regierung
in Niedersachsen, die dem geplanten Gesetz zu einer Endlagersuche nur
unter der Bedingung zugestimmt hat, dass es keine Transporte aus
Großbritannien und Frankreich nach Gorleben gibt. Ist die Regierung in
Hannover aber nicht bereit, Atommüll etwa in anderen niedersächsischen
Zwischenlagern aufzunehmen, werden vermutlich alle Castoren wie von den
Konzernen geplant nach Gorleben gebracht.
Habecks Grundangebot, einen Teil der Castoren aufzunehmen, besteht
weiter. Das Kieler Kabinett hat einen entsprechenden Beschluss gefasst,
obwohl Innenminister Andreas Breitner (SPD) die hohen Kosten für
Polizeieinsätze zum Schutz der Transporte fürchtet. Ob sie je nötig
werden ist aber seit gestern wenig wahrscheinlich.