Stromkonzerne sollen Atomausstieg besser absichern . WZ vom 19.09.2014
Der schwedische Energiekonzern Vattenfall hat für den Abriss seiner Kernkraftwerke in Schleswig-Holstein
mehr Geld zurückgelegt als die drei deutschen Stromversorger E.ON, RWE
und EnBW für den Rückbau ihrer Atommeiler in Deutschland. Das geht aus
einer gestern vorgelegten Studie hervor, die das Forum Ökologisch-soziale
Marktwirtschaft für den Umweltverband BUND erstellt hat. Demnach hat
Vattenfall, Betreiber der schon stillgelegten Meiler in Brunsbüttel und
Krümmel, für den Abbau und die Entsorgung seiner Reaktoren pro Kilowatt
Leistung gut 2000 Euro zurückgestellt insgesamt 3,5 Milliarden. Bei
Eon dagegen, dem Betreiber von Brokdorf, sind es pro Kilowatt nur gut
1700 Euro, bei RWE sogar nur 1300.
Insgesamt haben die Atomkonzerne so Rückstellungen von 36 Milliarden
Euro in ihren Bilanzen gebildet. Allerdings reiche dieses Geld nicht
aus, um die gesamten Abrisskosten zu decken, kritisierte die Studien-Autorin
Swantje Küchler: Wir kommen auf 48 Milliarden Euro. Damit hätte nur
Vattenfall ausreichend vorgesorgt. Jedoch sei auch bei den Schweden
nicht gesichert, dass die Gelder beim Abriss der Meiler wirklich zur
Verfügung stehen werden: Wir wissen bei keinem der Betreiber, für
welchen Zweck, für welches Kraftwerk und für welchen Zeitpunkt die
Rückstellungen vorgesehen sind, bemängelte Küchler fehlende Transparenz
in den Konzernbilanzen.
Zudem bestehe die Gefahr, dass die Gelder im Falle einer Insolvenz
verloren gehen. Bei Vattenfall sei dieses Risiko vor zwei Jahren
deutlich gestiegen, weil der schwedische Staat als Konzerneigentümer
damals die deutsche Kernkraftwerkssparte ausgegliedert und in eine GmbH
umgewandelt hat und nun nicht mehr für sie hafte. BUND-Experte Thorben Becker forderte daher, einen öffentlich-rechtlichen
Fonds einzurichten, in den die Versorger ihre 36 Milliarden Euro
Rückstellungen einzahlen müssten: So verhindern wir, dass das Geld
irgendwann verschwindet. Aus der Haftung für mögliche höhere Kosten
will Becker die Betreiber aber auch dann nicht entlassen. Immerhin
hätten sie laut der neuen Studie in der Vergangenheit allein 80
Milliarden Euro dadurch verdient, dass sie die AKW-Rückstellungen bisher auf eigene Rechnung gewinnbringend anlegen konnten.
Auch Schleswig-Holsteins grüner
Energieminister Robert Habeck will sicherstellen, dass die Eigentümer
der Kernkraftwerke wirklich für deren Entsorgung zahlen. Dazu hat er
eine Initiative in den Bundesrat eingebracht, die dort heute
voraussichtlich von den Ländern beschlossen wird. Sie fordert die
Bundesregierung dazu auf, durch geeignete Maßnahmen dafür zu sorgen,
dass die AKW-Betreiber ihre Rückstellungen für
den Rückbau auf ein angemessenes Maß erhöhen und sie gegen den
Insolvenzfall durch Verträge mit den Konzernmüttern absichern. Es kann
nicht sein, dass der Steuerzahler am Ende alleine für den Atomschrott
bezahlen muss, begründet Habeck den Vorstoß des Landes.