Viel Wind um nichts. WZ vom 21.05.2014
Bundesrat für eine Regelung kämpfen, die die Ökostrombranche im Land gar
nicht mehr wichtig findet
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten
Albig will am Freitag im Bundesrat noch mal kräftig Wind machen: Bei
der Beratung der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes
(EEG) möchte der Sozialdemokrat erreichen, dass alle Ökostromanlagen,
die dieses Jahr ans Netz gehen, noch die höheren Fördersätze nach dem
alten EEG bekommen. Ansonsten, so heißt es in einem Antrag Schleswig-Holsteins,
geraten zahlreiche konkrete Projektplanungen für dieses Jahr ins
Wanken. Betroffen seien vor allem Bürgerwindparks. Das Anliegen sei
Albig besonders wichtig, sagte sein Sprecher gestern. Eine Mehrheit
der Länder hat der Kieler im Wirtschafts- und im Umweltausschuss des
Bundesrats überzeugt.
Doch offenbar legt Albig sich grundlos so stark ins Zeug und mit
seinem Parteichef und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel an. Zwar
will Gabriel tatsächlich die alte Förderung nur noch für solche Anlagen
gewähren, die bis 22. Januar 2014 genehmigt waren alle anderen
erhalten weniger. Doch ist der dadurch entstandene Vertrauensverlust
nach Ansicht des Bundesverbands Windenergie (BWE) ohnehin nicht mehr zu
wettzumachen. Mittlerweile brauchen wir an dieser Stelle nicht mehr zu
kämpfen, sagte BWE-Bundes- und
Landesvorsitzender Hermann Albers gestern in Berlin. Hätte noch im
Februar eine Lockerung der Stichtagsregel etwas genützt, so würde sie
heute angesichts von Lieferfristen von mindestens neun Monaten kaum
noch helfen denn neue Anlagen würden nicht mehr bis Jahresende
fertig. Das ist auch eine wichtige Nachricht für Herrn Albig, sagte
Albers.
Für den BWE-Chef wären dagegen zwei andere Änderungen an Gabriels EEG-Plänen
viel dringender. Zum einen will der Husumer Albers verhindern, dass
Ökostromanlagen bald flächendeckend ausgeschrieben und an den Investor
mit dem geringsten Förderbedarf vergeben werden müssen. Er fürchtet,
dass dann wegen des hohen Ausschreibungsaufwands nur noch Großinvestoren
zum Zuge kämen, aber keine Bürgerwindparks mehr. Zum anderen lehnt
Albers eine von Bayern und Sachsen durchgedrückte Sonderklausel ab, die
es den Ländern erlaubt, besonders große Mindestabstände von Windrädern
zu bebautem Gebiet festzulegen. Wenn Bayern wie angekündigt Abstände
von zwei Kilometern durchsetzen will, dann bleiben für die Windkraft
Eignungsflächen von Null, schimpfte Albers.
Die Mehrheit der Länder hat er bei seinen beiden Forderungen auf
seiner Seite. Die Sonderklausel für die Abstandsregeln könnte daher
tatsächlich noch kippen. Doch ansonsten ist es unwahrscheinlich, dass es
viele Änderungen an Gabriels EEG-Reform geben
wird. Zum einen ist sie nicht zustimmungspflichtig die Länder können
sie daher nur verzögern, nicht verhindern. Zwar wäre auch das ein
Problem für Gabriel, weil er die bereits mit Brüssel abgestimmte Reform
noch in der Amtszeit der jetzigen EU-Kommission
durchbringen will. Doch hat er eine Pläne zum anderen auch mit den 16
Ministerpräsidenten der Länder ausgehandelt die daher jetzt nur schwer
auf Gegenkurs gehen können.
Gabriels grüner Staatssekretär Rainer Baake hat die Landesregierungen
denn auch schon vor der anstehenden Beratung im Bundesrat darauf
hingewiesen, dass die über hundert Änderungswünsche der Länder zu einem
deutlichen weiteren Anstieg der vom Stromkunden zu zahlenden EEG-Umlage
führen würden. Genau das aber hätten die Ministerpräsidenten ja durch
ihre Sondersitzung mit Gabriel und Kanzlerin Angela Merkel am 1. April
verhindern wollen.
Henning Baethge
STUDIE: 55 000 Windkraft-Jobs
In
der amtlichen Statistik der Wirtschaftszweige taucht die
Windkraftbranche nicht auf daher hat ihr Spitzenverband BWE jetzt das
Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) damit beauftragt, ihre
ökonomische Bedeutung für Deutschland zu ermitteln. Ergebnis: Mit einer
Bruttowertschöpfung von 6,9 Milliarden Euro liegt die
Querschnittsbranche Windenergie knapp vor den Getränkeherstellern und
knapp hinter der Papierindustrie. Die Zahl ergibt sich aus den
Investitionen in die Anlagen und deren Betrieb. Hinzu kommen 3,7
Milliarden Euro, die sich bei den Zulieferern auswirken. An
Arbeitsplätzen gibt es in der Branche bundesweit gut 55 000 sowie
weitere 53 000 bei Zulieferern. Tatsächlich dürften alle Zahlen heute
etwas größer sein, weil die Daten des DIW aus 2012 stammen und zudem die
damals erst schwach ausgebauten Meereswindparks gar nicht
berücksichtigt wurden.