Bodensee Borderline - Allgemeines

Südkurier Teil zwei

Südkurier Teil zwei

Hier noch ein Artikel über die co Abhängigkeit bei Partnern die mit Borderlinern zusammen leben.

Es spielt immer einer mit
Bild: SK Schwarz oder weiß - sie ist nur noch ein Schatten - oder ist der Schatten ihr Partner, ihr Co-Abhängiger, der mitspielt? Anna B. (Name geändert) leidet unter Borderline, einer Persönlichkeitsstörung mit einer Vielzahl von auffälligen Verhaltensweisen und Gefühlen. Mit ihren Wutausbrüchen, ihren Verlassenheits- und Trennungsängsten, ihrem Realitätsverlust, ihren Zwängen und Kontrollbedürfnissen macht sie ihrer Familie das Leben schwer (siehe Reportage in "typisch frau" vor einer Woche). "Doch das funktioniert nur, weil Annas Mann mitspielt", sagt Irina Barth, Ärztin und Homöopathin, die auch den stetigen Zuwachs dieser Erkrankung spürt. Borderline-Partner sind oft Co-Abhängige.

Ein Phänomen, das schwer zu verstehen ist und nicht nur bei Borderline, sondern bei allen Süchten (wie Alkoholabhängigkeit) auftaucht. Borderline spielt sich immer in einem sozialen Umfeld ab und ein Co-Borderliner, wie Annas Mann, hat ein ganz bestimmtes Verhalten, hat Eigenschaften und Charakterzüge, die Anna erst zu dem werden lassen, was sie ist. Annas Mann ist beseelt von dem Wunsch, sie glücklich zu machen - egal ob er dabei zu kurz kommt oder nicht. Er ist übertrieben nachgiebig, vernachlässigt seine eigenen Bedürfnisse und ist der Perfektionist schlechthin.

Ehe er sich mit seinen eigenen Problemen beschäftigt, kümmert er sich lieber um die Probleme von Anna. Doch was im ersten Augenblick einfach wunderbar nach "gutem Menschen mit hohem sozialen Anspruch" aussieht, ist eigentlich genau das Gegenteil. Denn ist es nicht viel leichter, sich mit den Problemen anderer zu beschäftigen, als mit seinen eigenen? Ist das nicht eine herrliche Ausrede, wenn es ans Eingemachte geht? Annas Mann kennt keine klaren Grenzen, weiß oft alles besser und hat die unerschütterliche Hoffnung, dass er es schafft, die Umstände zu verbessern. Kleinste Verbesserung ist für ihn ein unbestreitbarer Fortschritt.

Annas Mann ist sogar bereit, sich selbst aufzugeben - doch nie und nimmer seine Frau. Tag für Tag versucht er, ihre Probleme zu lösen, ihr Verhalten zu verstehen, zu manipulieren, zu entschuldigen und vor der Außenwelt zu verbergen, was sich in den eigenen vier Wänden abspielt. Doch Annas Mann kann nur scheitern. Noch erkennt er nicht, dass sich dadurch nichts verändert, außer dass der Abwärtsstrudel fortgeführt wird.

Doch vieles ist auch bei ihm im Argen. Annas Mann hat ein schwaches, verzerrtes Selbstbild, das Bedürfnis kritisiert und kontrolliert zu werden und die Unfähigkeit, eigene verletzte Gefühle zu erkennen. Eigentlich schafft er es, eine Situation augenblicklich zu beurteilen, doch die Reaktion darauf schiebt er einfach auf. Annas Mann sieht den Wald trotz der Bäume, ist aber nicht in der Lage, dem Dschungel zu entkommen. Kurz gesagt: Annas Mann fühlt sich hingezogen zum Drama und ist der Überzeugung, die einzige Rettung für seine "arme Frau" zu sein. Doch das funktioniert einfach nicht. Was bleibt sind Enttäuschung, Empörung, Wut, Verzweiflung, Hass, Schuldgefühle, Frust, Trauer, Leid, das Gefühl der Ausweglosigkeit, Hoffnungslosigkeit und Isolation.

Mit untrüglicher Sicherheit ist Anna B. genau auf den Mann gestoßen, den sie braucht, der auch ein zwanghaftes Verhalten hat, das sich auf fatale Weise mit ihrem Verhalten ergänzt. Doch wie soll sich ein Borderline-Angehöriger im Idealfall verhalten? "Fachleute haben zwei Rezepte zu Hand: 1. Hilfe durch Nichthilfe und 2. Loslassen", sagt die Ärztin. Annas Mann muss aushalten, dass seine Frau die Konsequenzen ihres Verhaltens selbst erträgt. Erst wenn der Leidensdruck groß genug ist, wird sie in der Lage sein, ihre Krankheit zu erkennen und den Willen aufbringen, etwas zu verändern.

Und Annas Probleme sind einfach nicht seine - er muss "loslassen", wenn er nicht selbst den Bach abgehen will. Er hilft erst wirklich, wenn er ihr beim Erkennen der Krankheit hilft und nicht beim Leugnen. Schon heute ist er unglücklich und einsam und verdängt weiterhin erfolgreich seine Co-Abhängigkeit. Irgendwann muss er sich mit sich selbst auseinander setzen, wenn er sein Leben selbst bestimmen will.

Barbara Dickmann