"Crossing Jordan" - Forum - Fanfiction crossing Jordan

[Complete] The past may sleep - But it NEVER dies

[Complete] The past may sleep - But it NEVER dies

TITEL: The past may sleep - But it NEVER dies
AUTOR: Nici Cavanaugh
TEIL: 1/?
FSK: ab 16 (um sicher zu gehen)
GENRE: Allgemein, Drama, Spannung
CHARAKTER(E)/PAAR(E): Annie, Woody, Garret und der Rest
SPOILER: 3. Staffel
INHALT: An einem kalten Wintertag werden Annie, Woody und Garret zu einem Tatort gerufen, der ihr Leben nachhaltig verändern wird …
DISCLAIMER: Nichts gehört mir, alles gehört Tim Kring. Ich borge mir die Figuren und Orte nur aus und werde alles ordentlich gewaschen und gebügelt wieder zurückgeben! Nur die Handlung gehört mir…

-o-


„Du hast dich verfahren. Gib es doch endlich zu.“
Annie zog sich den Mantel etwas enger um den Körper, denn trotz laufender Heizung war es im dem Wagen schrecklich kalt. Ihre Nase fühlte sich an, als wäre sie schon abgestorben, und auch ihre Finger konnte sie kaum noch bewegen.
Sie wandte den Kopf und blickte aus dem Fenster. Dichter Schneefall nahm ihr die Sicht. Ganz Bosten war unter einer glitzernden weißen Schneedecke verschwunden – und das nun schon seit fast vier Wochen.
Wenn das so weiter geht, wird man die Stadt bald in den Bundesstaat Alaska eingliedern, dachte sie, während sie den feuchten Tropfen, die ihr Atem auf der Scheibe hinterlassen hatte, wegwischte.

Es war der Tag nach Neujahr, und Annie hatte das große Glück, heute Dienst zu haben; zusammen mit Seely, Woody und all den anderen Singles im PD, die nicht das Glück hatten, eine Familie als Urlaubsgrund vorschieben zu können.
Sie waren zu einem Tatort nahe Worchester gerufen worden. Ein Rentner hatte beim spazieren gehen mit seinem Hund eine Leiche gefunden, die halb unter einem Busch vergraben lag.

„Ich habe mich nicht verfahren“, sagte Woody, schon leicht angenervt von dem vielen Schnee, den glatten Straßen und Annies ständigen Sticheleien.
Schon seit ein paar Wochen war es mit ihr kaum auszuhalten; Annie war ständig schlecht gelaunt, lachte nicht mehr über seine Witze und zog sich auch ansonsten immer mehr zurück. Es war, als wäre die alte Annie, die er vor ein paar Monaten kennen gelernt hatte, plötzlich über Nacht verschwunden und durch eine andere ersetzt worden.
Niemandem schien die Veränderung aufgefallen zu sein, doch Woody kannte die blonde Kollegin mit den faszinierend grünen Augen schon so gut, um zu wissen, dass etwas nicht stimmte. Doch was dieses ‚etwas’ war, hatte er noch nicht herausfinden können.

Als die Ampel vor ihnen auf rot sprang, und Woody den Wagen ohne allzu sehr ins Schlittern zu geraten, zum Stehen gebracht hatte, drehte er sich zu seiner Beifahrerin. Sie hatte ihre rote Pudelmütze tief ins Gesicht gezogen und starrte gedankenverloren auf ihre Hände, die sie in ihrem Schoss knetete. Ihre geröteten Wangen zitterten leicht, und sie schauderte.

„He“, sagte er leise und legte eine Hand auf ihren Arm. „Alles in Ordnung?“

Annie sah ihn einen Moment schweigend an als müsste sie über seine Frage erst nachdenken. Dann nickte sie schließlich.
„Ja, alles in Ordnung. Mir ist nur etwas kalt.“ Mit ihrem halbherzigen Lächeln konnte sie nicht mal Woody überzeugen. Trotzdem nickte er nur verstehend und zog seine schwarzen Lederhandschuhe aus.
„Hier, nimm die“, sagte er lächelnd und reichte sie ihr. „Dürften zwar etwas groß sein, aber warm sind sie.“

Er wartete, bis Annie ihm die Handschuhe abgenommen und angezogen hatte. Erst dann sprach er weiter.
„Ich lad dich gleich auf einen Kaffee ein. Da hinten habe ich einen Starbuck’s gesehen.“ Und dann reden wir, fügte er in Gedanken hinzu.

„In Ordnung.“ Annie lächelte und nickte leicht.

Fünf Minuten später bogen sie von der Lincoln Street in den kleinen Zufahrtsweg des Green Hill Parks ab.
Sie hatten während der Fahrt nicht mehr viel gesprochen, und auch jetzt, als sie den Wagen verließen und durch die Kälte gingen, sprachen sie nicht viel.
Sie ließen sich von einem Officer zu der kleinen Lichtung führen, die die Kollegen der Spurensicherung schon mit gelbem Flatterband abgesperrt hatten. Der schneebedeckte Boden war von einem wirren Muster aus durcheinander laufenden Fußspuren übersät, und Woody fragte sich, wie man da noch ein Muster erkennen wollte.

Rund um einen kleinen, kahlen Busch herum standen einige Beamte mit Fotoapparaten oder Notizbüchern. Inmitten der Gruppe glaubte Woody Garret Macys Rücken ausfindig zu machen.

„Dann wollen wir mal“, sagte er voller Tatendrang und lächelte Annie aufmunternd an, während er seine Hände aus den warmen Manteltaschen zog. In diesem Moment bereute er es, so großzügig gewesen zu sein, Annie seine Handschuhe zu überlassen. Aber er war nun mal ein echter Gentleman und konnte nicht aus seiner Haut.

Gemeinsam stiegen sie unter dem Absperrband hindurch und gingen zu der kleinen Gruppe hinüber.
Als Woody Garret erkannte, trat er neben den Gerichtsmediziner und ging ebenfalls in die Hocke.

„Hi Doc“, begrüßte er ihn mit einem leichten Klaps auf dem Rücken. „Was gibt’s?“

Garret blickte auf und sah Woody gequält lächelnd an.
„Eine Leiche“, sagte er. „Weiblich, etwa Mitte 30. Hat eine unschöne Schädelfraktur am Hinterkopf. Ob das die Todesursache ist, kann ich noch nicht sagen, aber ich gehe davon aus.“

Woody nickte und blickte die Frau am Boden an. Sie war einmal sehr hübsch gewesen. Lange braune Haare umrahmten das schmale Gesicht. Sie war zierlich und nicht allzu groß. Mit den geschlossenen Augen und den entspannten Gesichtszügen wirkte sie fast, als würde sie schlafen. Sie trug eine für diese Jahreszeit viel zu dünne rotbraune Bluse, einen ebensolchen Rock und schwarzen, kniehohe Stiefel, von denen ihr einer vom Fuß gerutscht war und in einem grotesk wirkenden Winkel im Schnee lag.

„Wie lange ist sie schon tot?“, fragte Woody.

„Schwer zu sagen“, sagte Garret und richtete sich wieder auf. „Die Totenflecke lassen sich nicht mehr wegdrücken, doch bei dem kalten Wetter … nun, ich würde sagen, mehr als 24 Stunden, aber weniger als vier Tage. Alles andere, wenn ich sie im Institut auf dem Tisch habe.“

„Haben wir schon einen Namen?“, fragte Woody und stand ebenfalls wieder auf.

„Nein, Detective“, schaltete sich ein Officer ein. „Bisher nicht. Wir -“

„Michelle Quinn.“ Annies Stimme zitterte, als sie den Namen aussprach, und Woody war sich sicher, dass das nicht nur an der Eiseskälte lag.

Alle Blicke richteten sich auf die blonde Polizistin, die wie erstarrt da stand. Aus ihrem Gesicht war jede Farbe gewichen und sie starrte mit weit aufgerissenen Augen auf die Tote.

Lange Zeit sagte niemand etwas. Dann traten Woody und Garret zu Annie.

„Du kennst sie?“, fragte Woody und legte einen Arm auf Annies Schulter, während er einen kurzen Blick mit Garret tauschte. Dieser schien ebenso verwirrt zu sein wie er selber.

„Ja. Ich meine … nein.“ Die Antwort war kaum mehr als ein Flüstern, doch Annies tränenüberflutete Augen, sprachen Bände.

Woody legte einen Arm um seine Kollegin und führte sie vom Tatort weg, nachdem er Garret mit einem Nicken zu verstehen gegeben hatte, dass er sich um die Leiche kümmern sollte.

Annie ließ sich wie in Trance von Woody wegführen. Nur am Rande bekam sie mit, dass sie wieder unter dem gelben Band hindurch und zurück zum Wagen gingen. Mit ihren Gedanken war sie immer noch bei dem Alptraum, den sie gerade jenseits des Flatterbandes erlebt hatte.

-o-


„Den ganzen Abend habe ich auch dich gewartet! Ich wollte doch für uns kochen. Hast du das vergessen?“

„Tut mir Leid, Annie.“ Der dunkelhaarige Mann in dem unverschämt teuren dunkelblauen Anzug trat einen Schritt auf sie zu und machte Anstalten, sie zu umarmen. Sie trat einen Schritt von ihm weg und schüttelte den Kopf.
„Ich habe es nicht eher geschafft“, fuhr er mit seiner Erklärung fort. „Du weißt doch, wie das ist. SIE hat mich nicht eher gehen gelassen.“

„Hast du immer noch nicht mit ihr gesprochen?“

„Annie, Schatz, du weißt, dass das nicht einfach ist. Ich –“

„Erzähl mir nicht, was einfach ist!“ Ihre Stimme klang schrill und zitterte vor Wut. „Ich weiß, wie einfach das alles nicht ist.“ Sie deutete auf den in Kerzenschein getauchten Raum, den festlich geschmückten Tisch und das kalt werdende Essen.
„Ich weiß es. Das kannst du mir glauben. Ich kann…“ Ihre Stimme brach und sie sank schluchzend auf das Sofa.


-o-


„Annie?“ Woody hatte Annie in den Wagen gesetzt und kniete nun vor ihr.
„He, was ist los?“ Er legte eine Hand unter ihr Kinn und hob ihren Kopf sanft an. „Ich mache mir Sorgen, Annie. Red mit mir! Bitte!“
Er sah Annie flehend an, wischte ihr eine Träne von der Wange und hielt dann Ausschau nach jemandem, der wie ein Sanitäter aussah.
Annie stand unter Schock, soviel stand für ihn fest. Sie brauchte Hilfe; professionelle Hilfe, die er ihr nicht geben konnte.

Als er Schritte hinter sich hörte, drehte er sich um und sah Garret auf sie zukommen. Dieser sah besorgt zu Annie, die immer noch regungslos da saß, und deutete Woody mit einen Kopfnicken an, dass er mit ihm reden musste.

Nur unwillig trennte sich Woody von Annie und ging ein paar Schritte mit Garret von Wagen weg.

„Wie geht es ihr?“, fragte Garret.
„Nicht gut“, antwortete Woody und sah besorgt zu Annie hinüber. „Ich weiß nicht, was auf einmal los ist. Sie ist schon seit Tagen so seltsam, aber das …“ Hilflos brach er ab und senkte den Blick.
„Das wird schon wieder.“ Garrets Ton war väterlich und beruhigend zugleich, doch Woody zweifelte trotzdem an seinen Worten. Wie sollte so etwas wieder gut werden, wenn er doch nicht einmal wusste, was genau passiert war.

„Was ist mit der Leiche?“, fragte er, das Thema wechselnd.
„Sie wird gerade für den Abtransport fertig gemacht“, antwortete Garret. „Doch das ist nicht alles.“ Der Blick des MEs wurde traurig, als er fortfuhr. „Haben Sie die Walmarttüte neben der Leiche gesehen?“
Woody nickte. Die blauweiße Tüte war ihm aufgefallen, doch er hatte ihr keine weitere Beachtung geschenkt, da er davon ausging, dass es sich um weggeworfenen Müll handelte.
„Was ist damit?“

„Wir haben eine zweite Leiche gefunden“, antwortete Garret. „Ein Säugling. Wahrscheinlich eine Todgeburt und zu früh auf die Welt gekommen. Genaueres kann ich erst nach der Autopsie sagen.“

Woody schluckte und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. Er hatte schon Probleme, mit Leichen von Erwachsenen umzugehen, doch ein toter Säugling … wenn Kinder im Spiel waren, war es doppelt so schlimm.
„Glauben Sie, dass es ihr Kind war?“, fragte Woody leise.

„Ich weiß es nicht“, sagte Garret ebenso leise und seufzte. „Ich habe keine Ahnung.“

Beide Männer blickten zu Annie, deren glasige Augen in weite Ferne gerichtet waren.

-TBC-

Re: The past may sleep - But it NEVER dies

TITEL: The past may sleep - But it NEVER dies
AUTOR: Nici Cavanaugh
TEIL: 2/?
FSK: ab 16 (um sicher zu gehen)
GENRE: Allgemein, Drama, Spannung
CHARAKTER(E)/PAAR(E): Annie, Woody, Jordan, Garret und der Rest
SPOILER: 3. Staffel
INHALT: An einem kalten Wintertag werden Annie, Woody und Garret zu einem Tatort gerufen, der ihr Leben nachhaltig verändern wird …
DISCLAIMER: Nichts gehört mir, alles gehört Tim Kring. Ich borge mir die Figuren und Orte nur aus und werde alles ordentlich gewaschen und gebügelt wieder zurückgeben! Nur die Handlung gehört mir…
WARNUNG: Es geht primär um einen Mordfall, in dem auch ein Baby verwickelt ist. Wer damit nicht klar kommt, sollte besser nicht weiterlesen.


Kapitel 1

„Wie geht es ihr?“
„Sie haben ihr eine Spritze gegeben. Sie schläft.“

oOo


Das Zimmer war in Kerzenschein getaucht. Die Stereoanlage auf dem Sideboard spielte Al Green, der ab und an von leise geflüsterten Worten oder Stöhnen unterbrochen wurde.
„Du bist wunderschön.“
„Das sagst du jedes Mal.“ Ein leises Kichern.
„Weil es doch stimmt.“ Er hielt in seiner Bewegung inne und umrahmte ihr Gesicht mit beiden Händen. Mit dem Daumen fuhr er die Konturen ihrer Wangenknochen nach bis er an ihrem Mund halt machte, ihre Lippen sanft spaltete und ihr liebevoll über die Unterlippe strich.
„Du machst mich glücklich“, flüsterte er, sein Mund nur Millimeter von ihrem entfernt.
„Danke.“
Sie lächelte, legte eine Hand in seinen Nacken und zog ihn hinunter in einen sanften Kuss. Sie schloss die Augen und ließ sich fallen, versank in dem Gefühl, den Mann, den sie liebte bei sich zu haben und ihn überall spüren zu können.

OoO


„Ich muss los. Sie wartet auf mich“, sagte er, während er, auf der Bettkante sitzend, sein Hemd zuknöpfte. Sie kniete sich hinter ihn, schlang ihre Arme um seinen Oberkörper und streichelte über seine nackte Brust.
„Kannst du nicht bleiben?“, fragte sie flüsternd, während ihr Mund eine Spur feuchter Küsse auf seiner rechten Schulter hinterließ, seinen Hals hoch wanderte und schließlich an seinem Ohrläppchen innehielt.
„Wir könnten zusammen frühstücken.“
„Es geht nicht. Das weißt du.“ Er löste sich aus ihrer Umklammerung, stand auf und griff nach seiner Jacke, die über dem Stuhl hing.
"Ich ruf dich an.“ Er gab ihr einen schnellen Kuss auf die Wange und verschwand.

OoO


„Ich kann nicht mehr.“ Sie saß im Schneidersitz auf dem dunkelblauen Sofa, ein Kissen schützend vor ihrem Bauch. „Ich werde es ihr sagen. Wenn du dich nicht traust, dann mache ich es.“
„Nein!“ Panik lag in seiner Stimme, und sie schauderte. „Das kannst du nicht machen. Es würde sie umbringen.“

oOo


„Dr. Macy?“, fragte Woody. „Ich muss Schluss machen. Ich glaube, sie wacht auf.“
„In Ordnung, Woody. Halten Sie mich auf dem Laufenden.“

Annie blinzelte, öffnete die Augen und sah verschwommen, dass Woody sein Handy vom Ohr nahm, es ausschaltete und dann auf den kleinen Tisch in der Ecke legte.

„He. Wie geht es dir?“, fragte er lächelnd und kam zu ihrem Bett hinüber. Sie zog die Stirn kraus und sah ihn fragend an.
Was war passiert? Was machte er hier? Und vor allem: Wo war dieses ‚hier’?

Sie drehte den Kopf und sah sich um.
Sie lag in einem kleinen Zimmer mit weißgetünchten Wänden. Die gegenüberliegende Glasfront war mit schwarzen Rollos verziert, die halb geschlossen waren aber dennoch die Sicht nach draußen freigaben. Menschen in weißen Kitteln liefen geschäftig auf und ab, manche blieben kurz stehen, redeten miteinander und eilten dann weiter.

„Du bist im Boston General“, erklärte Woody, der ihren fragenden Blick richtig interpretierte. Er rückte sich einen Stuhl zurecht und nahm Platz.

„Warum?“ Annies Stimme war nicht mehr als ein Krächzen. „Was ist passiert?“
Woody griff nach einen Glas Wasser, das auf den Tisch neben ihrem Bett stand und reichte es ihr. Sie richtete sich halb auf, nahm das Glas dankbar entgegen und trank einen Schluck.
„Erinnerst du dich nicht mehr?“, fragte er vorsichtig.

Annie schüttelte den Kopf.
„Du hattest einen Schock“, sagte Woody und nahm ihr das Glas wieder ab. Gedankenverloren drehte er es in seiner Hand, während er Annie aufmerksam beobachtete.

„Der Arzt meinte, dass es dir besser gehen würde, wenn du wieder aufwachst. Stimmt das? Geht es dir gut?“

Annie dachte einen Moment über diese Frage nach und nickte dann.
„Ja, ich denke schon“, sagte sie vorsichtig und lugte unter die Decke. Wie sie vermutet hatte, trug sie nur eines dieser unbequemen, ziemlich freizügigen Krankenhaushemden. Sie schlug die Decke wieder zu und sah Woody fragend an.

„Warum bist du hier?“
Woody hatte das Glas zwischenzeitlich abgestellt, beobachtete Annie aber weiterhin mit wachsamem Blick. Irgendetwas, vielleicht ein Instinkt, sagte ihm, dass sie nicht in Ordnung war; dieser glasige Blick konnte nicht nur von der Beruhigungsspritze herrühren.
„Ich habe mir Sorgen gemacht“, sagte er ehrlich und nahm ihre Hand in seine. Sie fühlte sich eiskalt an, und instinktiv begann er sie zwischen seinen Händen zu wärmen.
„Du hast uns ganz schön erschreckt“, fuhr er fort. „Mich und Dr. Macy. Er lässt dich übrigens grüßen.“

„Danke“, sagte Annie, halbherzig lächelnd. „Das ist nicht nötig. Mir geht es wieder gut. Können wir gehen? - Das ist mein Ernst, Woody!“, fügte sie auf seinen zweifelnden Blick hinzu. „Könntest du bitte solange raus gehen, bis ich mich angezogen habe?“
Sie zog ihre Hand aus seinem Griff und deutete zur Tür. Seufzend zuckte Woody mit dem Schultern.
„Wenn du meinst.“

-o-


„Und sie haben sie einfach so gehen lassen?“, fragte Garret, während er damit beschäftigt war, die Leiche von Michelle Quinn zu öffnen. „Ich meine, war das klug?“

Woody nippte an seinem Kaffee und versuchte das zischende Geräusch zu ignorieren, dass aus dem Brustkorb der Toten entwisch.

„Ja, das haben sie“, sagte er. „Ich war genauso wenig begeistert davon wie Sie, Doc. Aber Annie kann manchmal genauso stur sein wie Jordan.“

„Was ist mit mir?“, fragte Jordan, die in diesen Moment durch die Schwingtür in den Autopsiesaal trat. „Was habe ich nun schon wieder falsch gemacht? Warten Sie! Was immer es war, ich bin unschuldig.“ Sie hob abwehrend die Hände, trat zu den beiden Männern und nahm Woody den Kaffeebecher ab.

„Hm, lecker Kaffee“, sagte sie.
„Dieses Mal sind Sie wirklich unschuldig“, sagte Garret seufzend. „Aber das Ihnen das nicht zu Kopfe steigt!“, mahnte er und drohte ihr seiner erhobenen rechten Hand, die immer noch das Skalpell hielt. „Helfen Sie mir lieber mit der Leiche.“

Jordan verdrehte die Augen, trank einen großen Schluck Kaffee und reichte Woody den Becher zurück.

„Was soll ich tun?“, fragte sie.
„Nehmen Sie sich die Gewebeprobe dort drüben und bringen Sie sie zu Nigel“, sagte Garret, ohne aufzublicken. „Er soll die DNS ermitteln. Dann gehen Sie zu Bug und fragen ihn, wie weit er mit dem Säugling ist.“ Er blickte auf. „Und bevor sie fragen: Nein, Sie sind nicht der neue Laufbursche. Und jetzt los!“

„Zu Befehl, Herr General!“ Jordan salutierte, schnappte sich dann den Becher mit der Gewebeprobe und raunte Woody ein „General Walcott scheint sich einen Nachfolger heranzuzüchten“ zu.

Woody blickte Jordan grinsend nach. Als ihm jedoch Garrets stechender Blick bewusst wurde, verschwand sein Grinsen und er sah unschuldig zu dem Chefpathologen.

„Was immer Sie auf den Lippen hatten, schlucken Sie es runter!“, murmelte Garret und wandte sich wieder der Leiche zu. Mit geübten Handgriffen, trennte er die einzelnen Organe ab und legte sie zum Wiegen auf die Waage.

„Was haben Sie inzwischen über die Tote heraus gefunden?“, fragte er, während er nach etwas griff, das für Woody aussah, wie die Leber.

„Sie heißt Michelle Quinn, 36 Jahre alt, wohnhaft in New York, verheiratet mit einem Maximilian Jonathan Quinn, Anwalt.“ Er blickte von seinem Notizbuch auf. „Wir haben den Mann noch nicht erreichen können, arbeiten aber dran. Was haben Sie?“

„Wie es aussieht, wurde sie hinterrücks mit einem stumpfen Gegenstand erschlagen“, sagte Garret und winkte Woody näher heran. Er schob die braunen Haare etwas auseinander. „Sehen Sie hier? Der Schlag hat die Schädeldecke zertrümmert.“ Er deutete auf die Röntgenbilder im Schaukasten. „Der Angriff muss überraschend für sie gewesen sein. Nichts deutet darauf hin, dass sie sich verteidigt hat. Hat Detective Capra mittlerweile gesagt, woher Sie die Tote kannte?“

Woody schüttelte den Kopf.
„Nein, kein Wort“, sagte er. „Der Arzt hat mir das Versprechen abgenommen, den Fall nicht zu erwähnen, bis sie von selbst damit anfängt. Und das hat sie bisher nicht.“

Garret nickte verstehend.
„Und wo ist sie jetzt?“
„Ich habe sie nach Hause gefahren und ihr befohlen, sich auszuruhen. Ich wollte später noch einmal zu ihr fahren.“

-o-


Annie hatte sich, nachdem Woody sie nach Hause gefahren hatte, wirklich ausgeruht. Sie hatte sich ein Buch geschnappt und es sich auf dem Sofa gemütlich gemacht.

Entgegen der Behauptung, dass sie wirklich keine Ahnung hatte, was passiert war, wusste sie sehr wohl Bescheid. Auf der Rückfahrt zu ihrem Apartment, war alles plötzlich wieder da gewesen; die Fahrt zum Tatort, die vielen Spuren im Schnee, die Tote. Zu erschrocken über den Anblick der toten Frau im Schnee, hatte sie keinen klaren Gedanken mehr fassen können, und das nächste, an das sie sich erinnern konnte, war, dass sie im Krankenhaus wieder aufgewacht war.

Seufzend klappte sie das Buch zu und legte es auf den Glastisch, bevor sie aufstand und in die Küche ging, um sich einen Kräutertee zu kochen. Sie entschied sich für eine Kamille/Fenchelmischung und lehnte sich gegen den Herd, während sie darauf wartete, dass das Wasser kochte.

Wie seltsam das Leben doch manchmal sein kann, dachte sie. Vor ein paar Stunden noch, hatte sie gedacht, ihre Feiertagsdepression besiegt zu haben, hatte sich auf einen ruhigen Arbeitstag gefreut, an dem sie endlich ein paar Akten abschließen konnte, und ehe sie sich versah, war sie wieder in den Alptraum zurückkatapultiert worden, dem sie endgültig zu entfliehen gehofft hatte.

Mit der dampfenden Tasse in der Hand ging sie zurück ins Wohnzimmer und schaltete den Fernseher ein. Unkonzentriert zappte sie durch die Kanäle und nippte an ihrem Tee. Bei einem Basketballspiel blieb sie schließlich hängen und verfolgte die Bilder auf der Mattscheibe, ohne recht zu wissen, wer gegen wen spielte und warum.

Irgendwann schlief sie ein.

oOo


Sie stellte den großen Strauß weißer Rosen auf ihren Schreibtisch und roch daran. Sie dachte an den wunderschönen Abend, die aufregende Nacht … und das Alleinsein am Morgen. Wieder war er bei ihr gewesen, mit ihr zusammen eingeschlafen, und wieder war sie alleine aufgewacht.
‚Es tut mir Leid. Musste los.’
Als es an der Tür klopfte und diese ohne eine Antwort abzuwarten, geöffnet wurde, ließ sie den kleinen Zettel mit der Nachricht schnell in ihrer Hosentasche verschwinden.
„Wow, schöne Blumen! Hat da jemand einen heimlichen Verehrer?“
"So in der Art“, sagte sie ausweichend. „Willst du was bestimmtes, Susan?“

OoO


Leise Klaviermusik im Hintergrund. Kerzenschein. Eine dunkle Nische in einem Restaurant in Downtown.
„Ich muss für ein paar Tage die Stadt verlassen“, sagte er.
„Warum das? Ich dachte, wir wollten am Wochenende nach Rhode Island fahren?“ Sie versuchte erst gar nicht, ihre Enttäuschung zu verbergen. „Wir haben das seit Monaten geplant. Ich habe mir extra frei genommen und -“
„Es geht aber nicht. Vielleicht nächste Woche.“ Er versuchte nach ihrer Hand zu greifen, die sie jedoch weg zog und unter dem Tisch verschwinden ließ.
„Nächste Woche muss ich arbeiten.“

oOo


„NEIN!“
Woody legte ein Ohr an die Tür und lauschte.
„Ich will nicht mehr! Mach, dass es aufhört. Ich kann nicht mehr. Ich will nicht mehr. Ich…“
„ANNIE! Mach auf!“ Woody hämmerte gegen die Tür und ignorierte dabei, dass es schon fast Mitternacht war und die Nachbarn vielleicht schlafen wollten.
Keine Antwort.

oOo


Es war später Abend, sie wollte gerade schlafen gehen, als es an der Tür klopfte. Dreimal kurz, zweimal lang – ihr Geheimzeichen.

Sie schlüpfte in ihren Bademantel und lief zur Tür. Empfangen wurde sie von einem großen Strauß Sommerblumen.
„Darf ich reinkommen?“
„Natürlich!“ Sie öffnete die Tür und ließ ihn rein. „Schön, dass du da bist. Wie war die Geschäftsreise?“
„Ach, wie das nun mal so ist. Langweilig und lästig.“

OoO


Sie wachte auf, weil sie durstig war und tapste barfuss in die Küche. Während sie ein Glas Wasser trank, hob sie die braune Jacke auf, die zu Boden gefallen war. Sie wollte sie gerade auf den Stuhl legen, als eine Visitenkarte hinausfiel.
Unschlüssig blickte sie die weiße Karte an, bevor die Neugier siegte. Sie bückte sich, hob die Karte auf und erstarrte.
‚Wir danken Ihnen für Ihren Aufenthalt und hoffen, dass Sie und Ihre Frau uns bald wieder beehren werden.’ Der Name eines Hotels in Hampshire stand auf der Vorderseite und das Datum vom letzten Wochenende.


oOo


Woody schmiss sich gegen die Tür, zweimal, bis das Schloss schließlich nachgab und die Tür aufsprang.

Die Wohnung war dunkel, nur in einem Zimmer flackerte helles Licht, das von einem Fernseher auszugehen schien. Langsam tastend ging Woody vorwärts, betrat das Wohnzimmer und fand Annie auf dem Sofa liegend vor.

Sie schien zu schlafen, wimmerte aber leise.
Er trat zu ihr, ging in die Knie und strich ihr sanft eine Haarsträhne aus dem schweißnassen Gesicht.

„Annie?“, sagte er leise. „Annie, wach auf. Ich bin’s, Woody.“

-TBC-

Re: The past may sleep - But it NEVER dies

Bin zu faul, das nächste Kapitel hier zu posten. Wer es lesen möchte, findet es hier:
https://www.fanfiction.net/s/2726502/3/

Re: The past may sleep - But it NEVER dies

Hab es endlich geschafft die Teile hintereinander zu lesen ohne aus dem Net zufliegen *wow*
und es hat sich gelohnt zu lesen. Find die FF richtig klasse und bin echt gespannt was da noch so bei raus kommt. Die Idee find ich mal cool!!

Re: The past may sleep - But it NEVER dies

Oh, vielen Dank!! Ich dachte schon, es liest keiner ;-) Schön, dass es
Dir gefällt!

Update kommt bald (habe noch zwei Kapitel in Reserve).
Wann gibt es denn von Dir wieder was??

Re: The past may sleep - But it NEVER dies

Nachschub ist da:
https://www.fanfiction.net/s/2726502/4/

Re: The past may sleep - But it NEVER dies

Du weißt doch meine Zeit.. immer dann wenn ich Zeit hätte, hab ich keinen PC mit Internetzugang zur Hand (im Bett z.B. *g*)....aber bald hab ich dich beim Schreiben eingeholt, dann gibt's auch Feedback.





Garret (zu Renee): "Entschuldigen Sie, dass ich einem Eisblock Mitgefühl entgegen bringen wollte." -- (2x17)

Re: The past may sleep - But it NEVER dies

Kein Problem, Mel!! Ich bin ja noch lange nicht fertig (befürchte ich...)

Re: The past may sleep - But it NEVER dies

Hilfe.. wie soll ich dich bei der Androhung je einholen? *g*





Garret (zu Renee): "Entschuldigen Sie, dass ich einem Eisblock Mitgefühl entgegen bringen wollte." -- (2x17)

Re: The past may sleep - But it NEVER dies

Wow.. coole und spannende Story. Hab gerade die Pause auf dem Forum genutzt um mich durch die Kapitel zu arbeiten. Also ich bin wirklich gespannt wie das ganze aufgelöst wird.

Ansonsten so rund und weich wie immer geschrieben, Jordan mit Garret zusammen waren wunderbar getroffen während der kurzen gemeinsamen Szene und Annie ist wie immer klasse.





Garret (zu Renee): "Entschuldigen Sie, dass ich einem Eisblock Mitgefühl entgegen bringen wollte." -- (2x17)