DLF-Opfer - Urteile / Klagen / Anwälte

Im Namen der Banken

Im Namen der Banken

Hallo Forum,

ich dachte mir, ich kopiere mal ein Stück Bankensenatsgeschichte aus meinen Archiven des Altforums heraus und hier hinein, nachdem ich mir selber die Frage gestellt habe "Wie war das eigentlich noch mit den Klagen der DLF-Anleger gegen die Banken?"

Gruß
Britta


Zeit: Im Namen der Banken - Teil 1

Geschrieben von Britta am 11. Mai 2006 20:19:05:

Hallo Forum,

von dem schwarzen Tag am BGH, dem 25.4., sind die DLF-Anleger (Klagen gegen Banken) als Haustürwiderrufsfälle prinzipiell noch verschont geblieben. Zu diesem schwarzen Tag für Anleger hat es viel Presse gegeben. Hervorheben möchte ich allerdings den Artikel "Im Namen der Banken" in der "Zeit"

https://www.zeit.de/2006/18/S_31_Immobilien

und hier die Passage:

... "über Jahre hinweg hatte der XI. Senat unter seinem Vorsitzenden Richter Gerd Nobbe erfolgreich die Kreditinstitute genau vor solchem milliardenteuren Unbill geschützt. Nobbe nämlich, daraus macht er keinen Hehl, will mit seiner Rechtsprechung zu gesunden volkswirtschaftlichen Verhältnissen beitragen – auch wenn das zulasten der Bankkunden geht."

Wenn das die Handlungsmaxime ist, sind derzeit - unter der Ägide des Hr. Nobbe - juristische Argumente beim BGH schlichtweg nicht von Interesse, sondern vielmehr das Ergebnis. Dann geht es allein darum, wie viel der Verbraucherschutz - oder eigentlich: die Anwendung bestehenden Rechts - die Banken kosten könnte. Gerade bei "Massenphänomenen" - und das wird man bei schätzungsweise 50.000 - 70.000 DLF-Anlegern wohl unterstellen können - werden die "gesunden volkswirtschaftlichen Verhältnisse" - bzw. das, was Hr. Nobbe dafür hält - die Rechtsprechung also entscheidend prägen. Ob das am Ende fragwürdiges Geschäftsgebaren nicht einfach nur belohnt?

Der Schirmherr der Volkswirtschaft wird übrigens voraussichtlich Ende Januar 2009 pensioniert. Vielleicht weht dann ja ein anderer Wind am BGH, vielleicht.

Was ich Euch ebenfalls noch empfehle:

Den Beitrag von Gerhard Renner:
https://www.mein-parteibuch.de/2006/05/05/schrottimmobilien/#comment-13062 (Anm.: mein-parteibuch.DE existiert nicht mehr, evtl. auf mein-parteibuch.COM noch enthalten)

Ich selber finde den Überblick, den Gerhard Renner gibt, sehr interessant. Ganz besonders das Protokoll (aus 2002) ist aufschlussreich. Es zeigt, dass Anwälte und Verbraucher seit Jahren einen Kampf gegen Windmühlen führen.

Ob die Politik jemals das Problem "Strukturvertrieb", "Mitverantwortung der Banken" und "pseudogeprüfte, am Markt vorbei konzipierte, nur den Initiatoren gewinnbringende und für den Anleger schlichtweg unsinnige Finanzprodukte" anpacken wird?

Gruß
Britta

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Im Namen der Banken (Teil 2) - BGH-Verhandlung 09.05.06

Geschrieben von Britta am 11. Mai 2006 20:38:59:

Einige von Euch wissen bereits, dass am 09.05. eine Reihe von DLF-Verfahren gegen die Berliner Bank vor dem XI. Senat beim BGH unter dem Vorsitz von Hr. Nobbe verhandelt wurde. Der XI. Senat hat ja mittlerweile die Zuständigkeit aller Fonds-Verfahren wieder an sich gezogen, nachdem uns der II. Senat mit seinen immer anlegerfreundlicher werdenden Urteilen positiv überraschte. Über diese wenig verständliche Vorgehensweise bei der Zuständigkeitsauf- bzw. hin- und zurückver-teilung mag man trefflich streiten, ist jetzt aber mal so.

Zur Verhandlung vom 09.05. gibt es zwei Pressemitteilungen. Eine von RA Oliver Renner … und die andere hier … (PM Meyer zu Schwabedissen vom 09.05.).

Demnach ist bei fehlender Gesamtbetragsangabe der Anspruch auf Reduzierung der Darlehenszinsen auf 4 % jetzt mehr oder weniger amtlich.

Hinsichtlich des eigentlichen Anliegens - des Haustürwiderrufs - sieht es nach den PMs hingegen mau aus. Oder sagen wir so: Der BGH überlässt die Entscheidung hierzu, ob ein Widerrufsrecht besteht oder nicht, nun wohl den unteren Instanzen. Letztendlich wird man aber die Urteile abwarten müssen. Die vorliegenden Verfahren kamen alle von Berlin. Wie hier im Forum schon mehrfach angesprochen, hat sich in Berlin mittlerweile die Meinung durchgesetzt, den DLF-Anlegern die Rückabwicklungsmöglichkeit gegenüber den Banken zu versagen.

Zitat aus der PM von RA Renner:

"Eine Widerrufsmöglichkeit des Darlehensvertrages, der zur Finanzierung einer Immobilienfondsbeteiligung geschlossen worden ist, hatte das Kammergericht Berlin in den Vorinstanzen abgelehnt. Grund hierfür war, dass nach Auffassung des Kammergerichts die Beitrittserklärung zum Fonds widerruflich war: dem Anleger wurde ein Widerrufsrecht von einer Woche eingeräumt. Wenn dann der Darlehensvertrag mit der Bank erst später vom Anleger unterschrieben worden ist, dann bestünde zwischen der Ansprache in der Haustürsituation und dem späteren Darlehensvertragsschluss keine Kausalität mehr. Durch einen Widerruf der Beitrittserklärung hätte der Anleger das gesamte Geschäft rückgängig machen können. Er hätte dann auch den Darlehensvertrag später nicht unterzeichnen müssen, um die Einlagesumme an den Fonds zu bezahlen."

"Diese Würdigung des Kammergerichts wird der XI. Zivilsenat Bundesgerichtshof wohl nicht beanstanden. Es handele sich um eine tatrichterliche Feststellung und ob ein Widerrufsrecht bestehe müssen die Tatrichter entscheiden. Daher scheidet wohl ein Widerruf des Darlehensvertrages in solchen Konstellationen aus, da insoweit keine Kausalität besteht."

In der Konsequenz hieße das, dass in Berlin geführte Verfahren für die Anleger - mit Ausnahme der Zinsreduzierung - wenig Aussicht auf Erfolg haben werden, zumindest nicht, wenn die Revision beim BGH in die Amtszeit des Vorsitzenden Richters Nobbe fällt. Ich gehe davon aus, dass die Situation (Widerrufsbelehrung auf Fondsbeitrittsformular) bei allen Anlegern identisch sein müsste, so dass also in Berlin kein Grund bestehen wird, von der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen. Ob an anderen Gerichtsstandorten für DLF-Anleger Aussicht auf Erfolg besteht, wird vermutlich eine Frage des Ausprobierens sein/werden, ist aber auch mit der jetzt geäußerten BGH-Ansicht wohl theoretisch noch durchaus möglich. Die Frage wird daher sein, wie standhaft sich die jeweiligen Gerichte der BGH-Wertung entziehen können/wollen/werden, denn der BGH findet die Vorgehensweise der Berliner Gerichte anscheinend nicht so verkehrt.

Wie gesagt, letztlich wird man aber die Urteile noch abwarten müssen.

Gruß
Britta

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Im Namen der Banken - Teil 3

Geschrieben von Britta am 16. Mai 2006 16:15:25:

Hallo Forum,

heute kam der nächste Schwung Anleger-Klagen in Sachen Banken vor den BGH.

https://www.n-tv.de/668122.html

10 Türen für Anleger wurden geschlossen, aber man könnte meinen, es habe sich dafür mal wieder ein winziges Türchen geöffnet.

https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2006&Sort=3&nr=36222&pos=0&anz=78

So wird es immer bleiben: Wer A sagt, hat noch lange nicht B gesagt.

Gruß
Britta

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Re: Im Namen der Banken - Teil 3

Geschrieben von Klaus am 16. Mai 2006 18:42:05:
Als Antwort auf: Im Namen der Banken - Teil 3 geschrieben von Britta am 16. Mai 2006 16:15:25:

Grüße
• HB-Version
https://www.handelsblatt.com/pshb?fn=tt&sfn=go&id=1242270

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Re: Im Namen der Banken - Teil 3
Geschrieben von Britta am 16. Mai 2006 21:23:05:
Als Antwort auf: Re: Im Namen der Banken - Teil 3 geschrieben von Klaus am 16. Mai 2006 18:42:05:
weitere Links zum Thema
https://www.stiftung-warentest.de/online/steuern_recht/meldung/1380932/1380932.html
...

Re: Im Namen der Banken

Und so erließ der Bankensenat folgende Urteile:

XI. Zivilsenat 9.5.2006 XI ZR 114/05
XI. Zivilsenat 9.5.2006 XI ZR 119/05 Leitsatzentscheidung
XI. Zivilsenat 9.5.2006 XI ZR 120/05
XI. Zivilsenat 9.5.2006 XI ZR 158/05
XI. Zivilsenat 9.5.2006 XI ZR 2/05
XI. Zivilsenat 9.5.2006 XI ZR 3/05
XI. Zivilsenat 9.5.2006 XI ZR 377/04

https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=624051dd621acb69f8514aa2d850b28c&nr=36680&pos=18&anz=25

https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=624051dd621acb69f8514aa2d850b28c&nr=36535&pos=19&anz=25

https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=624051dd621acb69f8514aa2d850b28c&nr=36753&pos=20&anz=25

https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=624051dd621acb69f8514aa2d850b28c&nr=36754&pos=21&anz=25

https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=624051dd621acb69f8514aa2d850b28c&nr=36755&pos=22&anz=25

https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=624051dd621acb69f8514aa2d850b28c&nr=36737&pos=23&anz=25

https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=624051dd621acb69f8514aa2d850b28c&nr=36694&pos=24&anz=25

Re: Im Namen der Banken

In letzter Zeit mehren sich die Stimmen, die da meinen, der Bankensenat könne sich wieder auf eine neutralere Position besonnen haben:

https://www.nwzonline.de/Aktuelles/Wirtschaft/Nachrichten/NWZ/Artikel/2054741/Bundesrichter+st%E4rken+erneut+Anleger.html
(https://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/?sid=558080)


Re: Im Namen der Banken

Und dieser Tage vernimmt man sogar ganz neue Klänge: Die Deutsche Bank pienzt vor dem BGH und ihr Anwalt droht dem Bankensenat mit einer zweiten Finanzkrise, sollten sich die Banken plötzlich - so wie alle anderen auch - an Spielregeln halten müssen.

https://www.tagesschau.de/wirtschaft/deutschebank180.html

https://www.faz.net/s/Rub0E9EEF84AC1E4A389A8DC6C23161FE44/Doc~E09DB56163EAA4367A311086CC5E0BFD6~ATpl~Ecommon~Scontent.html

Ja, ja, Bankensenat verantwortlich für eine zweite Finanzkrise!!! Dabei gibt es Stimmen, die meinen, der Bankensenat unter Vorsitz seines "Schirmherrn der Volkswirtschaft" trage bereits Mitverantwortung an der ersten Finanzkrise:

https://www.bialloblog.de/index.php?/archives/637-Legte-BGH-Bankensenat-Grundstein-fuer-Finanzkrise.html

Sollten die Tage unserer Hätschelkinder am Bankensenat etwa gezählt sein?

Offenbar ist es also für Anleger, und so eben auch DLF-Anleger, wieder möglich, beim BGH betr. Klagen gegen die Banken auf richterliches Gehör zu stoßen.

Gruß
Britta