Ein neues Riesenauge öffnet sich ins All (Beitrag von Lilu)
REKONSTRUKTION
Lilu
Andreas von Rétyi
Seit dem 14. Mai ist »Hubble« nicht mehr das größte optische Teleskop im Weltraum im vergangenen Monat startete ein neuer, noch mächtigerer Gigant ins All. Jetzt lieferte er erste sensationelle Bilder.
Er ist der neue Stern am Himmel der Astronomie und das ganz sprichwörtlich, obwohl er eigentlich selbst nach neuen Sternen Ausschau halten soll: der Riesenspiegel des Herschel-Teleskops. Endlich, nach einem Vierteljahrhundert, konnte das Projekt der Europäischen Raumfahrtbehörde ESA in die Tat umgesetzt und das fast dreieinhalb Tonnen schwere Forschungsgerät ins All verfrachtet werden.
Schon 1984 entstanden die ersten Pläne für das Teleskop. Im vorigen Monat wurde das einzigartige Gerät nun endlich an Bord einer Ariane-5-ECA-Rakete gestartet. Der Spiegel misst 3,5 Meter und übertrifft den seines erfolgreichen Vorgängers, des Hubble-Teleskops, um gut einen Meter. Eine wirkliche Konkurrenz für den amerikanischen Kollegen aber ist Herschel nicht, denn es soll in anderen Spektralbereichen arbeiten. Statt vorwiegend sichtbares Licht »über die Lupe« zu nehmen, sammelt das neue Riesenauge ausschließlich Strahlung größerer Wellenlängen: Es ist auf fernes Infrarot und den Submillimeterbereich des Spektrums spezialisiert. Nicht umsonst »hört« das Teleskop auf den Namen Herschel, der an den berühmten Astronomen und Entdecker der Infrarotstrahlung erinnert William Herschel (1738-1822).
Noch befindet sich das Riesenteleskop auf dem Weg in seine endgültige Beobachtungsposition, die viel weiter draußen im All liegt als der Orbit von Hubble. Während letzteres in knapp 600 Kilometer über dem Erdboden kreist, wird Herschel in eine Bahn um einen besonderen Gleichgewichtspunkt im Erde-Sonne-System einschwenken, den Lagrange-Punkt L2. Er ist mit rund 1,5 Millionen Kilometern genügend weit von störenden Wärmequellen entfernt. Die Sonnenstrahlung wird mittels eines überdimensionalen Hitzeschildes von der empfindlichen Optik abgeschirmt. Für ein Infrarotteleskop ist Wärme tödlich, das Instrument muss auf knapp minus 200 Grad abgekühlt werden, um seine Aufgaben erfüllen zu können: Wärmestrahlung ferner Sonnen, Nebel und Galaxien einzufangen.
In einem Monat wird Herschel den Lagrangepunkt erreichen, doch schon jetzt glückten erste Aufnahmen. Und die Experten sind begeistert, denn die Bilder übertreffen die kühnsten Erwartungen. Allererstes Ziel war die mit rund 35 Millionen Lichtjahren ziemlich
»nahe« Galaxie M 51, auch als Whirlpool Galaxy bekannt, ein wunderschöner, spiralförmiger »Sternenstaat«. Als sich die einzelnen Farbkanäle langsam nacheinander am Monitor aufbauten, wurde die nüchterne Technik gleichsam lebendig der Moment der Wahrheit war gekommen: »Niemand hätte allen Ernstes eine derartige Qualität gleich für den ersten Versuch prognostiziert« freut sich auch der deutsche Forscher Dr. Albrecht Poglitsch, Mitarbeiter des Garchinger MPI für extraterrestrische Physik und zuständig für die bei kürzeren Wellenlängen arbeitende PACS-Kamera von Herschel. Das Falschfarbenbild zeigt in diesem Spektralbereich bereits zahlreiche neue Strukturen in der Galaxie, die wie eine opaleszierende Brosche aus funkelnden Edelsteinen aussieht.
Die Datenbearbeitung dauerte einige Tage, doch gelohnt hat sich der Aufwand. Schon jetzt konnte Herschel seine enorme Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen. Das riesige Infrarot-Teleskop soll in den kommenden Jahren vor allem die Sternentstehung in kosmischen Molekülwolken erforschen und sich der zeitlichen Entwicklung von Galaxien widmen.
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ENDE REKONSTRUKTION
Freiheit ohne Gleichheit ist Ausbeutung, Gleichheit ohne Freiheit ist Unterdrückung (Rosa Luxemburg)
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