unter diesem Link findet ihr einen sehr interessanten und, wie ich finde, ziemlich erschreckenden Artikel.
Zwar wurde schon aus dem Irakkrieg bekannt, dass gar nicht so selten dort britische Soldaten von US-Soldaten beschossen wurden, aber was sich laut dem Artikel am Sarobi-Pass abspielte geht meiner Ansicht nach weit darüber hinaus.
Der zugrunde liegende Artikel in der franz. Zeitung Le Monde geht zwar nicht ganz so weit (bis jetzt jedenfalls nicht - habe ihn jedoch noch nicht ganz übersetzt), dass aber die französischen Soldaten von NATO-Flugzeugen beschossen wurden ist dort auch zu lesen.
Was haltet ihr von dieser Sache?
Liebe Grüße, Eva
Die Welt hat Platz für jedermann, aber nicht für jedermanns Gier (Indira Gandhi) ----------------------------------------------------------------------------- Das Versagen einer Elite beginnt damit, dass sich die Falschen dafür halten. (Hans-Jürgen Quadbeck-Seeger, deutscher Chemiker)
Re: Afghanistan
Hallo Eva
So etwas ist eigentlich keine unnormale Erscheinungsform im Krieg, vor allem, wenn mehrere Parteien in einem Krieg verwickelt sind. Das nennt man "Frendly Fire". Wenn Frendly Fire jedoch im größeren Ausmaß statt findet oder öfter, hat man vielleicht eine ungefähre Ahnung, was dort unten tatsächlich los ist.
Unter Wikipedia steht dazu auch eine Erklärung, was man unter Frendly Fire versteht.
"Immer weigere ich mich, irgendetwas deswegen für wahr zu halten, weil Sachverständige es lehren, oder auch, weil alle es annehmen.
Jede Erkenntnis muss ich mir selbst erarbeiten. Alles muß ich neu durchdenken, von Grund auf, ohne Vorurteile."
Albert Einstein (1879-1955)
Re: Afghanistan
Hallo Lilu, hallo @ll,
hast Du den Artikel ganz durchgelesen? Was sich dort abgespielt hat, geht meiner Ansicht nach weit über "friendly fire" hinaus.
Ich zitiere mal aus dem Artikel:
Zitat:
Nach Aussage der überlebenden Soldaten passiert aber folgendes: 4 Stunden lang erhalten sie im Gefecht durch die US-Soldaten und die afghanischen Truppen hinter ihnen nicht nur keine Unterstützung - sondern sie werden von den eigenen Verbündeten, darunter Elite-Scharfschützen, direkt unter Feuer genommen. Sie müssen sich nach allen Seiten verteidigen. Die Munition geht ihnen aus. Das eigene, das französische Kommando in Kabul unter Michel Stollsteiner bricht die Verbindung zu ihnen ab. Verstärkung und Entsatz kommt nicht, obwohl 5000 NATO-Soldaten nur 30 Meilen entfernt sind.
Die sogenannte Rapid Force, die schnelle Eingreiftruppe, ist angeblich nicht in Bereitschaft, was allen militärischen Grundregeln und Einsatzmustern widerspricht. Die afghanischen Soldaten, die mit ihnen auf die Patrouille gingen, nehmen sie immer dann unter Feuer, wenn sie versuchen sich vom Pass zurückzuziehen.
Dann kommen NATO-Bomber. Sie greifen die Franzosen an und töten mehrere Soldaten.
Über 13 Stunden gehen die Gefechte, schliesslich werden die letzten verwundeten Franzosen gegen 2 Uhr nachts am Dienstag evakuiert.
(Hervorhebungen von mir)
Danke für die Verlinkung zum Wikipedia-Eintrag; dieser ist bzgl. Afghanistan meiner Ansicht nach ebenfalls sehr aufschlussreich. Ich zitiere mal etwas daraus:
Zitat: Wikipedia
Am 4. September 2006 griffen in der Operation Medusa in der Provinz Kandahar in Afghanistan zwei US-amerikanische Erdkampfflugzeuge vom Typ A-10 Thunderbolt II versehentlich eigene Bodentruppen an und töteten dabei einen kanadischen Soldaten und verletzte 30 Soldaten.
Am 9. Juli 2008 griff ein AH-64D-Kampfhubschrauber in der Provinz Helmand in Afghanistan versehentlich britische Bodentruppen an. Drei Soldaten wurden dabei schwer verletzt.
Am 20. Juli 2008 wurden mindestens neun afghanische Polizisten in der Provinz Farah in Afghanistan durch einen Luftangriff getötet. Die Polizisten griffen irrtümlich (Anm.: wirklich irrtümlich?) afghanische und ISAF-Soldaten an. Die ISAF ordnete daraufhin einen Luftschlag an. Die Internationale Schutztruppe ISAF bestätigte außerdem, dass in der Provinz Paktika zwei abgefeuerte Mörsergranaten ihr Ziel verfehlten und dabei vier Zivilisten töteten und vier weitere Menschen verletzten.
(Hervorhebungen und Anmerkung von mir. Quelle des Zitats: siehe Vorbeitrag von Lilu)
Unter diesem Link findet ihr einen Artikel über einen, wie ich finde, nicht uninteressanten Grenzzwischenfall mit afghanischen Polizisten.
Vorhin habe ich im Internet gelesen, dass , ich glaube heute, deutsche Soldaten einem Anschlag mittels Sprengstofffalle zum Opfer fielen.
Fällt insgesamt gesehen etwas auf???
Was ist denn der "Exportschlager" - und das seit Jahren - von Afghanistan? Da lässt sich viel Geld machen....
Liebe Grüße, Eva
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Re: Afghanistan
Hallo Eva,
für unser Empfinden geht es weit darüber hinaus, doch so etwas kann durchaus auch über Tage andauern, denn hier ist ein Problem in solchen Fällen auch die Kommunikation.
Um so etwas zu vermeiden, arbeitet man im Kriegsfalle auch oft mit Leuchtstoffgeschossen, die in der Luft dann halt eine bestimmte farbliche Erkennung visualisieren.
Beim "Friendly Fire" gibt es keine zeitliche Einschränkung. Solange diese Kriegsparteinen als Bündnispartner auftreten, läuft es unter diesem Begriff, so verrückt und grausam das Ganze auch in Erscheinung tritt. Doch das ist der Krieg an sich ja schon.
LG Lilu
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Re: Afghanistan
Hallo Lilu,
stimme Dir durchaus zu, dass unsereins (was hoffentlich so bleiben wird) die Schrecken eines Krieges nicht wirklich kennt. Jedoch, wenn ich mir die Zitate aus meinem Vorbeitrag genau ansehe, gehe ich hier weiterhin nicht von "friendly fire" aus, das sind mir schlicht und ergreifend ein paar katastrophale "Zufälle" zuviel.
Liebe Grüße, Eva
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Re: Afghanistan
Hallo @ll,
auch in Bezug auf Afghanistan tut sich einiges. Nicht "nur", dass Deutschland sein Soldatenkontingent für Afghanistan vergrößert, trotz dem Abzug der Eliteeinheit, sondern diesen Einsatz auch verlängert.
Derweil (oder vielleicht gerade deshalb) soll es bereits Ende September d. J. zu einem Geheimtreffen in Mekka zwischen afghanischen Regierungsvertretern, Talibanführern und Warlords gekommen sein.
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Re: Afghanistan
Mehr Militär und Diplomatie in Afghanistan
Von Martin Kilian, Washington
Barack Obama hat den Krieg in Afghanistan geerbt. Mit der Aufstockung der Zahl der US- Truppen eskaliert er diesen Krieg
Inmitten der schwersten Wirtschaftskrise seit der Grossen Depression trifft Präsident Barack Obama heute Donnerstag zu seinem ersten Auslandsbesuch in der kanadischen Hauptstadt Ottawa ein, wo bei Gesprächen mit Premierminister Stephen Harper unter anderem die Lage in Afghanistan erörtert werden soll (siehe Artikel unten). Bereits am Dienstagabend hatte Obama angekündigt, man werde die 36'000 US-Soldaten in Afghanistan durch 17'000 zusätzliche Truppen verstärken. Neben 8000 Marineinfanteristen, die bereits im Frühjahr eintreffen sollen, wird eine Armeebrigade mit 4000 Soldaten im Sommer ins südliche Afghanistan entsandt werden. Weitere 5000 GIs sollen diese Kampftruppen unterstützen.
Die Nato soll mitziehen
Schon während des Präsidentschaftswahlkampfs hatte sich Obama für eine Ausweitung des Engagements in Afghanistan eingesetzt. Der demokratische Kandidat hatte Präsident Bushs Intervention im Irak auch deshalb kritisiert, weil sie seiner Meinung nach vom Kampf gegen die al-Qaida und die Taliban in Afghanistan und Pakistan ablenke. Die sich rapide verschlechternde Situation in Afghanistan und Pakistan erfordere «sofortige Aufmerksamkeit und schnelles Handeln», begründete der Präsident die Marschorder am Dienstag. Gleichzeitig sagte er, dass der Konflikt in Afghanistan mit militärischen Mitteln allein nicht zu gewinnen sei.
Neben dieser ersten Aufstockung der US-Truppen will die neue Regierung mehr Gewicht auf regionale diplomatische Initiativen legen: Sowohl Russland als auch Indien sowie möglichst der Iran sollen in die Beilegung des Konflikts in Afghanistan einbezogen werden. Obamas aussenpolitisches Team arbeitet bereits seit Wochen an einer grundsätzlichen Überprüfung der Strategie in Afghanistan, deren Ergebnis den Nato-Verbündeten Anfang April vorgelegt werden soll. Von den europäischen Partnern erwartet Washington eine Aufstockung der 32 000 Nato-Truppen am Hindukusch.
Die Forderung der USA nach einer stärkeren Beteiligung der Alliierten wird auch im Mittelpunkt der Gespräche stehen, zu denen der deutsche Afghanistan-Sonderbeauftragte Bernd Mützelburg nächste Woche in Washington erwartet wird. Die nun einrückenden US-Truppen sollen vornehmlich in der südlichen Provinz Helmand stationiert werden, wo die erstarkenden Taliban sowie der Opiumhandel die Sicherheitslage stark beeinträchtigen.
Rückzug innerhalb von 16 Monaten
Auf Einwände, wonach die Entsendung neuer Truppen nach Afghanistan die US- Streitkräfte überstrapaziere, entgegnete Obama am Dienstag, man werde die Truppenstärke im Irak «in verantwortlicher Weise» abbauen. Derzeit befinden sich noch rund 146'000 US-Soldaten im Lande, die nach dem Willen des Präsidenten über einen Zeitraum von 16 Monaten grösstenteils abgezogen werden sollen.
Unterdessen wurde bekannt, dass 2008 insgesamt 2118 afghanische Zivilisten bei Angriffen ausländischer Truppen ums Leben gekommen sind. Die meisten der Opfer starben bei US-Luftangriffen. Die Zahl ziviler Opfer erreichte damit laut Angaben der Uno einen Höchststand seit dem Beginn der US-Intervention in Afghanistan im Herbst 2001 und hat zu Verstimmungen zwischen Washington und Präsident Hamid Karzai in Kabul geführt.
Die am Dienstag angekündigte Entsendung weiterer Truppen ist bei amerikanischen Gegnern des Kriegs auf scharfe Kritik gestossen. «Das erste Prinzip für jemanden, der sich in ein Loch geschaufelt hat, lautet, dass er mit dem Schaufeln aufhören sollte», reagierte Tom Andrews, der Vorsitzende der Antikriegsorganisation Win Without War. Besonders innerhalb des progressiv-linken Flügels der Demokratischen Partei wird befürchtet, die Regierung Obama laufe Gefahr, sich in Afghanistan in einem Morast zu verlieren.
Man muss jetzt endlich einmal eine Erfolgmeldung herausbringen, um den Einsatz in Afghanistan zu rechtfertigen.
Und die wird uns heute auch gleich wie bestellt präsentiert:
Nun endlich sei es gelungen, in einer gemeinsamen Militäraktion von 700 britischen und afghanischen Soldaten in der südafghanischen Provinz Helmand gleich vier Drogenlabore der - natürlich - Taliban auszuheben, wobei man Heroin im Wert von 100 Millionen Franken und sogar Waffen gefunden hat.
Da fragt man sich, was die Allierten die ganze Zeit über sieben Jahre lang in Südafghanistan gemacht haben und ausgerechnet zum jetzigen Zeitpunkt so einen Erfolg ausweisen.
Aber die Weltöffentlichkeit muss nun endlich einsehen, dass es unbedingt notwendig ist, diesen Krieg mit verstärkten Mitteln weiter zu führen, um Protesten gegen diesen Einsatz mit dem heute veröffentlichten Sieg über die Drogenbarone entgegen zu wirken.
Für eine gute Public Relation und gutes Timing ist alles möglich in Afghanistan.
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Re: Afghanistan
Hallo Lilu,
zumindest kann man Obama nicht nachsagen, dass er nicht macht, was er angekündigt hat .
Schon im Wahlkampf hat er ja angekündigt, dass er sich verstärkt in Afghanistan "engagieren" will - das wird jetzt in die Tat umgesetzt. Die geplante Öl-Pipeline muss ja enorm wichtig sein wenn darum weiter Krieg in Afghanistan geführt wird. Das Schlimme daran ist, dass genau dieses kriegerische Verhalten die afghanische Bevölkerung wieder reihenweise zu den Taliban überlaufen lässt, die dann ihre Schreckensherrschaft weiter festigen können.
So wird man dort nie Frieden erreichen.
Liebe Grüße, Eva
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Re: Afghanistan
NATO-Drang nach Osten Von Rainer Rupp
Einen Tag vor Beginn des »Informellen Treffens« der NATO-Verteidigungsminister am Donnerstag in der polnischen Stadt Krakow ließ der britische Verteidigungsminister John Hutton eine Bombe platzen. Vor seinem Abflug erklärte er gegenüber der Financial Times, er werde von seinen NATO-Kollegen die Schaffung einer ständig einsatzbereiten Truppe von 3000 Soldaten fordern, die in den osteuropäischen NATO-Mitgliedsländern stationiert werden solle. Damit komme man deren erhöhtem Sicherheitsbedürfnis nach dem russischen Einmarsch in Georgien im vergangenen August entgegen.
Die Absicht, Rußland westliche NATO-Truppen vor die Nase zu setzen, kann im Kreml nur als weiterer Beweis für die Fortführung der NATO-Expansions- und Einkreisungspolitik gesehen werden. Der britische Verteidigungsminister verfolgt aber noch einen anderen Plan: In Osteuropa soll mehr Kanonenfutter für Afghanistan mobilisiert werden. Denn so Hutton gegenüber der britischen Finanzzeitung wenn westliche NATO-Truppen in Osteuropa stationiert sind, könnten die dortigen Regierungen problemlos mehr Truppen an den Hindukusch schicken. Und noch ein weiterer, unausgesprochener Grund mag dahinter stehen: Die erst beginnende Wirtschaftskrise hat jetzt schon die osteuropäischen Länder besonders fest im Griff. Da liegt es nahe, daß die britische Initiative auch auf die innenpolitische Absicherung der neoliberalen osteuropäischen Regierungen abzielt. Deren Autorität ist bereits teilweise durch massive Unruhen von ungeahnter Stärke herausgefordert.