Dilla´s & Eva´s grenzwissenschaftl. & polit. Forum - M 2003 bis 2006

Aushöhlung des Grundgesetzes?

Aushöhlung des Grundgesetzes?

Hallo @ll,

vor Kurzem habe ich erfahren, dass in Hamburg 1-Euro-Jobber quasi als Streikbrecher für den Streik des Öffentlichen Dienstes fungieren sollten - die Müllabfuhr wurde durch 1-Euro-Jobber ersetzt. Etwas, was dem Grundgesetz widerspricht, aber anscheinend niemanden stört.

Thüringen hat das Ganze noch getoppt. Durch eine Gerichtsverhandlung kam auf, dass eine geheime Datei, genannt LIMO existiert, in der "linksmotivierte Personen" gespeichert sind.

Hier der Artikel aus der Thüringer Allgemeinen:

„LIMO“ – Geheimdatei

Thüringen ist offenbar bereit, sich auch über das Grundgesetz hinwegzusetzen, wenn vermeintlich Landesinteressen geschützt werden sollen. Das zeigte ein Verfahren vor dem Verfassungsgericht in Weimar.

WEIMAR. "Limo" ist kein neuer Fruchtdrink, sondern eine Geheimdatei der Polizei, in der Menschen erfasst sind, die als linksmotiviert gelten. Die Datei ist so geheim, dass es beim Thüringer Innenministerium keine Auskünfte dazu gibt, weil sonst "Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand der Sicherheitsbehörden" gezogen werden könnten, "insbesondere wenn sie Staatsschutzbelange betreffen". Auch wann wer gespeichert wird, welche Auswirkungen das haben könnte und wann wieder gelöscht werden muss, ist das Ministerium nicht bereit zu sagen.

Dass die Datei existiert, wurde in einem gestern am Verwaltungsgericht in Weimar verhandelten Verfahren bekannt. Drei junge Männer wollten im Vorjahr an der Gedenkfeier zum 60. Jahr der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald teilnehmen. Die Polizei stoppte ihr Auto und wollte sie zurück- schicken. Ohne Begründung, einfach so. Erst nach längeren Debatten hätten die Beamten erklärt, dass die Abgewiesenen in einer Datei "linksmotiviert" erfasst seien, sagte einer der Betroffenen vor Gericht aus. Es gab drei Platzverweise für den gesamten Tag und die gesamte Stadt Weimar.

Dagegen hatten die Betroffenen geklagt. Das Land plädierte auf Abweisung der Klage. "Immer Abweisung der Klage" scherzte der Prozessvertreter aus dem Polizeiverwaltungsamt in Erfurt vor dem vollbesetzten Gerichtssaal. Der Richter machte schnell deutlich, der Ansicht des Landes nicht folgen zu wollen. Das Durchgreifen der Polizei wurde mit "Sicherheitsstufe eins" begründet, weil hohe Politiker und der amerikanische Außenminister anwesend seien. Der Richter konterte, dass auch der amerikanische Außenminister das Grundgesetz nicht außer Kraft setzen könne und fragte nach konkreten Anhaltspunkten für das Handeln der Beamten. Außer einer Vorstrafe aus dem Jahr 2002 bei einem der Abgewiesenen hatte das Land wenig Argumente zu bieten. Höchstens, dass auch gegen einen weiteren der Abgewiesenen bereits ermittelt wurde.

Dieses Verfahren steht offenbar auch in der Limo-Datei, obwohl als Ergebnis die Unschuld des Betroffenen anerkannt wurde. Gegen den dritten damals Verdächtigten lag derartiges gar nicht vor. Trotzdem mussten die Männer auf Weisung der Polizei Weimar verlassen, da die Gefahr bestanden haben soll, dass sie die Veranstaltung stören wollten.

Alle drei waren auf Einladung des Veranstalters nach Buchenwald gekommen. Doch dafür interessierte sich damals die Polizei nicht. Nach 20 Minuten Verhandlung räumte auch der anfänglich noch scherzende Prozessvertreter des Landes ein, dass die Polizei wohl überzogen gehandelt habe. Daran, dass das Verwaltungsgericht das Handeln der Polizei nicht billigen wird, ließ der Richter gestern keinen Zweifel. Als Pyrrhussieg wertete Anwalt Sebastian Nickel gestern den Verlauf des Verfahrens. "Es sei nicht damit zu rechnen, dass die Polizei ihr Vorgehen ändern werde", sagte er nach der Verhandlung. Und es gebe noch immer keine Klarheit darüber, unter welchen Kriterien Personen in Dateien wie "linksmotiviert" oder "rechtsmotiviert" erfasst werden und welche Auswirkungen das habe.



Quelle: Thüringer Allgemeine 21.02.2006

Liebe Grüße,
Eva

Damit das Mögliche entstehen kann muss immer wieder das Unmögliche versucht werden

Re: Aushöhlung des Grundgesetzes?

Hallo @ll,

noch ein Beispiel, wie immer mehr versucht wird, Verfassungsrechte der Bürger einzuschränken:

Die Uni-Klinik Duisburg wollte AZUBIs entlassen, weil sie sich, wie vom Grundgesetz legalisiert, an einem Streik beteiligten.

Hier zitiere ich einen betreffenden Auszug aus einem diesbezüglichen Text, den ich erhalten habe:

Schon gegen 13:30 Uhr standen am Freitag, dem 10.3.06,
rund 300 Kolleginnen und Kollegen mit den betroffenen
Azubi vor der Klinik in Duisburg. Als es auch noch zu
regnen begann, versammelten sich die Demonstranten und
Demonstrantinnen im Foyer der Klinik und forderten die
Rücknahme der Kündigungen. Der Klinikchef hatte die
Azubi nach der Teilnahme an einem (rechtmäßigen)
Soli-Streik beschimpft und des Hauses verwiesen.
Ausdrücklich wurde ihnen gesagt "sie bräuchten auch
nicht mehr wieder zu kommen". Nach einigem Hin und Her
zwischen der vor Ort anwesenden
Landesfachbereichsleiterin FB 3 ver.di-NRW, Sylvia
Bühler, dem Geschäftsführer und der eilig vom
Arbeitgeber herbeigerufenen Polizei wurde dann den
Versammelten mitgeteilt, es seien keine Kündigungen
beabsichtigt und es würde auch niemandem gekündigt.
Daraufhin zogen die Demonstrantinnen und Demonstranten
ab, nicht ohne das Versprechen zu hinterlassen: "Wir
kommen wieder, wenn es doch zu Kündigungen oder
anderen Druckmaßnahmen kommen sollte!"

Von Freitag Mittag bis heute sind weit über 1.500
Protest-E-Mails und Faxe beim Arbeitgeber Klinikum
Duisburg eingegangen. Auch das hat die
Geschäftsführung beeindruckt und hat den jungen
Kolleginnen und Kollegen geholfen.

Heute Vormittag wurde von der Geschäftsführung
mitgeteilt: Es findet - unter Beteiligung des
Betriebsrates - ein klärendes und bereinigendes
Gespräch des Geschäftsführers mit den Azubi statt und
am Nachmittag wird der Vorfall in einer
Mitarbeiterversammlung ebenso für alle Beschäftigten
aufgeklärt und bereinigt.


Es wird immer offensichtlicher, was hier versucht wird. Es wird höchste Zeit, sich dagegen zur Wehr zu setzen oder wenigstens mehr nachzudenken und zu hinterfragen.

Liebe Grüße,
Eva

Damit das Mögliche entstehen kann muss immer wieder das Unmögliche versucht werden

Re: Aushöhlung des Grundgesetzes?

Hallo @ll,

auch die ewige Mär, wir brauchen aufgrund des "Krieges gegen den Terror" unbedingt Inlandseinsätze der Bundeswehr, wird ständig propagiert.

Am Wochenende erschien im Münchner Merkur hierzu folgendes:

Zitat:

Die Bundeswehr soll auch bei Terror-Anschlägen im Inland eingesetzt werden. "Wir müssen mit Terrorangriffen rechnen, die vergleichbar sind kriegerischen Angriffen früherer Art", sagte Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU). Bei einem Terrorangriff solle es möglich sein, den Verteidigungsfall auszurufen. In Deutschland könne nicht mehr strikt zwischen innerer und äußerer Sicherheit getrennt werden. "Daher braucht man im Grundgesetz eine Klarstellung", sagte Jung.


Leute, ich fange langsam an, mich vor dieser Fußball-WM zu fürchten. Auch hier wurde im Vorfeld ständig von Inlandseinsätzen der Bundeswehr gesprochen. Müssen wir jetzt einen 11.09.2001 bei der Fußball-WM fürchten?

Ich traue bestimmten Kreisen inzwischen alles zu. Es wird meiner Ansicht nach immer offensichtlicher, dass das Grundgesetz faktisch abgeschafft werden soll. Schon jetzt gibt es Parallelen zur Weimarer Republik (z. B. der Umgang mit Langzeitarbeitslosen und Sozial Schwachen), bald auch ganz eindeutige zum Dritten Reich?

Liebe Grüße,
Eva

Alle sagten "das geht nicht", dann kam einer, der wusste das nicht und machte es.