Ist unseren Managern das logische Denken abhanden gekommen?
Ist unseren Managern das logische Denken abhanden gekommen?
Hallo @ll,
Wissenschaftler haben festgestellt, dass emotionales Denken alles sofort will, während logisches Denken Langzeitziele im Auge behält.
Wenn man also so sieht, was unsere Manager und auch Politiker für Entscheidungen treffen, kann man sich manchmal schon fragen, ob nicht ein gesundheitliches Problem vorliegt. *ggg*
Re: Ist unseren Managern das logische Denken abhanden gekomm
Hallo Didier,
danke für den Buchtip. Hier kommt er viel besser zur Geltung als im anderen Thema.
Liebe Grüsse, Eva
"Wenn eine freie Gesellschaft den vielen, die arm sind, nicht helfen kann, so kann sie auch jene nicht retten, die reich sind" John F. Kennedy
Re: Ist unseren Managern das logische Denken abhanden gekomm
Heiner Geisler in "Die Zeit":
"Die Arbeiter in den Industriestaaten und ihre Gewerkschaften, die angesichts der Massenarbeitslosigkeit mit dem Rücken an der Wand stehen, fühlen sich anonymen Mächten ausgeliefert, die von Menschen beherrscht werden, deren Gier nach Geld ihre Hirne zerfrisst. Die Menschen leben und arbeiten in einer globalisierten Ökonomie, die eine Welt der Anarchie ist - ohne Regeln, ohne Gesetze, ohne soziale Übereinkünfte, eine Welt, in der Unternehmen, Großbanken und der ganze 'private Sektor' unreguliert agieren können.
... den politischen, ökonomischen und wissenschaftlichen Eliten, die ähnlich den Verantwortlichen in der Zeit des Übergangs vom Feudalismus in die Industriegesellschaft offensichtlich unfähig sind, die unausweichliche Globalisierung der Ökonomie human zu gestalten.
... offensichtlich die Republik mit einem Metzgerladen verwechselt, in dem so tief ins soziale Fleisch geschnitten wird, dass das Blut nur so spritzt, anstatt durch Bürgerversicherung und Steuerfinanzierung die Löhne endlich von den Lohnnebenkosten zu befreien. Nur Dummköpfe und Besserwisser können den Menschen weismachen wollen, man könne auf die Dauer Solidarität und Partnerschaft in einer Gesellschaft aufs Spiel setzen, ohne dafür irgendwann einen politischen Preis bezahlen zu müssen."
Hier noch mehr in "Die Zeit":
"Arbeiter als Kapitalisten daraus ließe sich eine immense Marktmacht schaffen. Die Gewerkschaften könnten eigene Investmentfonds aufbauen und Unternehmensanteile erwerben. Dann könnten die Arbeiter, statt auf Profite zu pochen, jene Manager grillen, die ihrer Belegschaft die Löhne kürzen. Theoretisch.
In der Praxis gibt es solche gewerkschaftseigenen Investmentfonds längst. In Amerika. Dort zeigt sich allerdings Ernüchterndes. »Die Debatten auf der Kapitalseite und das sonstige Engagement der Gewerkschaften sind meistens streng getrennt«, sagt Charles Elson, Wirtschaftsforscher von der University of Delaware. Soll heißen: Auch die Gewerkschaftsfonds achten weniger auf hohe Löhne als auf hohe Renditen.
Es ist wirklich höchste Zeit, dass man endlich anfängt unsere Gesellschaft nicht nur nach ökonomischen Gesichtspunkten zu "gestalten".
Liebe Grüsse, Eva
"Wenn eine freie Gesellschaft den vielen, die arm sind, nicht helfen kann, so kann sie auch jene nicht retten, die reich sind" John F. Kennedy
Re: Ist unseren Managern das logische Denken abhanden gekomm
"Immer mehr Arbeiter sind selbst Anleger. Seit 1993 hat sich in Deutschland der Geldzufluss in Aktienfonds fast vervierfacht. In steigendem Maße stammt das Geld aus unteren und mittleren Einkommensschichten, nicht selten in Form einer staatlich geförderten Altersvorsorge.
Arbeiter als Kapitalisten daraus ließe sich eine immense Marktmacht schaffen. Die Gewerkschaften könnten eigene Investmentfonds aufbauen und Unternehmensanteile erwerben. Dann könnten die Arbeiter, statt auf Profite zu pochen, jene Manager grillen, die ihrer Belegschaft die Löhne kürzen. Theoretisch.
In der Praxis gibt es solche gewerkschaftseigenen Investmentfonds längst. In Amerika. Dort zeigt sich allerdings Ernüchterndes. »Die Debatten auf der Kapitalseite und das sonstige Engagement der Gewerkschaften sind meistens streng getrennt«, sagt Charles Elson, Wirtschaftsforscher von der University of Delaware. Soll heißen: Auch die Gewerkschaftsfonds achten weniger auf hohe Löhne als auf hohe Renditen.
Ihre Anleger, die Arbeiter, wollen es so."
Weiß gar nicht, ob mein Editing vom letzten Beitrag funktioniert hat, irgendwie konnt ich mich danach nicht mehr einloggen. Wie auch immer, der ganze Beitrag hier: https://www.zeit.de/2004/47/Ohnmacht Das Jahr der Ohnmacht
Ach ja, hier mal die Zusammensetzung der Harzigen Komission: Dr. Peter Hartz, Volkswagen AG Isolde Kunkel-Weber, ver.di Norbert Bensel, DaimlerChrysler Services AG Dr. Jobst Fiedler, Roland Berger Strategy Consultants Peter Gasse, IG Metall NRW Prof. Dr. Werner Jann, Universität Potsdam Dr. Peter Kraljic, McKinsey & Company Düsseldorf Klaus Luft, Market Access for Technology Services GmbH Harald Schartau, Minister für Arbeit, NRW Wilhelm Schickler, Landesarbeitsamt Hessen Hanns-Eberhard Schleyer, Zentralverband des Deutschen Handwerks Prof. Dr. Günther Schmid, Wissenschaftszentrum für Sozialforschung Wolfgang Tiefensee, Oberbürgermeister von Leipzig Eggert Voscherau, BASF AG Heinz Fischer, Deutsche Bank AG
Kein Vertreter von Betroffenen, denn die zwei Gewerkschafter als Vertreter von Arbeitslosen anzusehen, wäre aus vielerlei Gründen ne Lachnummer.
Re: Ist unseren Managern das logische Denken abhanden gekommen?
Hallo, Journalisten verabscheuen diese Vergleiche mit dem bisherigen Endpunkt aller Bosheit in der irdischen Geschichte. Vermutlich, weil sie die Zusammenhänge zwischen feudalistischem Denken, Herrschsucht und Habgier nicht kennen, nicht kennen wollen, nicht kennen dürfen? Als aber die Bosheit sich wieder einmal ausbreiten konnte, diesmal europaweit und weite Teile der Welt mit sich ziehend - und mit den Mitteln der Industrialisierung an der Hand, wurde wieder einmal deutlich, daß boshafte Menschen alle ihnen zur Verfügung stehende Mittel bedenkenlos einsetzen. Sie werden es auch in einer möglichen nächsten Phase des Überhandnehmens von Bosheit tun. Diesmal stehen die zur Verfügung stehenden Mittel nicht nur weltweit zu Gebote, sondern reichen auch mittels Medien, Werbung und weitverzweigte Systeme von Abhängigkeiten tief in das Seelenleben der Menschen hinein. Nun habe ich einen Text gefunden, bei dem in mir sogleich den Bezug zu dem roten Faden der negativen Geschichtlichen Entwicklung herstellte. Wer wüsste nicht, daß viele Nazigrößen seinerzeit unbehelligt nach Südamerika verschwunden sind und einige von ihnen dort auf welche Weise auch immer ihr finsteres Gedankengut zu erhalten und verbreiten suchten. Das ist aber nur ein Aspekt des Textes, welchen ich gefunden habe, doch lest selbst:
"Reformlüge
Joseph Ackermann, der Chef der deutschen Bank ist einer der Meinungsführer unseres Landes und glaubt an den"Reformstau" als entscheidende Ursache unseres wirtschaftlichen Unheils, der "German Disease", der Sozialstaat, das "Modell Deutschland" sei nicht mehr zeitgemäß, die sozialen Sicherungssystem nicht mehr finanzierbar, die Steuern und Abgaben zu hoch, die Bürokratie unerträglich und Besitzstandswahrer bedrohten unsere Zukunft.
Seine Therapie beim Kampf gegen Arbeitslosigkeit und Schuldenberg lautet: Modernisierung, Ruck, Strukturreform, mehr Eigenverantwortung, weniger Staat, mehr Privatisierung und weniger Regulierung, kurzum die permanente Reform unserer sozialen Sicherungssysteme.
Nur schneller könnte alles gehen, mehr Bewegung bitte! Und die Politik reagiert. Politiker aller Parteien und Wissenschaftler überbieten sich seit dem Jahreswechsel 2002/2003 in der
Präsentation möglichst umwälzender Vorschläge.
Die Behauptung, mit Reformen, die vor allem Sozialabbau bedeuten, könnten wir die wirtschaftlichen Schwierigkeiten und die Arbeitslosigkeit überwinden, ist jedoch unwahr. Die Reformdebatte und die schon getätigten Reformen bewirken das genaue Gegenteil eines wirtschaftlichen Aufschwungs.
Eine Reformlüge ist es auch, wenn die Verfechter der Reformen ihre wahren Ziele nicht offenbaren und so tun, als ginge es ihnen um die Anpassung an veränderte Bedingungen, während sie tatsächlich eine Systemveränderung im Auge haben. So gesehen ist Josef Ackermann ein ehrlicher Typ. Er verschweigt wenigstens nicht, dass er ein anderes System will. Und zwischen den Zeilen geben Guido Westerwelle, Edmund Stoiber und Angela Merkel dies ebenfalls zu.
Die Reden vom Umbau des Sozialstaats sind aber nur wohlklingende Floskeln ohne Inhalt. Unter dem Vorwand, die sozialstaatliche Ordnung erhalten zu wollen, wird sie zerstört.
Die "Operation Reformen" ist auch deshalb eine Lüge, weil sie nichts anderes ist als der versuch, die Einkommensverteilung in der Bundesrepublik Deutschland weiter auseinanderzuziehen und auf lange Sicht Fakten zu Ungunsten der Arbeitnehmer zu zu schaffen. Wie sonst sind Maßnahmen zu verstehen wie die Abschaffung der Vermögenssteuer, die Streichung der Steuer auf Gewinne bei Betriebsverkäufen, die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer auf der einen Seite und die Schaffung eines Niedriglohnsektors oder die massenhafte Ausweitung der Sozialhilfe im Zuge von Hartz IV auf der anderen? Wo werden da strukturelle Verbesserungen geschaffen?
Eine Lüge ist zuletzt auch die Behauptung, es würde erst jetzt mit Reformen begonnen. Das Gegenteil ist wahr: Diese Art von Reformen wird in Deutschland seit gut 20 Jahren versucht.
Am 12. Oktober 2000 präsentierte Professor Hans Tietmeyer als Vorsitzender des Kuratoriums der Metall- und Elektroindustrie, ausgestattet mit 50 Mio Euro der Arbeitgeberverbände seine zentrale Botschaft: Die soziale Marktwirtschaft muss erneuert werden, wir brauchen Strukturreformen, mehr Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt und mehr Mobilität bei den Beschäftigten- die ganz bestens bekannte neoliberale Litanei.
Hans Tietmeyer, CDU-Mitglied, von grossem Einfluss auf die Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik war schon Grundsatzreferent unter dem Sozialdemokraten Karl Schiller. Er war der Mann im Hintergrund des späteren Wirtschaftsministers Otto Graf Lambsdorff (FDP) und maßgeblich an dessen Kampf gegen Bundeskanzler Helmut Schmidt Ene der 7oer Anfang der 80er Jahre beteiligt. Er war Mitautor des Lambsdorff-Papiers, das zur Scheidungsurkunde der sozialliberalen Koalition im September 1982 wurde. Worum es dabei ging formulierte Helmut Schmidt so: Lambsdorff wolle " eine Abwendung vom demokratischen Sozialstaat im Sinne des Artikels 20 unseres Grundgesetzes und eine Hinwendung zur Ellenbogengesellschaft".
Danach war Tietmeyer Staassekretär unter Helmut Kohl und einer der einflussreichsten Berater seiner Partei. In dieser Zeit hat er auch maßgeblich die internationale Wirtschafts- und Wärungspolitik mit geprägt und die ideologische Debatte zwischen Neoliberalismus und Keynesianismus geführt.
Nun stellt sich dieser Mann im Oktober 2000, zwei Jahre nach Ende der Regierung Kohl hin und erklärt "warum die soziale Marktwirtschaft erneuert werden muss". Dazu hatte er 20 Jahre Zeit gehabt. Er hat diese Zeit auch genutzt, aber sie hat dem Land nichts gebracht.
Dass die meisten Leute glauben, mit der Erneuerung der sozialen Marktwirtschaft, mit Reformen, mit der Anwendung der Rezepte der Neoliberalen werde erst jetzt begonnen , ist also nichts weiter als ein guter Beleg für erfolgreiche Gehirnwäsche.
Zwischen modischem Gerede und der Realität klafft eine große Lücke- und zwar schon seit 20 Jahren. Die Angebotsökonomen und Neoliberalen haben ihre Chance gehabt und sind erfolglos geblieben. Aber unsere Meinungsführer können oder wollen nicht zugeben, dass ihre Konzepte falsch oder zumindest fragwürdig sind. Sie sind wie Drogenabhängige: Statt auf Entzug zu gehen, erhöhen sie die Dosis.
Wie kommt das? In einer Mediendemokratie, vielmehr : in einer Mischung aus Parteieliten- und Mediendemokratie, werden politische Entscheidungen von der öffentlichen Meinungsbildung vorentschieden. Wer die öffentliche Meinung beherrscht, der bestimmt auch die politische Linie. Und weil es große Interessen gibt, die die politische Linie bestimmen wollen, forcieren sie ihren Einfluss auf die öffentliche Debatte.
Die Agitatoren der Reformlüge können auf eine breite Koalition der Willigen unter den Eliten in Deutschland bauen. Das sind Personen und Gruppen, Unternehmen und Verbände, die von sich aus ein Interesse an Strukturreformen haben oder auch nur der gängigen Stimmung erlegen sind.
Zu den großen Förderern neoliberaler Positionen gehören neben dem erwähnten Hans Tietmeyer, der Vizepräsident der Deutschen Bundesbank Jürgen Stark, der Leiter der Wirtschaftsabteilung im Kanzleramt Bernd Pfaffenbach und der Generaldirektor für Wirtschaft und Finanzen bei der EU-Kommission Klaus Regling. Auch Horst Köhler, dem CDU und CSU nicht ohne Grund zum Amt des Bundespräsidenten verhalfen, gehört dazu.
Man könnte diese Gruppe von CDU-nahen Männern auch die deutschen Chicago Boys nennen, angelehnt an jene Ökonomen aus Chicago, die die ökonomisch-theoretische Basis des Neoliberalismus formuliert und Einfluss auf die Entwicklung in Pinochets Chile, in Ronald Reagans USA und in Margaret Thatchers Gropßbritannien hatten.
In einem weiten Netz von Initiativen, Aktionen, Bündnissen wiederholen diese Akteure und multiplizieren ihren Glauben. Bekannt ist der "Bürgerkonvent" und die " Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft", der "Konvent für Deutschland". Sie haben vor allem eine Botschaft: Überwindung des "Reformstaus" und "Aufklärung" der Bevölkerung über die Wichtigkeit des Abbaus von sozialen Leistungen.
Unterstützung erfahren sie in einschlägigen Talkshows. Hier finden sich Arnulf Baring, Roland Berger, Peter Glotz, Hans-Olaf Henkel, Oswald Metzger, Meinhard Miegel.
Zu den Willigen gehört in weitem Umfang die Wissenschaft. Sozialwissenschaftler haben dafür geworben, einen so genannten Niedriglohnsektor aufzumachen - ein in jeder Hinsicht fragwürdiges Projekt.
Die Wissenschaft der Demographie hat sich mit wenigen Ausnahmen für die Behauptung einspannen lassen, unser Land habe gravierende Probleme mit der Bevölkerungsentwicklung.
Prototypisch für unwissenschaftliche Willfährigkeit ist auch der Sachversändigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Er drängt seit Jahren auf eine weniger arbeitnehmerfreundliche und weniger sozial orientierte Politik und Änderung im Sinne der Reformlügen-Koalition.
Der Steuerzahler zahlt dieweil die Agitation für die neoliberalen Strukturreformen. Kommissionen, Beraterfirmen wissenschaftliche Gutachten wurden von der Bundesregierung zwischen 1999 und 2003 mit 168,8 Mio Euro bezahlt.
Zu den wirksamsten Förderern der neoliberalen Reformbewegung zählen die Weltbank und der internationale Währungsfonds (IWF).
Der IWF hat noch unter der Federführung von Horst Köhler in vielen Ländern neoliberale Reformen erzwungen.
Besonderer Erwähnung bedarf José Pinera und sein "International Center for Pension Reform". Pinera war unter Pinochet Arbeitsminister und hat den dortigen Arbeitnehmern 1980 die private Vorsorge aufgezwungen mit all den damit verbundenen Nachteilen für die Mehrheit der Chilenen.
Pinera rühmt sich der Beratung vieler Länder und regierungen bei ihrem Weg zur Ablösung sozialer Sicherungssysteme und Einführung privater Rentenversicherungen.
Wer sich durch die Seiten seiner hompage www.pensionreform.org clickt bekommt zugleich einen umfassenden wie bedrückenden Eindruck von der Dimension und dem weltumspannenden Charakter seiner Aktivitäten. Der Arbeitsminister Pinochets als Ghostwriter einer rot-grünen Koaltion ?
Auf seiner persönlichen hompage www.josepinera.com präsentierte Pinera im Mai 2004 die "Agenda Chile 2010".
Der verstorbene amerikanische Soziologe Christopher Lasch diagnostizierte schon vor 20 Jahren, dass die neuen Eliten, zu denen Banker, Makler, EDV-Spezialisten, Ärzte, Professoren und Journalisten gehören, sich von der Realität der einfachen Menschen allein ihrer Leistung zu verdanken haben, und fühlen sich niemandem mehr verantwortlich, schon garnicht dem Gemeinwohl. Wer nicht auf die gesetzliche Rente angewiesen ist, für den ist es einfach, unbeschwert vom Sozialabbau zu sprechen. Er vergisst dabei, dass die soziale Sicherung das "Vermögen der kleinen Leute" ist. Mehr noch: Die gleiche Schicht, die glaubt, Arbeitnehmern verordnen zu müssen, den Gürtel enger schnallen, meint gleichzeitig, sie sei unterbezahlt und müsse eine zu grosse Steuerlast tragen. Nicht alle denken und empfinden so. Aber es fällt auf, wie viele der bis dahin als kritische Geister bekannte Zeitgenossen den Glauben an die Notwendigkeit von grundlegenden Strukturreformen teilen und weitertragen. Das letzte , besonders bedrückende Beispiel für dieses Phänomen lieferte Günter Grass.
Nun ist niemandem vorzuwerfen, wenn er von Wirtschaft nichts versteht. Es gibt durchaus ein Recht auf Nicht-Wissen, aber es gibt keines auf Ignoranz. Und die ist gegeben, wenn man einseitig das nachbetet, was einem vorgegeben wird, und es nicht mehr selbst kritisch hinterfragt. Es kann nicht erstaunen, dass viele Intellektuelle die komplexen wirtschaftlichen Zusammenhänge nicht oder nur wenig durchschauen. Es erstaunt jedoch, wie viele dennoch eine feste Meinung dazu haben.
Der französische Philosoph Régis Debray hat analysiert, wie der zur Zeit gängige Typus des Intellektuellen den Mainstream der öffentlichen Debatte nicht mehr kritisch hinterfragt, sondern ihn im Gegenteil noch unterstützt: Seine Meinung wechselt je nach politischer Lage so, wie er es braucht, um seinen Marktwert in der Öffentlichkeit zu erhalten. Solche Medienintellektuelle gibt es nicht nur in Frankreich. Dort wie hier wäre es wichtig, dass es wieder Menschen gibt, die den Mut haben, die Dinge gegen den Strich zu bürsten.
Am verheerendsten jedoch wirkt sich die gut 20-jährige Vorherrschaft der neolibarelen Reformpropaganda auf die Parteipolitik aus. Nennenswerter Widerstand dagegen existiert im Parteispektrum kaum noch. Im Gegenteil: Die Neoliberalen bestimmen nicht nur die Programmdebatte bei FDP und Union, sondern auch die Regierungspolitik von SPD und Bündnisgrünen.
Mit der Agenda 2010 wie zuvor mit dem vermeintlichen Sparkurs von Hans Eichel, den Steuersenkungen zu Gunsten der großen Konzerne und der Öffnung der der Rentenversicherung hin zur Privatvorsorge, ist die rot-grüne Koalition zum Rammbock der neoliberalen Reformen geworden. Bis auf wenige Einzelne sind SPD und Grüne den gängigen Denkfehlern und Vorurteilen, den Lügen und Legenden der Reformtheoretiker erlegen. Mit der Strategie der Anpassung hat sich die SPD-Führung der herrschenden Meinung und jenen, die sie bestimmen, ausgeliefert. Ihre Nähe zu wirtschaftsliberalen Beratern wie Roland Berger oder Jürgen Kluge von McKinsey, die Orientierung Gerhard Schröders an einigen Managern, die Nähe vieler Sozialdemokraten und Bündnisgrünen zur Bertelsmann-Stiftung und die Mitwirkung bei der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft prägen die innere Entwicklung in diesen Parteien. Die Nähe färbt ab.
Es macht diesen Herrschaften keine Mühe, das Grundgesetz zur Disposition zu stellen. Wer jedoch- wie Joseph Ackermann und all die anderen- den Systemwechsel will, wer Abschied nehmen will von wichtigen Strukturen und Eigenschaften des Sozialstaats und der Tarifautonomie, verlässt die Grundlage unserer Verfassung.
Reformlüge und Reformpleite drohen derweil zum Ruin der SPD zu erden. SPD und Grüne haben den Konservativen mit Ihrer Politik den Weg bereitet, nach der Machtübernahme spätestens im Jahre 2006 ungestört und ohne Widerstand von politischer Seite die Revolution von oben durchzuführen und den Abbau sozialstaatlicher Regelungen zu realisieren. Mit bösen Folgen für unser Land."
Re: Ist unseren Managern das logische Denken abhanden gekommen?
Hallo Didier,
Deinem interessanten Beitrag ist nichts mehr hinzuzufügen. Leider sind es sehr wenige, die sich über diese Reformlüge im Klaren ist.
Noch kurz etwas zum Beitrag davor:
Die Info bezüglich Hartz-Kommission war sehr interessant. Ich denke, die zwei Gewerkschafter hatten wahrscheinlich wirklich nur eine Alibi-Funktion und sonst nichts zu melden.
Ich sehe auch ein großes Problem darin, dass die vielen Kleinanleger durchaus dazu beitragen, dass die wirtschaftliche Situation so ist wie sie ist. Oft genug sind es die Kleinaktionäre, die sich beschweren, dass ihre Dividende zu niedrig ist und dabei vergessen, dass sie durch diese Forderung ihren eigenen Arbeitsplatz gefährden.
An Weitsicht fehlt es also nicht nur den Vorständen und Managern.
Liebe Grüße, Eva
"Wenn eine freie Gesellschaft den vielen, die arm sind, nicht helfen kann, so kann sie auch jene nicht retten, die reich sind" John F. Kennedy