Spanien verstaatlicht Privatbesitz (Beitrag von Lilu)
Rekonstruktion
von Ute Müller (Alicante)
Ein Haus am Meer - in Spanien gerät dieser Traum für viele In- und Ausländer zum Albtraum. Gestützt auf ein Küstenschutzgesetz aus dem Jahr 1988 tritt die spanische Regierung eine Verstaatlichungswelle los.
So richtig kann Vivian Lecky den wunderbaren Meerblick aus dem Fenster ihres Apartments in letzter Zeit nicht mehr genießen. Die gebürtige Irin wohnt im fünften Stock des Torre Alacant in Alicante, einem der Wohntürme, die teils noch während der Franco-Ära an Spaniens Südküsten hochgezogen wurden. Doch nun fürchten die 80-Jährige und ihr Mann, dass ihr Traum vom Leben am Meer abrupt zu Ende geht. Denn Spanien hat eine massive Enteignung von Küstenimmobilien begonnen.
Nach dem Beschluss der Regierung darf Privatbesitz, der zu nahe am Meer liegt - im Stadtbezirk ist die Grenze 20 Meter - verstaatlicht werden. Vivians Block steht zwar 50 Meter vom Wasser entfernt. Die Bauherren hatten 1964 mit Erlaubnis der Behörden dem Meer künstlich Boden abgerungen. Jetzt aber gilt plötzlich wieder die alte Grenze, und damit fällt das Hochhaus unter das Küstengesetz.
"Als wir vor 20 Jahren kauften, sagte uns niemand, dass hier etwas illegal sei. Unsere gesamten Ersparnisse stecken in dieser Wohnung", klagt Vivian. Eine Entschädigung sieht das Gesetz zumeist nicht vor, auch der Weiterverkauf der bedrohten Immobilien ist strikt untersagt.
200.000 fürchten um ihr Eigentum
Rund 200.000 Immobilienbesitzer, darunter 45.000 Ausländer, könnten so ihr Eigentum verlieren. 20.000 von ihnen haben sich in der Bürgerinitiative PNALC zusammengeschlossen. Die Vorsitzende Carmen del Amo, Bankangestellte im Vorruhestand, hält das Vorhaben der Regierung für wahnwitzig: "Ein Gesetz kann nicht rückwirkend für illegal erklären, was vorher schon bestanden hatte."
Der Stuttgarter Eckhard Rose hat für sein Häuschen in Rota bei Cádiz bereits einen Enteignungsbescheid erhalten. Er hat vor acht Jahren völlig legal eine Finca direkt am Strand erworben. Längst haben Ausländer wie er bei ihren Botschaften Alarm geschlagen - doch die zeigen sich machtlos. Zwar gab es im Mai ein Treffen mit Regierungsvertretern, heißt es etwa bei den Deutschen: Doch habe man nur Informationen ausgetauscht, keinesfalls Druck auf die Spanier ausgeübt. Auch Lecky zeigt ein Schreiben ihrer Botschaft: "Wir verstehen Ihre Situation bestens, können aber gegen spanische Gesetze wenig ausrichten."
Ursprünglich zielte das Gesetz von 1988 darauf ab, Spaniens Küsten und die Dünen zu schützen und der Öffentlichkeit Zugang zum Strand zu garantieren. Lange aber geschah gar nichts. Erst 2004, als Cristina Narbona Umweltministerin der ersten Regierung von Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero wurde, begann die Vermessung der Küste. Allein am Mittelmeer sollten 776 Kilometer wieder uneingeschränkt der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden. Tausend Gebäude wurden inzwischen abgerissen.
"Wir waren erleichtert, als Narbona nach den Parlamentswahlen vom März nicht mehr als Umweltministerin aufgestellt wurde", sagt del Amo. Doch der Albtraum für sie und die anderen Küstenbewohner ging damit nicht zu Ende. Roger Zimmermann, Manager des Fünf-Sterne-Hotels Sidi Saler bei Valencia, ist überzeugt, dass das Gesetz verfassungswidrig ist. 1972, als die Hotelbesitzer das Grundstück erwarben, galt explizit die Auflage, dort ein Hotel zu bauen. Jetzt ist es vom Abriss bedroht. "Ein Skandal ist auch, dass der Mindestabstand zum Wasser höchst flexibel gehandhabt wird", sagt der Schweizer: "Mal sind es 300 Meter wie bei uns, mal 500 Meter wie in Galizien."
Vor einigen Tagen statuierten die Behörden im Süden von Teneriffa ein Exempel. Cho Vito, ein malerisches Fischerdorf, das vor 40 Jahren an einem Felsen über dem Meer erbaut worden war, wurde abgerissen. Weinende Bewohner sahen zu. Auch Vivian weinte, als sie die Bilder im Fernsehen sah. "Seither können wir nicht mehr ruhig schlafen."
Quelle:https://www.ftd.de/politik/europa/:K%FCstenimmobilien-im-Visier-Spanien-verstaatlicht-Privatbesitz/432767.html
Schon irgendwie komisch, find ich.
LG
Lilu
Eva S.
Hallo Lilu,
stimmt, das Ganze ist schon merkwürdig. Umweltschutz ist ja o. k., aber die Leute, die hier ihre Ersparnisse 'reingesteckt haben, gehören fair entschädigt. So mutet das mehr nach reiner Behördenwillkür an.
Liebe Grüße,
Eva
Ende Rekonstruktion
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