Dalai Lama und die schmutzige Spur der CIA
Dalai Lama und die schmutzige Spur der CIA
24/ 02/ 2010
MOSKAU, 24. Februar (Dmitri Kossyrew, RIA Novosti). Das Treffen der US-Außenministerin Hillary Clinton mit dem Dalai Lama war wohl der interessanteste Teil seines Washington-Besuchs.
Denn die US-Chefdiplomatin steht für eine konkrete Politik - selbst wenn der Dalai Lama in vieler Hinsicht eine symbolische Figur ist, die sich nicht wirklich unmittelbar mit den Angelegenheiten der tibetischen Emigranten befasst.
US-Präsident Barack Obama musste am Vortag des erwähnten Treffens den wohl uninteressantesten Teil der Arbeit leisten - sich mit dem Dalai Lama treffen, um dem üblichen Meinungsaustausch protokollarisch Rechnung zu tragen. Beide räumten abermals ein, dass Tibet ein Bestandteil Chinas ist (Wer hatte denn daran gezweifelt?), plädierten für die Erhaltung der einmaligen Identität Tibets (Wer hatte denn etwas dagegen?) usw. Alles lief wie immer ab: Für den Dalai Lama war das nicht der erste Besuch im Weißen Haus.
Es war eigentlich offensichtlich, dass es zwischen den USA und China wegen des Washington-Besuchs des Dalai Lamas keinen richtigen Bruch geben würde. Obwohl sehr viele Menschen, vor allem in den USA, die Situation sehr aufmerksam verfolgten: Würde der US-Flugzeugträger Nimitz den Duftenden Hafen, also Hongkong ansteuern dürfen? Die Ankunft des US-Schiffes sollte just am Tag des Treffens Obamas mit dem Dalai Lama stattfinden. Zuvor hatten die chinesischen Behörden in solchen Fällen den US-Schiffen die Einfahrt in ihre Häfen verweigert.
Dieses Mal handelte es sich sogar um einen Flugzeugträger - das Symbol der Stärke Amerikas! Würde er tatsächlich draußen in der See bleiben müssen? Nein, das Schiff fuhr Meile für Meile in Richtung Hafen. Kurzum: Die Nimitz durfte anlegen. Die Beziehungen zwischen Washington und Peking werden sich weiter entwickeln, die zwar kompliziert, aber wichtig bleiben.
Doch die Tibet-Frage steht nach wie vor auf der Tagesordnung, auch wenn nicht so, wie sich das Uneingeweihte vorstellen. Im Januar hatten die chinesischen Behörden eine neue Beratungsrunde mit tibetischen Emigranten organisiert - allerdings ohne großen Erfolg. Die Ergebnisse dieser Beratung lassen sich aber unterschiedlich bewerten: Für die Exil-Tibeter war es wenigstens interessant, zu erfahren, dass im autonomen Gebiet, dem es ohnehin schon viel besser als vor zehn Jahren geht, eine neue Entwicklungsphase beginnt.
Der finanzielle Aufwand für diese Entwicklung wird bei schätzungsweise 60 Milliarden Dollar liegen (viele US-Bundesstaaten würden wohl eine solche Summe, die Peking Tibet spendet, gerne nehmen). Peking ist nicht stur gegen die Teilnahme der Diaspora an dieser Arbeit. Es geht vielmehr um die Bedingungen dieser Beteiligung.
Wenn die USA die tibetischen Emigranten auf eine antichinesische Politik einstimmen, dann ist das natürlich keine Lappalie. Deshalb reagiert Peking auf die Besuche Dalai Lamas im Weißen Haus so nervös. Deshalb verfolgt es so aufmerksam die entsprechenden Ereignisse im US-Außenamt und rätselt, auf welchen Kurs die Tibeter getrimmt werden.
Letztendlich sind die Ansichten des Dalai Lamas zu der Verbundenheit der Schicksale Tibets und Chinas allgemein bekannt. Wie geht es aber weiter (der Dalai Lama ist immerhin 75 Jahre alt)? Des Weiteren können sich die tibetischen Emigranten in vernünftige und extremistische Gruppierungen spalten. De facto haben sie sich schon gespalten, wollen das aber noch nicht offen zeigen.
Ist vielleicht Pekings Reaktion auf die Versuche der US-Behörden zur Teilnahme an diesem Prozess überflüssig? Wie man's nimmt. Der Kontext kann umfassend und ganz umfassend sein: Jeder im US-Außenamt, der die Diplomatensprache kennt, muss diese Worte richtig einschätzen können. Der Kontext ist ganz umfassend, wenn die Situation der letzten 50 Jahre bewertet wird.
China und Tibet hatten sich zu den Zeiten der mongolischen Yuan-Dynastie vereinigt und existieren schon seit über 700 Jahren als einheitlicher Staat - also mehr als dreimal so lange wie es die USA gibt.
Eine andere Frage ist allerdings, dass Tibet wegen seiner geografischen Abgelegenheit schon immer richtig autonom und eigenartig war. Aber ausgerechnet aus diesem Grund bezweifelt niemand im Weißen Haus den Fakt, dass China nationale Grenzen hat - das wäre allerdings auch unmöglich, wenn ein Staat das Völkerrecht, die UN-Charta usw. anerkennt. Doch vor 50 Jahren sah die Situation anders aus.
Die Rolle der CIA bei den Ereignissen im Jahr 1959, als der Dalai Lama und (etwas später) Zehntausende seiner Landsleute Tibet verließen, ist nicht jedem bekannt. Die chinesischen Behörden dachten 1959 (die Zeit des Großen Sprungs nach vorn", des ersten ruinierenden Experiments von Mao Zedong) wohl, der Aufstand in Tibet wäre nur ein inneres Produkt. Sie hatten Angst vor der Rückkehr der Tibeter, die zum ersten Mal in der Geschichte des Gebietes eine moderne Ausbildung bekamen und die Situation zur Revolte trieben. Damals mussten chinesische Truppen in Tibet einmarschieren.
Peking machte gelegentlich auch Fehler. Es gibt ein Buch, das 2002 in den USA erschien und The CIA's Secret War in Tibet" heißt (ich habe davon aus dem Magazin Expert" erfahren). Ein durchaus solides illustriertes Buch, das unter anderem von den unmittelbaren Teilnehmern der Ereignisse geschrieben wurde. Ihnen zufolge hat es im US-Bundesstaat Colorado Trainingslager für tibetische Partisanen gegeben. Außerdem hat die CIA in Tibet verdeckte Operationen durchgeführt, an denen sich sogar die Luftwaffe beteiligte. Später wurde die Flucht des Dalai Lamas ins Ausland dank den Amerikanern ermöglicht. Das Fazit: Die CIA hat den Aufstand in Tibet vorbereitet und die Widerstandsbewegung" kontrolliert.
Später kooperierte die CIA mit den Emigranten. Vor kurzem wurde das Bekenntnis der Verwaltung von Dalai Lama veröffentlicht, sie hätte in den 1960er Jahren von der CIA jedes Jahr Hilfsgelder in Höhe von 1,7 Millionen Dollar erhalten, die unter anderem für die Finanzierung von Partisanenoperationen" gegen die chinesischen Behörden ausgegeben wurden. Es bestehen keine Zweifel, dass noch jede Menge solcher Informationen veröffentlicht werden könnte.
Der umfassende Kontext" der Situation besteht darin, dass die USA Ende der 50er und Anfang der 60er Jahre China nicht anerkannten, keine offiziellen Beziehungen mit Peking pflegten und - man kann das auch so formulieren - die anti-chinesischen Subversionen führten. In diesem Zusammenhang lassen sich auch das Vorgehen gegen Kuba und der Krieg in Vietnam erwähnen. Erst im Jahr 1974, nach dem historischen Peking-Besuch von US-Präsident Richard Nixon, begann eine ganz andere Etappe der Weltgeschichte.
Es ist gar kein Wunder, dass Peking diese Vergangenheit nicht vergisst. Wichtig ist aber, dass diese Vergangenheit nicht mehr zurückkommt.
Die Meinung des Verfassers muss nicht mit der von RIA Novosti übereinstimmen.
https://de.rian.ru/analysis/20100224/125229852.html