Dilla´s & Eva´s grenzwissenschaftl. & polit. Forum - Na 2003 bis 2008

Das Phänomen Bruno alias JJ1

Re: Das Phänomen Bruno alias JJ1

Hallo @ll,

beim Stöbern im Internet fand ich nicht nur einen Artikel darüber, dass in Nauders/ Südtirol ein "neuer" Bär unterwegs ist, sondern auch Ausführliches über den österreichischen Bären-Managementplan. Selbst nach diesem Plan, der recht streng ist, hätte Bruno nicht abgeschossen werden dürfen.

Über Bruno konnte man zuletzt lesen, dass er angeblich Wanderer bedroht hätte, indem er sich aufrichtete. Dieses Aufrichten ist jedoch keine Geste der Bedrohung, sondern der Bär richtet sich auf, weil er die Situation besser in Augenschein nehmen möchte.

Interessant in diesem Artikel ist auch, wie häufig es in Europa zwischen 1900 und 2000 zu tödlichen Bärenangriffen kam - gerade einmal 36 Mal. Davon 24 Angriffe in Rumänien während der Ceaucescu-Diktatur. Zu den zweifelhaften Hobbies des Diktators gehörte u. a. die Bärenjagd. Dementsprechend wurden Bären gefüttert, also praktisch gezüchtet. Es sollen sogar Zootiere ausgesetzt worden sein. Damit wurden gefährliche Begegnungen zwischen Mensch und Tier geradezu provoziert.

Hier der vollständige Artikel

So gesehen ist es um einiges gefährlicher Auto zu fahren und dabei einen tödlichen Unfall zu haben, als von einem Braunbären getötet zu werden. Nimmt man die "Ceaucescu-Bären" aus der Statistik, hätte es innerhalb 100 Jahren gerade einmal 12 tödliche Angriffe von Bären gegeben. Sind zwar immer noch 12 Angriffe zu viel, aber dies zeigt deutlich, dass die ganze Hysterie um die Gefährlichkeit Brunos im Grunde jeder Grundlage entbehrt. Auch der österreichische Bären-Managementplan bestätigt dies meiner Ansicht nach.

Warum wurde also dann der Abschuss von Bruno angeordnet?

Liebe Grüße,
Eva

Alle sagten "das geht nicht", dann kam einer, der wusste das nicht und machte es.

Re: Das Phänomen Bruno alias JJ1

Hallo @ll,

was mich sehr freut, dass Die Grünen am Wendelstein ein ironisches Protestschild - "Bekanntmachung für Bären" - aufgestellt haben, gegen das auch der Umweltminister nichts machen kann, weil es unterhalb des Wendelstein-Restaurants auf dem Privatgrund eines Bauern steht. So bleibt Bruno hoffentlich im Gedächtnis, damit man sich auch noch bei der Landtagswahl 2008 an ihn erinnert.

Die "Bekanntmachung" lautet (Zitat):

Bekanntmachung für Bären
im Freistaat Bayern


Der Bär hat den Menschen stets mit Respekt und Wohlwollen zu begegnen.

Der Bär hat sich von Einheimischen und Touristen fernzuhalten.

Der Verzehr von gestohlener Nahrung ist untersagt, Schafe und Honig sind bei örtlichen Händlern zu erwerben.

Die Vorfahrt von Mountainbikes und Geländewagen ist zu beachten.

Das Irreführen von Jägern, Polizisten und Umweltministern ist untersagt.

Die Grenzen von Schutzgebieten sind einzuhalten.

Bären sind in Bayern seit 1835 ausgestorben und haben sich dementsprechend zu verhalten.

Bei Nichtbeachtung wird scharf geschossen!


Ich finde dieses Schild wirklich eine hervorragende Idee. Außerdem fordern Die Grünen ein Wildtiermanagement. Das halte auch ich für unbedingt notwendig.

Allerdings befürchte ich, dass man weitere Bären einfach still und heimlich abschießen könnte.

So soll wieder ein Bär in Nauders/ Tirol unterwegs sein. Ein betroffener Bürgermeister hat den Bären wie Schnappauf willkommen geheißen und jetzt will er laut Focus-Online nichts mehr von einem Bären wissen. Es gab Gerüchte, es könnte sich um JJ2 handeln, der aber anderen Meldungen zufolge schon vor einiger Zeit im Vinschgau gewildert worden sein soll.

Über diesen "neuen" Bären wird sich nicht nur in den Print-Medien sondern auch, zumindest meinen Recherchen zufolge, ziemlich im Internet ausgeschwiegen.

Die Frage, die sich mir stellt - was ist besser für den Bären? Schweigen, wenn man ihn sieht, damit er überleben kann oder eine evtl. Sichtung öffentlich machen, damit er nicht heimlich abgeschossen werden kann? Für beides gibt es meiner Ansicht nach ein die Waage haltendes Pro und Contra. Was haltet ihr für besser?

Liebe Grüße,
Eva

Alle sagten "das geht nicht", dann kam einer, der wusste das nicht und machte es.

Re: Das Phänomen Bruno alias JJ1

Hallo @ll,

der Deutsche Tierschutzbund hat Bruno-Briefmarken und Bruno-Postkarten drucken lassen. Das finde ich eine sehr gute Idee, um Bruno in Erinnerung zu behalten. Bestellt werden können Briefmarke und Postkarte unter:

https://www.tierschutz-bayern.de

Liebe Grüße,
Eva

Alle sagten "das geht nicht", dann kam einer, der wusste das nicht und machte es.

Re: Das Phänomen Bruno alias JJ1

Gibt es eine Nachrichtensperre bezüglich Bruno bzw. Braunbären?

Hallo @ll,

ich erwähnte schon einmal eine neue Bärensichtung in Nauders und dass man plötzlich von diesem Bären nichts mehr wissen und nicht mehr darüber reden will.

Im Internet ist seit über 14 Tagen nichts mehr über diesen Bären zu lesen. Überhaupt scheint es keine neuen Bäreninfos zu geben. So mancher Bärenfreund berichtet, dass auch keine Antworten seitens entsprechender Tierschutzorganisationen kommen.

Zum Beispiel wollen einige Tierschützer durch eine neue Klage dafür sorgen, dass die "Akte Bruno" wieder geöffnet wird. Die Infos über diese Klage sind inzwischen fast schon drei Wochen alt.

Es gab auch verschiedene Petitionen, von denen ich einige mitunterzeichnet habe - auch hierüber keinerlei neue Infos.

Ich finde das schon sehr bedenklich, dabei wäre es für den Artenschutz und vor allem für evtl. zukünftige einwandernde Bären immens wichtig, dass die Verantwortlichen für den Bruno-Abschuss zur Rechenschaft gezogen werden. Versickert der "Fall Bruno" wieder im Sand, wird meiner Ansicht nach ein gefährlicher Präsidenzfall geschaffen, der die Tötung geschützter Arten, wie eben dem Braunbär, quasi legalisiert. So weit darf es auf keinen Fall kommen.

Was nun den Bär in Nauders betrifft - vielleicht handelt es sich wirklich um JJ2 oder aber dieser Bär wurde gewildert und man versucht es zu vertuschen. Ziemlich mysteriös das alles. Meiner Ansicht nach könnte es also durchaus eine Art Nachrichtensperre geben, die auch entsprechende Tierschutzorganisationen zum Schweigen nötigt. Der Gedanke daran erschreckt mich sehr. Hat jemand von euch vielleicht neue Infos über "Bruno & Co."?

Liebe Grüße,
Eva

Alle sagten "das geht nicht", dann kam einer, der wusste das nicht und machte es.

Re: Das Phänomen Bruno alias JJ1

Auch das Onlinemagazin von Spektrum der Wissenschaft - www.wissenschaft-online.de - hat sich mit dem Thema "Wildtierrückkehrer" beschäftigt.

Den meiner Ansicht nach recht interessanten Artikel findet ihr unter:

https://www.wissenschaft-online.de/abo/ticker/847708

Liebe Grüße,
Eva

Alle sagten "das geht nicht", dann kam einer, der wusste das nicht und machte es.

Re: Das Phänomen Bruno alias JJ1

Und noch ein paar Infos...

In Poing bei München war (angeblich) für Bruno ein Freigehege errichtet worden.

Am Wochenende habe ich in der Zeitung gelesen, dass in dieses Gehege jetzt ein Bärenpaar aus Schweden einziehen soll. Dieses Bärenpaar soll dann für Braunbärennachwuchs sorgen, denn es stammt aus Gehegen, die dem schwedischen Bärenzüchterverband gehören, der sich dann auch um die Vermittlung des Nachwuchses kümmern will.

Meiner Ansicht nach bestätigt dies nicht nur, dass nie geplant war, Bruno lebend zu fangen (er hätte allein in diesem Gehege leben sollen), sondern ich frage mich auch, für was man diesen Nachwuchs züchten will. Ich hoffe, dass diese Tiere nicht einfach für die Bärenjagd gezüchtet werden, fürchte jedoch, dass dies eine vergebliche Hoffnung ist.

Liebe Grüße,
Eva

Alle sagten "das geht nicht", dann kam einer, der wusste das nicht und machte es.

Re: Das Phänomen Bruno alias JJ1

Hallo @ll,

gute Nachrichten für die "Bärenfreunde" - der "Fall Bruno" wird jetzt doch noch ein Gericht beschäftigen. Ein Anwalt, der (zufälligerweise?) den Vornamen "Bruno" trägt hat gegen den Freistaat Bayern geklagt, weil dieser den Bruno-Abschuss nicht verhindert hat. Eingereicht wurde die Klage beim Verwaltungsgericht München.

Der Kläger stützt seine Klage u. a. auf die bayerische Verfassung, in der verankert ist, dass "Tiere als Lebewesen und Mitgeschöpfe geachtet und geschützt seien". Dieser Paragraf beinhaltet auch ein "subjektives öffentliches Recht des einzelnen Bürgers, sich gegen gravierende Rechtsverletzungen fundamentaler europarechtlicher Natur- und Tierschutzvorschriften zur Wehr zu setzen, um die Natur in ihrer Ursprünglichkeit als Individuum genießen zu können".

JJ1 selbst nützt die Klage zwar nichts mehr, aber bei Erfolg wären zukünftige Braunbären, die nach Bayern einwandern geschützt und dürften nicht mehr so einfach wie Bruno abgeschossen werden.

Ich für meinen Teil wünsche dem Anwalt sehr viel Erfolg bei seiner Klage. So etwas wie bei Bär Bruno darf sich einfach nicht mehr wiederholen.

Liebe Grüße,
Eva

Alle sagten "das geht nicht", dann kam einer, der wusste das nicht und machte es.

Re: Das Phänomen Bruno alias JJ1

Hallo @ll,

leider hat der Anwalt die Klage verloren. Ein Kommentar dazu hat mich besonders geärgert: "Man könne ja auch nicht jede Mohnblume schützen".

Nichts gegen Mohnblumen, aber was ist das für ein Vergleich - Mohnblumen gibt es inzwischen glücklicherweise wieder recht viele, aber ein Braunbär, der nach über 100 Jahren der erste ist, der wieder nach Bayern kommt und außerdem unter Artenschutz steht kann damit nun wirklich nicht verglichen werden.

Inzwischen sind wieder zwei Braunbären in Südtirol unterwegs. Ich hoffe, die beiden machen um Bayern einen großen Bogen, denn bei uns darf ja anscheinend kein einziges zurückgekehrtes Wildtier in Freiheit leben - leider.

Liebe Grüße,
Eva

Wenn der Mensch nicht über das nachdenkt, was in ferner Zukunft liegt, wird er das schon in naher Zukunft bereuen (Konfuzius)

Re: Das Phänomen Bruno alias JJ1

Hallo @ll,

inzwischen ist Brunos Bruder, JJ3, in der Schweiz auf Wanderschaft und wird natürlich sofort, wie sein Bruder Bruno, als "Problembär" abgestempelt, weil er einige Schafe gerissen hat. Nun wird überlegt, ob man ihn nicht abschießen soll.

Soviel zum schweizerischen Bärenmanagement. Ich frage mich wirklich, für was man teuere Wiederansiedlungs- und Auswilderungsprogramme macht, wenn man doch nicht in der Lage ist, mit diesen Tieren zu leben.

Inzwischen sollte man doch soviel dazu gelernt haben, dass man zumindest in der Schweiz weiß, wie man Schafe etc. vor einem Braunbären schützen kann, aber das kostet ja Geld und so wird man wohl wieder erneut ein unschuldiges Tier lieber abknallen anstatt endlich zu lernen, mit diesen Tieren zu leben.

Liebe und traurige Grüße,
Eva

PS: Heute vor einem Jahr wurde Bruno erschossen und ist nun leider doch weitgehend in Vergessenheit geraten. Etwas aussitzen scheint ja immer noch leider sehr gut zu funktionieren, ebenso die Stimmungsmache gegen zurückkehrende Wildtiere, wirklich sehr traurig...


Verantwortlich ist man nicht nur für das, was man tut, sondern auch für das, was man nicht tut (Laotse)
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Apathie ist die größte Gefahr für unsere Zukunft (Jane Goodall)

Re: Das Phänomen Bruno alias JJ1

Hallo @ll,

Brunos Mutter Jurka wurde jetzt in ein Freigehege verbannt, weil sie angeblich allgemein gefährlich ist.

Für mich grenzt das schon an Tierquälerei, wenn es auch noch immer besser ist, als sie abzuknallen wie ihren Sohn Bruno. Allerdings ist Jurka eine Bärin, die es gewohnt war, weiter umher zu wandern und jetzt wird sie auf 1500 qkm eingeschränkt.

Es ist wirklich schlimm, dass man erst ein Wiederansiedlungsprojekt startet, was ich für sehr gut halte und dann doch nicht mit freien Braunbären leben kann. Warum muss der Mensch ständig alles zerstören?

Liebe Grüße,
Eva

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