A l'ombre de moi-même
Ich hab gerade im Internet einen Artikel mit Auszügen aus "A l'ombre de moi-même" gefunden.. Ich glaube, dem Buch wird jetzt auch endlich in Deutschland mehr Aufmerksamkeit gewidmet.. Veilleicht kommt sie ja auch mal vorbei und macht n bisschen Promo?? *hoff*
Also, hier der Artikel:
Einsamkeit einer Filmdiva
Bei Dreharbeiten im Ausland führte die Schauspielerin Catherine Deneuve seit den 60er Jahren Tagebuch. Die WELT veröffentlicht Auszüge
Stille Mitwisser meiner Zweifel" nennt Catherine Deneuve ihre Tagebücher, in denen sie bei den Dreharbeiten im Ausland über Einsamkeit, Selbstzweifel und den Druck bei der Arbeit schrieb. Die Notizen zeigen die große Schauspielerin von ihrer privatesten Seite - und sind zugleich ein spannendes Reisetagebuch, das nun als Buch erscheint. Wir dokumentieren Auszüge aus ihren Aufzeichungen und aus einem Interview, das die Schauspielerin mit Pascal Bonitzer führte. Er lehrt als Professor der Filmhochschule Femis in Paris (siehe nebenstehenden Artikel).
Dancer in the Dark - Lars von Trier, 1999 (Drehort: Kopenhagen) Donnerstag, 24. Juni (...) Ich sehe ihn (Lars von Trier, Anm. d. Red.) manchmal morgens bei den Kameraproben sein T-Shirt hochziehen, um das Kameragestell fester zu schnallen. Er hat einen schmalen und weißhäutigen Oberkörper, wie die Badepuppe meiner Kindertage. Seine Kraft nimmt er woanders her, aber was für eine Zähigkeit! Immer ist er zu irgendeinem Scherz aufgelegt.
Est-ouest - eine Liebe in Rußland - Régis Wargnier, 1998 (Drehort: Sofia) An einem Donnerstag. Die Figur, die ich spiele, ist eine Art Erweiterung der Marion in "Die letzte Metro", allerdings ohne die Liebesverwicklungen. Meine Geschichte wird im Film jedenfalls nicht erzählt. Anfang und Ende des Films: Gabrielle lebt, sie existiert, nutzt ihre Größe, ihren Einfluß. Sie ist auf jeden Fall reifer als ich. Ich habe immer Schwierigkeiten, meine Dialoge perfekt auswendig zu lernen. Nicht aus Arbeitsverweigerung, eher aus dem Bedürfnis heraus, eine Szene beim Dreh lebendig zu halten. Vielleicht liege ich falsch damit. Sich Textprobleme vom Hals zu schaffen, ist sicher von Vorteil, aber ich fürchte, ins mechanische Hersagen zu verfallen, ich fürchte diese Geschwindigkeit, von besonders langen Dialogen einmal abgesehen. Ich brauche einfach eine gewisse Unsicherheit. Aber manchmal tappe ich wirklich in die Falle: Die Unsicherheit im Text nimmt mir die Freiheit, etwas anderes zu spielen als den Text.
Filmfestival in Cannes, 1994 Ein Samstag. Heute bin ich fix und fertig. Antibiotika und Schlafmangel. Der indische Film von Karun N. Shaji dauert zweieinhalb Stunden! Mehr als die Hälfte schwarz-weiß. Ich habe mich mehrfach dabei ertappt, einzunicken. Das ist Beweis genug. (...) Ich kann mich kaum noch auf den Beinen halten. Endlich ein freies Wochenende. Es ist schön draußen. Ich bin zwar völlig erschöpft, aber ich habe Lust auszugehen. Isabelle, Jean-Yves und ich gehen zu Häagen Dazs, sei's drum (...) Heute geht wirklich nichts mehr.
Indochine - Régis Wargnier, 1991 (Drehort: Vietnam) Samstag, 20. April. Ankunft nach 20 Stunden Flug. (...) Die Zollformalitäten wollen kein Ende nehmen. Ich schlafe zusammengekauert auf einer recht harten Sitzbank ein. (...) Frauen und Kinder prägen das Straßenbild. Auffällig sind die Straßenarbeiterinnen. Alle tragen diese großem Hüte und Schleier gegen den Staub. Man kann die Frauen nur an ihren Gesten und dem grazieleren Auftreten von Männern unterscheiden.
Freitag , 28 Juni. Ich werde viel zu früh von meiner Tochter Chiara geweckt, die in Tränen aufgelöst aus Rom anruft, wegen Marcellos Operation. Sie befürchtet, er könnte nicht mehr aus der Narkose aufwachen. Ich beruhige sie, oder glaube es zumindest. Die belastenden Dinge lassen mich nicht wieder einschlafen. Es ist halb acht, um so besser. Banale Dinge tun, ruhig bleiben, zum ersten Mal seit meinem Abflug aus Frankreich lassen mich meine Nerven im Stich. Mein Leben in Paris bricht unerwartet heftig über mich herein. Vielleicht habe ich zu viel vergessen, bin dem entflohen. Ich bin noch nicht bereit.
Tristana - Luis Buñuel, 1969 (Drehort: Toledo) Dienstag, 21. Dezember. Letzte Einstellung im Zimmer. Ich träume von Don Lopes Kopf als Glockenklöppel und wache auf. Und wieder einmal drehen wir die Szene um. Meine letzte Einstellung am Flügel: Ich sitze auf meinem Bein. Mein Knie markiert den Beinstumpf. Sie lassen mich mit diesem letzten Bild ganz schön lange hängen. Wie ein Huhn auf der Stange hocke ich zwanzig Zentimeter über dem Boden, vor mir die Kamera, und das komplette Team glotzt mir, so kommt's mir vor, unter den Rock.
Der Frosch in Manhattan - Stuart Rosenberg, 1968 (New York) Freitag, 13. Juli. Betrunkene Amerikaner pöbeln herum. Ihre Anzüglichkeiten sind sehr verletzend. Sie haben nicht gemerkt, daß ich sie hinter dem Vorhang sehr gut hören kann. Vor dem Abendessen trinke ich einen Wodka, bin beschwipst, gehe erst spät ins Bett.
Sonntag, 22. Es ist schwer, mit Freunden zusammenzuleben, während man arbeitet. Ich bin ziemlich ungeduldig, aber die Dreharbeiten langweilen mich zu Tode. Zum Glück ist jetzt Edina da, die bei mir übernachtet, weil sie auch Angst hat. Mich stört das überhaupt nicht. Wir essen gemeinsam im T-Shirt vor dem Fernseher. Wir sind heute erst spät zu Hause gewesen, konnten uns gut entspannen. Wir machen zusammen eine kleine Diät. Stuart wirkt sehr zufrieden, ich bin es nicht. Seine suggestive Kameraführung geht mir furchtbar auf die Nerven und ebenso die Szene. Es wird höchste Zeit, daß der Film endlich abgedreht ist.
Donnerstag, 24. Ich fühle mich irgendwie leer, mein Mut und meine Konzentration sind mir völlig abhanden gekommen. Ich habe dieses Tagebuch teilweise aus der Erinnerung geschrieben. Von den Dingen, die mich am meisten berührt haben, sind nicht alle erwähnt. Ich habe es nicht gewagt, alles aufzuschreiben.
Artikel erschienen am Do, 29. Dezember 2005
"On ne voit bien qu'avec le coeur, l'essentiel est invisible pour les yeux."
Antoine de Saint-Exupéry