Grundeinkommens-Kampagne zur Fußball WM Die Menschheit als Team gegen den Hunger
Von Irmtraud Mair, 6.6.2006
Irmtraud Mair stammt aus Südtirol und lebt heute in Dortmund. Durch eigene biographische Erlebnisse in der Kindheit geprägt, will sie bis zur nächsten WM in Südafrika eine Kampagne gegen den Welthunger auf die Beine bringen. Hier erzählt sie über Ihre Initiative.
Während der Weltjugendtage im vergangenen Jahr wurde ich gebeten, für die Fußballer Sebastian Kehl und Acki Schmidt sowie für den WM-Koordinator für Dortmund, Gerd Kolbe, zu dolmetschen. Das Treffen mit einer Gruppe von jungen Sarden, die in Dortmund bei Gastfamilien untergebracht waren, fand nach einem Sonntagsgottesdienst in der Dortmunder Dreifaltigkeitskirche statt. Dieser geschichtlich bedeutsame Ort brachte mich auf den verwegenen Gedanken, Gerd Kolbe auf eine Idee anzusprechen: Dortmund zum Ort eines sozialen Impulses zu machen, der einer Weltmeisterschaft angemessen ist: der weltweiten Ausrottung des Hungers: "München wirbt mit Herz, Frankfurt mit Gigantik, Berlin mit Hauptstadtflair - Dortmund soll für vier Wochen das soziale Weltgewissen sein!" Kolbe hörte sich alles an und meinte dann: "Darüber lässt sich reden! Wenden Sie sich wieder an mich, sobald sie mir etwas bringen können, dass in fünfzehn Sekunden im Fernsehen gezeigt werden kann!"
Leider dauerte es buchstäblich neun Monate, bis mein geistiges Kind der Öffentlichkeit vorgeführt werden kann. Ob es auch den Weg in ein WM-Stadion finden wird, hängt davon ab, ob sich Fans finden, die ein Banner mit unserer Website-Adresse auf den Rängen hochhalten. Den viel beschäftigten WM-Koordinator Kolbe lasse ich jetzt lieber in Ruhe.
Die jetzt ins Netz gestellte Website enthält einen Aufruf an die 193 Regierungen der Welt, übersetzt in viele Sprachen: jedem Neugeborenen ab 2010, der Weltmeisterschaft in Südafrika, ein Konto einzurichten, auf das der Staat monatlich ein Grundeinkommen einzahlt. Die Idee: so wie Licht, Luft und Wasser soll auch das vierte Element, die feste Nahrung, und zwar in Höhe von 3000 Kalorien pro Tag pro Person, jedem Menschen zustehen. Die Faulen werden dieses Geld zwar "verschmausen", die Fleißigen nicht, aber auch im Fall des "Verjubelns" werden die regionalen Volkswirtschaften davon profitieren. Dies kann am Beispiel des "Fome Zero-Programms" in Guarigha, Nordost-Brasilien, studiert werden.
Wie ich auf die Idee kam? Das Evangelium vom Hausvater und den Tagelöhnern im Weinberg, die alle den gleichen Lohn erhielten, nachzulesen bei Matthäus 20, brachte mich darauf. Auf dem zurückliegenden Katholikentag sagte Rita Süßmuth, derzeit befänden sich 200 Millionen Menschen weltweit in Migration; 54 Prozent davon seien Frauen und Kinder, unterwegs wegen Dürrekatastrophen, Erd- und Seebeben, Bürgerkrieg und Krieg. So eine Frau war auch meine Mutter, Tagelöhnerin und später Landarbeiterin. Mit mir im Bauch hat sie nach dem Krieg die Armutsgrenze überschritten, die damals mitten durch Europa ging. Erst die Kriegswitwenrente für sich und ihre drei Kinder hat ihrem Leben eine Form von Selbstbestimmung gebracht.
Heute wird auch die Wirtschaft immer mehr zum Krieg aller gegen alle. Meine Utopie, die Rente ab dem ersten Atemzug, hat sich in den vergangenen fünf Jahren immer mehr konkretisiert. Fußball-Millionäre sind eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, solange es auf dieser Welt Kinder gibt, die hungern. Also gehen wir es an! Schauen Sie rein und machen Sie mit:
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Re: Initiative WM 2006-2010: Alle Kinder werden satt
An meine Regierung
Verabschieden Sie in unserem Land ein Gesetz, durch welches jedem Neugeborenen ein Konto eingerichtet wird.
Die öffentliche Hand soll darauf monatlich das nötige Geld einzahlen, um die Ernährung des neuen Erdenbürgers auf Lebzeiten sicherzustellen.
Bis das Kind volljährig ist, soll nur die Mutter oder ihre Stellvertretung Zugang zu diesem Konto haben.
Alle Kinder werden satt!
Dieses geringe, aber bedingungslose Bürgergeld darf nicht an Einkommen, Rasse oder Religion gebunden sein.
193 Staaten hat die Welt. Nur wenigen müsste international geholfen werden, um dies bezahlen zu können.
Die Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland ist der Anlass, diese Forderung jetzt zu stellen, Dortmund ist der Ort des Beginns der Kampagne.
Wie das Fußballtor vier Seiten hat, braucht jedes Menschenkind vier Elemente zum Leben: Licht, Luft und Wasser bekommen wir geschenkt.
Das vierte Element, die Nahrung, soll auch jedem Neuankömmling dieser Erde kostenlos zur Verfügung stehen.
Es ist unser Goal, bis zur Weltmeisterschaft 2010 den Hunger dieser Welt zu besiegen!
Re: Initiative WM 2006-2010: Alle Kinder werden satt
Hallo Allerseits!!!
Ich sehe es schon kommen, dass ich des Platzes verwiesen werde... Mäkel ich doch gerade in den letzten Beiträgen ganz schön herum. Sorry! Jedoch bin ich der Auffassung, dass es zwar der Harmonie förderlich ist, gemeinsame Nenner zu finden und zu unterstreichen - nicht jedoch der Suche nach einer möglichst optimalen Lösung. Da ist dann doch öfter der Diskurs gefragt, sobald man gemeinsame Nenner bzw. einen ersten Konsens gefunden hat, um seine Gedanken weiter zu entwickeln. Denn über die gemeinsam gefundene Lösung oder zumindest deren Vermutung lässt sich doch viel vortrefflicher feiern!!!
Also als erstes der Konsens: Kinder oder auch Erwachsene, die dauerhaft mit Hunger leben, sind eine Schande für jede wohlhabende Zivilisation, die sich nicht aufrichtig um Abhilfe bemüht. Ansätze, hier Abhilfe zu schaffen, sind immer gut.
Der Feind des Guten ist das Bessere: Manche sagen zwar, dass es in gewissen Situationen besser ist, Hilfsmaßnahmen zu bündeln anstatt zu splitten und in viele Organisationen und Projekte zu unterteilen... Hierüber möchte ich im Augenblick nicht weiter nachdenken. Jedoch frage ich mich schon, ob es nötig ist, dass eine engagierte Frau wie Irmtraud Mair unbedingt eine weitere Speerspitze im Kampf gegen Hunger begründen muss, wenn sie ihre Idee - und mehr ist es ja letztlich nicht - genauso gut in einer schon etablierten, anerkannten, auf ihre Absichten spezialisierten Institution einbringen würde. Dies erforderte eine gründliche Suche, würde aber viele andere Schritte unnötig machen. (Ich denke an die Erbringung des Nachweises von Seriösität, das Erreichen eines gewissen Bekanntheitsgrad oder einer erforderlichen Summe Geldes, sowie die Verknüpfung von Kanälen der Medien, anerkannten Denkern, Politikern etc.)
Vielleicht fand sich keine geeignete Institution oder sie empfand keine für geeignet. Nun, dann sollte sie sich meiner Auffassung nach einer Sache bewusst sein: Im Wettstreit mit anderen Hilfsorganisationen um die Unterstützung der Menschen gelten ähnliche Regeln wie im Wettstreit - oder sollte man doch ehrlicherweise wieder sagen: Konkurrenzkampf? - der Unternehmen in der Wirtschaft. Ohne eine ganze Reihe von Seilschaften bedarf es ungeheuer viel Energie und Ausdauer, um so ein Pojekt auf die Beine zu stellen. In vier Jahren...mehr als eine Utopie. Oder irre ich mich, wenn ich glaube, dass es nicht die richtigen Leute anspricht, wenn man einerseits - was völlig legitim ist - ein Großereignis wie zwei Fußball-Weltmeisterschaften als Bühne nutzt, andererseits aber im gleichen Atemzug, zwar im Sinne richtig, aber mit negativem Beigeschmack, "Fußball-Millionäre" als eine "himmelschreiende Ungerechtigkeit" bezeichnet, "solange es auf der Welt Kinder gibt, die hungern."? Und wenn man sich gleichzeitig wünscht, dass "sich Fans finden, die ein Banner mit unserer Website-Adresse auf den Rängen hochhalten"? - Da sind Missverständnisse vorprogrammiert! Außerdem ignoriert sie die Wertevorstellung derer, um deren Hilfe sie bittet: Im Leben Wohlstand und Luxus für sich und die Seinen zu erreichen - manche sollen es ja auch auf ehrliche Weise versuchen und es auch geschafft haben. Diese fühlen sich vor den Kopf gestoßen, wenn man es ihnen schon fast als Frevel ankreidet. Auch hier entsteht also ein völlig unnötiges Missverständnis. Natürlich kann man sich noch fragen, ob man im Rahmen der erwähnten Konkurrenz bei einem solchen Vorhaben vielleicht doch auf Berater etwa in Sachen PR zurückgreifen sollte, die z.B. die Klippen der vielfältigen Missverständnisse im Vorfeld umschiffen - ihre Vorgehensweise in dieser Angelegenheit lässt etwas Anderes vermuten. Schade um ihre Bemühungen.
Eine gänzlich andere Frage ist, ob durch die massive Unterstützung der Kinder nicht neue Probleme aufträten: Wir dürfen beim besten Willen um das Wohl dieser Menschen nicht vergessen, dass sie andere Werte haben, sprich, den Wunsch nach einer möglichst hohen Anzahl an Kindern. Es bedarf keiner großen Fantasie, um zu erahnen, was der Folgeschritt in Bezug auf das Verhalten der Familien wäre, wenn um das Wohl der Kinder gesorgt wäre. Andererseits: Darf man die jetzt Lebenden sterben lassen? Natürlich nicht! Die Konsequenz: Die Hilfe MUSS meines Erachtens anders aussehen. - Tief beeindruckt bin ich von den Organsationen "Menschen für Menschen" oder "Ärzte ohne Grenzen". Ich kann nicht ausschließen, dass auch hier Gelder in falsche Hände geraten oder unnütz verpulvert werden - Anzeichen hierfür habe ICH jedoch noch nicht wahrgenommen. (Was immr das heißen mag...) Außerdem: Schlanke Verwaltungsapparate, flache Hierarchien und nachweislich effiziente Hilfmaßnahmen lassen sich in beiden Organisationen finden.
Wenn Frau Mair bei ihrem Vorhaben bleiben will, mit diesem Konzept die Hungersnot zu beenden: Ein Gedanke, den ich seit Jahren sehr reizvoll fände, ist die Zuhilfe-nahme einer Kombination aus latentem, nationalen Stolz der Einen auf die Epoche der Kolonialzeit und der (freien oder freiwilligen, weil juristisch international nach Völkerrecht nicht einklagbaren und daher leichter zu tragenden) Verantwortung der Anderen für eben diese ehemaligen Kolonialländer. Wenn Deutschland sich beispielsweise Namibia "vornähme", wäre dieses Projekt schneller zu verwirklichen, weil nur eine Regierung daran beteiligt wäre - es gäbe keine politischen und wirtschaftlichen Interessenskonflikte. Überhaupt sind die ehemaligen Kolonien zum großen Teil noch heute dem ehemaligen Kolonialherren entweder wirtschaftlich oder sogar ideel verbunden. Diese Kanäle könnten genutzt werden. Man stelle sich vor: Eine jede europäische Nation im Wohlstand - fast alles ehemalige Kolonialherren! - kümmerte sich um ihre (nun wahrhaftígen) Schützlinge. Ein schöne Vision!
Liebe Forums-Mitglieder! Wieder einmal hat unser Bargusin einen großartigen Beitrag in die Runde geworfen. Gerne möchte ich den aufnehmen und um eine Idee erweitern: Lasst uns eine Meinung finden zur "Kampagne gegen Welthunger" von Irmtraud Mair. Anschließend könnten wir gemeinsam einen Brief aufsetzen und per Mail versenden, in dem wir sie in ihrem Vorhaben entsprechend unserem Konsens vorbelhaltlos bestärken oder ihr im Rahmen unserer Sicht Vorschläge unterbreiten. Ein jeder, der Großes bewegen will, braucht auch moralische Unterstützung. Vielleicht habt Ihr ja die Lust und Zeit, Euch Gedanken hierzu zu machen und zu äußern.
P.S.: Ein weiteres wichtiges Thema in diesem Forum - aber es ist verdammt spät geworden.
____________________ Viele Leute glauben, daß sie denken, wenn sie lediglich ihre Vorurteile neu ordnen. (William James, amerik. Philosoph, 1842-1910)