...Ich staunte im übrigen nicht schlecht darüber, wie viele Vereine, Verbände und Privatpersonen von nun an ihr Interesse bekundeten. Wie ich nach und nach erfuhr, müssen wohl bundesweit die meisten Tageszeitungen, unter anderem die Berliner Morgenpost, die Rostocker Ostseezeitung, Die Welt, die Märkische Oderzeitung und viele andere diesen Beitrag übernommen haben. Sogar die Bild-Zeitung ließ es sich nicht nehmen, in Wort und Bild darüber zu berichten. Dort meinte man allerdings, dass ich auf Betteltour unterwegs sei. Na nd, sagte ich mir darauf, wenn es denn was bringt. Ein ganz klein wenig hatten sie ja auch Recht.
Zu dieser Zeit war ich jedenfalls mit jubelndem Herzen für die Realisierung meiner Idee unterwegs. Ich erinnere mich daran, wie ich einmal an der sturmgepeitschten Ostseeküste stand und empfand, dass meine Gedanken, völlig frei und losgelöst, das Meer bis in die Unendlichkeit hinein überflogen.
Am 30.03.1995 entschied der Senat über die vorzeitige Sanierung der Passat. An jenem Tag bedankten sich sogar einige Abgeordnete während meiner Anwesenheit auf der Gästetribüne persönlich bei mir. Ich hätte mit der Kampagne den Senat veranlasst, so wurde mir berichtet, sich weit früher als geplant mit der Thematik Rettung dieses wertvollen Wahrzeichens der Hansestadt, zu befassen.
Im Mai kam es in Lübeck mit der Agentur, die die Spotproduktion übernommen hatte, zur Vertragsunterzeichnung. Schon auf dem Weg dorthin gab es ebenfalls einiges an Kuriosem zu verzeichnen. Wieder, wie bereits zu der Zeit, als die ersten Artikel in den Zeitungen veröffentlicht wurden, glühten bei mir im wahrsten Sinne des Wortes sowohl die Ohren wie auch das Telefon. Gleich dutzendfach stellten sich mir Agenturen vor, die die Spotproduktion unbedingt übernehmen wollten. Nur jedes Mal, wenn ich die Frage stellte, wie sie mich in das Projekt involvieren wollten, war erst einmal Sendepause. Kurz darauf wurde mir generell der Tatsachenbestand übermittelt: Das geht nicht. oder die Frage gestellt: Wie soll das denn gehen?. Mein Resümee: ich wäre de facto außen vor gewesen. Da ich in dieser delikaten Angelegenheit sowieso schon mit einer Agentur aus der Nähe von Heilbronn kontaktiert hatte, waren diese Anrufe für mich allerdings von vornherein ohne nennenswerten Stellenwert. Es sei denn, eine Agentur hätte mir bei dieser Gelegenheit eine echte Chance geboten. Dass ich mit meiner Entscheidung richtig lag, sollte sich alsbald bestätigen....
Ideale sind wie Sterne, Man kann sie nicht erreichen, Aber man kann sich an ihnen orientieren.
(Carl Schulz)
Re: Die "Passat" - Eine ungewöhnliche Begegnung
...Meine Abreise zur Spotproduktion ins Ländle wurde von den LN sogar ganzseitig angekündigt. Schon einen Tag danach bekam ich dankenswerterweise den PKW von meiner Freundin, meinen Trabbi hatte man mir erst kurz vorher geklaut und ab gings in jenen kleinen, unbekannten Ort im Schwabenländle.
Die Agentur dort hatte sich inzwischen hervorragend vorbereitet und sich sogar aus England historisches Filmmaterial zuschicken lassen. Dazu bekamen wir es vom NDR schriftlich, dass uns freundlicherweise Filmausschnitte aus dem im Schleswig-Holstein-Magazin gesendeten Beitrag überlassen wurden.
Seit dem Moment meines Eintreffens sollte nun also meine große Stunde beginnen. Das heißt, dass der Spot tatsächlich unter meiner Regie produziert wurde. Das von mir schon zu Hause geschriebene Story Bord wurde dabei detailgetreu berücksichtigt.
Es war für mich schon ein erhebendes Gefühl, einen Spot zu realisieren, obwohl ich kurz zuvor keine Ahnung davon hatte, wie so etwas überhaupt vonstatten ging. Meine Chance bestand aber darin, dass die Produzenten von der Seefahrt und dem maritimen Umfeld überhaupt keine Ahnung hatten. Musste ich ihnen doch den Unterschied von Gischt und Gicht erst in einem maritimgeprägten Kurzlehrgang verständlich machen....
Ideale sind wie Sterne, Man kann sie nicht erreichen, Aber man kann sich an ihnen orientieren.
(Carl Schulz)
Re: Die "Passat" - Eine ungewöhnliche Begegnung
...Wenn ich davon ausgehe, dass ich ein halbes Jahr vorher eine Idee gebar, die inzwischen konkrete Konturen annahm, möchte ich aus Überzeugung behaupten, dass vieles in diesem Leben möglich ist, wenn man es denn will.
Den Spot nahm ich nach einer für mich atemberaubenden Woche gleich mit nach Lübeck. Hier sollte ich allerdings eine böse Überraschung erleben.
Verständlicherweise recht aufgeregt hatte ich mit dem Vorsitzenden einen Termin ausgemacht, bei dem ich ihm das Video vorzuführen beabsichtigte. Es knisterte förmlich vor Spannung in jenem Raum, als das Video endlich eingelegt war und der Chef des Ganzen den Startknopf drückte.
Zum Schluss des halbminütigen Spots wurden, wie abgesprochen, das Spendenkonto und einige Firmenlogos der Sponsoren eingeblendet. Kaum war jedoch der Bildschirm wieder erloschen, erlebte ich ein geheiligtes Donnerwetter, wie ich es in kühnsten Träumen nicht erwartet hatte. Der Grund dafür war, dass die Bank für das Spendenkonto irgendwie falsch angegeben worden war. Ein Zahlendreher hatte sich nämlich bei der Produktion eingeschlichen, der auch mir nicht aufgefallen war. Dumm gelaufen, dachte ich da nur.
Mir blieb nun jedenfalls nichts weiter übrig, als noch einmal, und zwar sehr gerne sogar und diesmal zusammen mit meiner Freundin, ins Ländle zu reisen. Nach drei Tagen waren der Spot, und zusätzlich noch ein PR-Beitrag, in Sack und Pack. Da ansonsten an der Qualität der Spotproduktion nichts auszusetzen war, kehrte anschließend wieder, Ruhe im Schiff ein....
Ideale sind wie Sterne, Man kann sie nicht erreichen, Aber man kann sich an ihnen orientieren.
(Carl Schulz)
Re: Die "Passat" - Eine ungewöhnliche Begegnung
...Nur kurze Zeit später begann sich jedoch schon das nächste Desaster abzuzeichnen. Ich hatte von Anfang an mit Nachdruck dafür plädiert, den Spot bis in die Novembertage hinein auf Eis zu legen, um dann in jener kalten Jahreszeit, in der die Menschen insbesondere für Spenden ein offenes Ohr haben, auf Sendung zu gehen. Solange der Spot nicht produziert worden war, gab es damit auch keine Probleme. Jedes Mal, wenn ich mir, vielleicht von einer bösen Vorahnung getrieben, die Bestätigung dafür einholte, bekam ich sie Zusage, dass man es genauso sehe. Auf einmal, aus heiterem Himmel, erging an mich die Anweisung, dass die Kampagne bis spätestens Ende September abzuschließen sei. Ich fiel zwar aus allen Wolken, aber in dieser Frage waren mir einfach die Hände gebunden. So geschah es, dass die Lübecker Nachrichten schon am 02.07. ankündigten, dass der Spot bei Sat1. gleichen Tags zum ersten Mal auf Sendung gehen werde.
Es ist kein schönes Empfinden, wenn man nach einem halben Jahr Arbeit, von einem Moment auf den anderen, machtlos vor solcher Art Entscheidungen steht. Das dramatische an diesem Jahr war ja, dass wir gerade einen der beiden Jahrhundertsommer erlebten. Da interessierte sich bei Temperaturen von weit über 30 Grad bestimmt niemand für Fernsehprogramme und insbesondere Spendenaufrufe. Nur ich allein gegen den Rest der Welt, der ganz schnell die Millionen auf dem Konto sehen wollte, das konnte nur schief gehen....
Ideale sind wie Sterne, Man kann sie nicht erreichen, Aber man kann sich an ihnen orientieren.
(Carl Schulz)
Re: Die "Passat" - Eine ungewöhnliche Begegnung
...Der Sender NTV, den ich neben Sat1. für gesponserte Sendezeiten gewinnen konnte, ging nun ebenfalls auf Sendung. Dort wurde der Spendenaufruf den ganzen Monat Juli über mehrmals am Tag ausgestrahlt, aber wie gesagt, in der Hitze des Tages wie in der Hitze der Nacht.
Mir tat es richtig weh, wenn ich in den kommenden Wochen und Monaten oftmals angesprochen und gefragt wurde, wann der Spot denn auf Sendung gehe. Jedes Mal, wenn ich verkündete, dass das schon geschehen sei, begegnete mir unverständiges oder gar entsetztes Kopfschütteln.
Ich glaube aber, ich kann noch heute ein wenig stolz darauf sein, dass ich trotz aller Widrigkeiten in jenem halben Jahr bis zur Spotausstrahlung, insgesamt 270.000-- DM im Sponsoring einbringen konnte. Seien es die kostenlosen Sendezeiten, die zumeist attraktiven und wertvollen Preise oder die beträchtlichen Summen, die als Schecks beim Verein eingingen. Ich hatte Wort gehalten. Zudem wurde ich, zumindest in der Anfangszeit, immer wieder darüber unterrichtet, dass dadurch viele weitere Initiativen ausgelöst wurden.
Zum Abschluss bleibt mir noch zu sagen, dass es für mich trotz allem eine tolle Zeit war. Vor allen Dingen auch, weil ich immer wieder wunderbaren Menschen begegnen sollte.
Ideale sind wie Sterne, Man kann sie nicht erreichen, Aber man kann sich an ihnen orientieren.
(Carl Schulz)
Re: Die "Passat" - Eine ungewöhnliche Begegnung
Danke Karona, für diesen guten und direkt spannend geschriebenen Bericht, den ich, obwohl ich ihn kannte, nochmals "verschlang".
Schön, von Deiner mehr als lobenswerten Aktion hier lesen zu dürfen!
Und da möchte ich, wenn ich darf, eines meiner PassatFotos beisteuern ...
Re: Die "Passat" - Eine ungewöhnliche Begegnung
Mönch Karo.
nachdem wir gestern noch von der Passat sprachen, hab ich doch diese Seite in Ebbes erst HEUTE entdeckt.
Natürlich alles gelesen.
Chapeau Madame, chapeau!
Aber jetzt weißt Du doch seit gestern wieder, wo Heidelberg ist gell,
nix Mosel, nix Rhein
am Neckar ..........natürlich.
Re: Die "Passat" - Eine ungewöhnliche Begegnung
Crossi, es gibt halt immer noch positive Erfahrungen, den Chat betreffend. Wo unterhält man sich auch sonst über solche Themen. Nun weiß ich wieder, dass der Neckar an Heidelberg vorbei fließt. Und du weißt nun, weshalb ich Möckmühl ins Spiel brachte, obwohl wir nicht ins Detail gingen. Dort wurde der Spot produziert und ich war dabei. Das war schon eine spannende Geschichte.