St.Angela FAnfiction Forum - St. Angela Fanfictions

The last dance- Love is a battlefield with no winners

Re: Displaced Reality- Love is a battlefield with no winners

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Stur den Blick auf den Boden gerichtet ging Dr. Weiser am nächsten Morgen den Weg vom Parkplatz bis zur Rezeption. Obwohl er ziemlich früh aufgebrochen war, begegneten ihm auf den Gängen einige müde Pfleger und Ärzte der Nachtschicht, die ihn aber zu seiner Erleichterung kaum registrierten, sondern gedankenverloren oder im Eilschritt an ihm vorbeirasten.

An der Rezeption sah er zum ersten Mal auf und blickte in die funkelnden Augen von Schwester Kathrin, die ihn interessiert musterten:

,,Is Ihr Wecker kaputt oder warum sind sie zwei Stunden zu früh? Hat sie Dr. Korin rausgeworfen?“

Den Zynismus und unterschwelligen Hohn in ihrer Hohn in ihrer Stimme überging er- das war nicht, warum er gekommen war. Mit einem leichten Kopfnicken deutete er auf die Zimmertür des Professors. ,,Ist er schon da?“

Lachend schüttelte sein gegenüber den Kopf: ,,Nur, weil Sie es heute Morgen mal eilig haben, bewegt sich die Welt nicht doppelt so schnell. Der hat erst ab acht Uhr Dienst. War gestern mit seiner Flamme doch noch essen…“ , setzte sie viel sagend hinzu und hob eine Augenbraue hoch.

Doch Max war der Klatsch des St. Angelas schon immer egal gewesen und besonders jetzt hätte ebenso gut ein Fahrrad in China umfallen können. Es hätte keine größeren Auswirkungen auf ihn gehabt. Gelassen zog er stattdessen ein Couvert aus der Tasche und händigte es mit einem Schmunzeln Kathrin aus. ,,Wenn er kommt will ich, dass das das Erste ist, was er sieht.“

Mit diesen Worten machte er eine Kehrtwende, vergrub beide Hände wieder in den Taschen seines Mantels und ging genauso gedankenverloren wie vorher ein weiteres Mal bewusst den Gang hinunter, der über 3 Jahre zu seiner „Dienstroute“ gehört hatte, während die Erinnerungen von allen Seiten auf ihn eindrangen. Hier hatte er zum ersten Mal mit Susanne getanzt, sie das erste Mal wirklich berühren dürfen, jeden Tag , 6 Mal die Woche war er eben diesen Weg zur Visite mit ihr gegangen, hatte gescherzt, gelacht...und sich manchmal auch gestritten.

Ein bisschen wehmütig betrat er den Fahrstuhl und lehnte sich, als sich die Türen geschlossen hatten, mit geschlossenen Augen an die Metallwand. Hier hatte er sie zum ersten Mal gesehen, sie für eine Patientin gehalten und gemustert und erst gestern hatte er sie hier zum Abschied das letzte Mal geküsst, bevor er sich auf den Weg zu seinem Treffen mit Götz gemacht hatte.

Eigentlich wollte er sich noch ein letztes Mal umdrehen, war versucht den Kopf noch einmal zu drehen und gen Haupteingang zurück zu sehen, doch im letzter Augenblick erinnerte er sich daran, dass es Unglück brachte an alten Dingen, die man für abgeschlossen erklärt hatte, zu hängen. Nicht vielleicht, weil er abergläubisch war, sondern, weil er wusste, dass jeder Gedanke an das St. Angela, den er aus seinem Gedächtnis verdrängen konnte, ein gewonnener war.

Und so widerstand er der Versuchung, stieg in sein Auto und brauste davon, noch bevor ein Professor Gerlach, eine Frau Dr. Timm oder auch eine Susanne Korin daran dachten sich auf den Weg zur Arbeit zu machen.

***

Mehrere Stunden später, machte sich Susanne Korin nach einer durchwachten Nacht auf den Weg ins St. Angela. Gegen vier Uhr hatte sie es einfach nicht mehr zu Hause ausgehalten- diese Stille, die sie wortlos anzuklagen schien trieb sie schier zum Wahnsinn. So hatte sie letztendlich ihre Sachen gepackt und war ins Nirgendwo gefahren- hatte zahllose Kneipen abgegrast, unzählige Hamburger Diskos durchforstet, hatte den Elbstrand abgesucht und war, nachdem sie auch nicht im Alsterpark fündig geworden war, auf einer Parkbank erschöpft zusammen gesackt.

Den Kopf in die Hände gestützt war sie einfach dagesessen und hatte bis zum frühen Morgengesang der Vögel nachgedacht, das Wollkneul ihrer Gedanken versucht zu einem einzelnen Strang zu entwirren. Doch das Grübeln hatte nichts geholfen- zu einer Lösung gehörten zwei Menschen und als die Kirchturmuhr acht Uhr schlug, beschloss Susanne endlich Richtung Klinik zu fahren- in der Hoffnung, dass sie dort Max antreffen würde, um mit ihm diese Sache aus dem Weg zu räumen.

Es war so viel schief gelaufen zwischen ihnen und irgendwie fühlte sie sich unschuldig schuldig. Auch wenn ihr Martin versucht hatte klar zu machen, dass sie keine Schuld traf, dass das Timing einfach schlecht gewesen war und, dass sie sich nichts zu Schulden hatte kommen lassen. Aber Susanne wusste es besser- es war nicht dieses eine Mal gewesen, das Max unfreiwillig miterlebt hatte, es waren diese vielen kleinen Lügen und dieses entsetzliche Schweigen gewesen, mit dem sich beide seit einigen Wochen begegnet waren.

Der Druck auf ihrer Brust schien sich mit jedem Schritt, den sie dem St. Angela näher kam, zu erhöhen, als legten sich Bleigewichte auf die ohnehin von Selbstvorwürfen zermürbte junge Frau. Nur mit Mühe konnte sie das Zittern ihrer Hände unterdrücken, als sie ihren Wagen abschloss und die Schlüssel gedankenverloren in ihre Tasche gleiten ließ, ehe sie ihren Blick gen Ärztezimmer richtete, als könnte sie ihn durch die vielen Wände, die sie im Augenblick trennten sehen, spüren, seine Gedanken lesen.

Doch ihre zielstrebigen Schritte wurden schon kurz nach der Eingangstür gebremst, als sich ein besorgt dreinblickender Martin vor ihr aufbaute. ,,Du siehst fürchterlich aus…“, stellte er selten uncharmant fest und wollte einen Arm um sie legen, doch sie wich gekonnt aus und fuhr sich einmal kurz durch die zerzausten Haare.

,,Das weiß ich selbst“, bemerkte sie trocken und rieb sich noch einmal die Augen, bevor sie ihn wieder ansah. ,,Is was?“

,,Ich…willst du wirklich in deinem Zustand arb…“

,,Was ich tue und lasse, lass eich mir von niemandem vorschreiben. Wenn du mir was Wichtiges zu sagen hast, dann tu’s, ich bin sowieso schon zu spät!“

,,Das stimmt allerdings, werte Kollegin“, mischte sich eine andere Person in das Gespräch ein, was Susanne mit einem unbeholfenen Lächeln herumfahren ließ, wo der Professor und der Rest des Kollegiums standen.

,,Die Visite haben wir bereits hinter uns und wir würden uns freuen, wenn Sie jetzt vielleicht zu uns stoßen würden, wenn das nicht zu viel verlangt ist…“ , fügte er mit einem abschätzenden Blick auf die vor ihm stehende Frau hinzu, die verlegen ihre zerknitterte Bluse in Ordnung zu bringen versuchte und gerade noch ein „Natürlich, Herr Professor“, herausbrachte, während sie Lauras Blick mied, die sie wie aus einer anderen Welt mit großen Augen ansah.

Ohne die junge Frau mit einer weiteren Belehrung zu versehen- denn so viel hatte Peter Gerlach mit steigendem Alter gelernt: Es brachte nichts ohnehin meistens zuverlässige Menschen wegen ihrer wenigen Fehler zu demütigen- das brachte weder die gewünschte Besserung, noch Respekt- und das war es, was er sich hier im St. Angela seit mehr als 25 Jahren aufgebaut hatte- wandte er sich wieder seinen Kollegen zu und setzte eine noch ernstere Mine als zuvor auf.

,,Ich …muss Ihnen etwas mitteilen“, begann er stockend und zeigte in die Richtung seines Büros, so dass alle Ärzte dieser unausgesprochenen Einladung mehr oder weniger verwundert folgten.

Zuletzt schloss sich Susanne dem Zug an, nachdem sie kurz ihren Blick über die Menge hatte schweifen lassen und Maximilian nirgends entdeckt hatte. Aber noch bevor sie sich darüber weitere Gedanken machen konnte, war Martin wieder an ihrer Seite und klopfte ihr auf die Schulter: ,,Alles Ok bei dir? Ich meine wegen gestern…“

Ein kurzes „mh“ war alles, was sie herausbrachte- obwohl die vielen klärenden Gespräche in der Vergangenheit immer, so hatte sie zumindest geglaubt, ihre Beziehung ein Stückchen mehr aufgearbeitet hatten. Doch im Augenblick wollte sie nur eines: Alleine sein, sich ihrer Gefühle und Gedanken klar werden und mit einem einzigen Menschen darüber reden- und sonst mit keinem: Max. Aber sie sollte sich täuschen, nur wenige Minuten später sollte sie wieder in den Armen eines Mannes liegen und wie so oft zuvor die eine wichtige Frage stellen, auf die sie doch beide keine Antwort wussten.

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Re: Displaced Reality- Love is a battlefield with no winners

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,,Ich muss Sie leider davon in Kenntnis setzen, dass Dr. Weiser heute morgen seine Kündigung eingereicht hat, die auf sein Drängen hin ab Morgen schon wirksam sein wird. Natürlich weiß ich nicht, was ihm zu diesem Schritt bewogen hat, aber ich bin mir sicher, dass wir ihn alle, als Freund und Kollegen sehr vermissen werden.“

Mit diesen Worten hatte der Professor in wenigen Sekunden das fertig gebracht, was Susanne Korin sonst selten in ihrem Leben passierte- er hatte ihr mit diesen zwei Sätzen vollkommen den Boden unter den Füßen weg gezogen und ließ sie in einem haltlosen Raum alleine zurück. Jetzt, knapp zwei Stunden später, versetzten ihr diese Erinnerung immer noch einen Faustschlag in die Magengegend. Er hatte gekündigt. Doch so kurz wie für die anderen Ärzte war diese Aussage nicht. Für sie ging der Alltag weiter- sie hatten einen Kollegen, vielleicht einen guten- aber immerhin nur einen Kollegen verloren.

Für Susanne, fügte sich dieser kurze Satz wie ein Puzzlestück in ein großes Bild.
Er hatte gekündigt- wegen ihr- nur wegen ihr hatte er gekündigt- würde wohl Hamburg verlassen und sie würde ihn nie wieder sehen. Es würde keine Aussprache geben, kein „du hast das alles falsch verstanden“ und auch kein ,,Es tut mir leid“. Es würde nichts geben als die bloße Erinnerung an einen Abend, der ihr Leben mit ihm zerstört und alle ihre Träume vernichtet hatte.

Kaum nahm sie die sanfte Berührung war, die ihr über den Kopf strich, nur halb spürte sie seine Schulter, auf der ihr Kopf ruhte und fast gar nicht hörte sie die Worte, die er ihr beruhigend zuflüsterte: ,,Susanne, hey, Kopf hoch, das wird wieder…“

,,Was soll da werden?“, erwiderte sie leise und drückte sich noch fester an ihn. ,,Ich hab alles verloren, was mir wichtig ist… und nicht nur mir…“ Sanft ließ sie ihre Hand über ihren Bauch gleiten und begann diesen liebevoll zu streicheln.

,,Wer will schon ohne seinen Vater aufwachsen…“

,,Susanne, ich kenne diesen Max zwar noch nicht lange, aber ich kenne dich schon seit du über die Tischkante schauen und uns jedem Kekse klauen konntest“, sagte er mit einem breiten Lächeln im Gesicht, bevor er wieder ernst wurde. ,,Wenn er nicht zurück kommt, dann wirst du es auch ohne ihn schaffen. Es ist seine Entscheidung- auch, wenn er dazu gedrängt wurde. Er hat einiges missverstanden und daraus die für ihn notwendigen Konsequenzen gezogen, aber du und er…“

Auch er legte seine Hand kurz auf ihren Bauch, bevor er sie ansah. ,,Ihr beiden könnt nichts dafür. Wenn überhaupt jemand an dieser Situation schuld ist, dann bin ich das. Ich hätte dich nicht so oft besuchen sollen, aber seit ich im St. Angela bin, bist du der einzige Mensch, der freundlich zu mir war und als ich dann auch noch raus gefunden hab, dass wir uns seit Menschengedenken kennen…. Da….“

Nun versagtem ihm die Worte- dieser Augenblick, er war so einzigartig, die Chance zum Greifen nah, obwohl sein Gewissen stark gegen seine Gefühle rebellierte.

,,Sus…“
,,Mart“ , begannen beide fast gleichzeitig und schmunzelten. ,,Du zuerst“ , forderte er sie auf und sah ihr tief in die Augen.

,,Nein, du…“

Seufzend schüttelte er den Kopf: ,,Du bist noch genauso stur wie früher…“

Bei diesen Worten war es Susanne nicht entgangen, dass sich sein Kopf dem Ihren immer mehr genähert hatte, seine Stimme zu einem Flüstern verstummt war und ihre Lippen nur noch Zentimeter von einander entfernt waren. Vielleicht zu spät schaltete sich nun auch ihr Gewissen ein.

Es war falsch- dafür gab es keine Beschönigungen mehr, kein „es ist ja nichts passiert“. Wenn sie diesen Weg einschlug, dann führte jeder Schritt unweigerlich zum Nächsten, aber das Schlimme war: Sie wusste nicht einmal, ob es dieser Pfad war, den sie gehen wollte oder, ob es einer war, der sie noch viel weiter von ihrem eigentlichen Traum entfernen würde. Mit einem innerlichen Seufzer ergab sie sich schließlich in ihr Schicksal.

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Re: Displaced Reality- Love is a battlefield with no winners

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Verlegen drehte Susanne ihrem Gegenüber gerade noch im letzten Augenblick die Wange hin, so dass Martin peinlich berührt inne hielt und ein wenig von ihr weg ruckte. ,,Es tut mir leid…“, murmelte er und machte Anstalten aufzustehen, doch sie hielt ihn am Arm fest und zwang ihn durch diese leichte Geste sich wieder zu setzen.

,,Es ist alles viel komplizierter als du denkst, Martin“, begann sie leise und bemerkte wie er sich zu einem Lächeln zwang.

,,Das ist es nicht…“ , entgegnete er und griff nach ihrer Hand. ,, Ich liebe dich und du mich nicht, so einfach ist das“

,,Martin, ich“

,,Lass nur“ Er hatte ihre Hand losgelassen und bedeutete ihr mit einer Handbewegung, dass er ihr keineswegs böse war. ,,Niemand kann etwas für seine Gefühle- warum sollte ich jemanden hassen nur, weil er mich nicht liebt…“

Trotz seiner Worte verriet sein Tonfall, dass es ihn einiges an Überwindung kostete ihr dieses Zugeständnis zu machen und das wusste sie.

,,Hör zu, Martin.“ Nun war es sie, die seine Hand ergriff und ihm tief in die Augen sah: ,,Wir kennen uns wirklich schon ne halbe Ewigkeit und darüber bin ich wirklich froh, weil ich niemals einen besseren Freund hatte als dich. Aber meine Gefühle seit wir klein waren haben sich nicht geändert, du wirst leider nie mehr als ein Freund für mich sein- aber in der Kategorie stehst du ganz oben“

Seufzend erhob sich der junge Mann und zuckte mit den Schultern. ,,Tja…ich geh dann mal…“ Und als er schon beinahe zur Tür hinaus war, drehte er sich wieder um: ,, Wenn du Rat von nem guten Freund brauchst- wenn dieser Max nicht weiß, was gut für ihn ist, dann warte nicht umsonst. Du bist eine starke Frau, die auch alleine zurecht kommen kann- ich bin immer für dich da“

Noch einmal zwang er sich zu einem Lächeln, bevor er endgültig den Raum verließ und eine nachdenklich gestimmte Susanne alleine zurückließ. Noch nie in ihrem Leben war ihr eine Entscheidung so schwer gefallen wie diese- aber, war es überhaupt eine Entscheidung? Hatte sie Max nicht schon längst vor vollendete Tatsachen gestellt? Beinahe hätte sie noch ein, Hat er dich und das Baby nicht im Stich gelassen?` hinzugefügt, doch so verzweifelt sie auch war, das erschien ihr nicht fair.

Sie selbst wusste erst seit wenigen Wochen von dem Kind in ihr und hatte es außer ihrem besten freund niemanden anvertraut. Warum? Kopfschüttelnd griff sie nach einem Kissen, zog die Knie an und drückte das flauschige Etwas ganz fest an sich. Warum, das wusste sie immer noch nicht so genau. Es konnte nicht die Angst gewesen sein, er würde das Baby nicht akzeptieren, denn Susanne wusste, dass er sie mit und Kind nicht weniger, sondern eher mehr geliebt hätte. Doch was war es dann?

Sie erinnerte sich noch wie gestern an den Tag, an dem sie unverantwortlicherweise mit 60 durch Hamburg so schnell wie möglich nach Hause gerast war, um ihm zu sagen, dass er in knapp 7 Monaten Vater sein würde. Aber als sie dann vor der gemeinsamen Tür stand, hatte sie irgendetwas davon abgehalten die letzten Schritte zu tun. Lange war sie noch da gestanden – die Stimme ihres Freundes aus einem länger datierten Gespräch in ihrem Kopf widerhallend.

Sie waren wie so oft auf der Couch gesessen, hatten sich nach Feierabend zu einem Glas Wein zusammen durch das Fernsehprogramm gezappt und waren schließlich kurz auf der Serie „Das Traumschiff“ stehen geblieben…

,,Halt mal an….“, bat Susanne und schreckte ihren Freund beinahe aus dem Halbschlaf auf.

,,Das ist nicht dein Ernst, oder??“

,,Doch, nur mal fünf Minuten. Ist sowieso gleich aus, aber gleich kommt das große Abschlussbankett- ich LIEBE diesen Augenblick…“ , schwärmte sie träumerisch als im Film der Kapitän vor versammelten Gästen seine obligatorische Rede hielt.
,,Sag mal, reizt dich das nicht auch manchmal?“

,,Was?“
In den Arm ihres Freundes geschmiegt säuselte die junge Frau: ,,Na, einfach mal wegzufahren, nicht nur nach Mallorca oder Griechenland. Weit weg, meine ich. In die Karibik oder Hawaii….“

,,Susanne… haben wir nicht abgemacht, dass du mir erzählst, wenn du im Lotto gewonnen hast?“, lachte Max und knuffte sie liebevoll. ,, Keiner würde lieber Urlaub machen als ich… 1 bis 2 Monate in der Südsee mit dir auf so einer schnuckligen kleinen Insel- das wär’s schon… aber der Job im Krankenhaus…das Geld…wir … Aber…“ Zärtlich hatte er mit unerwartetem Elan ihre Hand ergriffen: ,,Warum tun wir’s nicht einfach?“

,,Was tun?“

,,Na, in die Südsee fahren. Diesen Sommer- wir haben beide was auf der hohen Kante und, wenn wir uns jetzt nicht unsere Träume erfüllen, wann dann? Wenn wir alt und grau sind?“

Lächelnd strich sie ihm durch die Haare: ,,Nein, aber vielleicht mit unseren Kindern mal!“

,,Das mein ich doch“, gluckste er noch viel lauter und erntete einen ernsten Blick seiner Freundin. ,,Meinst du das ernst?“

,,Mh?“

,, Willst du überhaupt K…“ Aus Erfahrung wusste sie, dass man dieses Wort in Gegenwart von Männern nur sehr, sehr vorsichtig, oder am besten gar nicht aussprach. Doch jetzt, da sie das Thema schon angeschnitten hatte, gab es kein Zurück mehr, denn auch Maximilian wurde ernst.

,,Natürlich will ich Kinder, Susanne…aber… nicht jetzt, das willst du doch auch nicht, oder?“, fragte er und sah ihr forschend in die Augen.

,,Nein…“ , lachte Susanne erleichtert auf und umarmte ihn. ,,Wir haben ja wirklich noch Zeit…“


Ja, sie hatten natürlich noch Zeit- damals zumindest. Beide waren sie nicht älter als 33 und hatten allen Grund im Augenblick kinderlos zu bleiben- Karriere, Freunde, ihre erst kurze Beziehung zueinander. Als Susanne so an der Tür zu ihrem Appartement stand, wurde ihr mit einem Mal die Bedeutung ihrer Worte klar- und die Gewichtigkeit ihrer Mitteilung, die sie ihrem Freund noch so eben voller Elan machen wollte.

In ein paar Monaten würde er Vater sein- natürlich ein stolzer, liebevoller Vater, aber das war nur die eine Seite. Alles forderte seinen Preis, denn von nun an würde nicht nur ihre Freizeit eingeschränkt sein, sondern auch seine. Sie würden finanziell zurückstecken müssen, Zukunftspläne für ihr gemeinsames Kind schmieden müssen- mit all den Gefahren, die es zu meistern gab. Sie würden 24 h am Tag für das Kind da sein müssen, worunter unter Umständen seine Karriere leiden konnte…

Die Liste ließ sich ewig fortsetzen. Kurz und gut- an diesem Abend hatte Susanne Korin wie gewöhnlich die Tür aufgeschlossen, hatte ihrem Freund Abendessen gemacht, mit ihm auf der Couch geschmust und kein Wort über das Kind in ihrem Bauch verloren, denn das könnte sie, wie sie sich sagte, auch morgen bei einer passenderen, gut vorbereiteten Gelegenheit tun….

Doch diese Gelegenheit hatte sich nicht ergeben und seitdem lebte Susanne immer in der Angst, er könnte ihr Geheimnis entdecken, was mit der Zeit auch immer wahrscheinlicher wurde. Nun, im 5. Monat ihrer Schwangerschaft, zeichneten sich trotz ihrer immer noch stabilen Figur erste Anzeichen der Schwangerschaft ab- nicht nur objektiv, sondern auch durch ihre plötzliche Morgenübelkeit oder ihren gesteigerten Appetit.

Der Einzige, der wusste, warum sie so leicht reizbar und streitsüchtig war und sich immer mehr abschottete , war Martin gewesen- und ihr Tagebuch. Wie oft hatte er ihr geraten Max endlich die Wahrheit zu sagen? Wie oft hatte er versucht ihr die Angst vor dieser doch eigentlich frohen Botschaft zu nehmen? Doch jedes Mal war sie gescheitert… und nun… ,,Nun ist es zu spät“, murmelte Susanne schließlich resigniert und wollte gerade aufstehen, als das Telefon klingelte.

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Re: Displaced Reality- Love is a battlefield with no winners

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,,Susanne Korin…“ meldetet sie sich schließlich nach unendlich langem Zögern in einem genervten Tonfall und zuckte augenblicklich zusammen, als sie die bekannte Stimme am Telefon hörte, die ihr durch Mark und Bein ging.

,,Susanne, ich…“ Am anderen Ende verstummte es für kurze Zeit, als fasste ihr Gegenüber Mut, um weiter zu sprechen. Dann allerdings folgten die Worte so schnell, dass Susanne Mühe hatte das Bombardement an Wörtern aufzufangen und zu verstehen.

,,Es tut mir leid, dass es zwischen uns nicht geklappt hat. Ich hab mir wirklich vorgestellt, dass ich mit dir die Richtige erwischt hab- ein Glückstreffer, mein großes Los. Aber es sollte nicht so sein, das versteh ich jetzt, ich bin dir dankbar für jede einzige Sekunde, die wir zusammen waren, glaub mir das. Trotzdem… es ist besser, wenn wir uns nicht mehr sehen, vergiss mich lieber…“

Innerhalb weniger Sekunden hatte Max seine vorgefertigten Sätze herausgepresst und nahm gar nicht mehr wahr, wie Susanne leise ins Telefon zu schluchzen begann, wie sie immer wieder ansetzte, ihn dann aber doch nicht unterbrach, nichts einwarf, was ihn in seinem Redeschwall hätte bremsen und das Unausweichliche noch hätte aufhalten können.

So berührte er mit den Lippen wie in Trance noch einmal die Hörmuschel und stieß den selbigen dann weit von sich, bevor er die „Beenden“ Taste drückte und jegliche Verbindung zu seinem vorigen Leben auslöschte.

Die Vergangenheit mit Susanne Korin war von jetzt an nichts weiter als eine bloße, verschwommene Erinnerung, die ihn in seinen zukünftigen Entscheidungen nicht mehr beeinflussen sollte. Ungewollt wehmütig steckte er die Münzen, die das Telefon wieder herausgegeben hatte, in seine Tasche, nahm seinen Koffer, der dicht neben ihm auf dem Boden stand und ging die Bahngleise in Richtung des einfahrenden Zuges entlang. Kein einziges Mal warf er einen Blick zurück auf das turbulente Hamburg, nachdem er seinen Platz am Fenster des ICEs eingenommen hatte und gedankenverloren auf die vorbeieilenden Passanten starrte.

Nicht ein einziges Mal dachte er daran seine Entscheidung zu revidieren, plötzlich aufzuspringen und einfach lächelnd aus dem Zug zu rennen, als wäre nichts geschehen.

Er war taub- völlig gefühlstaub, nichts als eine Hülle- doch selbst in dieser Hülle jagten ihn unzählige Gedanken und Vorstellungen… Und während der Zug sich langsam in Bewegung setzte und dann immer mehr Fahrt auf nahm, noch einmal um die Kurve bog und schließlich den Bahnhof verließ, da überkam ihn ein letztes Mal ein kalter Schauer- ein Anflug verlorenen Gefühls- dieses unbeschreiblichen Gefühls, das er immer verspürt hatte, wenn sie bei ihm gewesen war.

Nur diese Illusion ihrer Gegenwart ließ ihn seinen Kopf leicht zur Seite drehen und aus dem Fenster linsen als hoffte er insgeheim, sie würde wie in so vielen Hollywood Streifen neben dem immer schneller werdenden Wagon herlaufen, seinen Namen rufen und dann verlassen am Gleisende stehen bleiben und ihm zu rufen „Ich liebe dich“ .

Doch in Maximilians Film war da niemand. Keine Susanne, die plötzlich aufgetaucht war . Beinahe wütend wandte er sich wieder der Gegenrichtung zu. Natürlich war da niemand. Wie sollte es auch anders sein? Kopfschüttelnd griff er in seine Manteltasche und holte eine Zeitung heraus, die er routiniert sofort zu studieren begann. ,,Susanne ist für dich gestorben…“, schalt er sich gedanklich, als ihm sein Kopf einen Streich spielte und ihm in der neuesten Sahnewerbung ihren Spitznamen „Sanne“ herauslesen ließ, so dass er genervt die Zeitung sinken ließ und sich stattdessen der vorbeiziehenden Landschaft widmete.

,,Freu dich doch, Max, du startest in ein neues Leben, in ein aussichtsreiches Leben mit Karriere und allen möglich Frauen, die du dir nur wünschen kannst“ Doch so stark, wie er tat, war er nicht, es war lediglich diese typisch menschliche Reaktion, wie wir sie alle kennen und wohl schon hunderte , wenn nicht sogar Millionen Male erlebt haben- Verdrängung.

Aber solche starken Emotionen, wie Max sie immer noch, auch wenn er sich das nicht mehr eingestehen wollte, für Susanne empfand, lassen sich nicht einfach verdrängen- sie geben nicht einfach nach, sie tauchen unter, verstecken sich und quälen uns im Unterbewusstsein bis sie eines Tages wieder wie ein Vulkan aus uns herausbrechen.

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Re: Displaced Reality- Love is a battlefield with no winners

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3 Monate vergingen- 3 lange Monate, in denen Susanne Korin vollkommen jegliches Gefühl für Zeit zu vergessen schien- und in ihren Augen spielte die Zeit auch keine Rolle mehr. Morgens war sie immer die erste im Ärztezimmer und noch bevor alle ihre Kollegen eingetroffen waren, hatte sie Ordner studiert, Patientenmappen herausgesucht und sich in besonders schwierige Fälle eingearbeitet .Seit diesem Tag, an dem Maximilian aus ihrem Leben gegangen war, war es in ihr leer- fast zumindest, denn etwas , besser gesagt, jemand war da, der sie, wenn sie abends weinend auf der Couch saß, daran erinnerte, dass sie jemand brauchte und wenn sie dann liebevoll über ihren leicht gerundeten Bauch strich , schien die Welt um sie herum zu verschwimmen, als setzte ihr jemand eine rosa rote Brille auf, die all die schlechten Gedanken und Erinnerungen einfach rosarot anstrich.

Doch außer ihr und Martin wusste niemand von dem kleinen Wesen in ihr, das die alte Verbindung zu Maximilian weiterhin aufrecht erhielt. Wie einen unsichtbaren faden spann ihr ungeborenes Kind ein schmerzliches Band zur Vergangenheit, denn so lieb sie es auch hatte- mit jedem Herzschlag, den sie spürte, wurde sie an ihre glückliche Zeit mit Max erinnert. Da half es auch nichts, dass sie nach außen hin, jegliche Erinnerungen an ihren ehemaligen Freund verbannt hatte und sich auf ihrer Arbeit konzentrierte.

,,3 Monate“, schoss es Susanne wieder einmal im unpassendsten Augenblick durch den Kopf, als sie gerade ihre Autotür abschloss und durch Wind und Wetter versuchte sich durch den Regen zum St. Angela zu kämpfen, denn als spürte „ihr Kleiner“ wer gemeint war, begann er heftig gegen ihren Bauch zu treten als wollte er sie wieder einmal an Maximilian erinnern. ,,Hör auf mein Kleiner…“, flüsterte Susanne liebevoll und zog ihren Mantel schützend über ihr T-shirt. ,,So ne pathetische Phase kann ich jetzt gerade nicht brauchen“

,,Das will ich doch hoffen!“

Erstaunt sah sich Susanne um und glaubte an ihrer Seite durch den regen das Gesicht von laura erkennen zu können, der Götz eine Zeitung über den Kopf hielt, während er selbst ziemlich nass im Regen stand.

,,Morgen , Laura!“ Sofort setzte Susanne eine freudige Mine auf und deutete auf den Eingang. ,,Lass uns rein gehen, für Schwimmen ist’s ‚n bisschen kalt!“ Lachend rannten die beiden Frauen das letzte Wegstück, blieben prustend und halb durchnässt unter dem Unterstand stehen und strichen sich durchs völlig zerzauste Haar.

,,Besser als jeder Kaffee“, gluckste Laura und zog ihren patsch nassen Mantel aus. ,, Jetzt bin ich wirklich wach!“

Gerade wollte Susanne zu einer Antwort einsetzten, als sich ihr Kleiner wieder einmal bemerkbar machte und sie unsanft darauf aufmerksam machte, dass er nicht gewillt war weiterhin halb durchnässt vor dem Eingang der Klinik zu stehen. ,,Ah…weißt du, ich zieh mich mal schnell um“, warf Susanne ein und noch ehe Laura antworten konnte, hatte die junge Frau schon die Hälfte des Weges zurückgelegt.

Aber in letzter Zeit war es für Lauras Geschmack zu oft passiert, dass sich Susanne einfach abschottete und einfach vor sich hin lebte. Entschlossen drückte sie ihrem Freund den Mantel und ihre Tasche in die Hand und sprintete hinter ihrer Freundin hinterher, während Götz verwundert zurück blieb, schließlich den Kopf schüttelte und langsam hinter den beiden her trottete.

***

,,Susanne…“ Beinahe hätte Susanne offen zusammengezuckt, als sich eine Hand von hinten auf ihre Schulter legte. Sie war so schreckhaft , überempfindlich geworden, seit sie schwanger war, als hätte sie einen neuen Sinn entwickelt.

,,Hey, du, wie geht’s dir eigentlich?“ Noch im selben Augenblick schalt sich Laura innerlich. – wie geht’s dir denn so- was für eine wirklich blöde Art ein Gespräch anzufangen. Aber im Augenblick fiel ihr einfach nichts Besseres ein.

,,gut“, log Susanne und setzte wieder einmal ihr schon oft erprobtes Lächeln auf, das sie die letzten 3 Monate entwickelt hatte, um ihre Umwelt zu täuschen.

,,Susanne….“ Nachsichtig schob Laura ihre Freundin ins Ärztezimmer und buxierte sie auf einen Stuhl. ,,Bist du sicher, das…“ Hilflos zuckte sie mit den Schultern. ,,Seit der Sache mit Max, bist du…“

,,Das hab ich hinter mir“

Erschrocken obgleich des bitteren Tonfalls sah Laura ihrem Gegenüber in die Augen und erkannte da wieder dieses kleine Flackern, das sie in letzter Zeit immer wieder bemerkt hatte. Es war eine Mischung aus Feuer und Wasser- ein Spiel der Gegensätze, als wüsste Susanne noch immer nicht, ob sie traurig oder wütend sein sollte.

Besorgt setzte sich Laura auf den Tisch und blickte zuerst auf ihre Füße, dann auf ihre Freundin. ,;Du siehst so blass aus, richtig krank. Früh ist dein Auto immer das Erste aufm Parkplatz und wenn ich abends eine Stunde später als sonst aus der Klinik geh, steht es immer noch da…. „

,,Ich nehm’ meinen Job eben ernst“, erwiderte Susanne und strich sich unbemerkt über den Bauch, in dem ihr Kleiner wieder rumorte.

Gerade als Laura ihre Befragung weiter fortführen wollte, wurde die Tür schwungvoll geöffnet und Martin betrat das Zimmer- trat aber, als er die beiden Frauen sich gegenüber sitzen sah, sofort den Rückzug an. ,,Tschuldigung, ich komm später wieder“ fügte er mit einem Zwinkern hinzu und ließ die beiden wieder alleine.

Laura, die ihm den Kopf zugedreht hatte, nahm diese Chance um Susanne auf etwas anzusprechen, das sie schon länger bewegte.

,,Was ist eigentlich mit dir und ihm? Ich meine…“

So langsam fühlte sich die junge Frau unwohl in ihrer Haut. Natürlich war sie Laura dankbar dafür, dass sie mit ihr über ihre Probleme reden wollte, aber Susanne hatte sich schon länger dafür entschieden, die Sache mit Max zu verdrängen, einfach nicht mehr an ihn zu denken und ihn somit zu vergessen. Und das klappte auch ganz gut- ihre Arbeit hielt sie ganz schön auf Trapp und wenn sie einmal eine ruhige Minute hatte und Gefahr lief ins Grübeln zu Kommen, dann stellte der Kleine seine Ansprüche nach Aufmerksamkeit. Doch immer, wenn sie ihr Ziel fast erreicht hatte und sogar meinte wieder einigermaßen glücklich zu sein, dann erinnerten sie Menschen wie Laura an die schmerzhafteste Erinnerung in ihrem Gedächtnis.

Das alles führte wohl dazu, dass sie etwas über reagierte und genervt aufstand.

,,War’s das jetzt?

Verwirrt erhob sich auch Laura. ,,Ich wollte…“

Mit einer wegwerfenden Handbewegung ging Susanne Richtung Tür, öffnete diese und sprintete in die Richtung eines ganz bestimmten Ortes- anscheinend wollte der Kleine wieder einmal besonders gerne auf sich aufmerksam machen.
Hilflos sah Laura ihr hinterher und schüttelte resigniert den Kopf, während Götz gerade fragend das Zimmer betrat und seine Last auf den Tisch neben seine Freundin legte. ,,Was isn mit Susanne los?“

,,Wenn ich das genau wüsste…“ , erwiderte Laura nachdenklich und begann im Zimmer auf und ab zu gehen.

,,Immer noch wegen Max…“

,,Mh…aber ich glaub, da ist noch was Anderes.“

Götz schluckte. Seit Max das St. Angela verlassen hatte, hatte er versucht besonders freundlich und zuvorkommend zu Susanne zu sein, aber sein schlechtes Gewissen konnte er damit bis heute nicht verdrängen und besonders, wenn er wieder einmal mit einem seiner Briefe, die er stets heimlich wie ein Agent von der Post abholte, in seinem Zimmer verschwand, verstärkte sich dieses Schuldgefühl mit jeder Zeile, die er las und mit jedem Mal, da das Gespräch auf Susanne gelenkt wurde.

,,Woran denkst du gerade?“ Laura hatte sich hinter ihn gestellt und ihren Kopf auf seine Schulter gelegt.

,,An nichts… ich, meine nur, dass wir ihr noch etwas Zeit geben sollten, wegen Max. Es sind erst…“

,,Drei Monate? Götz, drei Monate, es wird Zeit, dass sie ihn vergisst und ich bin mir sicher, dass sie das auch schon längst hätte….“ Gedankenverloren rieb sie sich das Kinn, als würde sie angestrengt nachdenken. ,,Da muss noch etwas anderes sein… etwas, das sie uns nichts sagt…“

,,Du meinst…. Martin? Denkst du wirklich, dass die beiden….“

Laura atmete einmal tief durch bevor sie begann sich für die Arbeit umzuziehen. ,,Ich weiß nicht, aber irgendwie….“ Der unausgesprochene Rest ihres Satzes erfüllte die Luft mit einem unangenehmen Schweigen und noch während beide den gang zur Rezeption hinab gingen, waren sie sich sicher, dass es besser gewesen wäre, diese wenigen Worte auszusprechen, anstatt nun mit den wildesten Spekulationen alleine zurück zu bleiben.

***

,,Mist…schon kurz vor halb acht…“

Nur mit Mühe erhob sie sich vom Boden, stützte sich kurz am Waschbecken ab und sah dann in den Spiegel vor sich. Erschrocken wäre sie am liebsten zurück gewichen und weit weggerannt, denn was sie sah, war nicht die Susanne, wie sie sie seit mehr als 30 Jahren kannte. Noch immer schienen ihre Augen gerötet und dunkle Ringe zeichneten sich da ab, wo das Make up kläglich versagt hatte. Auch ihr Teint war bleicher als sonst- eine Tatsache, die Susanne auf die Schwangerschaft schob.

Neben der morgendlichen Übelkeit waren in den letzten Wochen immer wieder Schwindelanfälle aufgetreten, die ihr immer wieder einen Strich durch die Rechnung machten, wenn sie sich vorzumachen versuchte, es ginge ihr in Ordnung. Einen leisen Seufzer ausstoßend strich sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und kam nicht ohnehin kurz wehmütig zu lächeln. Das hatte immer Max früher für sie getan… ,,Schluss jetzt“ Ihre Stimme drang energisch auf sie ein, während sie in dem leeren Raum zu echoen schien.

,,Reiß dich zusammen!“,, brüllte sie nun, straffte ihre Haltung , ballte einmal kurz die Fäuste und verließ dann als strebsame, engagierte Karrierefrau das Zimmer, um sich ihren Kollegen zur morgendlichen Visite anzuschließen- sich wohl bewusst, dass sie ihr Leben drastisch ändern musste, um nicht kläglich im Sturm ihrer eigenen Gefühle unterzugehen.

Let me rest in peace,
let me get some sleep.
Let me take my love and bury it in a hole six-foot deep.
I can lay my body down
But I can't find my sweet release.
So let me rest in peace.