Vom Bildschirm direkt ins Hirn
Vom Bildschirm direkt ins Hirn
Werden die Spieler der Zukunft direkt mit dem PC ver-netzt? Machen Helm-Displays Gamepads überflüssig? Spielevisionen auf dem Prüfstand.
Spiele-Visionen
Quo Vadis, Spiele?
Montage: T-Online
"Kaufen Sie diese supertolle Spielstation. Realistische Grafik, tolle Effekte, einfach der Spaß für die gesamte Familie!" Ein Blick auf den TV-Bildschirm mit der Präsentation eines Teleshopping-Kanals verrät die traurige Wahrheit. Dort tummeln sich hässliche Pixel-Klumpen, untermalt mit Dudel-Sound. Da hat wohl jemanden den Anschluss verpasst! Wo vor zwanzig Jahren noch das simple Tennisspiel "Pong" Begeisterungsstürme auslöste, folgt heute nur noch ein gelangweiltes Gähnen. Technischer Fortschritt und immer neue, verrückte Einfälle lassen PC- und Konsolen-Spielern keine Ruhe vor dem Monitor. Doch welche Innovationen erwarten den Zocker in den kommenden Jahren?
Der aktuelle Stand
GTA San Andreas (Bild: Take 2)
Größer, schneller, besser: Spätestens seit dem Erscheinen von "GTA 3" denken sich Spiele-Entwickler immer umfangreichere Grundkonzepte für PC- und Videospiele aus. Heutzutage können ganze Städte oder gar die komplette Milchstraße vom Joypad-Jockey bereist werden. Wer nicht allein auf Entdeckungstour gehen möchte, kann dies in Online-Rollenspielen wie "World of Warcraft" oder "Everquest" auch mit tausenden Spielern über das Internet erledigen - schnelle Datenleitungen und leistungsfähige Prozessoren machen es möglich. Grafisch durchaus aufwändig, gelingt es aber heutzutage nur wenigen Titeln, den viel gerühmten "Aha-Effekt" hervorzurufen.
State of the Art statt Visionen?
Call of Duty 2: Big Red One (Bild: Activision)
Wirklich neue Ideen sind derzeit Mangelware, der nächste Quantensprung lässt gerade im technischen Bereich noch auf sich warten. Es scheint, als fürchteten viele Entwickler finanzielle Einbußen, wenn sie allzu abgefahrene Spielideen präsentieren. Nicht zu Unrecht: Innovative Spiele wie "Beyond Good & Evil" oder der Comic-Shooter "XIII" begeisterten zwar die Kritiker, konnten aber nur selten an den Mann gebracht werden. "Ich weiß genau, was sich Spieler denken: Schon wieder das gleiche abgedroschene Szenario. Deshalb haben wir in 'Call of Duty: Big Red One auch versucht, neue Spielelemente einzubauen, ohne dabei aber den Gamer unnötig mit zu vielen neuen Einflüssen zu überschütten", erklärt Christian Busic, Producer bei Treyarch und maßgeblich für den Shooter "Call of Duty: Big Red One" verantwortlich. Gerade zum Weihnachtsgeschäft schlägt eine riesige Welle an Nachfolgern wie "FIFA 2006", "Pro Evolution Soccer 5" oder "Age of Empires 3" über der Spielegemeinde zusammen. Zweifellos handelt es sich dabei um hervorragende Spiele, aber einen Innovationspreis gewinnt sicher keines davon.
Aus alt mach neu
Pro Evolution Soccer 5 (Bild: Konami)
Der Trend bei den Entwicklern und Publishern ist klar: Etablierte und erfolgreiche Spiele werden in immer neuen Teilen weiter verbessert und in meist regelmäßigen Abständen auf den Markt gebracht. Tuning am Bestand also statt Neuentwicklungen. "Natürlich muss nicht nur die grafische Verpackung stimmen, gerade in Sachen 'Künstlicher Intelligenz' werden in den folgenden Jahren große Fortschritte gemacht" erläutert Shingo 'Seabass' Takasuka, Chefdesigner der beliebten "Pro Evolution Soccer"-Serie. "Für die kommenden Umsetzungen auf den Next-Generation-Konsolen und dem PC versprechen wir ein noch realistischeres Spielerverhalten bei deutlich verbesserter Grafik. Die Spieler werden das Gefühl haben, direkt auf dem Platz zu stehen". Zudem wird die klassische Einteilung in Genres schwieriger. Immer komplexere Spiele offerieren mannigfache Möglichkeiten, einen Titel wie "GTA: San Andreas" oder "Rise & Fall" erfolgreich zu beenden. Manager-, Strategie- und Action-Sequenzen wechseln sich ab. "In 'Rise & Fall: Civilizations at War' übernimmt der Spieler nicht nur die Position des Strategen, sondern kann auch direkt ins Geschehen eingreifen und selbst den Helden übernehmen. Wir denken, dass diese Mischung unterschiedlicher Elemente auch in Zukunft besonders viele Spieler vor den Bildschirm ziehen wird", berichtet Rick Goodman, Producer bei den Stainless Steel Studios.
Joy ohne Joypad
Nintendo Wii Controller mit analoger Erweiterung (Bild: Nintendo)
Im Konsolenbereich kristallisiert sich zudem langsam der Trend heraus, komplett ohne klassisches Joypad auszukommen. Freie Steuerungsmöglichkeiten sollen auch Gelegenheitsspieler anlocken. Nicht umsonst hatte Sonys "Eyetoy"-Kamera in den vergangenen Jahren überwältigenden Erfolg. Einen Schritt weiter geht der japanische Hardware-Multi Nintendo: Für ihre Next-Generation-Konsole, den Nintendo Revolution, gibt es statt des Steuerknüppels eine Art Fernbedienung, mit der der Spieler die Figuren über den Bildschirm dirigieren kann. Als Zusatz kann ein zweites Gerät angeschlossen werden, um weitere Bewegungsmöglichkeiten zu steuern - so ähnelt der Controller einem japanischen "Nunchacko". Innovativ, aber ob der kabellose Controller wirklich den absoluten Spielkomfort bietet, muss sich erst noch herausstellen.
Ideen abseits der Norm
The Movies (Bild: Activision)
Doch wie werden Video- und Computerspiele in zehn Jahren aussehen? Star-Entwickler Hideo Kojima hat dazu eine ganz eigene Meinung: "Spiele werden in Zukunft noch realistischer werden, sodass man noch mehr in die virtuelle Welt hineingezogen wird. Ich könnte mir auch vorstellen, dass Helm-Displays und das Steuern von Robotern später einmal Bestandteil von Games werden könnten." Der Schöpfer der bekannten "Metal Gear Solid"-Serie gilt als Vorreiter innovativer Ideen und Visionär in seinem Geschäft. Eine ganz ähnliche Vision teilen Peter Molyneux, Schöpfer von "Black & White 2" und "The Movies" und Chef der Lionhead Studios, und sein Kollege Ted Price, der unter anderem für die Konsolen-Titel "Spyro" und "Ratchet & Clank" verantwortlich zeichnete. Ihre Theorie basiert auf einer direkten Verkabelung der Spielplattformen mit dem menschlichen Gehirn. Dort sollen künftig die Spielszenen ablaufen, so dass das Spielgeschehen dem Gamer wie ein realer Umstand vorkommt. Ob dies bei brutalen Ego-Shootern wie "Doom 3" oder "F.E.A.R." allerdings erstrebenswert ist, darf bezweifelt werden.