wir sind uns einig ueber die Grundsaetze eines bedingungslosen Grundeinkommens: - Individuum statt Haushalt bzw. Bedarfsgemeinschaft - existenzsichernd (was immer das dann auch im Einzelnen ist) - keine Bedürftigkeitsprüfung - kein Zwang zur Arbeit - einklagbarer Rechtsanspruch
Das ist sozusagen die reine Lehre und das Ziel, wo wir hinwollen. Und die Verbreitung dieser Idee ist das vorrangige Ziel des Netzwerks.
Um dahin zu kommen, finde ich es allerdings legitim und notwendig, wenn einzelne in der wissenschaftlichen oder politischen Oeffentlichkeit Vorschlaege machen, die von dieser reinen Lehre abweichen, aber Einstiege in ein umfassendes Grundeinkommen sein koennen.
Solche ersten Schritte koennten sein:
1) Modelle einer negativen Einkommensteuer
Darueber ist ja schon ausfuehrlich diskutiert worden
2) Vorschlaege fuer bestimmte Gruppen
Alte Menschen --> Grundrente Kinder --> Kindergrundsicherung Erwerbstätige Arbeitslose Erziehende usw.
Fuer solche Vorschlaege ist die Akzeptanz moeglicherweise groesser, als fuer ein umfassendes Grundeinkommen.
3) Grundeinkommen, die unterhalb des Existenzminimums liegen, sogenannte partielle Basiseinkommen
Diese erfuellen natuerlich nicht unsere umfassenderen Ziele, sind aber positiv zu beurteilen und bedeuten halt einen Einstieg in eine andere Denkweise. Das koennte auch ein relativ kleiner Betrag sein, z.B. 150 Euro im Monat (Kindergeld fuer Alle !)
Wenn das gut funktioniert und positiv angenommen wuerde, waere es moeglich dieses Grundeinkommen schrittweise bis auf das Existenzminimum oder auch darueber hinaus zu erhoehen. Es gibt dazu einen schoenen Aufsatz von Philippe van Parijs, der sinngemäß heisst: "Gibt es einen direkten Uebergang vom Kapitalismus zum Kommunismus?" oder so aehnlich, und darin genau einen solchen Prozess diskutiert.
4) Grundeinkommen als Darlehen (BAFoeG fuer Alle)
Innerhalb des Vorschlages einer Grundeinkommensversicherung von Michael Opielka ist eine solche Grundsicherung als letztes Netz enthalten, die zur Haelfte als Darlehen ausgezahlt wird.
5) regionale Grundeinkommen
spannnend waeren auch regionale Grundeinkommen auf kommunaler Ebene oder fuer ganze Bundeslaender. Ich weiss aber nicht, ob das praktisch und juristisch ueberhaupt moeglich ist.
Alle diese Vorschläge - vielleicht fallen der einen oder dem anderen ja noch mehr ein - von "Teil-"Grundeinkommen, oder Kombinationen davon, finde ich als Einstiegs(!)modelle diskutierenswert und lassen sich sicher eher umsetzen als gleich ein umfassendes Grundeinkommen.
Solidarische Gruesse Wolfgang
Re: Erste Schritte
Lieber Wolfgang:
Was Du schreibst wirft die Diskussion um Lichtjahre zurück. Teilweise ist die heutige Situation schon besser.....
Tipp: Gehe mal auf die Argumente ein!
Tom Maier
Re: Erste Schritte
Zitat von Tom Maier <@carookee.com>: > Was Du schreibst wirft die Diskussion um Lichtjahre > zurück. Teilweise ist die heutige Situation schon > besser.....
was ist heute besser?
Ich behaupte: Jedes (!) Grundeinkommen ist besser als keins. Und es gibt keins in Deutschland - vom Kindergeld abgesehen.
Wolfgang
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Re: Erste Schritte
Lieber Wolfgang Strengmann,
Deine Unterscheidung zwischen "reiner Lehre" bzw. langfristiger Zielsetzung einerseits und Wegen einer Annäherung an diese Zielsetzung andererseits finde ich sehr vernünftig und kann ich voll unterschreiben.
Eines möchte ich zu Deinen Ausführungen anmerken. Ich möchte zur Vermeidung von Mißverständnissen vorschlagen, bei der Beschreibung der "reinen Lehre", sofern wir uns darin einig sind, explizit dazusagen, daß "Bedingungslosigkeit" bedeutet, daß die Grundeinkommenszahlung unabhängig auch vom Einkommen erfolgt, d.h. als identischer Pauschalbetrag an jedes Mitglied der politischen Gemeinschaft. Ich weiß zwar, daß der Ausdruck "bedingungsloses Grundeinkommen" dies schon rein sprachlich impliziert und daß der Ausdruck auch in der internationalen Diskussion und im Fachdiskus überwiegend so verstanden wird, habe aber in Deutschland wiederholt die Erfahrung gemacht, daß "Bedingungslosigkeit" nicht immer in diesem umfassenden sondern häufiger bloß in einem eingeschränkteren Sinne (Zahlung einer Grundsicherung an Einkommensbedürftige ohne Erwartung einer Gegenleistung) verstanden wird. Das aber wäre, wenn es schon um die reine Lehre geht, doch eine gewichtige Differenz. Ich wiederhole mich: Nur die Zahlung des identischen Pauschalbetrags an alle Mitglieder der politischen Gemeinschaft würde aus der Logik der Stigmatisierung herausführen und - sofern die Zahlung zum Leben reicht - von Erwerbsarbeit als Normalmodell der Lebensführung befreien. Also wäre es meiner Auffassung nach sinnvoll und wichtig, wenn wir sprachlich in diesem Punkt glasklar und unmißverständlich wären. Das "Basic Income European Network" ist für mich in dieser Hinsicht geradezu vorbildlich. Ich zitiere:
"A basic income is an income unconditionally granted to all on an individual basis, without means test or work requirement. It is a form of minimum income guarantee that differs from those that now exist in various European countries in three important ways:
* it is being paid to individuals rather than households; * it is paid irrespective of any income from other sources; * it is paid without requiring the performance of any work or the willingness to accept a job if offered." (Siehe: www.basicincome.org)
Bei unserem Gründungstreffen in Berlin hatten wir den Punkt "it is paid irrespective of any income from other sources;" nicht eigens erwähnt. Aus meiner heutigen Sicht und Erfahrung wäre es wünschenswert, wenn wir ihn, sofern darin Einigkeit besteht, explizit hinzunähmen, um die genannten Mißverständnisse auszuschließen.
Schließlich möchte ich Dich bitten, den Titel des Aufsatzes von Philippe Van Parijs noch nachzureichen, auf den Du Dich bezogen hast. Ich weiß nicht, welchen Aufsatz Du meinst, kenne auch nicht alles von Van Parijs und würde den Aufsatz gerne mal lesen. Dafür wäre ich Dir dankbar.
Mit besten Grüßen Manuel Franzmann
Re: Erste Schritte
Hallo Manuel,
Zitat von Manuel Franzmann <@carookee.com>: > Eines möchte ich zu Deinen Ausführungen anmerken. Ich möchte zur Vermeidung > von Mißverständnissen vorschlagen, bei der Beschreibung der "reinen Lehre", > sofern wir uns darin einig sind, explizit dazusagen, daß > "Bedingungslosigkeit" bedeutet, daß die Grundeinkommenszahlung unabhängig > auch vom Einkommen erfolgt, d.h. als identischer Pauschalbetrag an jedes > Mitglied der politischen Gemeinschaft.
Stimme Dir voellig zu.
Ich verstehe "ohne Beduerftigkeitspruefung" auch als "ohne Pruefung des Einkommens", also unabhaengig vom Einkommen.
Auch das "ohne Zwang zur Arbeit" ist eigentlich noch zu schwach, unabhaengig von der Art der Erwerbsbeteiligung oder aehnliches waere vielleicht besser.
Bedingslos heisst halt ohne Bedingungen. Aber das sollte vielleicht irgendwann noch einmal genau formuliert werden.
> > Schließlich möchte ich Dich bitten, den Titel des Aufsatzes von Philippe Van > Parijs noch nachzureichen, auf den Du Dich bezogen hast. Ich weiß nicht, > welchen Aufsatz Du meinst, kenne auch nicht alles von Van Parijs und würde > den Aufsatz gerne mal lesen. Dafür wäre ich Dir dankbar.
Ich habe ihn gefunden:
van Parijs, Philippe/ van der Veen, Robert (1987): Ein kapitalistischer Weg zum Kommunismus. In: Opielka, Michael/ Ostner, Ilona (Hrsg.): Umbau des Sozialstaats. Essen: Klartext-Verlag.
Schoene Gruesse Wolfgang
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Re: Erste Schritte
noch eine weitere Moeglichkeit fuer erste Schritte ist.
6) Verbesserungen der Sozialhilfe in Richtung unbedingtes Grundeinkommen
das koennen sein: - Hoehe - Individualisierung der Leistung - Abbau/Abschaffung des Arbeitszwangs
oder Kombinationen davon.
In diesem Sinne koennte auch der Vorschlag von Tom Maier verstanden waere.
Wolfgang Strengmann schrieb:
Liebe MitstreiterInnen,
wir sind uns einig ueber die Grundsaetze eines bedingungslosen Grundeinkommens: - Individuum statt Haushalt bzw. Bedarfsgemeinschaft - existenzsichernd (was immer das dann auch im Einzelnen ist) - keine Bedürftigkeitsprüfung - kein Zwang zur Arbeit - einklagbarer Rechtsanspruch
Das ist sozusagen die reine Lehre und das Ziel, wo wir hinwollen. Und die Verbreitung dieser Idee ist das vorrangige Ziel des Netzwerks.
Um dahin zu kommen, finde ich es allerdings legitim und notwendig, wenn einzelne in der wissenschaftlichen oder politischen Oeffentlichkeit Vorschlaege machen, die von dieser reinen Lehre abweichen, aber Einstiege in ein umfassendes Grundeinkommen sein koennen.
Solche ersten Schritte koennten sein:
1) Modelle einer negativen Einkommensteuer
Darueber ist ja schon ausfuehrlich diskutiert worden
2) Vorschlaege fuer bestimmte Gruppen
Alte Menschen --> Grundrente Kinder --> Kindergrundsicherung Erwerbstätige Arbeitslose Erziehende usw.
Fuer solche Vorschlaege ist die Akzeptanz moeglicherweise groesser, als fuer ein umfassendes Grundeinkommen.
3) Grundeinkommen, die unterhalb des Existenzminimums liegen, sogenannte partielle Basiseinkommen
Diese erfuellen natuerlich nicht unsere umfassenderen Ziele, sind aber positiv zu beurteilen und bedeuten halt einen Einstieg in eine andere Denkweise. Das koennte auch ein relativ kleiner Betrag sein, z.B. 150 Euro im Monat (Kindergeld fuer Alle !)
Wenn das gut funktioniert und positiv angenommen wuerde, waere es moeglich dieses Grundeinkommen schrittweise bis auf das Existenzminimum oder auch darueber hinaus zu erhoehen. Es gibt dazu einen schoenen Aufsatz von Philippe van Parijs, der sinngemäß heisst: "Gibt es einen direkten Uebergang vom Kapitalismus zum Kommunismus?" oder so aehnlich, und darin genau einen solchen Prozess diskutiert.
4) Grundeinkommen als Darlehen (BAFoeG fuer Alle)
Innerhalb des Vorschlages einer Grundeinkommensversicherung von Michael Opielka ist eine solche Grundsicherung als letztes Netz enthalten, die zur Haelfte als Darlehen ausgezahlt wird.
5) regionale Grundeinkommen
spannnend waeren auch regionale Grundeinkommen auf kommunaler Ebene oder fuer ganze Bundeslaender. Ich weiss aber nicht, ob das praktisch und juristisch ueberhaupt moeglich ist.
Alle diese Vorschläge - vielleicht fallen der einen oder dem anderen ja noch mehr ein - von "Teil-"Grundeinkommen, oder Kombinationen davon, finde ich als Einstiegs(!)modelle diskutierenswert und lassen sich sicher eher umsetzen als gleich ein umfassendes Grundeinkommen.
Solidarische Gruesse Wolfgang[/quote]
Re: Erste Schritte
Herr Strengmann:
> 6) Verbesserungen der Sozialhilfe in Richtung > unbedingtes Grundeinkommen > > das koennen sein: > - Hoehe > - Individualisierung der Leistung > - Abbau/Abschaffung des Arbeitszwangs > > oder Kombinationen davon. > > In diesem Sinne koennte auch der Vorschlag von Tom > Maier verstanden waere.
Ganz genau. Es geht darum die die brauchen und die die in Gefahr sind Unterstützung zu brauchen abzusichern. Das kann man jetzt Grundeinkommen nennen oder erweiterte Sozialhilfe oder wie auch immer.
Ich habe versucht zu zeigen das die anderen Ansätze: negative Steuer oder GE für 82 Millionen bei Abschaffung der Sozialhilfe unter dem Strich ein Schritt zurück wäre und den Bedürftigen nicht helfen sondern Schaden würde.
Weil ich das Thema so interessant finde werde ich in ein paar Stunden eine Diskussion zwischen mir und jemand aus der Gewerkschaft ins Forum stellen. Damit will ich erreichen, daß man sieht wie mein Ansatz von linker Position kritisiert wird.