Tinkerfreunde treffen sich ... - Gedichte und Nachdenkliches

Ein Pony erzählt ...

Ein Pony erzählt ...

Ein Pony erzählt

Liebe Kinder, wißt Ihr, wovon ich träume?


Von saftigen, grünen Wiesen und wärmenden
Sonnenstrahlen auf meinem glänzendem Fell.
Von frischer Luft und zwitschernden Vögeln und Bäumen,
die sich im sanften Windhauch wiegen.
Ich träume von einem klaren Bächlein,
aus dem ich trinken kann, wann immer ich durstig bin.
Ich träume von einer großen Weide,
auf der ich mit meiner Ponyfamilie kreuz und quer galoppieren kann,
auf der wir aber auch rasten und ruhen können,
wenn wir vom vielen Toben müde sind.
Ja, ich träume auch von zarten Kinderhänden,
die mich liebevoll streicheln und tätscheln,
die mir frische Möhren und saftige Äpfel auf der flachen Hand anbieten.
Ich mag es, wenn liebe Menschen mich umarmen
und lobende Worte in mein Ohr flüstern.
Aber von all diesen Dingen und Erlebnissen kann ich nur träumen,
denn mein wirkliches Leben sieht leider ganz anders aus!

Wollt Ihr wissen, wie ich lebe?

Ich bin ein kleines, altes Pony auf der Kinderreitbahn beim Volksfest in Eurer Stadt.
Zusammen mit anderen Pferdchen gehe ich stundenlang im Kreis,
immer in dieselbe Richtung.
Alles, was ich sehe,
ist der Hintern des Ponys vor mir.
Mein Kopf ist so tief nach unten gebunden, dass ich nicht sehen kann,
wer auf meinem Rücken sitzt.
Alles, was ich hören kann,
ist der Lärm auf dem Volksfestplatz,
das Kreischen von Motoren und Maschinen um mich rum.
Alles, was ich riechen kann,
ist Menschenschweiß,
Bratwurstdunst und die dumpfe, stickige Luft, die unter dem Reitbahnzelt liegt.
Alles, was ich fühlen kann,
sind die Schmerzen in meinem Kreuz,
in meinen Knochen und Gelenken und das grobe Ziehen der Zügel in meinem Mund.
Alles, was ich schmecken kann,
ist der trockene Staub in der Manege.
Wenn endlich alle Kinder im Bett sind,
dann werden auch wir in unseren winzigen Stall geführt,
dort bekommen wir abgestandenes Wasser und trockenes Heu.
Und wenn wir in Eurer Stadt unsere Arbeit getan haben,
zerren uns kaltherzige Menschen in enge Transportwaggons
und bringen uns in die nächste Stadt, wo uns die gleiche Qual erwartet.

So geht es Tag um Tag, Jahr für Jahr, bis wir nicht mehr können.

Liebe Kinder, nun wißt Ihr, warum ich so gerne träume
und nur im Halbschlaf meine Arbeit tue.
Wenn Ihr mir und alle meinen Leidensgenossen helfen wollt,
dann erzählt meine Geschichte und reitet nicht auf dem Festplatz.



Unser Kopf ist rund, damit unser Denken die Richtung ändern kann.