Lärmfunken - Forum unpopulärer Musik - Weltunterklang

Ruins "Tzomborgha" (Ipecac 2003)

Ruins "Tzomborgha" (Ipecac 2003)

Wer das erste Stück (1:59 lang) durchhält, wird süchtig. Die RUINS aus Japan wollen erfahren werden, geben sich gewiss aber nicht gefällig. Das musikalische Terrain grenzt viele Stile ein, die hier ihre avantgardistische Variante ausleben: Jazzrock, Punk, Progressive Rock, Metal, Hardrock. Vielleicht sind Zappa oder Fripp ideelle Vorbilder, John Zorn und MAGMA mögliche Inspiranten. RUINS haben dies alles sicher gehört und absorbiert. Sie machen aber nicht den Eindruck, eifrig nachzuhetzen. Eher bewegt sich "Tzomborgha" (wie die vorherigen Alben) parallel dazu. Das tut es mit einer Lässigkeit, die der Heavyness, der Härte, den wilden, dahin geschmissenen Ideen die gnadenlose Einzigartigkeit gibt. Die Rauheit des Punk erfährt hier eine Renaissance, die gerade wegen der komplizierten Struktur der Songs um so eindrücklicher wirkt. Als würde Punk nie wilder sein können, wenn er mit seiner Furiosität über kompliziertestes Komponiergut rast.Die 13 Stücke und 2 Medleys klingen wie von einer großen Band gespielt, dabei sind gerade zwei Leute am Werk: Yoshida Tatsuya am Schlagzeug mit "Gesang" und Sasaki Hisashi am Bass. Keine Gitarre oder sonstiger Schnickschnack! Der Bass liegt zumeist in mindestens 2 Spuren vor, basstypisch zum einen und mit hellem, harten, fast schon Gitarren-Klang zum anderen. Am Schlagzeug sitzt ein wildes Monster, ein Berserker, der wild um sich haut und doch ungemein Struktur schafft. Nebenher "singt" Yoshida auch in einer Pseudosprache, die irgendwo zwischen französisch, englisch und japanisch liegen könnte. Hier stößt er mal nur "Huh" aus, dort brüllt er, dann gibt es fast schon Melodiegesang und schließlich brubbelt er vor sich hin, das alles in einer Einzigartigkeit, die der musikalischen Ambition eine weitere charmante Note gibt. Hin und wieder klaut das Duo auch schon mal, so im 5. Stück "Wanzhemvergg", das nach einiger Zeit plötzlich abbricht und mit einem Bass-Solo der frühen YES-Phase ansetzt. Zum Abschluss des Albums gibt es wieder zwei nette Medleys. Das erste befasst sich in 2:16 mit allem, was Black Sabbath je ausgemacht hat. Das zweite braucht 2:01, um das Mahavishnu Orchestra verblüffend und genial komprimiert vorzustellen. Das Album hat keine Schwachpunkte und ist eine Ohrenfreude der besonderen Natur. Süchtigen Prog Freaks mit dem Hang zum nett komplizierten Zeug wird der Genuss-Level höhergeschraubt, alle anderen könnten süchtig werden, dazu gibt´s hier extrem viel Potenzial! Pflichtprogramm.