BamS fuhr Ski mit den zwei Bayern-Stars
Lahm und Ottl: Uns gehts zu gut
Zwei Urmünchner, die nicht nur der gleiche Klub, sondern auch die Leidenschaft am Skifahren verbindet: Philipp Lahm (l.) und Andreas Ottl. Im österreichischen Ischgl fuhren sie erst zusammen Ski, dann trafen sie sich mit BamS auf einer Skihütte zum Interview
BILD am SONNTAG: Wir sind überrascht, dass Sie Skifahren. Ist das nicht laut Vertrag verboten, weil es für Fußball-Profis zu gefährlich ist?
Philipp Lahm (23): Das war vielleicht mal so. In den neuen Profiverträgen sind zwar die Verbote einzeln aufgelistet, aber Skifahren gehört nicht mehr dazu. Kann also nicht mehr so gefährlich sein.
Andreas Ottl (21): Außerdem sind wir beide Münchner und fahren seit unserer Kindheit Ski. Da macht uns keiner was vor. Da passiert nix.
Für Sie beide war 2006 ein Traum-Jahr. Der eine wurde WM-Dritter, Sie, Herr Ottl, schafften den Durchbruch bei Bayern. Hat der Erfolg Sie verändert?
Ottl: Privat wenig. Ich kann mich immer noch frei bewegen, auch wenn ich in München auf der Straße schon mal angesprochen werde. Aber es ist noch nicht so schlimm wie bei Schweini oder Philipp.
Lahm: Wenn die große Popularität kommt, muss man nicht gleich sein ganzes Leben verändern. Aber man muss manche Sachen anpassen. Wenn man zum Beispiel bei Edeka einkaufen geht und auch ältere Herren dir an der Kasse in die Einkaufstüten reinschauen, was der Lahm denn da so alles einkauft, dann muss man damit umgehen können. So was passiert dir sonst nicht.
Ottl: Hast du ihm dann auch in den Einkaufskorb reingeschaut?
Lahm: Genau, gleiches Recht für alle. Ich glaube, es ist eindeutig, dass sich mit der wachsenden Popularität vor allem das Umfeld ändert, nicht man selbst. Ich jedenfalls habe mich nicht großartig verändert. Meine Freunde, die ich seit meiner Jugend kenne, würden mir schon Bescheid stoßen.
Wie erleben Sie beide die glamouröse FC-Bayern-Welt von innen?
Lahm: Wir wissen, dass vieles beim FC Bayern nicht selbstverständlich ist. Hier wird professioneller gearbeitet als überall sonst in der Bundesliga.
Ottl: Ich kenne es ja nicht anders. Deshalb frage ich Philipp manchmal wie das bei einem anderen Verein ist, etwa in Stuttgart, wo er gespielt hat. Beim FC Bayern ist es jedenfalls so, dass es einem Spieler an nichts fehlt.
Lahm: Manchmal gehts uns zu gut. Manchmal wird uns zu viel abgenommen, du musst gar nichts mehr selber machen.
Sie meinen die berühmte FCB-Rundumversorgung?
Ottl: Das kann auch ein Vorteil sein. Es zählt nur Fußball spielen, Leistung bringen. Sonst nix.
Lahm: Es geht los mit unseren verdreckten Fußballschuhen, die wir einen Schuhschacht runterschmeißen und am nächsten Morgen stehen sie frisch geputzt wieder da. Oder unsere Klamotten liegen jeden Morgen frisch gewaschen und gebügelt in unserem Spind. Du brauchst dich wirklich um nichts mehr selbst zu kümmern.
Ottl: Für Spieler, die aus dem Ausland kommen, wird das ganze Leben neu organisiert. Wohnungssuche und so weiter ...
Lahm: Also, wir beide haben unsere Wohnung selbst gesucht. Was ich selbst machen kann, das mach ich auch selber. Ich bin ja kein Kind mehr ...
Wie soll man denn da auf dem Spielfeld ein Führungsspieler sein und Verantwortung übernehmen?
Ottl: Deswegen haben wir unsere Wohnung ja selber gesucht (lacht) .
Lahm: Wenn du auf dem Platz stehst, kann jeder von uns Führungsaufgaben übernehmen. Das hat nichts damit zu tun, dass einem beim FC Bayern alles abgenommen wird. Aber irgendwann ist die Karriere vorbei und dann muss man diese Dinge selber organisieren und dann wird es vielleicht zum Problem. Das ist sicher nicht optimal.
Ist es denn ein Glücksfall, seine Karriere in der Jugend des wichtigsten deutschen Klubs zu beginnen?
Ottl: Es ist sicher viel schwieriger. Wenn man von einem anderen Profiklub kommt, ist man ganz anders angesehen, als wenn man sich aus der eigenen Jugend hochspielt. Wenn du woanders her kommst, hast du ja schon bewiesen, dass du es kannst. Kommt man aus der eigenen Jugend, muss man sich sein Ansehen hart erarbeiten. Man muss zeigen, dass man nicht mehr der Amateurspieler ist, dass man einer von ihnen ist.
Gibt es eine Art Aufnahmeritual in der Mannschaft?
Lahm: Man muss ein Kabinenessen ausgeben. Da wird ein riesiger Würsteltopf in der Kabine aufgestellt und dann gibt es Weißwürste mit Brezen für die ganze Mannschaft und alle Betreuer. Bei uns muss keiner singen oder so was. Und weh tut es auch nicht.
Viele machen die neue Spielkultur der Nationalmannschaft an Löw und Klinsmann fest. Wäre Klinsmann eine Art Blaupause für die Bundesliga oder für den FC Bayern?
Lahm: Er ist eh kein Thema für Bayern. Und auch die Bundesliga würde nicht gehen. Wir haben uns auf den Augenblick, das einzelne Ereignis fokussiert. Dafür war Klinsmann der perfekte Trainer. Ich weiß nicht, ob man das über viele Jahre hinweg praktizieren kann.
Warum nicht?
Lahm: Wir waren acht Wochen zusammen am Limit, die WM war für ihn ein Art Motivationsseminar. Das geht punktuell, aber nicht über viele Jahre hinweg. Das kann ich mir nicht vorstellen.
Was Klinsmann nicht geschafft hat, will Nachfolger Löw bei der EM 2008 erreichen: den Titel. Realistisch?
Lahm: Klar, der Titel ist das Ziel. Aber so einfach wird das nicht werden. Die großen Nationen tun sich bei den großen Turnieren immer schwerer.
Philipp Lahm auf der Piste