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Neue Projekte

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Mannheim
Sohn Mannheims und echter Herberger
Von Oliver Seibel MANNHEIM. Besonders schön ist die Stadt hier wahrlich nicht. Ein Mannheimer Gewerbegebiet an einem ganz normalen Wochentag: Hier soll die Organisationszentrale einer Band sein, die zu den bekanntesten der Republik zählt? Nachdem sich bei manchem erste Zweifel verfestigen könnten, kommt zum Glück ein Haus zum Vorschein, das angemessen erscheint.

Die Schilder an der Klingel und eine Überwachungskamera am Eingangstor machen ebenfalls Hoffnung. Eine gleichermaßen freundliche wie forsche weibliche Stimme tönt aus der Gegensprechanlage: "Hier sind Sie falsch. Also nicht ganz. Herr Herberger ist zwar gerade hier, aber Sie suchen das Haus nebenan." Und sie hat recht. Die Frau, die ein paar Meter weiter darüber entscheidet, wer willkommen ist und wer nicht, ist auf Besuch vorbereitet. Beim Nähertreten wird auch dieses Haus seinen Besitzern gerecht. In den hier untergebrachten neun Musik-Studios ist schon so mancher Hit eingespielt worden. Diese kleine Episode soll nur verdeutlichen: Die "Söhne Mannheims" sind im deutschen Musikgeschäft längst zu einer Marke geworden, hinter der mehrere Firmen stehen. Und dafür ist ein Haus eben zu klein geworden.

Doch die "Söhne Mannheims" samt ihres Produzenten Michael Herberger sind noch etwas ganz anderes. Sie sind ideale Botschafter einer Stadt, die so viel Wert legt auf ihr Marketing und so stolz ist auf ihre Kreativwirtschaft. Vorgänger der "Söhne Mannheims", wenn man so will, waren in den 80er Jahren die "Waldhof-Buben". Die Fußball-Mannschaft, die auf herzerfrischende Art mit vielen Talenten aus der Region die Bundesliga aufmischte, stiftete einer ganzen Stadt Identität und erntete bundesweit viel Respekt. Es soll in Mannheim sogar den einen oder anderen an durchaus exponierter Stelle geben, der das für einen Kunsthallen-Neubau vorgesehene Geld (67 Millionen Euro) beim SV Waldhof besser angelegt sähe. Laut aber sagt das lieber niemand. Insofern dürfte der Fußball fürs Stadtmarketing wohl auch künftig eine eher untergeordnete Rolle spielen.

Dieses Jahr ist aber eine Ausnahme. Und verantwortlich dafür ist ein Vorfahr Michael Herbergers, der noch zu Lebzeiten zur Legende werden sollte. Als Trainer gab der Mannheimer Sepp Herberger 1954 mit dem Triumph bei der Fußball-Weltmeisterschaft in der Schweiz einer ganzen Nation ihr Selbstwertgefühl zurück. Auch um daran zu erinnern, kommt die Sepp-Herberger-Stiftung des Deutschen Fußball-Bundes zurück in die Heimatstadt ihres Gründers. Am 28. März feiert sie im Mannheimer Rosengarten ihren 35. Geburtstag. Stadt und Stadtmarketing nutzen dieses Jubiläum gerne zu weiteren Aktionen und Veranstaltungen. Mitglied des Stiftungs-Kuratoriums ist Michael Herberger. "Ich treffe ja öfter Menschen, die man so kennt. Vor Kurzem habe ich bei einer Sitzung aber neben so Leuten wie Uwe Seeler und Horst Eckel sitzen dürfen. Da habe ich mich lieber erst mal zurückgehalten."

Der 40-jährige Musikproduzent ist ein hemdsärmeliger Typ. Offizielle Gäste empfängt er nicht im Büro, sondern an einem großen Holztisch. Der steht in einer Art WG-Küche, in der es auffällig viele Kühlschränke gibt. Gleichaltrige duzt er lieber, im Kapuzen-Pulli fühlt er sich wohler als im Business-Anzug. "Ich habe als Junge in der Gartenstadt gewohnt. Das Grundstück grenzte an den Alsenweg", fängt Michael Herberger an zu erzählen. Der Alsenweg ist in Mannheim eine Adresse wie der Betzenberg in Kaiserslautern. In der Aufstiegssaison 1982/83 hat er zusammen mit seinem Großvater, dem Neffen von Sepp Herberger, jedes Rückrunden-Heimspiel gesehen. Dafür hat er längst nicht mehr die Zeit, und vielleicht wäre das ja bei der Erinnerung an glanzvollere Tage auch zu schmerzhaft. Doch Michael Herberger weiß genau, wie es um "seinen" Klub steht. Er ist überhaupt fußballbegeistert genug, um beispielsweise erklären zu können, warum der Zauber von so manchem Bundesliga-Stürmer nach nur einer Saisonhälfte verflogen ist. Als Fußball-Fachmann will sich der Vater zweier Kinder, der mit seiner Frau im Mannheimer Stadtteil Feudenheim zu Hause ist, dennoch lieber nicht bezeichnen.

Wahrscheinlich haben aber schon so einige selbsternannte Fußball-Experten an seinen Lippen gehangen, wenn er ein bisschen aus seiner Kindheit erzählte. Zum Beispiel wie er in Weinheim-Hohensachsen im Wohnzimmer der Herberger-Witwe Eva gespielt hat - und eine Kopie des goldenen Fifa-Weltmeister-Pokals keine zwei Meter entfernt in einer Vitrine stand. Den großen Sepp hat er zwar auch noch kennengelernt, aber da war er noch zu jung, um sich erinnern zu können. Trotz dieser frühkindlichen Prägung hat ein Fußball nie auch nur annähernd dieselbe Anziehungskraft auf den heranwachsenden Michael Herberger ausgeübt wie ein Klavier. Früh bekam er Privatunterricht. Irgendwann war er so gut, dass sein Lehrer ihm nichts mehr beibringen konnte. Bis vor Kurzem stand Herberger bei den "Söhnen Mannheims" am Keyboard.

Jetzt wollen er und Xavier Naidoo, die Gründer der Band und gleichberechtigten Gesellschafter der Naidoo-Herberger-Produktion, sich auf neue Projekte konzentrieren. "Wie sage ich das jetzt, ohne zu viel zu verraten?", tastet sich Michael Herberger vorsichtig an eine Formulierung heran. "In einem Teil der Taylor Barracks soll eine Fläche für die Kreativwirtschaft entstehen." Wenn der städtische Konversionsbeauftragte Konrad Hummel diesen Satz gehört hätte, er wäre mit der Wortwahl bestimmt sehr einverstanden gewesen. Bald soll das ganze Vorhaben schließlich so öffentlichkeitswirksam wie möglich vorgestellt werden. Das Erfolgsgespann Naidoo/Herberger, das sich 1996 bei einer Geburtstagsparty vor dem Kühlschrank kennengelernt hat, will Mannheim also auch bei seiner Mammutaufgabe "Konversion" nicht allein lassen. Das ist nur einer von vielen Plänen, die derzeit in den beiden Häusern am Ende eines so unscheinbaren Mannheimer Gewerbegebiets reifen.

Von Oliver Seibel

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