Deutsches Nick Forum

Super RTL-Chef Claude Schmit über zehn Jahre Kinderfernsehen und die neue Konkurrenz durch Nick

Super RTL-Chef Claude Schmit über zehn Jahre Kinderfernsehen und die neue Konkurrenz durch Nick

Wir sind nicht das Rote Kreuz"
Super RTL-Chef Claude Schmit über zehn Jahre Kinderfernsehen und die neue Konkurrenz durch Nick

von Tilmann P Gangloff

Am Donnerstag feiert Super RTL sein zehnjähriges Bestehen. Seit sieben Jahren ist der Kindersender, der zu gleichen Teilen Walt Disney und der RTL Group gehört, Marktführer im deutschen Kinderfernsehen. Ausgerechnet zum Jubiläum kündigte der US-Medienkonzern Viacom, Mutterhaus von MTV und Nickelodeon, den Start des privaten Kindersenders Nick in Deutschland an. Tilmann P. Gangloff sprach mit Super-RTL-Geschäftsführer Claude Schmit über die neue Herausforderung.

Die Welt: Sieben Jahre nach seinem Abschied wird Kindersender Nickelodeon im September auf den deutschen Markt zurückkehren. Verhagelt Ihnen das die Feierstimmung? An Superstar SpongeBob werden sie womöglich nicht mehr lange Freude haben.

Claude Schmit: Als wir mit Nickelodeon Verträge etwa über Serien wie "SpongeBob Schwammkopf" und "Jimmy Neutron" geschlossen haben, waren wir uns im Klaren, daß Nick zurückkommen könnte. Die Rechte an den neuen "SpongeBob"-Folgen liegen erst mal exklusiv bis 2007 bei uns und nicht-exklusiv sogar bis 2011. Bei den alten Folgen ist also eine Parallelausstrahlung auf beiden Sendern möglich. Außerdem sollte man nicht unterschätzen, daß wir mit Programmen unseres Gesellschafters Disney sehr gut aufgestellt sind.

Die Welt: Nickelodeon ist weltweit sehr erfolgreich.

Schmit: Wir nehmen die Herausforderung sehr ernst. Gemeinsam mit Disney ist Nickelodeon weltweit die Nummer eins im Kinderfernsehen. In Deutschland wird der Sender allerdings drei Herausforderungen meistern müssen: Auf dem Programmplatz von MTV2pop wird Nick nur auf eine Reichweite von circa 68 Prozent kommen. Das ist nicht wirklich prickelnd, weil die werbetreibende Industrie alles unter 60 Prozent als irrelevant betrachtet. Außerdem ist MTV2pop in einigen Kabelnetzen erst abends zu sehen; das ist für einen Kindersender auch nicht unbedingt von Vorteil. Und schließlich hat sich Nick das kurzfristige Ziel von fünf Prozent in der Zielgruppe gesetzt; das will man nach und nach auf zehn Prozent ausbauen. Unsere Marktanteile betragen das Dreifache; Kampfansagen klingen anders.

Die Welt: Klingen Sie etwa enttäuscht?

Schmit: Ja, tatsächlich. Nick lag schon 1998, als sie den Betrieb eingestellt haben, bei neun Prozent. Wenn man dann noch bedenkt, daß beim Mutterkonzern Viacom überall auf die Kostenbremse getreten wird, ist das alles keine gute Voraussetzung für einen Sendestart.

Die Welt: Welche der drei Hürden ist die höchste?

Schmit: Die Vermarktung auf dem Werbemarkt. Mit unseren Cross-Media-Möglichkeiten können wir ein Angebot bieten, bei dem Nick nicht mithalten kann. Die Zahl der Zugriffe auf unsere Website toggo.de, allein 120 Millionen im letzten Monat, wird Nick nie erreichen. Unsere Verkäufer haben also beste Argumente, um den Kunden klar zu machen, daß man als Werber an Super RTL nicht vorbeikommt. Mit zehn Prozent Marktanteil positioniert sich Nick ohnehin von vornherein als Ergänzungsmedium. So richtig nervös bin ich also nicht.

Die Welt: Warum geht Viacom das Wagnis dann überhaupt ein?

Schmit: Ich glaube, das entspringt dem klassischen amerikanischen Strategiedenken. Der Sender ist in vielen Ländern auf Augenhöhe mit Disney, bloß im zweitwichtigsten Fernsehmarkt der Welt spielt er keine Rolle. Das will man ändern, übersieht dabei aber, daß sich der deutsche Markt von anderen grundlegend unterscheidet. Und man schneidet sich zudem ins eigene Fleisch, denn langfristig wird man natürlich ohne die Lizenzgebühren von Super RTL auskommen müssen.

Die Welt: Gilt das auch für das Merchandising?

Schmit: Natürlich! Den Bereich haben wir ja ebenfalls abgedeckt. Der gesamte Sender wird bloß aus zwanzig Leuten bestehen; bei uns ist allein die Merchandising-Abteilung so groß.

Die Welt: "SpongeBob" ist ja nicht nur als Serienfigur beliebt, sondern auch ein Vermarktungs-Goldesel. Wie sieht's in Zukunft mit den Merchandising-Rechten der Nick-Serien aus?

Schmit: Die haben wir nur bis Mitte dieses Jahres.

Die Welt: Das tut Ihnen vermutlich mehr weh als der Verlust der Exklusivrechte bei den alten Staffeln; Merchandising macht doch einen ordentlichen Teil Ihrer Umsätze aus.

Schmit: 15 bis 20 Prozent, um genau zu sein, bei den Gewinnen etwa doppelt so viel. 2004 hatten wir einen Umsatz von rund 100 Millionen Euro, der Anteil der Nicht-Fernseh-Geschäfte lag bei 20 Millionen.

Die Welt: Hätte Nickelodeon den deutschen Markt 1998 nicht verlassen, Ihre Bilanz sähe wohl nicht so rosig aus.

Schmit: Völlig richtig. Wir haben massiv von dem Abgang profitiert, und zwar witzigerweise nicht zuletzt mit Produkten von Nickelodeon.

Die Welt: Sie glauben an eine Nick-Strategie der kleinen Schritte?

Schmit: Irgendeine große Kampagne wird schon kommen, sonst hätten sie ja zuhause bleiben können. Aber gerade zur Firmenstrategie gibt es die abenteuerlichsten Gerüchte. Eines besagt, Nick sei vorerst bloß Platzhalter für ein "Car Racing"-Pogramm. Dann gibt es noch die Vermutung, Nick wolle seine Marke im Free TV zwei Jahre lang bekannt machen, um dann einen Bezahlsender zu starten.

Die Welt: Sie haben im Internet eine Plattform geschaffen, die man abonnieren muß. Funktioniert das?

Schmit: Der "Toggolino Club" für Vorschulkinder hat nach nicht mal drei Jahren bereits 60 000 Abonnenten, der "Toggo Cleverclub" für Grundschüler, Ostern gestartet, liegt schon bei 10 000. Beide sind mega-erfolgreich.

Die Welt: Die Amortisation ist also nur eine Frage der Zeit?

Schmit: Na klar, wir sind ja nicht das Rote Kreuz. Wir werden bereits im nächsten Jahr Break even haben. Beide Plattformen sollen substantielle Zuwachsbringer werden.

Die Welt: Sieht man mal von den RTL2-Zeichentricks aus Japan ab, ist der Kinderkanal von ARD und ZDF bislang die einzige Konkurrenz von Super RTL. Wie ist das Verhältnis?

Schmit: Das Verhältnis ist gut. Wir haben doppelt so viele Marktanteile, Kika reklamiert für sich die Meinungsführerschaft. Das Programm ist ja auch sehr schön und vor allem werbefrei; das ist für viele Eltern ein Argument. Und so sind alle glücklich und zufrieden; vor allem, weil die Anime-Serien von RTL2 zwischen 15 und 16 Uhr deutlich unter die 20-Prozent-Marke gerutscht ist.