Demokratische Volksrepublik Korea (Nord-Korea) Aktuelle Haftbedingungen
Amnesty International ist beunruhigt über Berichte, daß Nordkorea mehrere neue "Bestrafungsorte" (Haftzentren) eingerichtet haben soll. Dort wird wenig oder keine Nahrung ausgegeben. Viele Menschen verhungern deshalb infolge von Krankheit und Schwäche. Allgemeiner Nahrungsmangel hat viele Leute dazu gebracht, ihre Region zu verlassen und Nahrung in anderen Landesteilen zu suchen.
Bereits seit 1997 richteten die nordkoreanischen Verwaltungen improvisierte Haftzentren ein, wie berichtet wird. Dort werden obdachlose Menschen festgehalten sowie jene, die (ohne Genehmigung) ihre Region verlassen haben oder versuchten, das Land zu verlassen auf der Suche nach Nahrung. Es wird auch berichtet, daß sich Kinder in solchen Bestrafungsorten aufhalten müssen. Die meisten dieser Berichte von Mißbrauch staatlicher Gewalt wurden von Mitarbeitern humanitärer Hilfswerke sowie ausländischen Journalisten gesammelt, die mehrere Nordkoreaner nach dem Grenzübertritt in China interviewen konnten. Obwohl die Informationen nicht unabhängig nachgeprüft werden können, sind die Berichte konsequent und lassen ein Muster systematischer Menschenrechtsverletzungen erkennen.
Es wird weiter berichtet, daß sich diese Haftzentren in beschlagnahmten Gebäuden innerhalb von Stadtzentren befinden, oft in der Nähe von Bahnhöfen, sowie in den grenznahen Gebieten zu China. Obwohl es keine offiziellen Gefängnisse sind, sind die Menschen, die gegen ihren Willen dort festgehalten worden sein sollen, oft in entsetzlichem Zustand. Laut dem Zeugnis ehemaliger Häftlinge werden oft 20 bis 50 Leute in einen kleinen Raum hineingestopft. Dort erhalten sie täglich eine sehr kleine Nahrungsmenge. Von vielen Menschen wird berichtet, daß sie an Hunger und Krankheit in solchen Haftzentren zu gestorben sein. Die Sicherung ist relativ oberflächlich, daher konnten viele Insassen entkommen. Andere konnten sich ihre Freilassung dadurch sichern, daß ihre Familien eine Bestechung zahlten. Von einigen wird berichtet, daß sie immer wieder neu in diese Haftzentren geschickt wurden. Ein Artikel beschreibt, wie ein Einundzwanzigjähriger erzählte, daß er in ein Haftzentrum in der Stadt Chongjin im östlichen Landesteil eingewiesen wurde. Dort wurden die Häftlinge nur einmal täglich mit "Kuchen" gefüttert, der aus Maisstroh gemacht worden war. Sie wurden gezwungen, jeden Tag zu arbeiten und wurden unter dermaßen engen Umständen gehalten, daß sie im Sitzen schlafen mußten. Er sagte aus, daß drei seiner Zellenkollegen bereits nach einer Woche gestorben waren.
Amnesty International hat selbst keinen Zugang zu Informationen über die Zustände solcher Inhaftierung und anderer Haft, ist aber beunruhigt, daß die gegenwärtige Hungersnot in Nordkorea wahrscheinlich zu einer erheblichen Verschlechterung der Haftzustände geführt hat - einschließlich eines Mangels an Nahrung in allen Bestrafungsorten und Haftlagern überall in Nordkorea.
Hintergrund:
Nordkorea gehört zu den unzugänglichsten und isoliertesten Staaten der Welt. Seine Wirtschaft liegt brach und es hat kaum politische Verbündete. Das Land leidet seit einigen Jahren unter ernster Nahrungsmittelknappheit, die zu Hungersnöten führte. Hierbei sollen zehntausende, möglicherweise sogar Millionen von Menschen gestorben sein. Gründe für die Nahrungsmittelknappheit sind die Wirtschaftspolitik der Regierung, der Wegfall des Vorzugshandels mit der früheren Sowjetunion in den frühen 90er Jahren sowie eine Reihe von Naturkatastrophen. Weil die Regierung den Zugang ins Land erschwert und den Informationsfluß behindert, wird das gesamte Ausmaß der Katastrophe nicht sichtbar. Seit 1995 ist Nordkorea Empfänger massiver humanitärer Hilfsleistungen der internationalen Gemeinschaft.
Wenig ist über die Gefängnisse in Nordkorea bekannt. Einige Überläufer nach Südkorea behaupten die Existenz von Tausenden politischer Häftlinge (bis zu 200.000) meist in versteckten Gefangenenlagern. Erzwungenes Exil innerhalb des Landes sei ebenso üblich. Solche Behauptungen können zwar nicht verifiziert werden, aber Amnesty International ist besorgt, daß wahrscheinlich vor allem Häftlinge unter den Hauptopfern des Nahrungsmangels zu finden sind.
Amnesty international ist beunruhigt über Berichte, daß die nordkoreanischen Verwaltungen das Essen ungleich verteilt haben sollen. Vor allen anderen sollen diejenigen bevorzugt worden sein, die noch produktiv tätig und dem Staat treu ergeben sind. Viele verwundbare Gruppen, einschließlich obdachloser Kinder und Rentner, wurden aber durch den Staat offensichtlich in Stich gelassen.
Nordkoreas Regierungsform ist kommunistisch in Übereinstimmung mit der eigenen Juche (Selbständigkeits-) Ideologie. Dieses System gestattet keine politisch oppositionellen, unabhängigen Medien oder nichtstaatliche Organisationen. Das Land gestattet wenigen ausländischen Besuchern den Zutritt. Diejenigen, die ins Land kommen, werden aufmerksam überwacht. Trotz technischer Fortschritte bei der Massenkommunikation sind noch immer wenig konkrete Informationen erhältlich über die Regierung und Gesellschaft in Nordkorea.
In den letzten Jahren hat Amnesty International eine größere Öffnung des Landes sowie mehr Transparenz und Berechenbarkeit bei den Menschenrechten von den nordkoreanischen Verwaltungen gefordert. Die Organisation hat Nordkorea aufgerufen, für internationale Menschenrechtsbeobachter den unabhängigen Zutritt zu gestatten. Die Zutrittsverweigerung sowie die staatlichen Beschränkungen im Informationsfluß hat jedoch die unabhängigen Ermittlungen zu Menschenrechtsverletzungen in Nordkorea bisher stark erschwert. (Quelle ai) |