Balkan im Aufschwung (08.10.07)
Auferstanden aus Ruinen
Auf der
Balkanhalbinsel liegen zahlreiche Länder, die bei einzelnen
Strukturdaten deutliche Unterschiede aufweisen. Da die Zugehörigkeit
einzelner Staaten zur Region nicht einheitlich definiert wird, haben
wir einen weiten Basket (Albanien, Bosnien Herzegowina, Bulgarien,
Kroatien, Mazedonien, Serbien, Montenegro, Slowenien, Rumänien und
Griechenland) als Analysegrundlage gewählt.
Außer Griechenland
handelt es sich dabei um ehemals sozialistische Staaten, die sich seit
dem Zusammenbruch des Ostblocks allesamt zu einer marktorientierten
Wirtschaftsordnung bekennen.
Die Erfolge der Liberalisierung sind
enorm: Allein in den letzten drei Jahren konnte die Region dank hoher
Investitionen und einer boomenden Konsumnachfrage ein
durchschnittliches Wachstum von 4,9 Prozent erzielen (darunter das
regionale Schwergewicht Griechenland mit 4,2 Prozent). Dabei profitiert
die Region auch von ihrer geografischen Lage, die ihr sowohl die Nähe
zum EU-Markt als auch eine Brückenfunktion zum Nahen und Mittleren
Osten einräumt.
Die regionale Betrachtung verdeckt allerdings
die enormen Entwicklungsunterschiede zwischen den einzelnen Ländern.
- Während in den ärmsten Staaten wie Albanien und Montenegro bis zu 40
Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze leben und die bosnische
Wirtschaft aufgrund der anhaltenden Kriegsfolgen immer noch lediglich
70 Prozent ihres Vorkriegsniveaus erreicht, gehören andere Länder
längst zur EU. - Als erfolgreiches Transit- und Touristenland ist auch
für Kroatien der EU-Beitritt schon absehbar. - Slowenien hingegen konnte
als erstes Neumitglied bereits alle Maastrichtkriterien erfüllen und
zum Jahresanfang 2007 sogar den Euro einführen.
Stärken und Schwächen
+ Wachstumsstark
+ Erfolgreiche Konsolidierung der meisten Staatshauhalte
+ Wachsendes Engagement ausländischer Investoren
+ Größtenteils liberale Wirtschaftsstrukturen
+ EU-Mitgliedsstaaten / Angehende EU-Mitgliedstaaten
+ Zentrale geografische Lage
- Politische Instabilität und verwurzelter Nationalismus
- Probleme mit Korruption
- Teilweise hohe Inflationsraten
- Zum Teil hohe Arbeitslosigkeit
- Drastische Handelsbilanzdefizite in einigen Staaten (Rumänien, Bulgarien, Kroatien)
- Abhängigkeit von ausländischer Kapitalzufuhr
Fazit:
Die Integration des gesamten Balkans in die europäische Gemeinschaft dürfte nur eine Frage der Zeit sein.
Neben Griechenland sind Rumänien, Bulgarien und
Slowenien bereits beigetreten. Die für diesen Schritt von der EU
geforderten Maßnahmen haben sich sehr positiv in der Wirtschaftsbilanz
niedergeschlagen und für hohe Wachstumsraten gesorgt. Auch der Abbau
der Arbeitslosigkeit schreitet in allen Staaten voran. So konnte die
bulgarische Arbeitslosenquote seit der Jahrhundertwende halbiert werden
und liegt heute bei 9,6 Prozent. Die offizielle Anerkennung von
Kroatien und Mazedonien als Beitrittskandidaten könnte ähnliche Effekte
auslösen.
Obwohl das Ziel viel versprechend erscheint, bleibt
der Weg steinig und lang.
- So fehlt es den früheren jugoslawischen
Republiken wie Bosnien und Herzegowina oder Serbien an elementarer
Infrastruktur für eine funktionierende Volkswirtschaft.
allen Balkanstaaten weit verbreiteten Korruption sind die anhaltenden
politischen Spannungen nicht zu unterschätzen.
- Vor allem ist die Frage
der Unabhängigkeit von Kosovo nach wie vor ungeklärt ein Konflikt,
der schlimmstenfalls in neuen kriegerischen Auseinandersetzungen münden
könnte.
der unternommenen Anstrengungen weiterhin dynamisch entwickeln und
Investoren eine überdurchschnittliche Performance bieten dürfte.
Die
Kombination der genannten Stärken und der Schwächen, die wir neben der
politischen Unsicherheit vor allem im noch unterentwickelten
Forschungs- und Bildungssektor sehen, spiegelt sich in unserem
Scoring-Modell in einer Punktezahl von 5,6 (von max. 10) wider. Auch
die ungewichtete durchschnittliche Platzierung der Region in
internationalen Standortrankings weist mit einem Wert von 75 auf noch
bestehende Defizite hin.
Unser Urteil: Region im Spannungsfeld zwischen wirtschaftlichem Aufschwung und politischer Instabilität
Quelle: Deutsche Bank News
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