Perspektive Kosova -
Wirtschaft Balkan allgemein

Boom auf dem Balkan (09.12.06)

Boom auf dem Balkan (09.12.06)

Boom auf dem Balkan

Die Balkanländer werden in den nächsten Jahren sukzessive an den westeuropäischen Lebensstandard herangeführt.

Von Christoph Ammann

Zagreb. – Auf dem Balkan herrscht Aufbruchstimmung. Nach dem Auseinanderfallen von Jugoslawien und den Kriegen in den 90er-Jahren haben Slowenien, Kroatien, Bosnien und Serbien zuletzt grosse Fortschritte gemacht. «Die Wachstumsziele mussten in den letzten Jahren immer nach oben korrigiert werden», sagt Fondsmanager Joachim Waltl.


Für den Aufschwung macht Waltl verschiedene Gründe geltend: 

Wachstumstreiber

Nur den wenigsten Anlegern ist heute bewusst, dass die Wirtschaftskraft Ex-Jugoslawiens vor den Balkankriegen über dem osteuropäischen Schnitt lag.

Die unterschiedliche Betroffenheit durch den Krieg hat bereits wieder für erhebliche Unterschiede gesorgt.

«Diese Zahlen zeigen, dass nach wie vor grosse Anstrengungen nötig sind, um die Lücke zu schliessen», sagt Waltl.

Besonders in die Infrastruktur wie Verkehr oder Energieversorgung muss in den nächsten Jahren massiv investiert werden, teilweise fliessen dabei auch Beihilfen aus der EU.

Auf tiefem Niveau

Um den Nachholbedarf zu belegen, genügt aber auch ein Verweis auf ganz praktische Dinge.

So liegen die südosteuropäischen Länder bei den Telefon- und Internetanschlüssen noch weit zurück.

Oder bei den Versicherungsprämien. Der Schnitt der alten EU-Länder lag im Jahr 2004 bei einer Prämie von 2194 Euro pro Kopf.
Demgegenüber zahlten

bedeutend weniger. «Der Versicherungsmarkt ist noch deutlich unterentwickelt», sagt Waltl.

Fortschritte werden gemäss den Ratingagenturen auch bei den Banken erzielt. Die Profitabilität stimmt und das Risikomanagement ist auf einem relativ gutem Niveau.

Verbessertes Investorenklima

Die stabileren politischen Verhältnisse haben dafür gesorgt, dass sich das Investorenklima verbessert hat.
Dies kommt bei den ausländischen Direktinvestitionen klar zum Ausdruck.

Gemeinsam ist den Ländern, dass sie bereits heute die Hälfte ihrer Exporte in die EU liefern. Dies zeigt, dass sich die wirtschaftlichen Verbindungen nach Westeuropa bereits gut etabliert haben.

Welche Möglichkeiten sich durch die Annäherung an die Europäische Union bieten, kam zwischen 2003 und 2005 in den neuen EU-Ländern Osteuropas zum Ausdruck. Obwohl in dieser Zeit auch in den reifen Aktienmärkten wie Schweiz oder Deutschland schöne Renditen erzielt werden konnten, wurden sie von den Börsen Osteuropas im Eilzugstempo überholt. Waltl verspricht sich auf dem Balkan mindestens eine ähnliche Entwicklung: «Südosteuropa ist wohl die einzige Region, die den Investoren eine zweifache Konvergenz-Chance bietet. Erstens durch die Annäherung an die Volkswirtschaften Osteuropas und zweitens durch die wirtschaftliche Entwicklung in Richtung EU.»

Zudem verändern sich die Kurse noch beinahe unabhängig von den Börsen in den etablierten Märkten.

Geringe Auswahl an Aktien

Derzeit ist die Auswahl an Unternehmen, die für den Fonds in Fragen kommen, noch eher beschränkt.

An den Börsen Ex-Jugoslawiens sind zwar 2000 Unternehmen kotiert, doch die meisten erfüllen die Liquiditätskriterien des Fonds nicht.

Deshalb beschränkt sich die Auswahl im engeren Rahmen auf rund 140 Unternehmen, wovon Waltl 90 in seinem Fonds aufnimmt.

Zur Auswahl der einzelnen Titel werden die fundamentalen Daten einer Unternehmung ausgewertet. «Wir machen eine wert- und wachstumsorientierte Analyse. Das zukünftige Potenzial versuchen wir unter anderem in Gesprächen mit dem Management zu erfassen», sagt er.

Branchenmässig machen die Konsumgüter mit knapp einem Drittel den grössten Anteil aus, gefolgt von der Industrie mit 19 Prozent.

Von den Ländern hat Kroatien mit etwa 40 Prozent am meisten Gewicht. Für eine erwartete jährliche Rendite von 12 bis 15 Prozent müssen die Anleger aber auch einige Risiken in Kauf nehmen.

Hindernisse bei Annäherung

Zum einen besteht immer die Gefahr, dass die Reformprozesse ins Stocken geraten. In allen Ländern gibt es auch nationalistische Kräfte, die eine Annäherung oder gar einen Beitritt zur EU nicht befürworten.

Politische Entscheide gegen diesen Weg könnten dazu führen, dass sich die ausländischen Investoren wieder zurückhaltender verhalten, und nicht mehr im gleichen Stil ausländisches Geld in die südosteuropäischen Märkte fliesst.

Ein schwächeres Wirtschaftswachstum in Westeuropa würde zudem wegen des grossen Exportanteils auch die Balkanländer in Mitleidenschaft ziehen. Berücksichtigt werden müssen auch die sehr hohen Kosten (TER) des Fonds von 3 Prozent.

Quelle: Wirtschaft Regional / Wirtschaftszeitung für Region Liechtenstein-Rheintal-Sargans
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