Forum der Freunde des 7./PzGrenBtl.391 UL Pless - Im Einsatz

ISAF - Die Bundeswehr in Afghanistan

ISAF - Die Bundeswehr in Afghanistan

Der Bundeswehr Einsatz in Afghanistan (ISAF)

Mehr als 22 Jahre lang herrschten in Afghanistan Krieg und Bürgerkrieg. Bis heute leidet das Land unter den typischen Folgen wie schweren Zerstörungen, Verminung ganzer Landstriche, ethnisch motivierten Spannungen und organisierter Kriminalität.

Nach dem Sturz des Taliban-Regimes einigten sich die größten ethnischen Gruppen Afghanistans im November und Dezember 2001 anlässlich der „Petersberger Konferenz“ auf eine "Vereinbarung über provisorische Regelungen in Afghanistan bis zum Wiederaufbau dauerhafter Regierungsinstitutionen"(Bonner Vereinbarung). Damit schufen sie die Grundlage für die Internationale Sicherheitsbeistands-Truppe (International Security Assistance Force - ISAF), deren Aufstellung der Weltsicherheitsrat am 20. Dezember 2001 beschloss. Sie soll im Auftrag der Vereinten Nationen die afghanische Interimsregierung bei der Wahrung der Menschenrechte sowie bei der Herstellung und Wahrung der inneren Sicherheit unterstützen. Darüber hinaus unterstützt ISAF die afghanische Interimsregierung bei der Auslieferung humanitärer Hilfsgüter und der geregelten Rückkehr von Flüchtlingen.

Der Kampf gegen das terroristische Netzwerk Al Qaida und gegen die Taliban ist bis heute nicht abgeschlossen. Dieser Kampf ist Aufgabe der Operation ENDURING FREEDOM.

Mandat und Organisation der Friedenstruppe ISAF sind davon strikt getrennt. Der Deutsche Bundestag hat am 22. Dezember 2001 das Mandat für die Beteiligung der Bundeswehr am ISAF-Einsatz erteilt. Am 8. Januar 2002 wurden die ersten deutschen Vorauskräfte nach Afghanistan in Marsch gesetzt. Das Zuständigkeitsgebiet der ISAF und damit des an ISAF beteiligten Deutschen Einsatzkontingentes in Kabul und Umgebung umfasst einen wesentlichen Teil des ethnischen Spektrums Afghanistans. Im südöstlichen Teil sowie im Zentrum des Kabuler Gebiets sind mehrheitlich Paschtunen ansässig. Die nordöstlichen und nordwestlichen Ortsteile Kabuls werden von Tadschiken besiedelt. Im westlichen Zentrum leben die Hazara. Daneben gibt es im Norden, Südosten und im Zentrum der Stadt kleinere ethnisch heterogene Viertel, die keiner Ethnie vorrangig zugeschrieben werden können.

Außerhalb ihres Zuständigkeitsbereiches dürfen die deutschen Streitkräfte über die Wahrnehmung des individuellen und kollektiven Selbstverteidigungsrechts und des Nothilferechts hinaus nicht zu Kampfhandlungen eingesetzt werden. ISAF stand in der Zeit vom 10. Februar bis zum 11. August 2003 unter deutsch-niederländischer Führung. 29 Nationen stellten Truppenkontingente zur Verfügung. An Großgerät hat die Bundeswehr unter anderem gepanzerte Truppentransporter DINGO, Transportpanzer FUCHS und Waffenträger WIESEL nach Kabul verlegt.

Ein wesentlicher Teil der ISAF-Operation ist der Betrieb eines Lufttransportstützpunktes in Termez (Usbekistan) nahe der Nordgrenze Afghanistans. Diese Infrastruktur in sicherem Umfeld verbindet strategischen mit taktischem Lufttransport und gewährleistet angesichts der geografischen und meteorologischen Bedingungen sowie der Bedrohungslage in Afghanistan die für einen sicheren Flugbetrieb unerlässliche Flexibilität. In Termez werden auch Sanitätskräfte für die schnelle Evakuierung von Kranken und Verletzten aus Afghanistan (MEDEVAC) bereit gehalten.

ISAF kann zu ihrer eigenen Verteidigung wie auch zum Schutz der afghanischen Regierung und der Bevölkerung im Rahmen des Unterstützungsauftrags Waffengewalt anwenden. ISAF ist autorisiert, alle erforderlichen Maßnahmen einschließlich der Anwendung militärischer Gewalt zu ergreifen, um den Auftrag gemäß Resolution des Sicherheitsrates durchzusetzen. Den Soldaten der ISAF wird auch die Befugnis zur Wahrnehmung des Rechts auf bewaffnete Nothilfe zugunsten Jedermann erteilt.


Quelle: Bundeswehr im Einsatz.de





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„Notizen aus Afghanistan“ – Patrouille durch Kunduz

Kunduz, 29.05.2006, Ostfriesische Nachrichten.

Kunduz. Raus aus der Sicherheit des Camps hinter dicken Mauern und Sandsäcken. Sieben Männer der Schutzkompanie machen sich auf den Weg. Eine Stunde soll es durch die Straßen von Kunduz gehen. Ihr Auftrag: Präsenz zeigen, die Augen aufhalten, Kontakte knüpfen. Unter den Soldaten ist auch ein Sprachmittler, ebenfalls Soldat der Schutzkompanie. “Die haben wir immer dabei“, erklärt Oberstleutnant Frank S.

Der Auricher ist Presseoffizier bei der 4. Luftwaffendivision in Aurich und für drei Monate in Afghanistan stationiert. Langsam, fast gemächlich schreiten die Soldaten über die staubige Straße, umgehen Schlaglöcher und Pfützen. Die Blicke sind konzentriert, scheinen jede Bewegung auf und neben der Straße zu registrieren. Jeder in der Patrouille hat seine Aufgabe, seinen Platz, seinen Blickradius. Es wird versetzt marschiert, aber dennoch als Gruppe. Mit einfachen Handzeichen verständigen sich die Soldaten, per Funk halten sie Kontakt zum Feldlager. „How Are You?” Ein kleiner Junge mit der traditionellen pluderigen afghanischen Kleidung springt aufgeregt am Straßenrand auf und ab. Mit ihren Westen, der Uniform und den dunklen Sonnenbrillen sind die Soldaten nach wie vor eine Attraktion für die Kinder.

Anfangs gab es Kugelschreiber oder andere Kleinigkeiten für die Kleinen. Dann bildet sich schnell eine Traube um die Einsatzkräfte, beginnt der Kampf ums Geschenk. Deswegen belassen es die Männer inzwischen beim Gruß. Mit der rechten Hand, denn die linke gilt im Islam als unrein. „Fine“, antworten sie auf englisch. Der Dank: ein strahlendes Kinderlächeln. Ein Stückchen weiter ist eine Gruppe Mädchen auf dem Weg zur Schule. Schwarze Hose, schwarze Bluse, nackte kleine staubige Kinderfüße in rosa Plastiksandalen.

Auf dem Rücken ein Rucksack. Keine Burka, nur wenige tragen ein Kopftuch über den dunklen Haaren. Kunduz lebt, auch um 7 Uhr morgens. An den Straßenrändern stehen klapprige Marktstände aus Holz – dicht an dicht. In den Auslagen davor Gurken, Radieschen, Salat, Fladenbrot aus der Ebene von Kunduz, dem „Brotkorb Afghanistans“. Hinter den Ständen stehen und sitzen Männer mit tiefschwarzen Augen über weißen und grauen Bärten. Sie mustern die Patrouille – was hinter ihren Augen vorgeht, wer weiß es? 23 Jahre Krieg haben Spuren hinterlassen. „Man kann sich nie zu sicher fühlen“, sagt Frank S. Am 29. September 2004 etwa wurde das ISAF-Lager in Kunduz mit einer Rakete beschossen, ein Soldat schwer verletzt. Er musste ausgeflogen werden. Seitdem stapeln sich Sandsäcke meterhoch vor den Gebäuden bis zum Fenster - Splitterschutz.

Die Patrouille erreicht das Geschäftsviertel der Stadt, den Basar. Kaufhäuser oder Supermärkte, wie in Nordeuropa existieren hier nicht. Was es gibt, wird direkt an der Straße verkauft. Neben mobilen Marktständen und fliegenden Händlern gibt es feste Ladenlokale. Im Inneren, groß wie eine Garage, stapeln sich dort Waren aller Art. Tellergroße Fladenbrote, saftige Orangen, handgeknüpfte Teppiche, blecherne Teekannen, rostige Autoersatzteile, duftige Parfums. In den Straßen wimmelt es inzwischen vor Menschen. „Wir sind jetzt noch früh dran. In zwei Stunden sieht es hier ganz anders aus“, weiß Oberstleutnant S.

Die Patrouille biegt ab, will ins Innere des Basars. Schwarz gähnt der Eingang in die Katakomben - raus aus dem Sonnenlicht, rein in den Schatten des überdachten Gangs. Ein Windzug trägt den Geruch von Curry, Pfeffer und anderen Gewürzen mit sich. Rechts und links des schmalen Flurs befinden sich kleine Nischen mit Geschäften. In weißen Leinensäcken stehen hier Gewürze und Kräuter, aber auch eine Art steiniger Lehm in braun und schwarz. „Das ist eine Art Shampoo“, erklärt der Händler. "Das macht die Haare kräftig." In dem Gang ist es gedrungen, eng und dreckig. Der Boden ist matschig, über allem liegt ein dumpfes Gemurmel. Auf den rot glänzenden Fleischstücken, die an Fleischerhaken von der Decke hängen, sitzen die Schmeißfliegen. Ein abgetrennter Schafskopf starrt aus einem Pappkarton – helles Auge, weißes Fell. Wieder draußen auf der Straße. An einem Stand hängt ein ganzes Rind am Haken. Die Kehle klafft rot und blutig, der Kopf ist nach hinten geknickt. „Das Fleisch schmeckt hier sehr lecker“, sagt einer der Patrouille. Man müsse nur darauf achten, dass es gut durch ist. Besonders beliebt sind die kleinen Grillspieße, die vom Grill direkt an der Straße verkauft werden.

Es geht weiter durch die Stadt. Auf der asphaltierten Hauptstraße herrschen raue Sitten. Pferdekutschen, Rikschas, Motorräder, Autos und Busse drängen und überholen sich, hupen. Wer bremst, verliert. Mit bis zu fünf Fahrgästen quetschen sich die Menschen in die kleinen Kastenwagen, angetrieben von einem Vespa Roller. Die knatternden Rikschas lösen die alten hölzernen Kutschen nach und nach als Taxi ab.

Aus einem Laden dröhnt orientalische Musik, bunte CDs stapeln sich im kleinen Schaufenster. Daneben wirbt ein Schild für einen Zahnarztbesuch, eine Karikatur von Arnold Schwarzenegger für ein Fitness Studio auf der anderen Straßenseite. Es geht zurück zum Camp. Auf dem steinigen Weg sind immer wieder Frauen in der Burka zu sehen, dem Ganzkörperschleier. Unter dem Saum laufen braune Stöckelschuhe, schwarze Pumps, Plateauschuhe durch den Staub.

Ist der Schleier Schutz oder Zwang? Hinter dem blickdichten Sehschlitz scheinen die Augenpaare die Männer in Uniform zu fixieren, zu beobachten. Am Straßenrand haben Afghanen kleine Werkstätten eingerichtet. Bunte Hoftore werden geschweißt, Fenster geschreinert, Türen geschliffen. Die Baumwollfabrik hat gerade Pause. Alte Männer sitzen am Straßenrand und halten ihr Gesicht in die Sonne, die Augen sind geschlossen. Warten, beobachten, sinnieren. 8.25 Uhr: Das Tor des Feldlagers schließt sich hinter der Patrouille. Anderthalb Stunden Kunduz liegen hinter den Männern – ein Kurztrip ins Afghanistan des Jahres 2006.

Quelle: Bundeswehr im Einsatz






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