Der Hund...
Das Bild des Hundes
Ein Hund - was ist das für Sie? Stellt man diese Frage Hundeliebhabern, bekommt man mehrheitlich Antworten wie: Ein Hund, das ist ein Freund, ein Kuscheltier, ein Gefährte, ein Pelz mit Herz, ein Fleischfresser, ein Tier, ein Vertrauter, ein Beschützer, ein Herz auf vier Pfoten, der Freund des Menschen...
Für seinen Besitzer spiegelt das Bild des Hundes vor allem die Rolle in der er ihn gerne sehen möchte. Er wählt seinen Hund aus, erzieht oder dressiert ihn unter dem Einfluss eines Bildes, des Hundes seiner Träume, Wünsche und Fantasien: Verteidiger, Angreifer, Jäger, Prestigeobjekt, Wächter, Treiber, Beschützer, Begleiter, Freund, der Hund den man retten möchte, aber auch Sanitätshund, Katastrophenhund, Lawinenhund, Blindenhund,...
Für den Anderen kann wiederum ruft der Hund Assoziationen wach wie Gefahr, Unfall, Beissen, Kot, Belästigung, Gebell, Unordnung, Respektlosigkeit, Verschmutzung, verdorbener Spaziergang, gerissenes Schaf, verschmutztes Gras, ... was nicht heisst, dass der Andere Hunde nicht mag oder selbst keinen Hund hat, es ist bloss der andere Blickwinkel.
Und für ein Kind? Der Hund kann Angstobjekt sein (als Folge einer Bedrohung, einer Bissverletzung, eines Sturzes, weil die Eltern es sagen, aber auch ohne ersichtlichen Grund), ein Spielzeug, ein Spielkamerad, ein Sündenbock, ein Tröster, ein Wesen zu dem man eine enge Beziehung hat, ein Geschenk,... Das Bild, das das Kind vom Hund hat, entsteht nicht nur durch die Beziehung, die es zum Tier aufbaut, sondern auch durch das, was man das Kind lehrt, und wird mitgeprägt durch das Bild, das ihm die Erwachsenen in seinem Umfeld vermitteln und durch seine Kultur. Ein Kind muslimischer Herkunft hat ein anderes Bild vom Hund und baut eine andere Beziehung zu ihm auf als ein Kind christlicher oder buddhistischer Herkunft.
So hängt das Bild, vom Hund, abhängig vom Blickwinkel jedes einzelnen, von seiner Kultur, seiner Lebensweise und von seinen persönlichen Erfahrungen ab.
Der Mensch aus der Sicht des Hundes
Der Hund ist ein ausgesprochen soziales Tier und die Beziehungen, die er aufbaut, bilden das Gerüst seines Verhaltens. Eine soziale Hunde-Gruppe wird Meute genannt; bildet der Hund eine soziale Gruppe zusammen mit Menschen, spricht man sinngemäss von einer Familienmeute. Die Fachleute sind sich mehrheitlich darin einig, dass die Familienmeute aus der Sicht des Hundes im grossen und ganzen wwie eine Hundemeute funktioniert : als hierarchisches System. So gehört der Begriff "Gleichberechtigung" nicht zum Vokabular der Hunde, eher schon Begriffe wie "dominant, dominiert, Unterwerfung, unterworfen, Privilegien, Alpha, ..."
So bietet sich, immer noch aus der Sicht des Hundes, in alltäglichen Situationen die Gelegenheit, einen sozialen Status zu verteidigen, oder einen höheren Status, denjenigen des Domonierenden, zu erwerben. Für den dominanten Hund spielt Geld keine Rolle, auch nicht das Geschirr, aus dem er frisst; einzig das Überleben und die Erhaltung seiner Art zählen. Der Dominante einer Meute hat als erster Zugang zu Nahrung, mit Vorliebe vor aufmerksamem Publikum, zudem hat er das Recht sich fortzupflanzen und seine Geschlechtlichkeit auszuleben; er vertreibt Herausforderer (inklusive Menschen) und reserviert sich Plätze, von denen aus er seine soziale Gruppe und sein Territorium kontrollieren kann.
Jede Familienmeute hat einen Chef; ist es nicht ein Mensch, dann ist es der Hund. Wie in allen Hierarchien, weist der Chef unfolgsame Untergeordnete zurecht; ist der Hund der Chef und das Kind rangniedriger, können die Folgen dramatisch sein.
Überleben heisst auch, nicht "gefressen" zu werden; fühlt sich ein Hund bedroht, wird er grundsätzlich, je nach Situation (Fluchtweg offen oder verwehrt), entweder mit Flucht, Hemmung oder Aggression reagieren.
Ein Kind aus der Sicht des Hundes
Wenn ich J. Dehasse mit seinen Worten zitiere, die er an jeder Tagung, an der es um die Prävention von Hundebissverletzungen geht, wiederholt: " für einen Hund ist ein Kind schlicht ein gutes Fressen", dann ist der Ton gegeben. Der Hund ist ein Fleischfresser und ein Raubtier. Das ist eine Tatsache. Und egal in welche Richtung uns die Diskussionen führen, dürfen wir dies nicht vergessen. Tatsächlich weisen Kinder zahlreiche Merkmale einer möglichen Beute auf: Zielloses in der Gegend Herumrennen , häufig unkoordinierte Gangart, durchdringendes Gekreische verbunden mit brüsken Bewegungen im Kinderwagen, Herumschlenkern oder Stürze. Das Verhalten des Kleinkindes kann einen nicht sozialisierten Hund in seinem Jagdverhalten stimulieren.
Der sozialisierte Hund
Alle Hunde, ganz gleich welcher Rasse oder Kreuzung, sind sich genetisch sehr ähnlich. Die Selektion hat lediglich einige phänotypische Besonderheiten, im körperlichen Erscheinungsbild und im Verhalten hervortreten lassen. Das Verhalten entwickelt sich auf der Basis dieser genetischen Voraussetzungen, in dauernder Interaktion mit der Umwelt und dem Erlernten.
Ein Hund wird nicht "zivilisiert" geboren, er wird zivilisiert. Der Hund ist nicht von Natur aus des Menschen bester Freund, er wird es. Der Hund lernt den Menschen als Art von Freunden zwischen seiner 3. und 12. ± 2 Lebenswoche kennen3. Man spricht von der Sozialisierungsphase. Das Band der Beziehungen, das in diesem Zeitraum mit der Art Mensch geknüpft wird, widersetzt sich dem Beuteverhalten3. Ist der Hund nicht gegenüber verschiedenen Menschentypen korrekt sozialisiert, kann der Mensch Angst auslösen oder aber eine Beute werden, insbesondere, wenn der Hund grösser ist als der Mensch. So kann ein Baby selbst für einen kleinen Hund eine Beute sein.
Unfälle durch Hundebisse
Gemäss einer 1995 durchgeführten und 1998 publizierten Studie werden in der Schweiz jährlich 190 Hundebiss- und -kratzverletzungen je 100'000 Einwohner durch Hausärzte versorgt. Personen unter 20 Jahren sind überdurchschnittlich vertreten. Gemäss der Studie werden am häufigsten die Beine (35.4%), gefolgt von den Händen (30.02%), den Armen (19.3%), Gesicht, Kopf und Nacken (9.0%) und Rumpf (6.1%) verletzt. Bei Kindern unter 5 Jahren sind die Verletzungen in 40% der Fälle am Kopf und/oder Nacken, bei Kindern unter 15 Jahren in 25% der Fälle.
Ausser bei den Kindern unter 10 Jahren, wo vermehrt Jungen unter den Opfern waren, hat der Autor in dieser Studie keine Geschlechtsunterschiede beobachtet.
Bisher wurden nur wenige epidemiologische Studien zum Thema publiziert. Es ist davon auszugehen, dass das Opfer den Hund in der Mehrzahl der Fälle kennt.
Zur Zeit wird in der Schweiz auf Anregung der "Arbeitsgruppe Gefährliche Hunde" und in Zusammenarbeit mit der FMH, der Universität Bern und dem Bundesamt für Veterinärwesen erneut eine Studie zum Thema medizinisch versorgte Hundebissverletzungen durchgeführt. Die Ergebnisse dürften Ende 2001 vorliegen.
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