Wollt mal kurz was zu dem Fall Anneliese Michel schreiben.... hab erst die Reportage gesehen und dann noch ein bischen im Net gestöbert... folgendermaßen war es: Anneliese michel ist in einem behüteten Katholischen Elternhaus groß geworden.... von dem alter von ca. 13 Jahren oder so meinte sie schon das sie besessen sei... sie machte sich ständig selber fertig weil sie meinte das sie zu viele sünden gegenüber den Geboten und Regeln Gottes getan hätte.... mit dem alter wurden auch ihre Zustände schlimmer... sie hatte wahnvortellungen... und die **Besessenheit** wurde schlimmer... sie sprach in verschiedenen Stimmen und es wurden seiten in ihr wach, die sonst nie gewesen wären......!! Man brachte sie zu ärzten, die vermuteten eine Epilepsie und verschrieben ihr Tabletten.... die wohl nichts brachten... woraufhin sich die Familie in ihrem Leid , an die Kirche wandte....die einen Exorzisten zu der Familie schickten!! Nach ich glaube, 14 monaten... war anneliese... wohl durch die exorzismen auf 31 kilo heruntergekommen und starb kurze Zeit später.... woraufhin, der Exorzismus gestoppt wurde...!! Ich fand das irgendwie heftig und musste das mal posten..!! Wer hat ebenfalls von dem Fall gehört und weiss vielleicht noch ein paar einzelheiten... oder was meint ihr dazu... ich meine, das könnte ja auch evtll. von einem oder mehreren Dämonen (wie man vermutet hat: Kain, Lucifer, Hitler und Judas).... gekommen sein... ist seehr fraglich , aber wer weiss möglich wäre es vielleicht... obwohl ich nicht glaube , das ein dämon einen menschen, wenn er in schon als Körper missbraucht...nicht die absicht hat ihn zu töten!!! Aber vielleicht waren die ja auch so mächtig (zusammen)... das dieser kampf zwischen...den dämonen und den priestern.... zu viel für die Frau war...... oder vielleicht war sie auch einfach nur krank.....!!! mmh, die Tabletten gegen die Epilepsie hatten nicht geholfen... aber vielleicht haben sie bei ihr auch einfach nicht angeschlagen!!..... naja... alles Theorien Theorien... was meint ihr dazu??
Liebe Grüße und Blessed be Selene
Die Magie ist wie die Natur, sie kann wunderschön sein aber auch unberechenbar!
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Re: Exorzismus an Anneliese Michel
Es gibt ja voll viele Seiten über Annelise.
Ich hab es ja eh nicht mit der Kirche aber das hat mich schon geschockt.
Hier noch 2 Sachen ein Link und ein text aus dem Netz. aber wer noch mehr wissen will braucht nur den Namen bei google einzugeben.
Als die junge Frau am 1. Juli 1976 starb, wog sie nur noch 31 kg. Zuletzt verweigerte sie die Nahrungsaufnahme. Als die Tragödie öffentlich wurden, fragten sich viele: Hätte sie verhindert werden können? Besteht ein Zusammenhang zwischen ihrem Tod und den römisch-katholischen Exorzismen, die an ihr zuvor durchgeführt wurden? In Klingenberg hat der liebe Gott mal richtig auf den Putz gehauen! Mit diesen angesichts der menschlichen Tragödie befremdlichen Worten kommentierte Deutschlands ´Chef-Exorzist`, der Jesuitenpater Adolf Rodewyk* die Vorgeschichte des Todes von Anneliese Michel - die 67 bischöflich genehmigten Exorzismus-Versuche an der 23jährigen Pädagogikstudentin in den Jahren 1975 und 1976. Doch was als "Gottes" Hilfe gedacht war, hat offensichtlich alles nur noch schlimmer gemacht. DER THEOLOGE Nr. 9 deckt Hintergründe und Abgründe auf. Der katholische Glaube des Mädchens wurde für sie letztlich zur Sackgasse, aus der kein Weg zurück ins Leben mehr möglich war.
Das bricht dem Bischof das Kreuz Die letzte Teufelsaustreibung in Deutschland 1975/76, so der Titel eines Buches des Evangelischen Theologen und Exorzismus-Forschers Uwe Wolff (1). Doch Bischof Josef Stangl aus Würzburg und die römisch-katholische Kirche wurden bis heute nie zur Verantwortung gezogen. Die nachfolgende Untersuchung zeigt jedoch auf, warum Anneliese Michels katholischer Glaube und ihre Bindung an die römisch-katholische Kirche für sie zur Todesfalle werden musste.
Annelieses seelische Traumatisierung
Anneliese Michel wird am 21.9.1952 geboren (Ein Foto auf www.anneliese-michel.de.ms zeigt sie als junge Studentin). Sie entstammt einem streng katholischen Elternhaus und Milieu. Anders als die meisten ihrer Altersgenossinnen geht sie als Jugendliche mehrmals wöchentlich zur Messe, betet Rosenkränze und versucht, noch mehr als das zu tun, was die Kirche von ihren Gläubigen verlangt. So schläft sie z. B. zur Sühne für Rauschgiftsüchtige selbst im Winter manchmal auf dem Fußboden. Doch gleiten dem Mädchen auch die Zügel ihres eigenen Lebens mehr und mehr aus der Hand. Im Jahr 1968 beißt sie sich z. B. bei einem Krampfanfall in die eigene Zunge. Ein Neurologe diagnostiziert eine Epilepsie vom Typ Grand Mal, wogegen sie anti-epileptische Mittel erhält. Doch diese helfen nicht gegen eine religiöse Gedanken- und Bilderwelt, die sich immer mächtiger in ihr aufbaut und die Anneliese immer weniger kontrollieren kann. So erscheinen ihr beim Rosenkranzgebet Teufelsfratzen, die sie bis zu ihrem Tod quälen und verfolgen. Auch hört sie Stimmen, die ihr vorhersagen, sie werde in der ewigen Verdammnis landen, in der nach römisch-katholischer Lehre z. B. alle Menschen enden, welche der katholischen Kirche bewusst den Rücken kehren.
Der erste Exorzismus beginnt neun Monate vor ihrem Tod. Der Staatsanwalt ordnet noch an ihrem Todestag eine Obduktion der Leiche an, bei welcher der Arzt zu dem Ergebnis kam: Annelieses Leben wäre zu retten gewesen, wenn man die Kranke vor den krankmachenden Faktoren ihrer Umwelt abgeschirmt hätte. (Wolff, S. 15)
Du bist verdammt! Du bist verdammt! Du bist verdammt!
Doch Anneliese gelingt es nicht, sich aus ihrem streng dogmatischen Umfeld zu befreien im Gegenteil: in ihren schwersten Krisen lässt sie sich nahezu hilflos in das Milieu hineinfallen, in dem die maßgeblichen Wurzeln der Tragödie liegen. Und in ihren letzten Lebenstagen wirkt sie selbstzerstörerisch an ihrem Tod mit.
Während der Exorzismen kommen zunächst die ungelösten Kindheits- und Jugendprobleme von Anneliese Michel verstärkt zum Vorschein. Ein Beispiel: Jeden Morgen um 6 Uhr wurde sie als Kind zur Frühmesse geweckt. Die Oma hat sie in die Kirche hineingeschleift. Sie war sechs Jahre alt. Die Oma hat sie fast jeden Tag vom Bett herausgezogen, sagt einer der Dämonen durch Anneliese im Jahr 1975. Die Bauersfrau Barbara Weigand (1858-1943) aus dem benachbarten Rück-Schippach, die jeden Morgen zu Fuß in die Aschaffenburger Kapuzinerkirche ging, um die Hostie zu empfangen, jeden Tag fünf Stunden hin und fünf Stunden zurück, gilt in der Familie als Vorbild. Doch was hat sich dabei in dem kleinen Mädchen, das trotz seiner Bereitschaft zum Kirchgang natürlich auch gerne ausgeschlafen hätte, innerlich aufgebaut? Anneliese wagt vieles im Laufe ihres kurzen Lebens nicht selbst auszusprechen, was dann später die Dämonen durch sie umso heftiger zum Ausdruck bringen. Anneliese will zeitlebens ein liebes und gehorsames Kind sein. Sie kümmert sich oftmals rührend um andere Familienmitglieder und fügt sich in alle vorgegebenen Traditionen und Gebräuche. So wurde beispielsweise der 13. eines Monats in der Familie als Tag der Jungfrau von Fatima in Ehren gehalten. Das ist ihr Scheiß-Tag, so bezeichnet ein Dämon aus Anneliese im Hinblick auf diese Jungfrau den 13.10.1975. In der Ich-Form hätte Anneliese Michel wohl niemals solches zu sagen gewagt. Schon früh glaubt Anneliese, eine Verfluchung wäre der Grund, dass ihr so zugesetzt würde. Eine Frau hätte diesen Fluch bei ihrer Geburt über sie ausgesprochen. Diese Vorstellung trägt wohl auch dazu bei, dass sie viele ihrer Gedanken, Gefühle und Empfindungen nicht zulässt bzw. nicht annimmt und woraus sie andere Schlussfolgerungen für ihr Leben hätte ziehen können als die angebliche Wirksamkeit einer Verfluchung. So aber begleitet sie das Gefühl der Verworfenheit und Verdammnis, seitdem in ihrer Pubertät wie bei jedem Jugendlichen Gefühle verrückt spielen und normalerweise auch rebellische Gefühle gegen die Welt der Erwachsenen auftreten. Sie sagt von sich selbst, dass sie etwa seit ihrem 13. Lebensjahr besessen gewesen sei, also zeitweise nicht mehr in der Lage, ihr Leben eigenverantwortlich kontrollieren zu können. In einem Brief an Pfarrer Ernst Alt, einen der beiden Exorzisten, schreibt sie z. B. im Jahr 1974: Ich heulte oft abends für mich ... Von Gott fühlte ich mich irgendwie total verlassen. Damals war ich schon ziemlich umsessen [Anm.: Umsessen sein - eine Umschreibung für eine Vorstufe zu einer denkbaren Besessenheit, in welcher der Betroffene bereits die Nähe fremder Mächte spürt]. Ich wollte mich immer umbringen. Dortmals hatte ich höllische Angst, wahnsinnig zu werden vor Verzweiflung ... (S. 91). Offenbar hat sich der nicht eingestandene Widerstand gegen die katholischen Normen ihrer Kindheit bereits mehr und mehr verselbstständigt. Und dass der strenge katholische Gott ihrer Kindheit ihr nicht dabei hilft, ihre eigene Mitte zu finden und ein glücklicher junger Mensch zu werden, ergibt sich zwangsläufig daraus, dass dieser kirchliche Gott weder für Sünden aus jugendlichem Übermut noch für Zweifel an ihm Verständnis hatte.
Die Muttergottes und die Schlange
Worin bestanden Annelieses Probleme? Wie alle junge Mädchen interessierte sie sich als Jugendliche z. B. für die aktuelle Hitparade oder für Mode. Ein Beispiel: Dass sie wie andere junge Frauen Hosen tragen darf, vor allem im Winter, wenn es draußen kälter ist, wird ihr von den Eltern nicht erlaubt. Anstatt entweder den Konflikt durchzustehen oder sich bewusst dafür zu entscheiden, nachzugeben, flieht Anneliese harmoniebedürftig in eine angebliche Marieneingebung. Ihre Mutter erzählt: Da hat die Muttergottes mit ihr gesprochen und hat gesagt, sie sollte keine Hosen tragen, da wär man wie ein Mann und sie möchte das nicht haben. Da hat Anneliese keine mehr angezogen. (S. 69) So wird also das Problem durch eine angebliche Einsprache Marias gelöst. In einigen Jahren werden aber noch ganz andere Instanzen durch Anneliese sprechen. In einem Gespräch äußert sie im Jahr 1975: Ich hatte oft Angst, die eigentlich unbegründet war, und war deshalb oft schweißgebadet. Ich hatte schon immer dunkle Vorahnungen und musste schon damals an Neujahr oder meinem Geburtstag weinen, da ich immer Schlimmes auf mich zukommen sah. (S. 191) Doch was eine Warnung hätte sein können, aufzuwachen und erwachsen zu werden, indem man einen eigenen authentischen Weg findet, formt sich tatsächlich von Tag zu Tag mehr zu ihrem Schicksal. Die Drohbotschaft der katholischen Kirche an Sünder, Zweifler und mögliche Abtrünnige steckt womöglich wie ein giftiger Pfahl in ihrer Seele. Einmal während der Abiturprüfung kann Anneliese keinen klaren Gedanken mehr fassen. Stattdessen hört sie in ihrem Inneren in ständiger Wiederholung: Du bist verdammt! Du bist verdammt! Du bist verdammt! (S. 97) Als ihr Freund Peter Himsel, der im selben katholischen Studentenwohnheim in Würzburg wohnte wie sie, später nach dem Warum fragt, bezichtigt sich Anneliese ohne Selbstbewusstsein selbst: Ich hätte mehr beten müssen. Ich bin selbst daran mitschuldig. (S. 190) Anneliese klagt sich einmal mehr an, die katholischen Normen zu verfehlen. Und nach dem Besuch eines Nervenarztes notiert dieser: Sie habe keine Entscheidungskraft. (S. 99) Anneliese nennt sich selbst Schlange. Und zu einer Bekannten sagt sie: Wenn Sie wüssten, was ich alles gegen Gott getan habe! Ich kann nicht beichten. Wenn Sie wüssten, was ich für eine bin, was ich für eine Schuldige bin! (S. 116)
Selbstanklagen
Hier ist sie nahe daran, das Versteckspiel aufzugeben und sich zu ihren Gedanken-Bildern, geheimen Wünschen oder vielleicht verborgenen Taten zu bekennen, was eine große Chance für eine Befreiung hätte sein können. Und um was könnte es sich dabei handeln? Um Sexualität, wie z. B. die Selbstbezeichnung Schlange vermuten lässt? Vielleicht um immer wieder verdrängte sexuelle Wünsche? In der katholischen Mythologie verführt die Schlange - als Symbol für Luzifer - die Frau, die wiederum den Mann verführt. Später wird Luzifer einer der Dämonen sein, der aus Anneliese spricht, und Anneliese sieht sich unter seinem Einfluss oftmals gezwungen, sich vor anderen nackt auszuziehen - eine Spätfolge auch von möglicherweise jahrelanger brutaler Selbstkasteiung. Oder geht es bei Annelieses Selbstanklagen v. a. um unausgesprochene Vorwürfe z. B. an ihren Vater, den sie liebt, von dem sie sich jedoch kaum verstanden fühlt und der ihr Leben einschränkt? Unter dem Zwang der Dämonen startet sie später manche wilde Kuss-Attacke auf ihn. Oder geht es v. a. um das Aufbegehren gegen den katholischen Kinderglauben? In klaren Augenblicken ist sich Anneliese bewusst, dass sie vielfach den Anforderungen des katholischen Glaubens und ihrer katholischen Erziehung nicht entspricht, während sie nach außen krampfhaft den Schein zu wahren versucht.
Was es letztlich im Einzelnen ist, das Annelieses Schuldbewusstsein auslöst, kann man nur erahnen. Ihr Tagebuch, das einen detaillierteren Aufschluss über ihre Seelennöte geben könnte, geht nach ihrem Tod in kirchlichen Kreisen verloren. Wohl aus gutem Grund. Denn eine Schlange lässt sich in der katholischen Frömmigkeit nicht so gut verehren. Außerdem könnte man darin vielleicht noch mehr über die mit ihrer Selbstverurteilung verbundene panische Angst vor der ewigen Verdammnis erfahren, was ein noch schlechteres Licht auf die Kirche wirft, welche ihr das tödliche Gift dieser Vorstellung eingeträufelt hat. Doch auch so scheint klar: Um diese grausamste aller Vorstellungen abzuwehren, spaltet Anneliese in sich das aufkeimende Nicht-Katholische mehr und mehr ab als nicht zu ihr gehörig, und sie liefert somit einen idealen Nährboden für die Dämonen. Am Ende ihres Lebens ist Anneliese innerlich geteilt, man könnte sagen schizoid, und sie erlebt, wie nun offenbar fremde Kräfte sich dieser gegensätzlichen Persönlichkeitsanteile bemächtigen, die sie immer weniger selbst steuern kann.
In dieser Situation erwartet Anneliese Heilung ausgerechnet von der katholischen Kirche, an deren Verdammnis-Lehre sie erkrankte. Sie willigt immer wieder ein, dass an ihr der römisch-katholische Exorzismus durchgeführt wird.
Das Exorzismus-Ritual
Ich beschwöre dich, unreiner Geist, jeden Einfluss des bösen Feindes, jedes Gespenst und jede teuflische Heerschar, im Namen unseres Herrn Jesus Christus: Verschwinde und fahre aus von diesem Geschöpf Gottes! Mit solchen Beschwörungsformeln versuchen katholische Exorzisten bis heute, Dämonen auszutreiben. Nach dem Desaster von Klingenberg nicht mehr offiziell in Deutschland. Umso häufiger jedoch auch ganz amtlich z. B. in Italien, Spanien und in Ländern der Dritten Welt. Die beiden Exorzisten Pater Arnold Renz und Pfarrer Ernst Alt, die im Auftrag des damaligen Bischofs von Würzburg, Josef Stangl, den katholischen Exorzismus an Anneliese Michel durchführten, brachten es auf 67 Sitzungen. Die erste davon dauerte über viereinhalb Stunden. 42 Sitzungen wurden auf Tonband aufgenommen, so dass die entwürdigende Prozedur umfassend dokumentiert ist. Die Dämonen, die aus Anneliese sprechen, nennen sich Kain, Nero, Judas, Luzifer oder Hitler, oder es sind Vertreter der katholischen Fraktion, die sich Joseph oder Maria nennen. Anneliese versteht sich dabei jeweils als Objekt fremder Kräfte. Zu ihrem Freund Peter sagt sie: Ich spreche da überhaupt nicht mehr. Meine Stimme wird einfach benutzt. Ich höre mir praktisch zu. Ich bin das überhaupt nicht. Ich höre interessiert zu, und diese Bewegungen da und wie ich mich wehre, das mache ich auch nicht, das geschieht einfach mit mir. Ich stehe über der Sache und bin Beobachter. (S. 218 f.)
Was Anneliese hier berichtet, klingt glaubhaft. Mittlerweile gibt es viele Erfahrungsberichte ähnlicher Art. Diese könnten ein Indiz dafür sein, dass es tatsächlich ein Phänomen gibt, das man Besessenheit nennen kann und das unter Umständen auch der geistige Hintergrund einer Epilepsie sein könnte. Eine mögliche Deutung wäre dann wie folgt zu skizzieren: Beim Tod eines Menschen verlässt jeweils die unsterbliche Seele ihre sterbliche Hülle, den Körper. Die unsterbliche Seele lebt im Jenseits auf verschiedene Art und Weise weiter, wobei manche Seelen wieder den Kontakt zur Erde und ihren Bewohnern suchen. Und über Menschen, die sich für solche Einflüsse öffnen, so genannte Medien, kann eine Seele aus dem Jenseits auch mit unserer diesseitigen Welt Kontakt aufnehmen. Dies ist jedoch den Erfahrungsberichten zufolge nicht beliebig möglich. Die jenseitigen Kräfte werden offenbar vor allem dort tätig, wo sie bei einem Menschen Gleiches oder Ähnliches vorfinden wie das, was sie auch selbst bewegt. Dies würde erklären, dass Annelieses Dämonen teilweise genaue Anweisungen geben, welchen Kurs die katholische Kirche einzuschlagen hat, was sich in diesen Fällen mit Annelieses eigenen Anschauungen oder denen der Exorzisten deckt. Z. B. fordert ein Dämon, die Hostie dürfe dem Gläubigen beim Abendmahl nicht in die Hand gegeben werden, sondern müsse ihm wie die Jahrhunderte zuvor weiterhin in den Mund gesteckt werden, so wie es der Exorzistenpater Arnold Renz auch glaubt. Aus diesem Grund kann auch bezweifelt werden, dass es sich bei einigen der Dämonen wirklich um die Seelen von Hitler, Nero, Judas oder Luzifer handelte, als die sie sich ausgeben. Hier könnte es sich auch um Wichtigtuerei handeln. Schon eher könnte sich tatsächlich die Seele von Pfarrer Fleischmann bemerkbar gemacht haben, dem verstorbenen Pfarrer aus einem anderen unterfränkischen Ort, der den Zölibat gebrochen hatte. Dabei ist hier eines gewiss, auch für den, der diese mögliche Deutung nicht befürwortet: Die Dämonen aus Anneliese äußern nicht beliebig. Sondern sie spiegeln weitgehend die mittlerweile extrem gegensätzlichen Persönlichkeitsanteile Annelieses wieder, sowohl die katholischen als auch die der katholischen Kirche gegenüber zutiefst feindlichen und aggressiven. So lehren die Dämonen einerseits: Theologen müssen sich bessern, sprich bessere Katholiken werden. Und andererseits zerreißt ein Dämon durch Anneliese immer wieder Rosenkränze, oder er wehrt sich mit unflätigen Sprüchen oder wütendem Schreien gegen den Exorzisten oder er tut es mit der Selbstbehauptung Ich bin nicht unrein. Einen solchen Widerspruch gegen die katholische Lehre hätte die junge Frau Anneliese in Ich-Form niemals gewagt, weil sie Angst vor den Konsequenzen eines Widerspruchs hatte. Und auch hier treiben die Dämonen mit der Angst Annelieses, der Kirche zu widersprechen, ihr Spiel, indem sie sie zwingen, z. B. endlos auf den Knien Rosenkränze zu beten, Kniebeugen zu machen, unter dem Tisch zu jaulen wie ein Hund oder nackt auf dem Boden zu schlafen. Und schlimmer noch: Sie bringen sie dazu, Spinnen zu essen, einem toten Vogel auf dem Dachboden den Kopf abzubeißen und ihren eigenen Urin zu trinken. Und Anneliese gehorcht immer - bis zum bitteren Ende. Sowohl der Kirche als auch ihren Dämonen. Die Austreibungsformeln des Exorzisten Arnold Renz, der mal auf Deutsch, mal auf Latein beschwört, sind fruchtlos. Und so wie in nachfolgendem Beispiel geht es schier endlos hin und her. Pater Renz: Wir werden die drei Mächte bitten, dass sie euch in die Hölle stoßen. Wir werden zu den Armen Seelen beten, zu den Schutzengeln, zu den Heiligen ... Pater Renz beginnt mit dem Vater Unser. Nein, nein, nein, nein, nein!, schreit es aus Anneliese. Heiliger Erzengel Michael ... du Fürst der himmlischen Heerscharen, wolltest du den Satan und die anderen bösen Geister, die zum Verderben der Seelen in der Welt umherschweifen, mit Gottes Kraft in die Hölle hinab stoßen ... Felicitas D. Goodman, aus deren Buch Anneliese Michel und ihre Dämonen (2) diese Zitate stammen, schreibt weiter: Endlich wehren sich die Dämonen: Wir bleiben noch! knurrt einer. Wer erlaubt euch das? Die Dame!, bellt er. Pater Renz fängt von neuem an zu beten und versucht eine andere Taktik: Es muss euch doch eine Qual sein, hier zu bleiben! Ihr solltet doch eigentlich mit Freuden ausfahren! Nein! Warum geht ihr nicht? Weil´s dort viel schlimmer ist! (S. 165 f.)
Die Dämonen wollen nicht in die Hölle
Diese makabren Dialoge offenbaren dem, der es wahrnehmen will, eine einfache Wahrheit. Vorausgesetzt, Anneliese wurde tatsächlich als Folge ihrer schizoiden Lebenshaltung von jenseitigen Seelen besessen, ihren Dämonen, dann ist es doch verständlich, dass diese nicht in eine ewige Hölle wollen. Dahin hatte sie die katholische Kirche ja schon einmal geschickt, und dahin wollen sie die kirchlichen Amtsträger nun wieder verdammen. Doch wer will schon in ein ewiges Grauen, in ewige Qualen? Was für ein mögliches jenseitiges Aha-Erlebnis für diese Seelen, dass man offenbar keineswegs dort hin muss! Lieber besetzen sie weiterhin ihr Opfer und schreien ihren Protest durch ihr Medium heraus ein Protest, der für die Exorzismus-Vollstrecker natürlich gotteslästerlich klingt. Dabei sind die Schreie der Dämonen manchmal nichts anderes als eine Fundamental-Kritik an dieser scheinheiligen und furchtbaren römisch-katholischen Kirchenlehre, die aus den von ihr verdammten Seelen durch das Medium heraus bricht! So weit eine mögliche Deutung.
Und selbst wenn man voraussetzt, es würde sich gar nicht um Seelen handeln, sondern nur um Persönlichkeitsanteile Annelieses, die im Kampf mit den Exorzisten liegen, dann wäre das im Ergebnis nicht viel anders. Auch hier ist es verständlich, dass diese Anteile Annelieses nicht in die Verdammnis wollen. Sie wollen als Teil der Persönlichkeit erkannt werden, so dass ein gesunder Mensch entscheiden kann: Lebe ich das aus, was sich in mir an Gefühlen und Vorstellungen auftut? Oder gestehe ich es mir ehrlich ein, gebe dem aber nicht nach, sondern bearbeite die aus meiner Sicht negativen Ursachen dafür? Oder finde ich einen goldenen Mittelweg?
Bis zu dieser Fragestellung ist es bei Anneliese Michel nicht mehr gekommen. Die Dämonen hatten sie in ihren letzten Monaten schon zu sehr im Griff. Auch der Dämon mit dem Namen Judas war beteiligt. Und auch er hat verständlicherweise kein Interesse an der Hölle: Wo soll ich denn hinfahren? In die Hölle! Nein! Da gehörst du hin! Nein ... nein ... nein ... nein! In die Hölle gehörst du! Nur weil du´s verdient hast, bist du dort. Du wolltest ja nicht dienen!
Neben ihm gibt es den Dämon mit dem Namen Luzifer. Pater Arnold Renz wiederholt den exorzistischen Befehl unzählige Male. Dann heißt es bei der Buchautorin Felicitas Goodman: Pater Renz wendet sich an die Heiligste Dreifaltigkeit, an Jesus, an die allerseligste Jungfrau Maria, den Erzengel Michael - es nützt nichts. Der Dämon muss sich fast erbrechen und dennoch sagt er immer wieder: Nein! Nach drei weiteren exorzistischen Befehlen, er solle ausfahren und nie wiederkommen, scheint er endlich im Rückzug begriffen: Ich bin verdammt ... weil ich nicht ... weil ich Gott nicht dienen wollte ... ich wollte selber herrschen ... obwohl ich nur Geschöpf war. Dann wehrt er sich wieder und fügt hinzu: Ich geh nit! Wie Hagel prasseln die vielen Befehle des Priesters auf den Buckel, aber er gibt sich nicht geschlagen. Er würgt furchtbar, mit übermenschlicher Kraft, viermal hintereinander. Einige seiner Schreie ertönen doppelt, so als habe er zwei Mäuler. Du wolltest dich dem Himmel nicht unterwerfen, nun musst du in die Hölle! - Nein ... nein ... nein ... nein! (S. 171) Die Dämonen wehren sich letztlich erfolgreich gegen die Versuche der kirchlichen Amtsträger, sie in eine ewige Verdammnis zu verbannen. Wenn man solches liest und sich bewusst macht, dass all dies eben nicht nur auf die Dämonen, sondern auch auf die junge Studentin niederprasselte, dass sie, die Studentin, sich erbrechen musste und vieles mehr - wundert es da noch, dass sie diese Prozedur des Exorzismus schließlich in völlige Hilflosigkeit trieb?
Anneliese Michel - ein Opfer des Dogmas der ewigen Verdammnis
Das grausame Schicksal Anneliese Michels ist ein Zeugnis dafür, was das katholische Dogma von der ewigen Verdammnis bei Menschen anrichten kann: eine Vergiftung seiner Seele mit nicht endenden Schuldgefühlen und unaufhebbarer Angst. Es ist eine furchtbare Lehre, mit der Gläubige lebenslang beherrscht und in Abhängigkeit gehalten werden können. Anneliese Michel will ja eine besonders gute und folgsame Katholikin sein. Deshalb trifft es sie besonders hart. Gerade empfindsame und sensible Gläubige sind für diese Seelenvergiftung besonders empfänglich. Dadurch werden sie jedoch zwangsläufig krank ekklesiogene, d. h. kirchenbedingte Neurose heißt der Fachausdruck. Denn die Vorstellung einer Verworfenheit in alle Ewigkeit sowie die Vorstellung nie endender grausamer Schmerzen und Qualen, widerstrebt fundamental der Sehnsucht jedes Menschen nach Glück und nach einem Gott der Liebe, der keines seiner Kinder auf ewig verdammt. Doch der Gott der katholischen Kirche verweigert seine Barmherzigkeit selbst dann, wenn eine Seele nach katholischer Vorstellung im Jenseits ihre Vergehen bitter bereut und sich von Herzen danach sehnt, alles wieder gutzumachen, was sie an Negativem verursacht hat. Das hätte sie eben machen sollen, solange sie noch als Mensch auf der Erde war, so sinngemäß die kirchliche Antwort, wenn das Urteil zuvor auf Verdammnisgelautet hat. Jetzt gebe es nur noch allergrausamste Dauerfolter ohne die geringste Aussicht einer Linderung. Was für ein Gott!
Doch das war nicht immer so. Bis ins 6. Jahrhundert war der Glaube an eine einstige Rückkehr aller gefallenen Wesen zurück zu Gott sogar in der Kirche noch weit verbreitet. Erst auf dem Konzil von Konstantinopel im Jahr 553 wurde die Lehre von der schlussendlichen Rückkehr aller gefallenen Wesen zu Gott gestrichen und durch das neue Dogma von der ewigen Verdammnis ersetzt. Und ausgerechnet die Erfinder dieser Lehre bieten sich an, ihr Glaube allein könne auch vor ihrer Erfindung bewahren. So heißt es bereits rohend beim Kirchenlehrer Cyprianus (3. Jhdt.): Extra ecclesia nulla salus = Außerhalb der Kirche gibt es kein Heil, d. h. keine Rettung. Also ohne die Kirche nur niemals endende, ewige Höllenqualen? Mit dieser tödlichen Drohung, die heute meist subtiler gehandhabt und verbreitet wird, versucht die Kirche bis in die Gegenwart, ihre Gläubigen zu disziplinieren; übrigens auch die evangelische. Nur solche Betriebsunfälle wie bei Anneliese Michel passen natürlich nicht ins Kalkül. Ihr Leiden und Sterben zeigt einen gescheiterten Versuch, sich von dieser Religion zu befreien. Gescheitert letztlich, weil die nach Befreiung Ringende voller Angst an ihren Peinigern und deren Lehren festhielt und diese nicht zu hinterfragen wagte. Der Exorzismus verstärkte dabei diesen Irrsinn durch abartige Rituale.
Der katholische Exorzismus hat mit Jesus nichts zu tun
Besetzung- und Umsetzung, d. h. Besessenheit und Umsessenheit von Menschen scheinen zu allen Zeiten Realität. Doch die Heilung einer solchen Besessenheit kann niemals durch ein Exorzismusritual erfolgen, sondern allenfalls mithilfe einer humanen Psychiatrie und einer Psychotherapie, die sich der Hilfe zur ehrlichen Selbsterkenntnis und einer verantwortbaren Ethik verpflichtet weiß. Der katholische Exorzismus hingegen besteht darin, die angeblichen oder tatsächlichen fremden Mächte mit einem furchtbaren Wort-Ritual zu attackieren, wodurch die Situation des Betreffenden zwangsläufig verschlimmert wird. Wenn die Kirche in Sachen Dämonenaustreibung auf Jesus von Nazareth verweist, so ist das bemessen an ihrem Tun infam. Denn Jesus schickte die bösen Geister nicht in eine ewige Verdammnis weil es eine solche bei einem Gott der Liebe, den Jesus lehrte, nicht gibt. Solches steht auch nirgends in der Bibel geschrieben. Als Jesus einmal einen Besessenen heilte, warfen ihm die damaligen Theologen vor, er vollbringe die Austreibung mit Beelzebub, dem Obersten der Teufel. Doch dies war nichts anderes als eine Projektion ihrer eigenen erfolglosen Austreibungspraxis. Und die heutigen katholischen Theologen tun das Gleiche wie die damaligen Theologen. Mit barbarischen Ritualen versuchen sie, die Dämonen auszutreiben. Und der Hilfe suchende Gläubige bleibt dabei meist auf der Strecke.
Zur Verstärkung ihrer Austreibungspraxis benutzen Exorzisten auch so genannte Reliquien. Der Exorzismus-Forscher Uwe Wolff schreibt: Am Freitag, dem 21. November, benutzt Pater Renz einen Splitter vom Kreuze Christi, Reliquien des Vinzenz von Paul, des im Kampf gegen den Teufel erprobten Pfarrer von Ars, und vor allen Dingen eine Reliquie von Papst Pius X ... (S. 235) Die unmittelbare Folge: Anneliese wird durch diese Sitzung so weit aus der Bahn geworfen, dass sie die kommende schulpraktische Prüfung für die Missio canonica [der kirchenamtlichen Befähigung zur katholischen Religionslehrerin] nur unter großen Schwierigkeiten besteht. Und ihr Freund Peter muss eingestehen: Man hat ja gemerkt, wenn man hinkommt, betet den Exorzismus, da wird´s ja eigentlich schlimmer. Das war ja irgendwie das Tragische daran, jedenfalls in der letzten Zeit. (S. 243)
Religion des Todes
Und damit das Ganze nicht ans Tageslicht dringt, muss diese unselige Prozedur natürlich möglichst im Verborgenen vollzogen werden. Vielleicht ist das auch ein Grund, warum der Würzburger Bischof Stangl zunächst zögert, die Erlaubnis zum Exorzismus an Anneliese Michel zu erteilen. Die gebotene Diskretion soll auf jeden Fall gewahrt werden - keinerlei Medien dürfen während des Exorzismus zugelassen werden und weder vor noch nach der Exorzismushandlung dürfen sie darüber öffentlich informieren, heißt es in dem neuen Exorzismusdekret des Vatikan aus dem Jahre 1999. Die alten Männer in Rom werden wissen, warum.
Unzählige Male wird bei einem Exorzismus den Betroffenen auch das Kruzifix vor die Nase gehalten, so wie man es in der Vergangenheit verbrennenden Frauen und Männern auf den Scheiterhaufen vorhielt. Und so wie viele Opfer der Kirche noch im Todeskampf standhaft blieben und sich von dem Kruzifix abwandten, so wehrte sich auch ein Dämon in Anneliese: Weg mit dem Ding!
Einer, der die Kirche sehr gut kennt, der ehemalige katholische Theologieprofessor und Religionswissenschaftler Hubertus Mynarek, weist auf die tiefenpsychologische Bedeutung des Kruzifix in der Kirche hin, die eine ganz andere ist als die vordergründige Bedeutung, wonach das Kruzifix auf ein stellvertretendes Sühneleiden von Christus für die Menschheit hinweisen soll. Die Kirchen-Oberen, so Mynarek, stellen immerfort den malträtierten, misshandelten, gequälten, blutüberströmten Leichnam dar. Warum? Weil sie eine Religion des Todes und nicht des Lebens sind! Da kann der Papst noch hunderte Male von der Kultur des Lebens sprechen, die die katholische Kirche versinnbildlichte, und sie der Kultur des Todes entgegenstellen. In Wirklichkeit ist die Kirche die Kultur des Todes, des gequälten Leichnams, und glaubt selber nicht an das Leben. (3) Man könnte den Gedanken des Religionswissenschaftlers noch weiterführen: Mit dem toten Mann am Kreuz wird womöglich unterschwellig symbolisiert: Er ist tot, wir haben ihn besiegt. Besonders drastisch veranschaulicht wird die katholische Dauer-Todesanzeige für Jesus, den Christus, durch das Handkruzifix des Papstes, an dem er den furchtbar gekrümmten Körper des sterbenden Jesus demonstrativ vor sich herträgt. Wer es sehen möchte, der erkennt darin eine tiefere Botschaft: Die Kirche wäre demnach die Gegenspielerin von Jesus, die sich nur seines Namens bediente, um ihr eigentliches Wesen zu verbergen. Es wäre ähnlich, wie es der große russische Literat Dostojewski in seinem Werk Die Brüder Karamasov darlegte, als der Kirchenmann gegenüber Jesus erklärte: Wir haben deine Lehre verbessert. Und während Jesus nicht vor dem Versucher niederfiel, hat es seine Institution getan und dafür von dem Versucher als Belohnung irdische Macht erhalten.
Anneliese Michel wird anfangs unfreiwillig, später bewusst zur Zeugin dieser machtvollen Todesreligion. Denn als sich mehr und mehr herausstellt, dass das katholische Exorzismus-Ritual nicht nur nichts bringt, sondern die grausame Situation verschärft, gräbt sich die junge Studentin noch tiefer in die katholische Kruzifix-Lehre ein und versucht, bestärkt durch die beiden Exorzisten, die katholische Jesusvorstellung nachzuahmen. So deutet sie ihre unsäglichen Leiden schließlich als Sühne für andere, wobei auch die Dämonen selbst wieder kräftig beteiligt sind.
In einer Exorzismus-Sitzung fragt etwa Pater Renz: Und mit dem Büßen, da kann sie Sünden abbüßen für andere? Anneliese: Ja, ja, ja! Renz: Damit kann sie Seelen retten, damit kann sie andere Seelen retten? ( S. 222) Die muss dir noch viele Seelen abspenstig machen. Drum dürft ihr sie piesacken?! Anneliese: Bääh! Renz: Je mehr ihr sie piesackt, um so mehr Seelen werden gerettet. Stimmt das? Ja? ... Anneliese: Ja, nein, nein, nein.
Umdeutung zur Heiligenlegende
Der Exorzist, Pater Arnold Renz, will durch solche suggestiven Fragen seine Theorie der Sühnebesessenheit bei Anneliese Michel bestätigt sehen. Und diese geht notgedrungen darauf ein. Sie sitzt in der Todesfalle und flüchtet immer mehr in die Identifikation mit dem leidenden und sterbenden Christus, getreu der römisch-katholischen Lehre für die Kranken und Sterbenden. So ist im Katechismus der katholischen Kirche von der Vereinigung des Kranken mit dem Leiden Christi die Rede und es wird das Sakrament der Letzten Ölung z. B. mit folgenden Worten erklärt: Durch die Gnade dieses Sakraments erhält der Kranke die Kraft und die Gabe, sich mit dem Leiden des Herrn noch inniger zu vereinen. Er wird gewissermaßen dazu geweiht, durch die Gleichgestaltung mit dem erlösenden Leiden des Heilands Frucht zu tragen. Das Leiden, Folge der Erbsünde, erhält einen neuen Sinn; es wird zur Teilnahme am Heilswerk Jesu. (1521) Von dieser allen kranken Katholiken angebotenen Deutung der Gleichgestaltung mit dem erlösenden Leiden des Heilands ist es nur noch ein kleiner Schritt zur speziellen katholischen Deutung, dass auch der einzelne kranke Katholik stellvertretend zur Sühne für die Sünden anderer leide.
In ein solches Deutungsmuster verfällt man nicht über Nacht. Anneliese Michel wollte schon als Jugendliche mehr tun als das, was die Kirche vom einzelnen Katholiken verlangt. Nun schließt sich am Ende ihres irdischen Lebens der kirchliche Teufelskreis. Durch die Deutung ihres Leidens als Sühneopfer glaubt Anneliese Michel, wenigstens der ewigen Verdammnis entronnen zu sein spätestens jetzt ist der Horror nicht mehr zu stoppen. Wurde bis dahin immer versucht, die Dämonen auszutreiben, soll jetzt der Heiland sogar wollen, dass die Dämonen in Anneliese drin bleiben, weil sie als Mittel für ihr Sühneopfer dienen. Dann schreien die Stimmen aus der Tiefe in unendlichen Variationen: ´Wir wollen raus, raus, raus, raus! Wir wollen raus, raus, raus, raus!` (S. 237) Raus aus Anneliese oder aus dem Horror-Grab der katholischen Verdammnis-Vorstellungen? Obwohl sich die Dämonen in den letzten Lebenswochen Annelieses seltener melden, fährt der Exorzistenpater Renz bis zum letzten Tag mit seinen suggestiven Beschwörungen fort. Und er quält die immer wehrlosere junge Frau auch dann mit seinen Beschwörungsformeln, wenn sich gar keine Dämonen bemerkbar machen.
In der Deutung ihres Leidens fühlt sich Anneliese bestätigt durch eine Stimme, die sie am 20. Oktober 1975 vernommen hat und die sie als Heiland deutet: Du wirst eine große Heilige werden (S. 232). Der Exorzismus-Experte Uwe Wolff schreibt dazu: Wie ihr himmlischer Bräutigam will sie ein Sühneopfer sein (S. 250), und anders als durch eine solche Verklärung ihres gescheiterten Lebens lassen sich ihre letzten Lebenswochen wohl auch kaum mehr aushalten. In den letzten Tagen vor ihrem Tod scheint sie vollends in der Identifikation mit dem gekreuzigten Jesus aufzugehen. Wolff schreibt: Anneliese ist tief eingetaucht in das Geheimnis ihres am Kreuz leidenden Bräutigams und zitiert immer wieder dessen Todesworte: ´Bringt mir Wasser` (S. 258)! Angesichts des Ausmaßes ihres Leidens kann man dieser letzten Lebenslüge, die sie von ihrem Exorzisten übernommen hat, großes Verständnis entgegenbringen. Eine Lebenslüge bleibt es dennoch, denn Jesus war eine klare und geradlinige Persönlichkeit und wurde von seinen Gegnern gefoltert und umgebracht; Anneliese hingegen scheiterte an dem tödlichen Gift ihrer Kirche und auch an sich selbst. Auch beinhaltet das Schicksal von Jesus nicht die Aufforderung der äußeren Nachahmung, was etwas völlig anderes ist als es die schlichte Nachfolge wäre, indem man seine friedvolle Botschaft beherzigt. Der bekannte Psychotherapeut Carl Gustav Jung hat eine solche - katholische - Perversion der Nachfolge Christi mit den Worten kommentiert: Christus kann bis zur Stigmatisierung nachgeahmt werden, ohne dass der Nachahmende auch nur annähernd dem Vorbild und dessen Sinn nachgefolgt wäre. Letztlich wird dabei versucht, den einen Irrsinn - das Dogma der ewigen Verdammnis - durch einen anderen Irrsinn - die materielle Nachahmung des Leidens Christi - zu überwinden.
Anneliese Michel hat den Sachverhalt in ihrer Examensarbeit zum Thema Angstbewältigung, in folgende Worte gefasst: Zum Schluss sei noch gesagt, dass es Fälle gibt, wo einer, obwohl er gebeichtet hat und im Inneren im Frieden mit Gott lebt, von einer merkwürdigen Angst geplagt wird, einer Leidens- und Todesangst, von dem man einen Menschen nicht befreien darf. Man kann, wenn das einem Menschen auferlegt ist, nur schweigend stehen und beten, dass er auch durch diese Angst hindurch geführt wird. Es gibt das besondere Teilhaben am Kreuz Christi und seiner Todesangst. Die wichtigste Grundhaltung für das seelsorgerische und ärztliche Bemühen ist die Ehrfurcht vor dem Geheimnis der Geschichte eines Menschen mit Gott (S. 264). Ihre Entscheidung scheint damit auch vom Verstand her endgültig gefallen. Sie wird bis zuletzt diesem katholischen Gott verhaftet bleiben, der in Klingenberg mal richtig auf den Putz gehauen hat. Somit zieht sie Gott und Christus in die Verantwortung für ihr Leiden bewusst mit hinein. Doch Anneliese Michel wird diese Gottesvergiftung, deren Opfer sie letztlich geworden ist, nicht als Lehrerin an Kinder im katholischen Religionsunterricht weitergeben. Viereinhalb Wochen, nachdem sie ihre Examensarbeit an der Würzburger Universität eingereicht hat, ist sie tot. Als sie sich am Abend des 30.6.1976 schlafen legen will, bittet sie ihre Mutter, bei ihr zu bleiben: Mutter bleib da, ich habe Angst. Das sind ihre letzten Worte.
Voodoo auf katholisch
Weil Anneliese selbst zuletzt ihr Leiden und Sterben als Sühneopfer verstanden hat, ist es nicht verwunderlich, dass interessierte Kreise aus ihrer Geschichte eine Heiligenlegende machen wollen. Ein solches Deutungsmuster hält die katholische Kirche in der Tat für viele, die an ihrer Lehre zerbrochen sind, bereit. Etliche ihrer Anhänger wünschen sogar ihre Seligsprechung und strickten u. a. an der Legende, ihr Körper verwese nicht. Deshalb werden Annelieses sterbliche Überreste am 25. Februar 1978 auf amtliche Anordnung hin ausgegraben und überprüft. Dabei zeigt sich, dass die Verwesung sogar weiter fortgeschritten als üblich, weil so der Bestatter das Mädchen zum Todeszeitpunkt nur noch Haut und Knochen war.
Auch ihr körperlicher Verfall vor ihrem Tod, den sie selbst durch Selbstverletzungen und Selbstschädigungen beschleunigte, kann als Ausfluss des zwangsneurotischen Systems der katholischen Kirche verstanden werden, in dem nicht selten gilt: Wer sich selbst niedermacht, wer sich geißelt, kommt dadurch Gott näher. Ein nicht eingestandenes Aufbegehren gegen die krankmachende Lehre der Kirche richtet sich dann selbstzerstörerisch gegen die eigene Person anstatt gegen die Verursacher. Dies geschieht vor allem dann, wenn die kirchliche Indoktrination mit Angst und Schuldgefühlen sich in der eigenen Seele als übermächtig erweist. Die Selbstzerstörung nimmt ihren Lauf, und der Exorzismus verstärkt diesen Prozess in schlimmer Weise, bzw. er vollendet ihn wie bei Anneliese Michel. Daran ändert sich auch nichts, wenn man als zeitlich letzte Todesursache eine zu hohe ärztliche Dosierung eines krampflösenden Medikaments annimmt, wie man dies im katholischen Umfeld von Anneliese Michel tut.
Anneliese Michel hat also nicht den Teufel besiegt, wie die an ihrem Grab Rosenkranz betenden Pilger glauben - sie wurde eher das Opfer einer Teufelsreligion, die nicht zufällig eine auffällige Nähe zum Voodoo-Kult aufweist. Der ehemalige katholische Theologieprofessor und Religionswissenschaftler Mynarek schreibt hierzu z. B.: Das Opfer spielt in der katholischen Religion fast dieselbe Rolle wie in der Voodoo-Religion. Es muss Blut fließen und es muss ein Opfer sein, und so gibt es zahlreiche weitere Parallelen, auf die in der Schrift Voodoo auf katholisch(3) hingewiesen wird. Annelieses Eltern, die auf ihre Weise ebenfalls Opfer ihrer Kirche sind, und die von ihrem Bischof beauftragten Exorzisten werden wegen unterlassener Hilfeleistung zu Freiheitsstrafen von je sechs Monaten verurteilt, die auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden. Der verantwortliche Bischof jedoch kommt ungeschoren davon. Er zieht seinen Kopf mit einem in der Geschichte der katholischen Kirche vielfach bewährten Trick aus der Schlinge: Nach Anneliese Michels Tod distanziert er sich plötzlich von seinem Auftrag zum Exorzismus, und er lässt sinngemäß verlautbaren, Anneliese wäre ja gar nicht besessen gewesen, sondern nur seelisch krank, und die Exorzisten hätten mit ihren Diagnosen geirrt. Wohlgemerkt: In ähnlichen Fällen ohne tödlichen Ausgang waren nach katholischer Lehre die Dämonen echt. Geht die Sache schief wie in Klingenberg, sind die Dämonen eben nicht echt gewesen. Anneliese Michel wird auf diese Weise nach ihrem Tod noch ein weiteres mal ein Opfer der Kirche jetzt zusammen mit ihren Eltern und den bischöflich beauftragten Exorzisten. Man lässt sie alle miteinander einfach fallen. Doch kein Opfer der Kirche muss ein Opfer bleiben und für jeden, der die Wurzeln dafür findet, kann sich ein neuer Weg zum Leben auftun im Diesseits und, wer daran glauben möchte, warum nicht auch im Jenseits?