Drei Mittelklasse-Machos
Bisher galt Luxus als das Spezialgebiet von Lexus. Jetzt kommen Lust und Leistung hinzu. Der 423 PS starke IS F soll den Mittelklasse-Machos M3 und C 63 AMG einheizen.
Die Mercedes-Designer kehren die inneren Werte nach außen
Der Stuttgarter mit dem auffällig aufgemotzten Blechkleid fällt auch optisch am meisten auf. Lexus und BMW setzen nach außen mehr auf dezente Dynamik, wollen auch im Hochleistungstrimm eher premium als Proll sein. Das beweist auch die ausgesprochen komplette Ausstattung des IS F. Feines Leder, DVD-Navigation, Bi-Xenon-Scheinwerfer mit Kurvenlichtfunktion und vieles mehr gehören für 69.600 Euro zur Serie. Da kann weder die M3-Limousine für 64.750 Euro noch der C 63 AMG für immerhin 67.830 Euro wirklich mithalten. Auf Knopfdruck (und ohne Aufpreis) erwacht der IS F schließlich zum Leben. Mit einem knappen, aber verheißungsvollen Bellen meldet der Fünfliter-V8 seine 423 PS zum Dienst. Und schon nach dem ersten Kilometer wird klar, dass hier kein Dienst nach Vorschrift gemeint sein kann. Motorblock und Achtstufenautomatik stammen vom Lexus-Flaggschiff LS 600h, drumherum und in den Tiefen der Elektronik tobt dagegen die reine Lust an der Leistung: leichte Titanventile, Kühler und Rückförderpumpe fürs Öl, variable Ventilsteuerung (Einlassseite elektrisch gesteuert), ein Aluminium-Ansaugsystem mit zwei Einlasskanälen, Sechs-Kolben-Brembo-Bremsen, manueller Schaltmodus mit Wandlerüberbrückung ab dem zweiten Gang.
Auf der Rennstrecke zeigt der Lexus IS F sein Talent
Auf der Rennstrecke zeigt der im Alltag zwar recht trocken federnde, aber völlig entspannt zu fahrende IS F dann, was der ganze Eifer soll. Mit dumpfem Grollen rollt der Lexus aus der Boxengasse, beschleunigt auf der Start-Ziel-Geraden mit Macht und ankert vor der 90-Grad-Rechtskurve so entschlossen, als wolle er uns aus den gut passenden Sportsitzen werfen. Blitzschnell legen die am Lenkrad montierten Schaltpaddel die passenden Gänge nach, während die Traktionskontrolle alle Schaltkreise voll zu tun hat, die 255er-Hinterräder nicht in Rauch aufgehen zu lassen. Reichlich Regelarbeit wartet auch auf die elektronische Stabilitätskontrolle. Damit unsere sportlichen Ambitionen nicht irgendwo im Kiesbett oder an der Leitplanke enden, fährt ESP natürlich bei allen drei Hecktrieblern serienmäßig mit. Auf die Aus-Tasten drücken sollten allerdings nur Profis. Denn mit so viel Dampf an der Hinterachse fährt man schneller quer als gedacht. Und manchmal eben auch schneller, als der Fahrer gegenlenken kann.
Weshalb es bei allen zusätzlich auch die Möglichkeit gibt, das ESP gerade so weit lahmzulegen, dass leichte Drifts ohne Risiken und Nebenwirkungen drin sind. Spitzen-Spaß ohne Reue, auch wenn BMW für seinen M-Drive 520 Euro extra verlangt - und das Ganze auch noch an ein Navigationssystem koppelt (ab 2300 Euro). Noch eine halbe Klasse brutaler als BMW und Lexus schiebt der C 63 AMG an. Mit seinen 457 PS aus 6,2 Liter Hubraum scheint er ganz locker die Schwerkraft zu verspotten, klingt er im Vergleich zum wahrlich fetten Lexus-Sound geradezu apokalyptisch. Noch nie war ein Stuttgarter Taxi so nah am Tourenwagen - und noch nie war eine C-Klasse so hart und unkomfortabel. Deutlich kommoder geht es da in der brandneuen M3-Limousine zu - dieser Mittelklasse-Macho taugt durchaus auch für die sportbegeisterte Familie. Mit "nur" vier Liter Hubraum und entsprechend dünnerem Sound weckt der bayerische Bolide beim Vorstart allerdings fast schon Mitleid. Zu Unrecht, wie sich wenig später herausstellt. Denn was dem BMW beim Zylinderinhalt fehlt, gleicht er mit gieriger Drehfreude und superagilem Handling auf dem Rundkurs locker wieder aus.
Den M3 sollte man niemals unterschätzen
Bis zu 8400 Touren erlaubt die M3-Maschine mit den acht Einzel-Drosselklappen, deren 420 PS hellwach auf eine Chance zum Überholen lauern und angriffslustig auf der Drehzahl-Welle surfen. Besonders auf kurvenreichen Strecken schlägt der M3 dann blitzschnell gnadenlos zu. Die präzise Lenkung findet die Ideallinie scheinbar wie von selbst, während das Sperrdifferenzial an der Hinterachse den Bayern wie eine hungrige Raubkatze auf Beutezug aus der Kurve schnellen lässt. Wer den BMW M3 in solchen Momenten womöglich unterschätzt oder nicht ernst genug nimmt, guckt verdammt schnell in seine vier Auspuffröhren. Am Ende des Tages schauen wir jedenfalls zufrieden und glücklich auf das lautstark vor sich hin knisternde Trio. Und können drei Dinge mit absoluter Sicherheit sagen. Jeder dieser drei Mittelklasse-Machos begeistert auf seine ganz eigene Art. Den Lexus IS F muss man durchaus ernst nehmen. Und selbst Manuel hat ein ganz neues Lexus-Gefühl, nachdem wir uns mit dem Gebrüll von 1300 PS aus einem Dutzend Endrohren von ihm verabschiedet haben.
Fazit von AUTO BILD-Redakteur Gerald Czajka
Bravo, Lexus! Mit dem IS F müssen sich die Japaner vor M3 und C 63 AMG nicht verstecken. Und die Spitze von 270 km/h dürfte die bei 250 km/h abgeregelten Deutschen (280 km/h gegen Aufpreis) richtig pieksen. Wer bei einem knallharten Vergleich mit Messwerten vorn liegt, lässt sich jetzt noch nicht beantworten. Fakt aber ist: Spaß machen alle drei im Überfluss. Brutal der Benz, bissig der BMW und lustvoll der Lexus.
Quelle: Autotrax