Somewhere only we know - Rollenspiel

Kingston upon Thames

Re: Kingston upon Thames

Severus hatte Lily kein einziges Mal beim Lesen unterbrochen. Stillschweigend hatte er ihr zugesehen, teilweise mitgelesen, Kerzen angezündet als es nötig wurde und ab und an ihre Fragen beantwortet. Den Rest der Zeit hatte er neben ihr verbracht, beinahe ohne sich zu rühren, und einfach nur das Gefühl genossen, ihr nahe zu sein. Er wusste nicht, woher es kam, aber alles in ihm kam irgendwie zur Ruhe wenn er bei ihr war, und gleichzeitig spürte er manchmal sein Herz klopfen wenn sie sich nur die Haare hinters Ohr strich oder ihn ab und zu leicht berührte. Es war für ihn jedes Mal wie ein Stromschlag, aber er lernte schnell, sich zu beherrschen und nicht mehr davor zurückzuzucken. Dafür fühlte es sich eigentlich auch viel zu gut an.
Als Lily sich aufsetzte, wusste Severus, dass ihre Zeit gleich vorbei sein würde, und obwohl sie in den letzten Stunden kaum miteinander geredet hatten, war es der schönste Tag in seinem Leben gewesen.
Er sah auf einen alten Wecker in der Ecke, dessen Glas gesprungen war. "Halb Sieben", sagte er. "Du musst gehen, oder?"




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I'm forever black-eyed, a product of a broken home ~

Re: Kingston upon Thames

Lily atmete auf, als sie hörte, dass es erst halb sieben war. Sie hatte schon befürchtet zu spät zu kommen, da sie die Zeit vollkommen vergessen hatte.
Sie nickte und stand auf. "Ich muss mich beeilen" erklärte sie etnschuldigend. "Zum Abendbrot muss ich zu Hause sein, sonst wundern sich alle wo ich bleibe."
Sie fragte sich, ob Severus nicht zu einer bestimmten zeit zu Hause sein musste. Schließlich hatte er ihr erzählt, dass er sogar lieber hier war, als zu Hause. Ob tatsächlich niemand auf ihn wartete? Ihr fiel auch ein, dass sie schon einiges über seine Mutter gehört hatte, aber noch nichts über seinen Vater. Ob er überhaupt bei ihnen wohnte? Und war er auch in Hogwarts gewesen? Lily hätte diese Dinge gern gefragt, aber manchmal hatte sie das GEfühl, dass sie Severus nicht einfach so fragen konnte. Als würde ihn etwas Geheimnisvolles umgeben, das man nicht einfach so durchdringen konnte.
"Bringst du mich noch ein Stück? fragte sie.




Re: Kingston upon Thames

Severus lächelte ansatzweise, während er Hogwarts: A History ordentlich zu den anderen Büchern stellte. "Natürlich", sagte er; etwas anderes wäre für ihn gar nicht in Frage gekommen, außer natürlich sie hätte ihn ausdrücklich gebeten, es nicht zu tun. Aber selbst dann wäre er ihr heimlich gefolgt, um sicherzugehen, dass ihr in der Dunkelheit nichts zustoßen konnte.
In der Tür sah er sich noch einmal um, und er hatte ein etwas ungutes Gefühl dabei, das Buch tatsächlich hier zu lassen - aber er hatte es Lily versprochen. Sie hatte das Buch noch nicht einmal zu einem Fünftel fertig lesen können, sie würde noch einige Zeit brauchen um es wirklich durchzukriegen. Und diese Chance würde er ihr auch lassen.
Er ging wieder voran durch die Fabrik, die jetzt im Zwielicht wesentlich düsterer und gruseliger wirkte als vorher bei Tageslicht, aber er kannte seinen Weg blind, und Lily folgte ihm auf den Fersen. Das Jahrbuch seiner Mutter hatte er wieder mitgenommen, obwohl das garantiert keiner vermissen würde; unter seinem unkleidsamen Kittel konnte er es sicherlich unbemerkt wieder ins Haus schmuggeln, da war er sich sicher.
Er sah Lily beim Gehen von der Seite an, als sie auf dem Weg zum Spielplatz waren, und es gab ihm einen Stich. Wo sie hinging, da war sie willkommen. Severus konnte das kleine Haus mit den erleuchteten Fenstern förmlich vor sich sehen; ein Haus, wo sie Leute erwarteten, die sie liebten und die auf sie warteten. Wo es warm war und gelacht wurde. Severus hatte es gesehen, er war schon dort gewesen. Zwar hatte er sich nicht sehr nah herangewagt, aber er war nah genug gewesen, um durchs Fenster den Abendbrottisch sehen zu können, an dem die ganze Familie saß und sich scheinbar prächtig verstand.
So etwas war ihm völlig fremd, und wie hinter einem magischer Bannkreis hatte er sich nie näher als einen Steinwurf an das Häuschen herangetraut.
Auch jetzt blieb er vorsichtshalber schon auf dem Spielplatz stehen und wandte sich ihr zu. "Jetzt hast du's nicht mehr weit", sagte er, dann hustete er schnell und fügte ein hastiges "Äähh... glaub ich!" hinzu. Er war froh, dass die Dunkelheit seine aufkommende Röte verschluckte, und etwas verlegen rieb er sich den Nacken. "Seh ich dich morgen wieder?"





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Re: Kingston upon Thames

"Es kann sein, dass Petunia morgen wieder mitkommt" sagte Lily bedauernd. Sie war neben Severus stehen geblieben. Es fiel ihr seltsam schwer sich von ihm zu trennen. Es kam ihr vor, als ließe sie nicht nur ihn zurück, sondern eine ganze Welt. Auch wenn sie daran glaubte, dass er auf sie warten würde, fürchtete sie trotzdem, dass er verschwinden und einfach nicht mehr da sein könnte. Wieder hätte si gern zum Abschied seine Hand genommen oder ihn am liebsten sogar umarmt, aber sie wusste, dass er dann wieder vor ihr zurückgeschreckt wäre.
"Weißt du was?" begann sie. "Vielleicht solltest du mich mal zu Hause besuchen kommen. Meine Eltern sind viel freundlicher als Petunia und wenn sie dich kennen lernen, haben sie bestimmt nichts dagegen, dass wir uns öfter sehen. Was hältst du davon?"




Re: Kingston upon Thames

Severus trat sofort einen Schritt zurück. "Nein... nein, lieber nicht", sagte er ziemlich schnell und sah sich um, fast als könnten Lilys Eltern hier schon auftauchen. Wenn sie sahen, mit wem ihre Tochter sich herumtrieb, wären sie überhaupt nicht erfreut, da war Severus sich mehr als sicher, und dann würden sie ihr den Umgang mit ihm verbieten und er würde sie nie wieder sehen! Oder zumindest nie wieder mit ihr reden können, und das wäre jetzt schlimmer für ihn, als wenn man ihm all seine Bücher wegnehmen würde.
Er leckte sich über die Lippen und trat dann rasch wieder zwei Schritte nach vorne und sehr nah an sie heran. "Hör zu", sagte er so leise, dass es beinahe ein Flüstern war. "Dass wir uns kennen - das muss ein Geheimnis bleiben!" Er hoffte so sehr, dass sie ihren Eltern noch nicht von ihm erzählt hatte. "Wir können uns nur heimlich treffen, okay?" Er sah sie dringlich an, und es hätte nicht viel gefehlt und er hätte flehend nach ihrem Arm gegriffen. "Du darfst das mit uns niemandem erzählen!"
Sein Herz klopfte wie wild. Die Angst, sie zu verlieren, wurde größer, als sie in all den Nächten, in denen er wachgelegen und um sie gebangt hatte, obwohl er sie noch nicht einmal wirklich gekannt hatte, je gewesen war. Ihre Freundschaft musste ein Geheimnis bleiben, bis sie nach Hogwarts gingen. Bis er sie sicher hatte, bis keiner sie ihm mehr wegnehmen konnte. Das war der Plan, den er in seinem Kopf schon lange geformt hatte, und er durfte keinesfalls scheitern.
"Kannst du - deiner Schwester nicht sagen du gehst zu einer Freundin?" Er sah sie bittend an.





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Re: Kingston upon Thames

Lily sah ihn ein wenig gequält an. Es fiel ihr immer schwer, Geheimnisse vor ihren Eltern zu bewahren und sie fühlte sich nicht wohl dabei. Außerdem legten ihre Eltern großen Wert darauf zu wissen, wo sie such aufhielt und mit wem sie zusammen war. Sie konnte sich auch überhaupt nicht vorstellen, dass sie ihr jemals den Umgang mit irgendjemandem verbieten würden.
Trotzdem war sie bereit für Severus all das zu tun, was er von ihr wollte. Der Wunsch mit ihm zusammen zu sein und es ihm recht zu machen war im Moment sogar stärker als der Wunsch ihren Eltern zu gehorchen.
"na gut, wenn du möchtest, dass es geheim bleibt, dann sage ich es niemandem." Sie sah zu Boden, blickte dann aberauf und lächelte ihn an. Sie hatte noch nie jemanden auf die Art gern gehabt wie ihn und es fühlte sich wirklich schön an.
"Ich kann Petunia morgen sagen, dass ich nach der SChule zu Sarah gehe. DAnn nehme ich einen Bus später und komme hierher. Am besten treffen wir uns wieder an der Fabrik, damit mich niemand sieht."
Es fiel ihr schwer sich von ihm zu trennen, aber wenn sie jetzt nicht ging, würde sie tatsächlich zu spät kommen. "Bis Morgen dann!"




Re: Kingston upon Thames

Severus atmete auf. Er fühlte sich, als würden ihm riesige Felsbrocken vom Herzen fallen, und er erwiderte ihr Lächeln und sah für einen Moment fast glücklich aus.
"Bis morgen!", sagte er. "An der Fabrik!" Er hob die Hand und sah ihr dann wieder nach, bis sie verschwunden war. Die Dunkelheit verschluckte sie, noch ehe sie über den Hügel war, aber Severus wartete trotzdem, bis er wusste, dass sie wirklich weg war.
Dann drehte er sich um, und ihm fiel siedendheiß ein, dass auch er zum Abendessen erwartet wurde. Es war Sonntag, der einzige Tag an dem ihn beim Essen wirklich jemand vermissen würde. Nun ja, vermissen war das falsche Wort - der einzige Tag, bei dem seine Abwesenheit beim Abendessen nicht hingenommen wurde.
Er beschleunigte seine Schritte, obwohl es ihm schon klar war, dass er zu spät sein würde. Unter seinem Kittel hielt er das Jahrbuch fest an sich gedrückt, während er durch die dunklen, leeren Straßen von Spinner's End huschte und schließlich wieder in der engen Gasse verschwand, die zu seinem Haus führte.




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Re: Kingston upon Thames

Es war zwei Tage später, als Lily sich erneut auf den Weg zum alten Fabrikgelände machte. Eigentlich hatte sie gestern schon kommen wollen, aber ihr Plan hatte nicht funktioniert. Zwar hatte sie Petunia erzählt, dass sie am NAchmittag zu ihrer Freundin gehen würde, aber Petunia hatte darauf bestanden, dass Lily mit nach Hause kam, weil sie ihren Eltern versprochen hatten, im Garten die Nüsse einzusammeln, bevor die Eichhörnchen sie alle weg holten. Schweren Herzens war Lily mitgekommen und hatte den ganzen Tag an Severus denken müssen, der vergeblich auf sie wartete. Es war ihr nicht gelungen, sich irgendwann davonzustehlen, da ihre Mutter später auch noch mit ihnen in die Stadt gefahren war, um Wintersachen einzukaufen.
Sie hoffte sehr, dass Severus nicht böse sein würde und vor allem hoffte sie, dass er da war. Sie wusste nicht, ob sie es sich trauen würde, nach Spinner's End zu gehen und vielleicht wäre ihm das auch gar nicht recht. Schließlich wollte er ihre Freundschaft geheim halten.




Re: Kingston upon Thames

Severus hatte sich gefühlt, als würden all seine Ängste plötzlich wahr werden. Er hatte beinahe den ganzen gestrigen Tag damit verbracht, vor der Fabrik auf Lily zu warten, und nicht einmal ein plötzlicher Regenschauer hatte ihn von seinem Platz vertreiben können. Zuerst hatte er sich nicht so viele Gedanken gemacht, denn er hatte ja gewusst, dass sie zur Schule gehen musste und ohnehin erst nachmittags erscheinen würde. Als es allerdings immer später geworden war, war es ihm im gleichen Maße immer kälter geworden vor Angst. Er hatte sich nicht getraut, seinen Posten zu verlassen, aus Furcht, sie könnte noch kommen und ihn nicht finden oder denken, er warte gar nicht auf sie.
Erst, als sich der Himmel dunkelrot verfärbt hatte, hatte er aufgegeben und war niedergeschlagen nach Hause getrottet. Zu ihrem Haus hatte er sich nicht getraut. Hätte er sie dort vielleicht vergnügt im Garten spielend vorgefunden - er hätte es nicht ausgehalten.
Diese Nacht hatte er kaum geschlafen, teilweise auch weil unten die Streitereien wieder losgegangen waren, seit sein Vater ihn am Abend nach dem Treffen mit Lily mit dem Jahrbuch seiner Mutter im Kittel erwischt hatte. Ganz sicher hätte er es nie gemerkt, wenn er nicht ohnehin schon wütend gewesen wäre, dass Severus zu spät zum Abendessen erschienen war, und so war es zu einer ziemlich unschönen Episode gekommen, die letztendlich damit endete, dass er ohne Abendbrot ins Bett geschickt wurde. Severus war das egal. Er hätte sowieso nichts mehr essen können.
Der nächste Tag, an dem er vergeblich auf Lily gewartet hatte, hatte dem Ganzen noch die Krone aufgesetzt, und dennoch stand er am Tag darauf wieder an derselben Stelle vor der alten Fabrik, mit bangem Herzen und dem Hauch einer Hoffnung. Er sah blasser aus als ohnehin schon, und die Haare hingen ihm ins Gesicht und verdeckten nur unzulänglich das blaue Auge, durch das er heute immerhin schon wieder gucken konnte. Er hatte viel zuviel Zeit gehabt, sich nicht enden wollende Szenarien auszumalen, in denen beispielsweise Lilys Eltern erfahren hatten, dass sie sich mit ihm traf und ihr sofort verboten hatten, ihn je wiederzusehen. Die schlimmsten waren natürlich die, in denen Lily von sich aus nicht mehr kommen wollte, aber er weigerte sich, sie aufzugeben. Er würde sich jeden Tag wieder an dieselbe Stelle stellen, stur auf sie wartend, ob es regnete oder schneite, bis er den Mut aufbrächte, zu ihr zu gehen.




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Re: Kingston upon Thames

Lily fiel ein Stein vom Herzen, als sie Severus an der gleichen Stelle stehen sah, an der er vor zwei Tagen auf sie gewartet hatte. Sie beschleunigte ihren Schirtt noch und hielt dann plötzlich inne, als sie sein Gesicht genau erkennen konnte. Nicht nur, dass er noch blasser und abgekämpfter aussah, nein er hatte auch noch ein blaues Auge, so als habe ihn jemand geschlagen. Lily erschrak und fühlte sich aus irgendeinem Grund sofort schuldig. Das Lächeln verschand aus ihrem Gesicht und soie sah besorgt zu ihm auf, als sie bei ihm ankam. Zu ihrer Erleichterung freute er sich ganz offensichtlich trotz allem sie zu sehen. In seine fahlen Wangen war zumindest ein weni Farbe zurückgekehrt und sein Blick wirkte etwas weniger düster. "Ich bin gestern nicht weggekommen" erklärte sie. "Tut mir leid, aber da war nichts zu machen. Aber was ist denn mit dir passiert?" Sie hob eine Hand, als wolle sie sein Gesicht berhren, hielt aber inne, als er etwas zurückwich. "Bist du in einen Streit geraten?"
Ihr kam gar nicht die Idee, dass Eltern ihrem kind so etwas antun könnten.