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Gedichte von Friedrich Hebbel

Gedichte von Friedrich Hebbel

Den Hebbel haben wir ja auch in der Schule behandelt, damals habe ich den so mitgenommen, aber dann hatte ich mal dieses Gedicht von ihm gelesen und das hat mich neugierig auf mehr gemacht, naja bin ja auch älter und klüger geworden:

Schau' ich in die tiefste Ferne...


Schau ich in die tiefste Ferne
meiner Kinderzeit hinab,
steigt mit Vater und mit Mutter
auch ein Hund aus seinem Grab.
Fröhlich kommt er hergesprungen,
frischen Muts, den Staub der Gruft,
wie so oft den Staub der Straße,
von sich schüttelnd in der Luft.

Mit den treuen braunen Augen
blickt er wieder auf zu mir,
und er scheint, wie einst, zu mahnen:
Geh' doch nur, ich folge dir!

Denn in uns'rem Hause fehlte
es an Dienern ganz und gar;
doch die Mutter ließ mich laufen,
wenn er mir zur Seite war.

Besser gab auch keine Amme
je auf ihren Schützling acht,
und er hatte schärf're Waffen
und gebrauchte sie mit Macht.

Seine eig'nen Kameraden
hielt er mit den Zähnen fern,
und des Nachbars Katze ehrte
ihn von selbst als ihren Herrn.

Doch, wenn ich dem alten Brunnen
spielend nahte hinterm Haus,
bellte er mit heller Stimme
meine Mutter gleich heraus.

Er erhielt von jedem Bissen
seinen Teil, den ich bekam,
und er war mir so ergeben,
daß er selbst die Kirschen nahm.

Wie die beiden Dioskuren
brachten wir die Tage hin,
einer durch den andern glücklich,
jede Stunde ein Gewinn.

Macht' ich nicht auch halb vom Tode
meinen treuen Pollux frei,
ließ ich's nur, weil ich nicht ahnte,
daß ich selbst der Kastor sei.

Aber allzubald nur trübte
uns der heitre Himmel sich;
denn er hatte einen Fehler,
diesen, daß er wuchs, wie ich.

Und an ihm erschien als Sünde,
was an mir als Tugend galt,
da man mich ums Wachsen lobte,
aber ihn ums Wachsen schalt.

Immer größer ward der Hunger,
immer kleiner ward das Brot,
und der eine konnte essen,
was die Mutter beiden bot.

Als ich eines Morgens fragte,
sagte man, er wäre fort
und entlaufen wie ein Hase;
doch das war ein falsches Wort.

Noch denselben Abend kehrte
er zu seinem Freund zurück,
den zerbiss'nen Strick am Halse;
doch das war ein kurzes Glück.

Denn, obgleich er mit ins Bette
durfte, ach, ich bat so sehr,
war er morgens doch verschwunden,
und ich sah ihn niemals mehr.

Ward er an die Eisenkette
jetzt gelegt von seinem Herrn,
oder fiel sein Los noch härter,
weiß ich nicht, doch blieb er fern!

Schau' ich in die tiefste Ferne
meiner Kinderzeit hinab,
steigt mit Vater und mit Mutter
auch ein Hund aus seinem Grab.

Re: Gedichte von Friedrich Hebbel

Danke, liebe Zwilli, für diese gedicht....

ich bin sehr berührt davon.....

herzlichst
deine Kev


Re: Gedichte von Friedrich Hebbel

auch für Katzenliebhaber hat Hebbel aus seinem Leben berichtet:

Friedrich Hebbel

Aus der Kindheit


"Ja, das Kätzchen hat gestohlen,
und das Kätzchen wird ertränkt.
Nachbars Peter sollst du holen,
daß er es im Teich versenkt !"


Nachbars Peter hat's vernommen,
ungerufen kommt er schon:
"Ist die Diebin zu bekommen,
gebe ich ihr gern den Lohn! "

"Mutter, nein, er will sie quälen.
Gestern warf er schon nach ihr,
bleibt nichts andres mehr zu wählen,
so ertränk' ich selbst das Tier."

Sieh, das Kätzchen kommt gesprungen,
wie es glänzt im Morgenstrahl!
Lustig hüpft's dem kleinen Jungen
auf den Arm zu seiner Qual.

"Mutter, laß das Kätzchen leben,
jedesmal, wenn's dich bestiehlt,
sollst du mir kein Frühstück geben,
sieh nur, wie es artig spielt!"

"Nein, der Vater hat's geboten,
hundertmal ist ihr verziehn!"
"Hat sie doch vier weiße Pfoten!"
"Einerlei! Ihr Tag erschien!"

"Nachbarin, ich folg' ihm leise,
ob er es auch wirklich tut!«
Peter spricht es häm'scherweise,
und der Knabe hört's mit Wut.

Unterwegs auf manchem Platze
bietet er sein Liebchen aus;
aber keiner will die Katze,
jeder hat sie längst im Haus.

Ach, da ist er schon am Teiche
und sein Blick, sein scheuer, schweift,
ob ihn Peter noch umschleiche -
ja, er steht von fern und pfeift.

Nun, wir müssen alle sterben,
Großmama ging dir vorauf,
und du wirst den Himmel erben,
kratze nur, sie macht dir auf!

Jetzt, um sie recht tief zu betten,
wirft er sie mit aller Macht,
doch zugleich, um sie zu retten,
springt er nach, als er's vollbracht.

Eilte Peter nicht, der lange,
gleich im Augenblick herzu,
fände er, es ist mir bange,
hier im Teich die ew'ge Ruh.

In das Haus zurückgetragen,
hört er auf die Mutter nicht,
schweigt auf alle ihre Fragen,
schließt die Augen trotzig - dicht.

Von dem Zucker, den sie brachte,
nimmt er zwar zerstreut ein Stück;
doch den Tee, den sie ihm machte,
weist er ungestüm zurück.

Welch ein Ton! Er dreht sich stutzend,
und auf einer Fensterbank,
spinnend und sich emsig putzend,
sitzt sein Kätzchen blink und blank.

"Lebt sie, Mutter?" "Dem Verderben
warst du näher, Kind, als sie!"
"Und sie soll auch nicht mehr sterben?"
"Trinke nur, so soll sie's nie!"

Re: Gedichte von Friedrich Hebbel

was für ein trauriges und inniges gedicht


wenn nur alle menschen wären, wie dieser Peter hier
gäbs sicher keine qualen, kein ungerecht behandelt tier...

(*zitat Kev*)

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