Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen - Fälle von sexuellem Missbrauch

Kinderporno-Seiten: Zypries sieht Pläne zur Sperrung skeptisch

Re: Kinderporno-Seiten: Zypries sieht Pläne zur Sperrung skeptisch

* 26.03.2009, 16:57 Uhr

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Kinderporno-Sperre:
Warum sich Frau von der Leyen irrt
Kinderporno-Sperre: Warum sich Frau von der Leyen irrt
© Franka Bruns/AP
Familienministerin Ursula von der Leyen vor der Kabinettssitzung am Mittwoch: Eine Kinderporno-Sperre birgt mehr Gefahren in sich, als dass sie nützt

Ein Kommentar von Sebastian Christ

Familienministerin Ursula von der Leyen will etwas unternehmen: Zum Schutz der Kinder sollen bald Kinderporno-Seiten per Gesetz gesperrt werden. Doch die Sperre ist einfach zu umgehen. Ohne eine Gesamtstrategie im Kampf gegen Pädophilie richtet Symbolpolitik mehr Schaden als, als sie nützt.

Zur geplanten Kinderporno-Sperre im Internet gibt es nicht nur eine, sondern mindestens zwei Meinungen. Da kann Familienministerin Ursula von der Leyen noch so moralisierend auftreten. Und auch ihr Fraktionskollege Hans-Peter Uhl darf die Gegenargumente nicht einfach so vom Tisch wischen: Er bezeichnete die Gegner des Gesetzesänderungsentwurfs am Donnerstag während einer aktuellen Stunde im Bundestag als "Reichsbedenkenträger" und unterstellte ihnen implizit, den Kampf gegen Kinderpornografie zu behindern. Denn so wünschenswert ein Erfolg im Kampf gegen Kinderpornografie ist, so lückenhaft ist die Strategie, mit der die Bundesregierung momentan diesen Kampf führt.
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Die Internet-Sperre von kinderpornografischen Inhalten ist derzeit ein Vorzeigeprojekt der Familienministerin. Sie will damit zeigen, dass sie aktiv ist. Ein Symbol setzen. Ob die Sperre wirklich funktioniert? Zweitrangig. Am Donnerstag sagte sie im Bundestag: "Ja, das ist richtig, wenn man sehr versiert ist, kann man die Sperre umgehen." Es gehe ihr darum, den "Einstieg" zu verhindern, den 80 Prozent der Pädophilen über das Internet fänden. Immer wieder benutzte von der Leyen in den vergangenen Tagen Metaphern aus der Drogenszene: "Schuss", "Spritze", "süchtig". Sie will damit sagen: So wie der Staat den Handel von Drogen durch Verbote und Polizeimaßnahmen erschweren kann, ist das mit ähnlichen Mitteln auch im Fall von digitaler Kinderpornografie möglich. Aber hier irrt von der Leyen.

Der Vergleich von Kinderpornos mit Drogen hinkt
Im Gegensatz zu Drogen sind digitale Inhalte nichts Materielles. Ein perverses Video kann man mit ein paar Klicks dutzendfach kopieren und verbreiten. Die Drogenbarone dieser Welt würden Luftsprünge vor Freude machen, wenn ihnen dasselbe mit Kokain und Heroin gelänge.

VideoIconRegierung sagt Kinderpornografie im Internet Kampf an
Regierung sagt Kinderpornografie im Internet Kampf an
Alle Videos

Was heißt das für die Bekämpfung von digitaler Kinderpornografie? Wenn die Inhalte erst einmal im Netz stehen, ist es schon zu spät. Zu diesem Zeitpunkt existieren vielleicht schon 10,100 oder 1000 Kopien des Materials: Auf Servern, Laptops, Speicherkarten, USB-Sticks oder CDs. Kurz, es gibt kaum mehr eine Möglichkeit, die Verbreitung der Bilder und Videos zu verhindern.

Wie einfach ist es für die Polizei doch bei einem Kilo Crack: Ist es beschlagnahmt, kann es keinen Schaden anrichten. Sperrt man jedoch eine Kinderpornoseite, werden die Inhalte eben auf einer neuen Seite hochgeladen. Werden zu viele Seiten gesperrt, gründen Pädophile eben Newsgroups, in denen sie ihr Material per Email tauschen. Sperrt sich der Newsgroup-Anbieter dagegen, laden die Täter ihre perversen Bildsammlungen eben auf Handy-Speicherkarten und verschicken sie per MMS. Wer es will, findet schon einen Weg. Damit müssen wir im Zeitalter der Digitalisierung leben.


Was von der Leyens Argument von der "Einstiegsdroge Internetseite" angeht: Es mag stimmen, dass viele Pädophile über das Web zum ersten Mal in Kontakt mit expliziten Darstellungen kommen. Das ist aber auch deshalb so, weil es zur Zeit keinen einfacheren Zugang zu diesem widerwärtigen Material gibt. Und ohne eine entsprechende Neigung geht man auch nicht aktiv auf die Suche danach - die Story vom zufälligen "Angefixtwerden", weil man sich etwa in der Browserzeile vertippt hat, ist ein schlechtes Horrormärchen. Wenn also in fünf Jahren MMS-Gruppen den einfachsten Zugang zur Kinderpornografie bieten, will man dann mit demselben Argument auch MMS nach dem Versand filtern lassen?

Ein Eingriff in die Bürgerrechte birgt immer Gefahren
Im Sinne der Bürgerrechte sollte eine Kinderporno-Sperre also sorgsam abgewogen werden, weil ein Internetfilter zwangsläufig immer auch in die Freiheit des einzelnen eingreifen. Als reines Symbol taugt er nicht - man denke nur an den Fall, dass harmlose Seiten zufällig in den Kinderporno-Filter rutschen, wie dies bereits in Skandinavien geschehen ist. Und wenn man von Anfang an weiß, dass eine Sperre leicht zu umgehen ist, sollte man das Projekt schnell fallen lassen. Dann hilft sie nämlich auch den Kindern nur wenig. Falls die Bundesregierung wirklich im Sinne der Opfer handeln will, sollte sie besser heute als morgen dazu übergehen, die Täter zu schnappen und ihre Video-Folterkeller dicht zu machen. Denn hier sitzt die Quelle allen Übels. Von hier aus wird das Bildmaterial verbreitet. Hier wird Kindern Leid zugefügt.

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Dafür muss man eventuell verstärkt mit Behörden aus anderen Ländern zusammenarbeiten. Man muss dafür auch Druck auf jene Länder ausüben, die sich der Zusammenarbeit verweigern - auch wenn das unangenehme Nebenwirkungen hat. Man muss neues Personal einstellen, mehr als bisher, auch wenn das viel Geld kostet. Aber nur so ist eine nachhaltige Bekämpfung von Kinderpornografie möglich - einer perversen Industrie mit dreistelligen Zuwachsraten, die leider Gottes schon länger global agiert, als es dem Familienministerium lieb sein kann. Diese Bekämpfung kostet Zeit - und ist anders als die Porno-Sperre garantiert nicht mehr im Wahlkampf als schneller Erfolg verbuchbar.



Artikel vom 26. März 2009
https://www.stern.de/politik/deutschland/:Kinderporno-Sperre-Warum-Frau-Leyen/659237.html#rss=all

Re: Kinderporno-Seiten: Zypries sieht Pläne zur Sperrung skeptisch

Verträge mit Internet-Providern vor Abschluss:
Bald erste Sperren für Kinderporno-Seiten
15. Apr 15:28
Polizisten fahnden im Netz nach Kinderpornos
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Polizisten fahnden im Netz nach Kinderpornos
Foto: dpa
Wenn alles klappt, werden am Freitag alle großen Internet-Provider Sperrlisten vom BKA in Empfang nehmen. Am Mittwoch darauf könnte schon ein entsprechendes Gesetz vom Bundeskabinett beschlossen werden.

Die Internet-Sperren für Kinderpornografie könnten jetzt schneller kommen als erwartet. An diesem Freitag will das Bundeskriminalamt mit großen Internet-Anbietern dazu Verträge abschließen. Erste Sperren könnten damit schon bald greifen. Voraussichtlich am Mittwoch kommender Woche wird das Bundeskabinett das Gesetz dazu auf den Weg bringen, mit dem dann langfristig die Sperren im Web für alle Provider geregelt werden.

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* » Internetprovider wollen Kinderpornos blocken
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* » Wie Kinderporno-Seiten gesperrt werden können
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Das Geschäft mit sexueller Gewalt gegen Kinder wird damit keineswegs beendet. Aber für viele tausend Menschen, die täglich auf der Suche nach Kinderpornos im Internet unterwegs sind, wird der Zugang erschwert. «Das ist nur ein Baustein bei der Bekämpfung der Kinderpornografie», sagen auch die Experten im Familienministerium von Ursula von der Leyen (CDU).

Fünf Internet-Anbieter, die 75 Prozent des Marktes bedienen, werden die Verträge mit dem BKA wohl unterzeichnen. Die Deutsche Telekom, Vodafone/Arcor, Alice/Hansenet, Kabel Deutschland und Telefonica/O2 verpflichten sich damit, die vom BKA täglich aktualisierten Listen mit etwa 1000 Internet-Seiten mit Kinderpornos zu sperren. Wer auf diese Seiten kommt, sieht dann ein standardisiertes Stopp-Schild. Technisch ist das kein Problem. Die Provider selbst sorgen dafür, dass die Seiten gesperrt werden. Die Kosten sind überschaubar.

Erfahrungen aus Skandinavien

Die Haftung für Fehlsperren - wenn also keine Porno-Seite, sondern aus Versehen ein völlig legaler Internet-Anbieter blockiert wird - übernimmt das BKA. Experten erwarten aber auch hier keine großen Probleme. In skandinavischen Ländern, wo es seit fünf Jahren auch für weniger harte Kinderpornografie Sperren gibt, gab es bislang zwar hier und da Beschwerden, aber keine einzige Klage.

Dabei sind die Datenmengen, die in Deutschland überprüft werden müssen, gewaltig. Nach Schätzungen gibt es bis zu 450.000 einzelne Seiten mit kinderpornografischem Inhalt, die täglich angeklickt werden. Die Zahl der Anbieter steigt sprunghaft um bis zu über 110 Prozent im vergangenen Jahr. Einzelne Seiten, die das BKA unter Kontrolle hat, werden bis zu 50.000 Mal im Monat geladen. Die Opfer dieses Millionen-Geschäfts sind immer jünger. 80 Prozent sind unter zehn Jahre alt, 33 Prozent unter drei und zehn Prozent unter zwei.

Bedenken der Datenschützer

Doch es gibt auch Bedenken der Datenschützer gegen eine massive Durchforstung des Internets. Experten befürchten, dass die neuen Stopp-Schilder gewissermaßen ein Einfallsfallstor für staatliche Kontrollen im privaten Internet-Verkehr schaffen. Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) teilte die Sorge, dass «auch die Kommunikation von Millionen völlig unbescholtener Internetbenutzer gefiltert werden» könnte. Sie hatte deshalb eine klare gesetzliche Grundlage verlangt. Die wird es jetzt auch geben.

Außerdem sei es selbst für Laien recht einfach, eine Internetsperre zu umgehen. Durch kleine, regelmäßige Änderungen der Internet-Adresse könnte ein Anbieter den Filter austricksen. Wenn ein Website-Betreiber für die Übersetzung seiner Domain in die entsprechende IP-Adresse alternativ einen Dienst wie OpenDNS statt den Server seines Providers verwendet, kann er die Sperre ebenfalls überwinden. OpenDNS lehnt Blockaden einzelner Seiten prinzipiell ab. Vielfach werden kinderpornografische Dateien aber ohnehin über private Netzwerke mit wechselnden IP-Adressen ausgetauscht, bei denen ein Filter nichts ausrichten kann.

«Zu Besuch bei Zensursula»

Für von der Leyen ist die Bekämpfung der Gewalt gegen Kinder im Internet die letzte große Reform aus ihrem Haus vor der Bundestagswahl. Widerstand, den es dagegen aus der SPD gab, ist inzwischen weitgehend verstummt. Grüne, FDP und Linke sind skeptisch, ob von der Leyens Initiative wirksam ist. Ob sie dagegen votieren, ist noch offen. So stehen die Chancen inzwischen gut, dass das Gesetz gegen Kinderpornografie im Web bis zum Herbst nicht Opfer des Wahlkampfs wird, sondern in Kraft tritt.

Unter dem Motto «Zu Besuch bei Zensursula» ruft indes die Hackervereinigung Chaos Computer Club (CCC) am Freitag zu Protesten gegen die geplante Sperrung von Webseiten auf. In einem Aufruf schreibt der CCC: «Wir wollen dabei und präsent sein, wenn die größten deutschen Internetprovider händchenhaltend mit Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen den Vertrag unterzeichnen werden, mit dem sie sich ohne jegliche gesetzliche Grundlage verpflichten, unliebsame Inhalte nach Gutdünken des Bundeskriminalamtes (BKA) zu sperren und zu filtern.» (dpa/nz)

https://www.netzeitung.de/politik/deutschland/1328157.html

Re: Kinderporno-Seiten: Zypries sieht Pläne zur Sperrung skeptisch

Internetzensur
Missbrauchsopfer kämpfen gegen Netzsperren

© ZEIT ONLINE 16.4.2009 - 15:20 Uhr

* Schlagworte:
* Sexueller Kindesmissbrauch
* Internet

Christian Bahls ist missbraucht worden. Im Interview sagt er: "Ursula von der Leyens Kampagne gegen Kinderpornografie nutzt nichts und macht mich erneut zum Opfer."
Ursula von der Leyen instrumentalisiert Opfer für ihre Kampagne, sagt einer, der selbst als Kind missbraucht wurde

Ursula von der Leyen instrumentalisiert Opfer für ihre Kampagne, sagt einer, der selbst als Kind missbraucht wurde

©Ralph Orlowski/Getty Images

ZEIT ONLINE: Sind Sie ein Opfer von Kindesmissbrauch?

Christian Bahls: Ja. Und das war der Grund, Mogis zu gründen, den Verein Missbrauchsopfer gegen Internetsperren. Am 27. März, als die Kinderhilfe so publikumswirksam im Familienministerium aufgetreten ist, ist mir das Essen hochgekommen.
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ZEIT ONLINE: Warum?

Bahls: Wegen der Instrumentalisierung dieser lächelnden Kinder und Ursula von der Leyens Aussagen. Nach dem Motto: Mensch, die Kinderhilfe teilt dasselbe Anliegen wie ich, da stelle ich mich doch einmal publikumswirksam neben das Poster. Zu DDR-Zeiten wurde man als Kind auch missbraucht für Propagandazwecke. Daran hat es mich erinnert.

ZEIT ONLINE: Warum sind Sie gegen Frau von der Leyens Plan der Netzsperren?

Bahls: Weil er Kinderpornografie nicht bekämpft. Da ist irgendwo im Internet ein Missbrauch dokumentiert und die Bundesregierung schaut weg. Und sagt uns Bürgern, wir sollen auch wegschauen. Was noch viel krasser ist: Es werden zwischen den Staaten nur die Sperrlisten für die Filter ausgetauscht. Doch niemand bekämpft in seinem eigenen Land die Server, auf denen die Inhalte lagern. Wenn die zu den 1.500 Adressen gehörenden Server in den USA, Holland, Kanada und Deutschland dicht gemacht würden, die derzeit existieren, wären 90 Prozent der weltweit mit einem Browser erreichbaren Kinderpornografie nicht mehr verfügbar.
Standorte von Kinderpornoservern in Europa - je dunkler, desto mehr. In Deutschland sind es wohl 69

Standorte von Kinderpornoservern in Europa - je dunkler, desto mehr. In Deutschland sind es wohl 69

©Mogis

Auf der norwegischen Sperrliste, die das Bundeskriminalamt unter anderem verwenden will, sind beispielsweise auch 25 deutsche Server verzeichnet, mit 70 genuinen Domain-Namen. Insgesamt gibt es hierzulande sogar über 200 Domain-Namen. Von denen ist ein großer Teil bei einer Firma geparkt, auf deren Seite Domains verkauft werden können. Damit hat diese Firma wahrscheinlich echte Kontaktdaten. Wie sollen sonst die Verkäufe abgewickelt werden? Das Bundeskriminalamt müsste nur zu dieser Firma gehen und die Inhaber der Domains ermitteln.

ZEIT ONLINE: Woher wissen Sie, dass nicht genau das bereits getan wird?

Bahls: Diese Liste ist vom März 2009. Es gibt auch Listen aus dem vergangenen Jahr. Zwar sind eine Menge Domains inzwischen ungültig, aber viele der Domains sind immer wieder dabei und noch aktiv.

ZEIT ONLINE: Meinen Sie, Frau von der Leyen weiß das?

Bahls: Ich habe ihr eine Email geschrieben, dass es laut der norwegischen Liste einen aktiven Server gibt, der mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,5 Prozent in Deutschland steht, höchstwahrscheinlich in Kiel. Das BKA behauptet, dass es nicht weiß, wo die Server sind. Möglicherweise benutzen die nur Windows und haben keine Ahnung, wie man solche Sperrlisten sachgerecht auswertet.

ZEIT ONLINE: Aber können die Sperrlisten nicht ein Instrument von mehreren sein im Kampf gegen diese Kriminalität?

Bahls: Wir sind für die effiziente Bekämpfung von Straftaten nach Paragraf 184 b. Dazu gehört aber, dass man die Inhalte aus dem Internet entfernt und die Inhaber der Server bestraft. Und über die Inhaber kommt man vielleicht auch an Leute, die so etwas herstellen und kann so verhindern, dass weitere Kinder missbraucht werden. Der Missbrauch muss unterbunden werden. Das aber geschieht nicht dadurch, dass die Bundesregierung ihren Bürgern Scheuklappen aufsetzt.

ZEIT ONLINE: Frau von der Leyen sagt, das würde den Missbrauch eindämmen...

Bahls: Gut, die Leute können es sich nicht mehr direkt angucken. Aber innerhalb von Sekunden können sie sich einen neuen DNS-Server in ihrem Betriebssystem einrichten und schon können sie es erreichen.

ZEIT ONLINE: Ihre Forderung an Frau von der Leyen?

Bahls: Wir haben ihrem Büro diesen Server in Kiel genannt, auf dem vermutlich 18 kinderpornografische Domains liegen. Wir haben nun darum gebeten, dass diese Domains und der Server so bald wie möglich abgeschaltet werden. Ich habe dem Ministerbüro auch noch einmal am Telefon gesagt, dass ich erwarte, dass dieser Server spätestens Freitagfrüh um 9.30 Uhr nicht mehr erreichbar ist, da ich sonst deutlich meine Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Anliegens von Frau von der Leyen äußern werde.

ZEIT ONLINE: Was war die Reaktion?

Bahls: Daraufhin ist meine Nachricht noch einmal an das Ministerbüro zurückgeleitet worden. Die war bereits auf dem Weg in die Unterabteilung für Kinder- und Jugendhilfe. Das müssen Sie sich vorstellen... Ich habe da eine Straftat zur Kenntnis gebracht und sie waren dabei, das einfach nur an das Referat weiterzuleiten. Dabei behaupten sie immer, sie wollten Kinderpornografie im Internet bekämpfen.

ZEIT ONLINE: Ich bin beeindruckt, wie offen Sie mit ihrer Geschichte umgehen...

Bahls: Das ist Wut. Ich bin durch die aktuelle Diskussion aus meinem Trott gerissen und wieder damit konfrontiert worden. Das ist Ärger und der treibt mich an. Die Diskussion, wie sie gerade läuft, ist nicht hilfreich. Die ist schlimm für die Opfer, ihnen wird damit noch ein zweites Mal wehgetan. Ich fühle mich wieder zum Opfer gemacht. Ich fühle mich in der Debatte für ein politisches Ziel missbraucht.

Denn die Regierung will nur die Verbreitung der "Dokumentation des Missbrauchs" einschränken, nicht den Missbrauch selbst. Sie können natürlich vor das Bild ein Laken hängen, das Bild aber hängt dann noch immer dort. Die Inhalte werden weiter verbreitet. Statt nur Listen auszutauschen, könnte man doch mit vereinten Kräften daran arbeiten, diese Inhalte dauerhaft aus dem Netz zu entfernen. Denn bisher geht es nur um diese Sperrlisten, nicht um Ermittlungsverfahren.

Das BKA ist noch dazu beim Aufhängen dieses Lakens Ankläger, Ermittler und Richter in einer Person. Wo bleibt da die Gewaltenteilung, wenn kein Gericht eingeschaltet wird? Wo bleibt die grundgesetzliche Rechtsweggarantie? Die wird damit ausgehebelt. Es wird eine schleichende Internetzensur aufgebaut, keine Strafverfolgung. Das alles ist nur möglich, weil das Tabu Kinderpornografie instrumentalisiert wird: Das ist so böse, da darf man gar nicht offen drüber diskutieren. Das ist das gleiche Muster wie in den Familien, in deren Umfeld Missbrauch geschieht.

Am Freitag will Familienministerin von der Leyen mit deutschen Telekommunikationsfirmen einen Vertrag unterzeichnen, um ihre geplanten Netzsperren auch ohne den Umweg eines Gesetzes faktisch einzurichten. Der Verein Mogis hat angekündigt, gemeinsam mit anderen vor dem Presse- und Besucherzentrum der Bundesregierung dagegen zu demonstrieren.

Die Fragen stellte Kai Biermann
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Ursula von der Leyen drängt darauf, bestimmte Internetseiten zu sperren, um die Verbreitung von Kinderpornographie einzudämmen. Würde diese Maßnahme Wirkung zeigen? […]»
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Internetsperren gegen Kinderpornografie gibt es in immer mehr Ländern. Bei der Suche nach den Tätern fängt die internationale Zusammenarbeit aber gerade erst an. […]»
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Wer auf kriminelle Inhalte verlinkt, macht sich strafbar, auch wenn er so auf Missstände aufmerksam machen will. Rechtsanwalt Udo Vetter nennt das "Geheimzensur". […]»
DIE ZEIT 13/2009: Die Schänder stoppen

Auch im Internet hat die Freiheit Grenzen – gerade bei Kinderpornografie. Deshalb ist der Vorstoß von Familienministerin von der Leyen richtig. […]»

https://www.zeit.de/online/2009/17/netzsperren-missbrauch?page=all

Re: Kinderporno-Seiten: Zypries sieht Pläne zur Sperrung skeptisch

Kinderpornographie im Netz:
Proteste gegen «Zensur-Ursula»
17. Apr 15:45
Proteste gegen
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Proteste gegen "Zensur-Ursula"
Foto: dpa
«Das ist die letzte Warnung - ab hier macht man sich strafbar.» Dieser Satz, begleitet von einem Stoppschild, soll vor Kinderpornographie im Netz warnen. Missbrauch werde damit nicht verhindert, klagen Kritiker.

Die sonst politisch eher erfolgsverwöhnte Bundesfamilienministerin kommt diesmal durch die Hintertür. So vermeidet Ursula von der Leyen (CDU) an diesem Freitag vor dem Bundespresseamt ein Spalier von Demonstranten, die mit Plakaten gegen die «Zensur-Ursula» protestieren. Sie beklagen staatliche gesteuerte Eingriffe ins Internet. «Hier wird ein großes Katz-und-Maus-Spiel aufgemacht», sagen die Internet-Schützer vom Chaos Computer Club voraus. Auch für die Grünen geht das «Stoppschild» gegen Kinderpornographie weitgehend ins Leere. «Die entsprechenden Seiten werden damit nicht gelöscht und der Missbrauch von Kindern wird nicht verhindert», lässt sich Bundesvorstand Malte Spitz zitieren. Die Linke warnte vor dem Missbrauch dieses «Zensurinstrumentes».

MEHR IN DER NETZEITUNG:

* » Internetprovider wollen Kinderpornos blocken
* » Kinderporno, «das neue Killer-Argument»
* » Regierung will Pornoseiten blockieren

Fünf der größten Internet-Anbieter sehen das anders. Sie unterzeichneten jetzt eine freiwillige Vereinbarung mit dem Bundeskriminalamt (BKA) gegen Kinderpornos im Netz. Sie sieht vor, dass das BKA täglich aktualisierte Listen mit kinderpornografischen Internet-Adressen an die Provider weiterleitet und diese die Seiten sperren. Für von der Leyen ist dies ein wichtiger Schritt zur Ächtung schwerster Gewalt gegen Kinder.

Die gesetzliche Regelung, die dann für alle Internet-Anbieter gilt, soll bald folgen. «Der Einstieg in die Sucht muss verhindert werden. Die ersten Schritte sind sicherlich harmlos, sie sind aber manchmal der Weg in die schwere pädophile Szene», sagt von der Leyen.

Bauchschmerzen bei den Providern

Fast vier Monate haben acht große Provider mit Bundesregierung und BKA hart verhandelt. Die Deutsche Telekom, Vodafone/Arcor, Alice/Hansenet, Kabel Deutschland und Telefonica/O2 haben schließlich den Vertrag unterzeichnet. Nicht ohne Bauchschmerzen. Sie dringen auf eine rasche gesetzliche Regelung, die eng begrenzt auf Kinderpornografie sein muss. Anderen Anbietern war der Eingriff in das grundgesetzlich geschützte Fernmeldegeheimnis ohne neues Gesetz zu groß. «Die Tür ist weiter offen», lud von der Leyen sie zu weiteren Gesprächen ein.

«Die Provider sehen sich nicht als Internet-Polizei», baute Vodafone-Sprecher Thomas Ellerbeck Kritik vor. Die Deutsche Telekom und Kabel Deutschland werden vorerst auch nicht das rote BKA-Stoppschild übernehmen, sondern einen eigenen Hinweis. Diese Warnungen sieht künftig jeder auf dem Bildschirm, wenn er gezielt oder aus Versehen eine der gesperrten Seiten anklickt. «Das ist die letzte Warnung - ab hier macht man sich strafbar», soll laut BKA-Chef Jörg Ziercke das Signal sein. Er lieferte Beispiele für das Geschäft mit der Gewalt gegen Kinder im Internet, die jede Kritik an den Web- Sperren relativieren.

BKA übernimmt Haftung

Erst in diesen Tagen haben Ermittler in Stuttgart wieder eine Tauschbörse mit kinderpornografischen Filmen gesprengt. Gegen 9000 Nutzer wird ermittelt. In Bayern laufen mehr als 980 Ermittlungsverfahren wegen Kinderpornografie im Netz. In Osteuropa ist ein Ring mit 60.000 Kunden weltweit aufgeflogen, der im Jahr vier Millionen Dollar an Gewinn mit dem schmutzigen Geschäft mit Kinderpornos machte.

Die Gefahr, dass mit den neuen Internet-Sperren auch harmlose Angebote geblockt werden, sieht von der Leyen nicht. Die Zahl der Klagen dagegen sei in anderen Ländern mit diesen Sperren minimal. Außerdem übernimmt das BKA die komplette Haftung. Die großen Provider haben sich allerdings abgesichert. Die privaten Verträge haben eine dreimonatige Kündigungsfrist. 2010 laufen sie aus. Bis dahin muss das Gesetz gegen Kinderpornografie im Internet in Kraft sein. (Frank Rafalski, dpa)
https://www.netzeitung.de/politik/deutschland/1330957.html

Inland
Stop Kinderpornografie
Internetanbieter unterzeichnen Kinderpornografie-Sperre
Internetanbieter sagen Sperre von Webseiten zu
Stoppschilder für Kinderpornos

Fünf große Internetanbieter haben eine Vereinbarung zur Sperre von Kinderpornografieseiten unterzeichnet. Damit soll der Zugriff auf solche Inhalte im Internet massiv erschwert werden. Die Vereinbarung mit dem Bundeskriminalamt (BKA) geht zurück auf eine Initiative von Familienministerin Ursula von der Leyen.

Spätestens in sechs Monaten werden Internet-Nutzer, die kinderpornografische Seiten anklicken, nun ein rotes Stoppschild oder eine vergleichbare Warnung sehen.
Von der Leyen: "Opfer immer jünger"

Familienministerin Ursula von der Leyen (Foto: AFP) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Die Familienministerin sieht großen Nutzen in einer Sperrung von Kinderporno-Seiten. ]
"Kinderpornografie im Internet ist die Vergewaltigung von Kindern vor laufender Kamera", sagte von der Leyen, die die Verträge ausgehandelt hat. Die Opfer würden immer jünger und die Taten immer brutaler. Die CDU-Politikerin verwies darauf, dass andere Länder schon seit Jahren erfolgreich solche Seiten sperrten. BKA-Präsident Jörg Ziercke betonte, es sei ein wichtiges Signal, dass sich Deutschland diesem Verbund nun anschließe.
Der Bund haftet bei Irrtümern

Die Liste der zu sperrenden Adressen ermittele und liefere das BKA, sagte von der Leyen. Die Zugangsanbieter seien ausschließlich für die technischen Sperrmaßnahmen zuständig. Der Bund trage deshalb auch die Haftung für möglicherweise zu Unrecht gesperrte Seiten, sagte von der Leyen weiter. Sie verwies dabei auf mögliche Schadensersatzforderungen. Die Erfahrungen in anderen Ländern hätten aber gezeigt, dass es nur selten zu einer fälschlichen Sperrung von Seiten komme.

Zu den Vertragsunterzeichnern gehören die Unternehmen Deutsche Telekom, Vodafone/Arcor, Telefonica/O2, Kabel Deutschland und Hansenet/Alice. Diese Provider decken 75 Prozent des Internetmarktes in Deutschland ab. Die Anbieter United Internet (1&1), Freenet und Versatel hatten den Angaben zufolge zuletzt keine Verhandlungen mehr mit der Bundesregierung geführt.
1&1 verteidigt Absage an Vereinbarung

Der Internetanbieter 1&1, Tochtergesellschaft von United Internet, verteidigte seine Ablehnung. Sobald das Telemediengesetz geändert worden sei, bedürfe es solcher Verträge wie dem heute geschlossenen nicht mehr, sagte 1&1-Sprecher Michael Frenzel. In einem Interview mit tagesschau.de hatte 1&1 im März darauf verwiesen, dass sie nach der derzeitigen Rechtslage keine Internetseiten sperren oder umleiten dürften.

Von Seiten der Deutschen Telekom hieß es hingegen, inzwischen sei ausreichende Rechtssicherheit gegeben, auch durch die Zusicherung der Bundesregierung, nächste Woche ein Gesetz einzubringen. Die Vereinbarung halte zwar keinen überzeugten Kinderpornografie-Nutzer von solchen Inhalten fern, aber immerhin doch Neugierige, sagte Sprecher Ralf Sauerzapf. "Jeder Nutzer, der davon abgehalten wird, auf solche Seiten zu gelangen, ist ein Erfolg."
Video

* Video Bildunterschrift: Internetanbieter sperren Seiten mit kinderpornografischem Inhalt, tagesschau 20:00 Uhr [Andrea Zückert, ARD Berlin]
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* intern Weitere Video-Formate .

Computerexperten: Sperren sind nicht sinnvoll

Auf der anderen Seite halten Computerexperten die geplante Sperrung schlicht für nutzlos. "Solche Filtermaßnahmen lassen sich leicht umgehen", sagte Matthias Mehldau vom Chaos Computer Club. Zudem würden sich diejenigen, die damit am Zugang gehindert werden sollten, neue Konzepte und Mechanismen überlegen.

Im ARD-Mittagsmagazin forderte Holger Bleich vom Computermagazin "c't" ein direktes Vorgehen gegen Seiten mit kinderpornografischen Inhalten. In dem Moment, in dem das Bundeskriminalamt eine Seite mit Kinderpornografie aufspürt, sei den Kommissaren auch der Ort des Servers bekannt, auf dem die Seiten liegen, sagte er. "Dann kann man auch dort hingehen und die gesamte Seite entfernen lassen." Zwar lägen etwa 80 Prozent der Seiten in den USA, aber dort sei Kinderpornografie ebenso strafbar wie in Deutschland.
80 Prozent der Nutzer seien "Gelegenheitsnutzer"

Von der Leyen wies die Vorwürfe zurück, dass die Maßnahme wirkungslos sei, weil die Zugangssperren leicht umgangen werden könnten. 80 Prozent der Nutzer der entsprechenden Seiten seien "Gelegenheitsnutzer", die sich durch die Sperren abschrecken ließen. Nur 15 bis 20 Prozent würden versuchen, auf anderen Wegen Zugang zu den Seiten zu finden, ergänzte BKA-Chef Jörg Ziercke. Nach Schätzungen des Bundesfamilienministeriums könnten in Deutschland täglich bis zu 450.000 Zugriffe auf Kinderporno-Seiten geblockt werden.
Gesetzentwurf kommt kommende Woche

In der kommenden Woche will das Bundeskabinett ein Gesetz auf den Weg bringen, um alle Anbieter zur Sperrung solcher Internetseiten zu bewegen. Das "Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornografie in Kommunikationsnetzen" sei "als zweiter Schritt sinnvoll, weil es konsequent 100 Prozent des Marktes erfasst", erklärte von der Leyen.
Kinderpornografie: Lukrativster Markt im Internet?: Nach Angaben des Bundesfamilienministeriums hat sich die Zahl der Verbreitung von Kinderpornografie im Jahr 2007 mehr als verdoppelt. Wurden 2005 laut Kriminalstatistik 3788 Fälle registriert, waren es 2007 bereits 11.357. Deutschland gilt als einer der Hauptabsatzmärkte. Der Großteil wird dabei über kommerzielle Internetseiten verbreitet, deren Betreiber monatlich Millionenbeträge einnehmen.

Das Geschäft mit kinderpornografischen Seiten gilt manchen Experten zufolge als lukrativster Markt im Internet. Die Opfer werden dabei immer jünger: 80 Prozent sind noch keine zehn, 30 Prozent sogar unter zwei Jahren. Die Abnehmer von Kinderpornografie finden sich nach BKA-Angaben in allen sozialen Schichten. In der Mehrzahl sind es Männer mittleren Alters, die über viel Zeit und Geld verfügen.

* InternInternetprovider übt Kritik an von der Leyen (26.03.09).
* InternRegierung will Kinderporno-Seiten sperren lassen (25.03.09).
* VideoKinderpornoseiten gesperrt [A.Zückert, ARD Berlin].
* AudioProvider sperren Kinderporno-Seiten [D. O. Heckmann, DLF].

*
Weltatlas
Weltatlas: Deutschland
[Flash|HTML] .

Stand: 17.04.2009 15:00 Uhr
https://www.tagesschau.de/inland/kinderpornografie136.html

Re: Kinderporno-Seiten: Zypries sieht Pläne zur Sperrung skeptisch

Gesetz gegen Kinderpornos: Bedenken bei FDP und Grünen

Berlin (ddp). FDP und Grüne haben rechtliche Bedenken gegen das
von der Regierung geplante Gesetz zur Sperrung von Internetseiten mit
kinderpornografischem Inhalt. Es sei fraglich, ob der Bund per Gesetz
Internetseiten nach inhaltlichen Kriterien sperren dürfe, sagte die
innenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Gisela Piltz,
der «Berliner Zeitung» (Montagausgabe). Das Telemediengesetz, für das
der Bund zuständig sei, regle lediglich das Recht der Wirtschaft. «Die
Regelung von Medieninhalten liegt aber in der Gesetzgebungskompetenz
der Länder», sagte Piltz.

Außerdem erhalte das Bundeskriminalamt (BKA) mit dem geplanten
Gesetz neue Befugnisse bei der Gefahrenabwehr, indem es Daten nicht
nur sammle und auswerte, sondern auch den Polizeibehörden zur
Verfügung stelle, sagte Piltz. Die Gefahrenabwehr liege aber
ebenfalls in der Kompetenz der Länder.

Unverhältnismäßige Befugnisse
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion,
Volker Beck, kritisierte das geplante Vorhaben als unverhältnismäßigen
Eingriff in die Informationsfreiheit. «Das ganze Vorhaben ist an
Populismus kaum zu überbieten», sagte Beck dem Blatt. Die
Bundesregierung wolle vor den Wahlen suggerieren, sie gehe wirkungsvoll
gegen Kinderpornografie vor. Eine Sperre sei aber leicht zu umgehen.

Die neuen Befugnisse des BKA bezeichnete Beck als
unverhältnismäßig. «Keiner weiß, welche Seiten das BKA künftig noch
auf seine Liste setzt», warnte er. Schon jetzt werde über die
Sperrung von Musiktauschbörsen, Internetlotterien und Gewaltvideos
diskutiert.

04.05.2009 Ta
https://www.e110.de/artikel/detail.cfm?pageid=67&id=95227

Re: Kinderporno-Seiten: Zypries sieht Pläne zur Sperrung skeptisch

Netzsperren
Wie man eine Generation verliert

Von Kai Biermann | © ZEIT ONLINE 10.5.2009 - 14:06 Uhr

Im Internet gibt es viele Proteste gegen die geplanten Kinderpornosperren. Politiker haben für die Kritik nur Verachtung übrig. So verprellen sie ihre künftigen Wähler
Franziska Heine mit ihrer Petition vor dem Bundestag. Noch hofft sie, dass ihre Stimme gehört wird

Franziska Heine mit ihrer Petition vor dem Bundestag. Noch hofft sie, dass ihre Stimme gehört wird

©Alina Novopashina/dpa

Vier Tage hat es gedauert, den Petitionsausschuss des Bundestages zu zwingen, in einer öffentlichen Sitzung über den Sinn oder Unsinn des Gesetzes zur Sperrung von Kinderporno-Seiten im Internet zu debattieren. Nie zuvor hat das eine Petition erreicht, schon gar nicht eine zu einem solch heiklen Thema. Vier Tage, in denen mindestens 50.000 Menschen zu der Überzeugung kamen, dass es besser ist, sich als Unterstützer von Kinderpornografie verunglimpfen zu lassen, als zuzusehen, wie die eigenen Interessen missachtet werden.

Politische Verdrossenheit sieht anders aus, könnte man bei solch hoher Beteiligung meinen. Dabei ist es wohl genau diese Frustration, die den Rekord erzeugt: Verdrossenheit von der aktuellen Politik. Denn es werden all jene verunglimpft, die Kritik an dem Gesetz äußern.
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Die SPD-Politikerin Monika Griefahn mahnte, man möge die Interessen doch wenigstens hören und sie nicht alle sofort abtun. "Wir müssen die genannten Kritikpunkte ernst nehmen und sorgfältig überprüfen", sagte Griefahn, viele Menschen sähen immerhin das Gesetzesvorhaben mit Sorge. So zu tun, als wollten Kritiker wirksamen Kinderschutz verhindern, sei "wirklich unanständig".

Geholfen hat es nicht. Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg beispielsweise sagte in der Tagesschau: "Das macht mich schon sehr betroffen, wenn pauschal der Eindruck entstehen sollte, dass es Menschen gibt, die sich gegen die Sperrung von kinderpornographischen Inhalten sträuben. Das ist nun wirklich eines der wichtigsten Vorhaben in vielerlei Hinsicht."

Es seien "Verschwörungstheoretiker", die behaupteten, der Entwurf wäre der Anfang vom Ende der Internetfreiheit, sagte die CDU-Bundestagsabgeordnete Michaela Noll während der ersten Lesung des Entwurfs. Die Kritiken seien "Unterstellungen".

Das kann man so sehen, konstruktiv ist es nicht. Genau wie die Haltung der Familienministerin Ursula von der Leyen, die ihr im Netz den unfreundlichen Beinamen "Zensursula" eingetragen hat. Sie reagiert mit Kritik allein mit dem Hinweis auf die Grausamkeit der Taten. Nach dem Erfolg der Petition erklärte ihr Ministerium, man halte an den Plänen fest: "Jeder Klick und jeder Download verlängert die Schändung der hilflosen Kinder."

Das stimmt. Aber Leyens Versuch, dies zu ändern, ist nur politisches Getöse. Er verhindert und er verkürzt gar nichts: Die Bilder bleiben im Netz, die Server bleiben erreichbar. Lediglich ein bisschen Tünche verdeckt sie, und selbst technische Laien können diese leicht abkratzen. Oder, wie es in der Begründung der Petition heißt: Die im Gesetz vorgesehen Maßnahmen seien denkbar ungeeignet. "Eine Sperrung von Internetseiten hat so gut wie keinen nachweisbaren Einfluss auf die körperliche und seelische Unversehrtheit missbrauchter Kinder."

Tatsächlich geht es um Zensur, da die Inhalte erreichbar bleiben, obwohl sie kriminell und damit löschbar sind. Doch gelöscht wird nichts. Lediglich ein nach unklaren und bewusst nicht transparenten Regeln erstellter Filter soll sie blockieren, obwohl selbst das Gesetz zugibt, dass die Blockade nicht wirklich funktioniert.

Ist es ein Wunder, dass viele Menschen, die sich täglich im Internet bewegen und zumindest eine Ahnung von dessen technischen Zusammenhängen haben, sich abgelehnt und kriminalisiert sehen? Dass sie sich von der Parlamentspolitik abwenden?

Der Journalist und Blogger Jens Schröder, besser bekannt als "Popkulturjunkie", schreibt: "Ich befürchte, dass sich 'die Politiker' in Berlin gerade von einer ganzen Generation von heranwachsenden und jungen Erwachsenen entfernen, weil sie einfach nicht mehr kapieren, wie moderne Technik funktioniert und was Jugendliche in ihrer Freizeit tun. Was wird als nächstes verboten? Autorennspiele, weil sie Unfälle im echten Leben wahrscheinlicher machen?"

Selbst die Initiatorin der Onlinepetition ist nicht optimistisch, dass ihr Vorhaben irgendetwas ändern kann. Franziska Heine sagt: "Ich bin realistisch genug, dass es nicht so einfach geht. Mir ist klar, dass die Mühlen sehr langsam mahlen." Eine Hoffnung hat sie allerdings: "Aber wir können der Politik klar machen, dass sie nicht im Sinne des Volkes handelt." Und dass sie sich wünsche, dass nun viele Bürger außerhalb des Internets aktiv würden.

Das müssen dann aber schon eine ganze Menge sein. Denn derzeit sieht es nicht so aus, als seien viele Politiker bereit, Stimmen aus dem Internet als das zu begreifen, was sie sind: Meinungen ihrer Wähler.

Dabei geht es nicht darum, dass die Parteien im Bundestag der Meinung der Mehrheit folgen sollen. So ist unsere Demokratie nicht aufgebaut. Sie soll jedoch einen Ausgleich finden zwischen den verschiedenen Interessen, soll den besten Weg suchen. Kritik einfach wegzuwischen, sie als unsinnig abzutun und die Kritiker zu beschimpfen, können die Autoren des Grundgesetzes nicht gemeint haben, als sie unser parlamentarisches Regierungssystem schufen.

Übrigens: Inzwischen haben die Petition mehr als 66.000 Menschen mit vollem Namen unterzeichnet. 66.000 potenzielle Wähler, die noch hoffen, dass sich die Politik für ihre Meinung interessiert.
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Re: Kinderporno-Seiten: Zypries sieht Pläne zur Sperrung skeptisch

Weitere Unterstützung für Online-Petition:
«Eltern in IT-Berufen» gegen «Zensursula»
15. Mai 15:25
Im Netz nicht beliebt: Ursula von der Leyen
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Im Netz nicht beliebt: Ursula von der Leyen
Foto: dpa
Mehr als 80.000 Bürger haben mittlerweile die Online-Petition gegen das von der Bundesregierung geplante Kinderpornografie-Gesetz unterzeichnet. Nun wenden sich auch «Eltern in IT-Berufen» gegen die Netzsperren.

Der Protest von Netzaktivisten gegen einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Sperrung von Webseiten mit kinderpornografischem Inhalt hält an. Die erfolgreichen Online-Petition gegen den Entwurf erhält nach wie vor Zuspruch. Nun haben sich auch «Eltern in IT-Berufen» mit einer öffentlichen Erklärung zu Wort gemeldet.

MEHR IN DER NETZEITUNG:

* » Wenn die Generation Digital stinkig wird
* » 50.000 Unterstützer in nur fünf Tagen
* » «13 pro Minute» – Bürger gegen «Zensursula»
* » Proteste nun auch gegen «Zensursulas» Drucker

Darin formulieren über 420 Familien von Internet-Fachleuten ihre Unterstützung der Online-Petition und fordern «Sach- statt Symbolpolitik» beim Umgang mit Kinderpornografie im Internet. Initiator Hanno Zulla, ein IT-Experte aus Hamburg, und seine Mitstreiter betonen in der Erklärung, dass statt der geplanten «populistischen» Sperren wirksame Maßnahmen gegen Kindesmissbrauch und Internetkriminalität gefunden werden müssten.

Konkret fordern sie eine «bessere IT-Ausbildung für Justiz und Polizei sowie die bessere Ausstattung der Sozialbehörden.» Statt Webseiten zu sperren, sollten bestimmte Server abgeschaltet werden: «Internet-Inhalte stehen auf Servern in Ländern mit Gesetzen, illegale Inhalte lassen sich abschalten
– wenn Justiz und Polizei über Personal mit dem nötigen IT-Sachverstand verfügen.»

82.000 Unterzeichner der E-Petition

Knapp 82.000 Bürger haben bislang die von der Berlinerin Franziska Heine eingereichte Online-Petition mit dem Titel «Internet – Keine Indizierung und Sperrung von Internetseiten» unterzeichnet. Bereits am 8. Mai hatte die E-Petition ihr Ziel erreicht: 50.000 Menschen hatten zu diesem Zeitpunkt gegen das geplante Gesetz zur Eindämmung von Kinderpornografie im Internet auf den Webseiten des Deutschen Bundestages abgestimmt.

Der Petitionsausschuss des Bundestages muss sich also mit dem Antrag in einer öffentlichen Sitzung beschäftigen. Die Hauptpetentin Franziska Heine wird dort wohl, wie in der Begründung der Online-Petition, ausführen, dass die Pläne der Regierung ungeeignet seien, den Missbrauch von Kindern zu verhindern. Da sie außerdem das Grundrecht auf Informationsfreiheit gefährdeten, müsse das Parlament die vom Bundeskabinett beschlossenen Änderungen am Telemediengesetz stoppen. Eine Beteiligung an der Abstimmung ist noch bis zum 16. Juni möglich. Die Debatte über den Antrag im Petitionsausschuss gilt aber als bloßer symbolischer Akt.

Instrument zur Internet-Zensur?

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht vor, dass das Bundeskriminalamt Webseiten mit Kinderpornografie benennt, welche Internet-Provider in Deutschland, die mehr als 10.000 Kunden haben, dann sperren müssen. Die Regierung will damit einen Großteil der Zugriffe auf kinderpornografische Inhalte im Internet verhindern. Kritiker halten die Sperren für nutzlos und sehen darin ein Instrument zur Internet-Zensur.

MEHR IM INTERNET:

* » Erklärung von Eltern aus IT-Berufen zu Internetsperren
* » Gesetzentwurf der Bundesregierung
* » Online-Petition

Der offiziell so genannte «Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen» geht maßgeblich auf eine Initiative von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) zurück. Viele Blogger, Twitterer und Netzaktivisten nennen sie deswegen häufig nur noch «Zensursula». (nz)
https://www.netzeitung.de/politik/deutschland/1356800.html

Re: Kinderporno-Seiten: Zypries sieht Pläne zur Sperrung skeptisch

Netzsperren
Deutsche Kinderhilfe kämpft um Deutungshoheit

Von Daniel Schlicht | © ZEIT ONLINE 25.5.2009 - 15:20 Uhr

* Schlagworte:
* Hilfsorganisation
* Kinderpornografie
* Internet

Mit einer bundesweiten Unterschriften-Kampagne versucht die Deutsche Kinderhilfe, das Image der Netzsperren aufzupolieren. Doch hat der Verein selbst keinen guten Ruf
Auch Christina Rau war schon einmal Schirmherrin der Kinderhilfe

Auch Christina Rau war schon einmal Schirmherrin der Kinderhilfe

©dpa

Kaum ein Thema beschäftigt derzeit die deutsche Online-Gemeinde so sehr wie die geplante Sperre von Kinderporno-Seiten im Internet. Das, was Familienministerin Ursula von der Leyen unermüdlich als effektive Bekämpfung von Kinderpornografie anpreist, werten Kritiker als ersten Schritt zur staatlichen Internet-Zensur. Im Internet haben inzwischen mehr 90.000 Menschen gegen diese Pläne gestimmt und vom Bundestag gefordert, sich erneut mit ihnen zu befassen. In den nächsten Tagen wollen die Sperrgegner die 100.000 schaffen.

Der Streit wird inzwischen auch auf der Straße ausgetragen. Seit der vergangenen Woche sammelt der Verein "Deutsche Kinderhilfe" vor Fußballstadien und auf öffentlichen Plätzen Unterschriften für die Sperren und für das Gesetzesvorhaben. Mit der Kampagne "Stop! – Meine Stimme gegen Kinder'pornographie'" hat er sich zum Ziel gesetzt, bis Ende Mai ebenfalls mindestens 100.000 Namen und Adressen vorweisen zu können.
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Was klingt wie lebendige Demokratie, ist so einfach nicht. Denn an dem Vorhaben der "Deutschen Kinderhilfe" und an dem Verein selbst gibt es einige Kritik.

Die Kinderhilfe setzt nicht auf das Internet, sondern auf den klassischen Weg. Dazu sucht sie anscheinend auch professionelle Unterschriftensammler. Zumindest klingt eine Stellenanzeige beim Jobvermittler "Promotionbasis" so, als wäre sie von der Kinderhilfe aufgegeben, auch wenn dort kein Auftraggeber steht. 50 Euro wird für zweieinhalb Arbeitsstunden von der Firma "FirstClassService Promotion" versprochen – dafür, vor Fußballstadien Unterschriften für das "Anti-Kinderporno-Gesetz" zu sammeln.

Das ist nicht anrüchig, im Gegensatz zur Argumentation der geworbenen Promoter. Blogger Oliver Lysiak beispielsweise berichtet von einer Begegnung mit zweien von ihnen. Deren Werbung gipfelte in dem Satz: "Aber es ist doch gegen Kinderpornografie! Da können Sie doch nicht dafür sein!" Felix Schwenzel bloggte bei wirres.net eine ähnliche Erfahrung.

Ähnlich argumentiert das vorgelegte Unterschriftenblatt, auf dem nur ein Satz steht: "Ja, ich stimme für das Gesetz gegen Kinder'pornographie' im Internet". Recht missverständlich und suggestiv, kritisiert nicht nur Markus Beckedahl von Netzpolitik.org. Erweckt der Satz doch den Eindruck, man wolle ein Verbot von Kinderpornografie im Internet erreichen. In Wirklichkeit existiert ein solches Verbot bereits seit vielen Jahren. Tagesspiegel-Chefredakteur Lorenz Maroldt hält die Kampagne deswegen für "pure Demagogie". Und das Blog Spiegelfechter sieht darin den Versuch eines "konservativen Roll-Backs".

Die Kritiker sehen in solchen Äußerungen ihre Meinung bestätigt, dass die Kampagne der Kinderhilfe irreführend ist, und versucht den Widerstand dagegen zu diffamieren. Immerhin postuliert der Verein: "Es darf kein Grundrecht auf Verbreitung kinder'pornographischer' Seiten geben." Dieses Grundrecht allerdings fordert niemand. Im Gegenteil. Organisationen wie beispielsweise CareChild und Mogis wollen unbedingt Kinderpornografie bekämpfen. Das aber, so glauben sie, ist mit den Plänen Ursula von der Leyens gar nicht möglich.

Die Kinderhilfe sieht das anders und sammelt weiter. Seit Jahren schon beteiligt sich der als unionsnah geltende Verein an der Debatte um Internetsperren. Unumstritten allerdings ist er nicht.

So gab es in der Zeitung Die Welt Berichte über dubiose Spenden- und Geschäftspraktiken. Außerdem erhoben demnach auch Datenschutzbeauftragte Vorwürfe gegen die Kinderhilfe. Als Konsequenz wurde der Verein 2008 aus dem Deutschen Spendenrat ausgeschlossen, und der Landesverband in Nordrhein-Westfalen verlor seine Gemeinnützigkeit. Die Welt berichtete auch von undurchsichtigen Geschäftsmodellen. Unter anderem soll es eine "enge Verquickung kommerzieller mit gemeinnützigen Zwecken" geben. Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Kinderhilfe, Georg Ehrmann, hat die Vorwürfe stets dementiert.

Zumindest vielen Fußballclubs aber genügt das, um lieber nichts mit dessen Verein zu tun haben zu wollen. Die Kinderhilfe hatte angekündigt, vor allem vor Fußballstadien zu agitieren. Das aber finden einige Fußballfans nicht gut. Anhänger von Schalke 04 beispielsweise zeigten sich verärgert über die Aktion. Und über den E-Mail-Verteiler der Fanbeauftragten der oberen vier Ligen lief laut Netzpolitik der Aufruf: "Wir Fußballfans sollten uns dagegen wehren, derartig für diffamierende Regierungskampagnen missbraucht zu werden."

Im Familienministerium scheint man durchaus dankbar für die Unterstützung durch die Kinderhilfe und will nichts zu der Kritik an ihr sagen: "Jede Organisation, jeder Bürger ist aufgerufen, sich zu dieser Initiative zu verhalten. Wir begrüßen die bundesweite Debatte, kommentieren aber keine Einzelaktionen", sagte Pressereferent Hanno Schäfer ZEIT ONLINE. Von einer direkten Zusammenarbeit mit Ursula von der Leyen wollte er nichts wissen: Frau von der Leyen habe keinerlei Verbindung zur Deutschen Kinderhilfe.

Auch wenn es keine direkte Kooperation gibt, der Verein schmückt sich gern mit politischem Personal, beispielsweise mit Gesundheitsministerin Ulla Schmidt. Oder mit dem Deutschen Ärztetag. Dessen Beschluss, von der Leyens Gesetzentwurf zu unterstützen, kommentierte Kinderhilfe-Vorstand Ehrmann so: "Das Kampagnenziel, 100.000 Unterstützer für den Kampf gegen Kinder'pornographie' im Internet zu gewinnen, ist durch den Beschluss des Deutschen Ärztetages jetzt schon erreicht." Wie die Rechnung dazu aussieht, sagte er nicht.
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ZEIT ONLINE 22/2009: Mehr als 90 Prozent gegen Sperrungen im Internet

Dank suggestiver Fragen kann viel belegt werden, auch, dass eine Mehrheit Netzsperren befürwortet. Werden die Fragen anders formuliert, ist das Ergebnis genau umgekehrt. […]»
ZEIT ONLINE 21/2009: Ausweitung der Sperrzone

Die Blockade von Kinderpornografie im Internet könnte nur der erste Schritt sein auf dem Weg zu umfassenden Sperren im Netz. […]»

https://www.zeit.de/online/2009/22/internetsperren-kinderhilfe-unterschriften?page=all

Re: Kinderporno-Seiten: Zypries sieht Pläne zur Sperrung skeptisch

* 27.05.2009, 16:30 Uhr

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Kinderporno-Sperre:
"Verfassungsrechtlich sehr kritisch"
Kinderporno-Sperre: Verfassungsrechtlich sehr kritisch
© DPA
Auf dem Archivbild zeigt Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU), welches Logo künftig erscheinen soll, wenn Webseiten mit kinderpornografischen Inhalten aufgerufen werden

Familienministerin von der Leyen bleibt bei ihren Plänen, Internetseiten mit kinderpornografischen Inhalten sperren zu lassen. Experten bezweifeln die Wirksamkeit solcher Sperren, da sich diese leicht umgehen ließen. Außerdem gibt es rechtliche Bedenken gegen das Vorhaben der CDU-Politikerin.

Im Streit um Internet-Sperren zur Bekämpfung von Kinderpornografie will Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) auf die Kritiker zugehen, aber nicht von ihren Plänen abrücken. Bei einer Anhörung im Wirtschaftsausschuss des Bundestages äußerten Experten am Mittwoch in Berlin erhebliche Bedenken zu dem von Union und SPD eingebrachten Gesetzentwurf. Vor allem die Rolle des Bundeskriminalamts (BKA) stieß auf heftige Kritik. Außerdem lasse der Entwurf eine Gesamtstrategie zur Bekämpfung der Kinderpornografie im Internet vermissen. Fraglich war sogar, ob der Bundestag für solche Maßnahmen überhaupt zuständig ist.


Von der Leyen erklärte, sie nehme die Kritik sehr ernst. "Von meinem Ziel, die freie Verfügbarkeit der Bilder vergewaltigter Kinder im Netz zu stoppen, lasse ich mich jedoch keinen Deut abbringen", sagte die Ministerin. In einem Interview mit "Spiegel Online" räumte sie aber "Nachbesserungsbedarf" bei dem Gesetzesvorschlag ein.

"Verfassungrechtlich sehr kritisch"

In ihrem Vorschlag wollten die Fraktionen der großen Koalition das BKA beauftragen, Listen von verdächtigen Websites zu erstellen. Der Zugang zu diesen Internetseiten sollte daraufhin erschwert werden. Von Sperren oder Blockaden könne laut Expertenmeinung aber nicht gesprochen werden, da diese relativ einfach zu durchbrechen oder umgehen seien. Dass eine Polizeibehörde und nicht ein Richter solche Abwehrmaßnahmen durchführen lasse, sei außerdem "verfassungsrechtlich sehr kritisch", sagte Strafrechts-Experte Ulrich Sieber.

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Daneben beschäftigt die Kritiker vor allem, wie Websites auf die Sperrlisten kommen. BKA-Abteilungsleiter Jürgen Maurer kündigte diesbezüglich an, im Zweifelsfall eine Domain nicht auf die Liste setzen zu wollen. Basierend auf Informationen von Ländern wie Norwegen oder Dänemark, die bereits Sperrlisten führten, geht Maurer von "einigen 1000 Domains" aus, die zu sperren sind. Rund 150 bis 200 neue Seiten würden schätzungsweise pro Woche dazukommen.


Internet-Experten sind sich einig, dass Sperren von Websites - wie in dem Gesetzentwurf vorgeschlagen - relativ einfach zu umgehen sind. Anleitungen dazu kursieren im Web. Deswegen müsse das Löschen und nicht das Blockieren von kinderpornografischen Inhalten klar Vorrang haben. "Sperren können nur flankierende Maßnahmen sein", sagte Oliver Süme vom Verband der deutschen Internetwirtschaft (eco).


Dass das Löschen von kinderpornografischen Inhalten sehr aufwendig sei, wies der Arbeitskreis gegen Zensur, zu dem unter anderem auch der Chaos Computer Club gehört, zurück. Auf eine Initiative des Arbeitskreises hin seien innerhalb von nur zwölf Stunden europaweit 60 Internet-Angebote von den informierten Providern gelöscht worden.


Neben Schwächen bei der technischen Umsetzung des Kampfes gegen Kinderpornografie im Internet wurden zudem Stimmen laut, der Bund sei für eine derartige Maßnahme überhaupt nicht zuständig. Der Verfassungsrechtler Matthias Bäcker sieht "einen ganzen Strauß verfassungsrechtlicher Probleme". Auch eine von der SPD beauftragte Anwaltskanzlei kommt zu dem Schluss, dass eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes "problematisch" erscheine.

DPA



Artikel vom 27. Mai 2009
https://www.stern.de/computer-technik/internet/:Kinderporno-Sperre-Verfassungsrechtlich/702014.html#rss=all

Re: Kinderporno-Seiten: Zypries sieht Pläne zur Sperrung skeptisch

Politik

Freitag, 29. Mai 2009
Schwarze Listen gegen Kinderpornos
G8 weiten Netz-Kontrollen aus
Die Innen- und Justizminister der führenden Industriestaaten wollen unter anderem soziale Netzwerke wie Facebook stärker kontrollieren.

Die G8-Staaten wollen den Kampf gegen Internetkriminalität verschärfen. Die Innen- und Justizminister der sieben führenden Industriestaaten und Russlands (G8) einigten sich am ersten Tag ihres zweitägigen Arbeitstreffens in Rom unter anderem auf G8-weite "Schwarze Listen" von Kinderporno-Webseiten. Begrüßt wurde auch der italienische Vorschlag, in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen und Interpol die Kontrolle sozialer Netzwerke wie Facebook zu verstärken. Diese seien überaus attraktiv für Terroristen und das organisierte Verbrechen.

Die G8-Minister beim Familienfoto.
(Foto: dpa)

Am Morgen hatten die Minister bereits beschlossen, ein von Italien praktiziertes Modell bei der Beschlagnahmung von Gütern und Kapital krimineller Organisationen wie der Mafia auf alle G8-Staaten auszudehnen. In Italien waren im vergangenen Jahr nach Angaben des Innenministeriums Güter im Wert von rund 4,3 Milliarden Euro konfisziert worden, dreimal so viel wie 2007.
Italiens Flüchtlingsprobleme

Italiens Innenminister Roberto Maroni erklärte, er habe vollstes Einverständnis von EU-Justizkommissar Jacques Barrot signalisiert bekommen, das Problem zunehmender Migrantenströme und des Menschenhandels gesamteuropäisch zu behandeln. Er verteidigte zudem die Flüchtlingspolitik der Regierung von Silvio Berlusconi. "Seit das Abkommen zwischen Rom und Tripolis (Mitte Mai) in Kraft getreten ist, haben die Landungen von Flüchtlingen abgenommen", erklärte Maroni. 2008 kamen rund 36.500 Flüchtlinge an den italienischen Küsten an, im laufenden Jahr waren es nach Angaben des Innenministeriums mehr als 6000. Die Flüchtlingspolitik der konservativen Regierung von Ministerpräsident Berlusconi war in den vergangenen Monaten wiederholt international als ausländerfeindlich kritisiert worden.

Die UN hatten Italien unter anderem vorgeworfen, mit direkten Abschiebungen von auf See aufgegriffenen Afrikanern, bevor sie überhaupt italienischen Boden betreten und einen Asylantrag stellen konnten, die Genfer Flüchtlingskonvention zu verletzen. Zur Legitimität dieses Vorgehens erklärte Barrot, für die Asylberechtigten sei die Aufnahme in Libyen "ungenügend und inadäquat".

Das Treffen, an dem außer den Vertretern der USA, Kanadas, Japans, Russlands, Deutschlands, Italiens, Frankreichs und Großbritanniens auch EU-Justizkommissar Jacques Barrot sowie Vertreter von Interpol und des Drogen- und Kriminalitäts-Büros der Vereinten Nationen teilnehmen, stand unter schärfsten Sicherheitsvorkehrungen. Große Teile des historischen Zentrums von Rom waren abgesperrt worden. Größere Zwischenfälle blieben aus.
Bildergalerie

* Die "Gruppe der 20" (G-20) verbindet die stärksten Industrienationen der Welt mit den aufstrebenden Volkswirtschaften.
* Die G-20-Staaten repräsentieren nach eigenen Angaben 90 Prozent der globalen Wirtschaftskraft (BIP), ...
* ... 80 Prozent des Welthandels und ...

Die Gesichter der Macht
Der G-20-Gipfel in London
Alle Bilderstrecken

dpa
https://www.n-tv.de/politik/G8-weiten-Netz-Kontrollen-aus-article314186.html

Re: Kinderporno-Seiten: Zypries sieht Pläne zur Sperrung skeptisch

Kinderporno-Gesetz vor Abstimmung im Bundestag:
Zensursula-Protest: «Gesperrt - wie wahr»
18. Jun 12:16, ergänzt 16:57
Ausschnitt des Stopp-Schildes für Kinderporno-Sperren
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Ausschnitt des Stopp-Schildes für Kinderporno-Sperren
Foto: dpa
Das umstrittene Gesetz gegen Kinderpornos im Netz wird noch heute im Bundestag auf den Weg gebracht. Während die Kritiker online und offline demonstrieren, betont Ursula von der Leyen noch einmal ihren Standpunkt.

Für die Einen ist es ein sinnvoller Schritt zur Eindämmung des schmutzigen Geschäfts mit Kinderpornografie. Andere hingegen sehen in der an diesem Donnerstag im Bundestag anstehenden Entscheidung über die Web-Sperrung kinderpornografischer Seiten «die Abschaffung der Freiheit im Internet».

MEHR IN DER NETZEITUNG:

* » «Zensursula» mittel-light ist auf dem Weg
* » Zensur, wohin man auch klickt
* » Gegensätzliche Umfragen zu «Zensursula»
* » «Eltern in IT-Berufen» gegen «Zensursula»

Ähnlich wie heute schon in Skandinavien, den Niederlanden, Italien und anderen Staaten soll auch in Deutschland ein rotes Stoppschild auf dem PC-Schirm erscheinen, wenn der Nutzer - absichtlich oder zufällig - eine zuvor vom Bundeskriminalamt (BKA) ausgespähte Seite mit kinderpornografischen Inhalten ansteuert. Nach deutlichen Korrekturen am ursprünglichen Gesetzentwurf aus dem Bundeswirtschaftsministerium gilt die Verabschiedung durch die große Koalition am Donnerstagabend im Reichstag nunmehr als sicher.

Die Sperrung wird mit einem «Zugangserschwerungsgesetz» geregelt - und nicht wie zunächst geplant mit dem Telemediengesetz. Damit soll herausgestellt werden, dass es bei der Sperrung allein um kinderpornografische Inhalte geht, nicht aber etwa um unliebsame politische Aufrufe und Gruppen oder andere Themen.

Weitere wichtige Änderungen: Das Gesetz wird zunächst auf drei Jahre befristet und dann auf den Prüfstand gestellt. Ein vom Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar bestelltes Kontrollgremium soll die Sperrlisten überprüfen. Und auch anders als zunächst vorgesehen sollen die Daten jener, die eine Kinderporno-Seite aufrufen wollen, nicht zur Strafverfolgung genutzt werden.

Schaar will neue Befugnisse nicht

Seltsam nur, dass Schaar seine neuen Befugnisse gar nicht mag. «Das hat nichts mit meinen Aufgaben zur Sicherung der Informationsfreiheit und des Datenschutzes zu tun», sagte der Bundesdatenschutzbeauftragte am Donnerstag der «Berliner Zeitung». «Das ist vielmehr eine Aufgabe, die in einer strafrechtlichen Beurteilung besteht.» Davon sei er nicht begeistert und dies könne die Unabhängigkeit und die Glaubwürdigkeit seiner Behörde gefährden, sagte Schaar. «Dies wäre der Fall, wenn das Gremium als Internet-Überwachungsinstanz gesehen wird.»

Kritik kommt auch von der früheren Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Sie hält das geplante Gesetz gegen Kinderpornografie im Internet für nutzlos. Zwar müsse man entschieden dagegen vorgehen, dass die Würde von Kindern verletzt werde, sagte sie dem Sender MDR Info vor der Abstimmung über das Gesetz am Donnerstag. «Aber man darf nicht untaugliche Mittel wählen.» Es gebe technische Umgehungsmöglichkeiten. Zudem habe der Gesetz-Entwurf «erhebliche rechtsstaatliche nachteilige Nebenwirkungen».

Die FDP-Politikerin kritisierte vor allem, dass die Nutzer mit Stopp-Schildern von kinderpornografischen Seiten abgehalten werden sollen. Es bestehe die große Gefahr, «dass gerade dann, wenn so ein Stoppschild auftaucht, erst Aufmerksamkeit geweckt wird, dafür, dass man auf eine Seite kommt, wo es etwas Verbotenes gibt». Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) «sollte ihr Augenmerk vielmehr darauf richten, dass diese Inhalte, egal auf welchen Providern sie sind, gelöscht werden.» Dabei könne man auf Selbstverpflichtungen der Provider bauen, die nicht mit kinderpornografischen Inhalten in Verbindung gebracht werden wollten.

MEHR IM INTERNET:

* » Fotos zur 'Zensursula'-Sperrwache auf Flickr
* » Offener Brief eines jungen SPD-Mitglieds
* » Bloggerin Anke Gröner über 'Zensursula'
* » Junge Union Hessen zum Koalitionskompromiss zu Internetsperren

Proteste vor dem Reichstag

Selten hat von der Leyen in ihrer Politkarriere so viel Gegenwind erfahren. Binnen sechs Wochen sammelten Gegner der Sperren fast 135.000 Unterschriften für eine Online-Petition – das ist Rekord im deutschen E-Petitionswesen. «Zensursula» wird die Ministerin auf Plakaten und in Blogs von der am Donnerstag in der Nähe des Reichstags protestierenden Internet-Community genannt. Mit der Massenpetition wird sich vermutlich aber erst der neue Bundestag nach der Wahl befassen können, wenn das Gesetz bereits in Kraft ist.

Ist «die Büchse der Pandora» einmal geöffnet und die Zensur im Internet auf rechtlichen Boden gestellt, könnten nach der Kinderpornografie schnell auch andere Bereiche folgen, fürchten die Kritiker. Andeutungen von Politikern aus Union wie SPD, dass man solche Ausweitungen bei antisemitischen, rechts- wie linksextremistischen oder gewaltverherrlichenden Texten zumindest erwägen sollte, gaben dieser Debatte zusätzlich Nahrung.

In den Online-Netzwerken Twitter und Facebook waren am Donnerstagvormittag zahlreiche Meinungsäußerungen der Demonstranten zu verfolgen: «polizistin vor dem reichstag: 'hier ist gesperrt.' - wie wahr», schrieb Markus Angermeier; «Bisschen nervig, dass sich Parteien bei den Protesten in den Vordergrund drängeln. FDP noch schlimmer als Gruene #sperrwache», twitterte das Weblog Netzpolitik.org; «Aufgestanden für ein Freies Internet. Jetzt gleich - 9:00: #sperrwache - Brandenburger Tor #zensursula», schrieb die Grünen-Politikerin Julia Seeliger bereits zuvor.

Wer fragt wie?

Von der Leyen verteidigt unterdessen die geplanten Sperren: Das Gesetz zur Sperrung von Kinderpornografieseiten im Internet stehe nicht im Konflikt mit dem Grundrecht auf Informationsfreiheit. Die CDU-Politikerin sagte am Donnerstag in Berlin, es sei «zynisch, im Zusammenhang mit Kinderpornografie von Zensur zu sprechen». Es sei wichtig, dass der Schutz der Würde eines Kindes online genauso konsequent stattfände wie im realen Leben. «Es geht ja auch nicht, dass ein Kind auf offener Straße vergewaltigt wird, und Passanten schauen tatenlos zu.»

Und sie weiß die Mehrheit der Deutschen in dieser Frage hinter sich. Aus einer aktuellen Umfrage des Instituts für Demoskopie Allenbach, die am Mittwoch in Berlin veröffentlicht wurde, geht hervor, dass 91 Prozent der Befragten die Regelungen befürworten, nur sechs Prozent halten sie nicht für effektiv. Für die Umfrage wurden insgesamt 1.832 Personen ab 16 Jahren mündlich interviewt.

Entscheidend bei solchen Umfragen ist jedoch, wie gefragt wird. Im Auftrag des Vereins Mogis (Missbrauchsopfer gegen Internetsperren) stellte das Institut Infratest dimap zuletzt im Mai fest, dass nur fünf Prozent von 1000 Befragten für eine Sperre seien. Mogis hatte fragen lassen: «Internetseiten mit Kinderpornografie sollten konsequent gelöscht und die Betreiber strafrechtlich verfolgt werden.» 92 Prozent der Befragten stimmten damals dieser Position zu, in der von Internetsperren explizit keine Rede war.

Schwere Geschütze

Von Gegnern wie Befürwortern wird in der Debatte mitunter mit schweren Geschützen gefeuert. Auf der einen Seite wird eine Staatszensur wie in China oder im Iran beschworen. Und im Gegenzug rücken Politiker die Kritiker des Sperrverfahrens schnell und zu Unrecht in die pädophile Ecke.

MEHR IM INTERNET:

* » Proteste auf Twitter
* » E-Petition
* » Ursprünglicher Gesetzentwurf
* » Kinderpornografie-Gesetz vor der Abstimmung auf Bundestag.de

Klar ist, dass mit dem Sperrsystem Seiten mit Kinderpornografie nicht gänzlich aus dem Netz verschwinden werden. Und das Gros der Kinderpornos wird ohnehin über Mailing-Listen, Mobilfunknetze oder gleich offline vertrieben. (nz/dpa)
https://www.netzeitung.de/politik/deutschland/1382340.html



* 18.06.2009, 20:29 Uhr

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Kinderpornografie:
Die Internet-Zensur ist ein Irrweg
Kinderpornografie: Die Internet-Zensur ist ein Irrweg
© Mario Vedder/DDP
Kinderpornografie im Web ist ein Dauerthema. Die Jusitz beobachtet und sucht nach wirksamen Gegenmitteln

Das umstrittene Gesetz zur Kinderporno-Sperre ist vom Bundestag verabschiedet worden: In Deutschland dürfen erstmals Internet-Seiten gezielt gesperrt werden. Ist der Regierung damit ein wirksamer Schlag gegen die Internet-Schweinereien gelungen? Hans Peter Schütz sagt: Nein! Und warnt vor den Konsequenzen für die Internet-Freiheit.

Wer Kinderpornofilme produziert, ist ein menschliches und moralisches Schwein. Wer Kinderpornofilme konsumiert, für den gilt desgleichen. Sexuelle Liberalität gehört, zum Glück, inzwischen weithin zu unserer Gesellschaft. Pädophilie nicht, Pädophile gehören zum Psychiater. Kinderpornografie, Vergewaltigung von Kindern vor Kameras, Missbrauch von Babies - das sind schwerste Verbrechen. Ihre Verfolgung und Bestrafung muss den Ordnungskräften und Gerichten der Republik jede Anstrengung wert sein.

Was der Bundestag jetzt für den Kampf gegen die digitale Kinderpornografie beschlossen hat, gehört nicht in diese Kategorie. Man muss das Gesetz zur Kinderporno-Sperre im Internet, leider, unter der Rubrik Selbstbeweihräucherung ablegen. Familienministerin Ursula von der Leyen, von der die gesetzgeberische Aktivität ausging, wollte damit wohl ihr ministerielles Make-up für den Bundestagswahlkampf auffrischen. Mehr noch: Es wird Scheinaktivität vorgegaukelt. Die Sperren im Internet werden nicht funktionieren, weil in der pädophilen Szene längst bekannt ist, wie man sie umgehen kann. Wer die Umwege nicht kennt, wird das Material über E-Mail oder MMS beziehen. Auch auf diesen Medienwegen ist der Markt für die menschliche Schweinerei längst etabliert.
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An der Realität vorbeigestrickt
Diesem Gesetz haben im Bundestag jetzt Abgeordnete zugestimmt, die keine Ahnung davon haben, wie Internet funktioniert. Und die ebenso wenig begriffen haben, welche globale Bedeutung dieses Medium längst für die Menschen, vor allem die Jugend, erreicht hat. Die über 200.000 Warner, die beim Bundestag gegen das Pornogesetz auf den Seiten des Petitionsausschusses protestiert haben, sind keine heimlichen Sympathisanten der Kinderpornoschweine. Sie bekennen sich zur Freiheit des Internets, das denselben Schutz verdient wie die Grundgesetzartikel zum Schutz der Meinungs- und Pressefreiheit in unserer Verfassung.

Wollen wir diese beschlossene Internet-Zensur? Sie stellt unsere Gesetzgeber sehr nahe Schulter an Schulter mit jenen iranischen Politikern, die jetzt jene Regimekritiker ins Gefängnis werfen lassen wollen, die weiterhin das Internet als Kommunikationsmittel ihres Protestes benutzen. Von dieser Form des Machtmissbrauchs sind wir noch weit entfernt. Aber man kann fast darauf warten, dass weitere Vorschläge kommen, um über das Internet die Bürger auszuschnüffeln. Irgendwann wird dann gefordert, Gotteslästerung oder Killerspiele im Internet müssten ebenso verfolgt werden wie Kinderpornos.

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Möglichkeiten besser nutzen
Dass das Gesetz vorerst nur drei Jahre gelten soll, zeigt sehr deutlich, wie wenig überzeugt die Gesetzesmacher von ihrer eigenen Arbeit sind. Wer wirklich etwas gegen Kinderpornografie tun will, muss gegen sie mit jener Energie kämpfen, die etwa gegen Heroinhandel eingesetzt wird. Doch bis heute läuft bei uns die Prävention gegen Missbrauch von Kindern eher am Rande, wird die Strafverfolgung der Täter personell vernachlässigt, indem man das verfügbare Personal bei den Ermittlern abbaut. So gut wie gar nicht findet eine internationale Kooperation beim Kampf gegen Kinderpornografie statt. Wir haben reichlich Rechtshilfeabkommen, aber wir nutzen sie nicht.

Die Freiheit, die uns das Internet schenkt, muss es uns wert sein, sie nicht deshalb einzuschränken, weil uns die gangbaren Wege, ihren Missbrauch zu schützen, zu teuer sind.



Artikel vom 18. Juni 2009
https://www.stern.de/politik/deutschland/:Kinderpornografie-Die-Internet-Zensur-Irrweg/703961.html#rss=all

Kinderpornographie
Freie Fahrt fürs Stoppschild
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Das Stoppschild kommt, aber das Gesetz wurde deutlich verändert

Das Stoppschild kommt, aber das Gesetz wurde deutlich verändert

18. Juni 2009 Der Bundestag hat das umstrittene Gesetz zur Sperrung von Kinderpornografie im Internet verabschiedet. Dafür stimmten am Donnerstagabend 389 Abgeordnete, dagegen 128. Es gab 18 Enthaltungen. Damit sollen Nutzer in Deutschland künftig ein Stoppschild sehen, wenn sie eine gesperrte Seite anklicken. Strafrechtlich bleibt dies aber folgenlos. Die Liste der gesperrten Seiten wird vom Bundeskriminalamt geführt.

Die Liste soll von einem fünfköpfigen unabhängigen Kontrollgremium, das beim Bundesdatenschutzbeauftragten eingerichtet wird, überwacht werden. Das BKA soll die Sperrliste den Providern übermitteln. Das Gesetz wird zunächst auf drei Jahre befristet. Newsrooms und Chatrooms werden von den Sperren nicht
erfasst.

Von der Leyen sieht keinen Konflikt mit Grundgesetz
Freie Fahrt fürs Stoppschild: Familienministerin von der Leyen hat sich durch...

Freie Fahrt fürs Stoppschild: Familienministerin von der Leyen hat sich durchgesetzt

Das Gesetz wurde lange kontrovers diskutiert. Bemängelt wurde vielfach, dass Seitensperrungen wenig wirksam und leicht zu umgehen seien. Zudem werde das Grundrecht auf Informationsfreiheit eingeschränkt. (siehe auch: Online-Petition gegen Internetsperren) Die Bundesregierung dagegen argumentiert, mit Hilfe des Gesetzes werde es Nutzern erschwert, Zugang auf diese Inhalte zu bekommen.

Familienministerin Ursula von der Leyen sagte, das Gesetz stehe nicht im Konflikt mit dem Grundrecht auf Informationsfreiheit. Die CDU-Politikerin sagte, es sei „zynisch, im Zusammenhang mit Kinderpornographie von Zensur zu sprechen“. Es sei wichtig, dass der Schutz der Würde eines Kindes online genauso konsequent stattfände wie im realen Leben. Die Ministerin betonte vor allem den „präventiven Charakter“, den die neue Sperre mit sich bringen werde.

Opposition: „Kein wirksames Gesetz“
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Die Opposition sprach sich gegen das Gesetz aus. Auch der selbst unter Kinderpornographieverdacht stehende SPD-Politiker Jörg Tauss übte Kritik. Er habe dagegen gestimmt, weil das Gesetz Überwachungsstrukturen schaffe, sagte er in einer persönlichen Erklärung nach der namentlichen Abstimmung. Das Gesetz hebe die Gewaltenteilung auf: Die Exekutive kontrolliere sich selbst. Am Ende sagte er, dies sei seine letzte Anmerkung im Parlament gewesen. Bereits Ende März hatte er erklärt, auf eine Kandidatur bei der Bundestagswahl im September zu verzichten.

Der FDP-Experte Max Stadler monierte, die Sperren seien kein wirksames Mittel. Vielmehr müssten die Täter verfolgt und bestraft werden. Inhalte mit kinderpornographischen Inhalten müssten gelöscht werden. Dazu brauche man eine wirkungsvolle internationale Zusammenarbeit mit den betroffenen Staaten. Auch der Linken-Abgeordnete Jörn Wunderlich sprach sich gegen das Gesetz aus. Es öffne das Tor zur Internetzensur und sei völlig ungeeignet im Kampf gegen Kinderpornografie. Es sollten die Ursachen abgestellt werden und nicht die Symptome bekämpft werden. Grünen-Politiker Wolfgang Wieland erklärte, Sperren seien nur ein Vorhang vor dem eigentlichen Verbrechen. „Wir brauchen die Stärkung von Prävention.“

Die CDU-Abgeordnete Martina Krogmann erklärte dagegen, durch das Gesetz werde der Zugang für Zufallsnutzer erschwert. Der SPD-Abgeordnete Martin Dörmann sagte, dieses Gesetz diene der Bekämpfung der Kriminalität und den Freiheitsrechten. (siehe auch: Kinderpornographie: Sperren, was nicht zu löschen ist)

Text: FAZ.NET mit ap.
Bildmaterial: dpa

https://www.faz.net/s/RubFC06D389EE76479E9E76425072B196C3/Doc~E45C08698575045AF978A5A5DC6BC331B~ATpl~Ecommon~Scontent.html?rss_aktuellnR