Väter rüsten zum Aufbruch
Erzeuger-Rechte:
Väter rüsten zum Aufbruch
01. Mai 09:41
Oft ein weiter Weg zueinander: Vater und Kind
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Oft ein weiter Weg zueinander: Vater und Kind
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Sie wollen die eigenen Kinder prägen und sind doch oft nur Zahl-Väter. Trennen sich Eltern, wird auch der Mann schnell zum Opfer. Jetzt organisieren die Erzeuger ihren Widerstand, berichtet Tilman Steffen.
17 Jahre lebte Franzjörg Krieg mit der Mutter seiner beiden Töchter zusammen, als die Frau sich 1994 von ihm trennte. Schnell ging es ums Geld: 10.000 Mark in bar verlangte seine Partnerin gleich zu Beginn, anderenfalls werde er die Zweijährige gar nicht mehr sehen. Monatelang hatte Krieg keinen Kontakt zu seinen Kindern. Zwei Jahre später wollte die ältere, 13-jährige Tochter dann ihren Vater gar nicht mehr sehen. «Dass ich eine zweite Tochter habe, erfuhr ich nur über meinen Kontoauszug», erinnert er sich.
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Krieg steht für hunderttausende verzweifelte Trennungsväter. Auf Webseiten und in Diskussionsforen kotzen sie sich aus, diskutieren Auswege aus der empfundenen Rechtlosigkeit und machen sich Mut. Wenig zurückhaltend ist da die Rede vom «von Frauengewalt entrechteten Vater», von der «Macht missbrauchenden Mutter» und der «Idiotenrolle» für Männer.
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Deutschlands frustrierte Erzeuger rüsten zum Aufbruch. Die Väter ersehnen das Ende der Nebenrolle, in die sie die Mütter drängen. Nachdem in den letzten 40 Jahren die Gleichberechtigung der Frau im Mittelpunkt der Geschlechterdebatte stand, wollen sie nun ihre Gleichberechtigung. Sie sehen sich als Opfer einer Vorherrschaft der Mütter, die ihnen nur den Spielraum lässt, den die Frau zu geben bereit ist. Die gesellschaftliche Strömung trug in den vergangenen Jahrzehnten vor allem die Frauen voran: Kind und Karriere sind kein unauflösbarer Widerspruch mehr, die tradierte Familienform ist aufgelöst. Das neue Selbstbewusstsein der Mütter hat für viele getrennte Haupternährer ein unerträgliches Maß erreicht. Für immer mehr Frauen mit Kind ist der Mann nur Samenspender, jedoch kein Partner und erst recht kein Vater mehr. Sobald der Uterus sich weitet, steht der Zeugungs-Dienstleister eher im Weg.
Forum: Väter fühlen sich entrechtet
* Klappt es in der Partnerschaft nicht mehr, sind für den Trennungsvater oft auch die Kinder weg. Liegt es an den Gesetzen, an den Frauen oder an den Männern selbst? Welche Erfahrungen haben Sie gemacht? » Diskutieren Sie mit!
Männer sind heute vor allem eines: Männer. Im Streben der Gesellschaft nach Gleichberechtigung der Frauen ist die Sub-Spezies der Väter ins Hintertreffen geraten. Sie haben in Deutschland keine Lobby. Insofern ist, was sich am Wochenende auf dem Turmberg bei Karlsruhe manifestiert, Resultat hohen Leidensdrucks. Die Väter spannen den Bizeps und besinnen sich auf das, was evolutionär zu den ersten Aufgaben der Testosteronen zählte: das Kämpfen. Ihre Gegner sind Frauen, die ihnen den Umgang mit ihren Kindern verweigern und die dahinter befindliche Ordnung, die ihnen den eigenen Nachwuchs vorenthält.
«Ein System moderner Sklavenhaltung sorgt dafür, dass die Frau sich als Alleinerziehende der Unterstützung gewiss sein kann», klagt Vater Franzjörg Krieg. Er und seine Leidensgefährten verurteilen die «deutsche Denke» dernach das Kind zur Mutter gehört und der Vater zahlt. Sie ächzen unter der finanziellen Last, die ihnen Mütter im Müßiggang aufbürden, anstatt sich als gleichberechtigte Familienernährer zu engagieren.
Väteraufbruch
Der Väteraufbruch für Kinder e.V. existiert als Verein seit 1989. Er setzt sich mittlerweile aus etwa 100 Ortsvereinen, Ortsgruppen und Kontaktstellen mit fast 3000 Mitgliedern im gesamten Bundesgebiet zusammen. Zum Kongress in Karlsruhe erwarten die Organisatoren mehr als 100 Teilnehmer.
Einige der Männer-Argumente: Fast jede zweite Ehe wird geschieden. Zwei Drittel der Scheidungen beantragen Frauen. In vielen Fällen bleibt den Männern anschließend nur das Zahlen von Unterhalt. Das Umgangsrecht müssen sie oft in langwierigen Gerichtsverfahren erstreiten.
Tendenziell sieht es nicht gut aus für deutsche Trennungsväter: Kriminelle ruinieren den Ruf der Vaterschaft durch den Missbrauch ihrer eigenen Nachkommen. Verantwortungslose Geschlechtsgenossen kommen ihrer Sorgepflicht nicht nach. Viele deutsche Männer sehen sich durch das im Frühjahr in Kraft getretene veränderte Vaterschaftsrecht benachteiligt. Heimliche DNS-Tests, ob das eigene Kind wirklich das eigene ist, sollen bald verboten sein . Die 2007 als Durchbruch gefeierten Vätermonate dienen zuvorderst dazu, während des Mutterschaftsurlaubs das staatliche Elterngeld zu sichern. Kriselt es in der Beziehung, stehen die Erzeuger verlassen da.
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Die Revolutionäre von Karlsruhe wenden sich dagegen, düe die säumigen oder straffälligen Erzeuger in Sippenhaft genommen zu werden. Nach jahrzehntelanger Femalisierung der Gesellschaft trachten sie danach, das Verhältnis von Eltern und Kind von Ideologie zu befreien. Sie wollen ihre eigenen Vorstellungen für eine Familienpolitik zusammentragen, die auch die Väter stärker berücksichtigt. Und weil heute nicht mehr der Bizeps entscheidend ist, verweisen sie auf all das, was die Wissenschaft an neuen entwicklungs- und bindungspsychologischen Erkenntnissen bereithält. Schon auf dem Anmeldeformular zum Väterkongress setzen sie ein Zeichen der Entschlossenheit, ihr missliches Dasein zu ändern: Wer als teilnehmender Vater ein Kind mitbringt, muss keinen Tagungsbeitrag zahlen.
https://www.netzeitung.de/politik/deutschland/999218.html